Liebe Freunde,
wie immer zunächst die Übersicht über die bisherigen Berichtsteile:
Teil 1/12 – Ffm-Kassel und Bw Paderborn: [
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Teil 1a/12 – Wilfrieds Bilder: [
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Teil 2/12 – Ost-Ausfahrt Paderborn Hbf zur Rampe: [
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Teil 3/12 – im Bw Hamm-G: [
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Teil 4/12 – Münster Bw und Abzw. Rollbahn / Rheine: [
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Teil 5/12 – Münster Hbf und Hamm: [
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Teil 6/12 – Bei den 80ern in Bönen I: [
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Teil 7/12 – Bei den 80ern in Bönen II: [
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Teil 8/12 - Am „Flugloch“ von Hamm-G (I): [
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Teil 9/12 - Am „Flugloch“ von Hamm-G (II): [
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Mittwoch, 1. Juni 1966. Jugendherberge Hamm zu frühester Morgenstunde. Nach dem sonnigen Nachmittag gestern am „Flugloch von Hamm-G“ hatte uns die letzte unserer drei Nächte in der JH Hamm sicherlich mit süßen nächtlichen Träumen verwöhnt – wer weiß, vielleicht gar von „Hamm vor 10 Jahren“, 1956, mit 01 001, 05 002 und anderen Sagen? Doch als der Wecker uns blechern-schrill mahnte, wieder in die reale Welt einzutauchen, rieben wir uns erstmal die Augen: trübstes Einheitsgrau draußen! – Trotzdem, unverdrossen drüben im Waschraum – „Uaaahhh!“ – kaltes Wasser ins Gesicht, um diese frühe Stunde spuckte ja auch der „rote“ Hahn noch nichts anderes. Leise-leise über den Flur geschlichen, Krempel gepackt, mit angehaltener Luft die knarzende Treppe `runter: Auf eine unverhoffte, eher weniger amüsante Begegnung mit der von Mutter Natur äußerlich großzügig bedachten Herbergsmutter im wogenden, wehenden Nachtkleid waren wir jetzt nicht so erpicht! – Frühstück? Nicht zu dieser frühen Stunde in der JH. Also auf nüchternen Magen mit den Fahrrädern hinunter in die Stadt karriolt, dort mußte die Bahnhofs-Gastronomie mit ihrem Frühstücksangebot aushelfen. Sündhafter Preis: 2,75 DM weist die Kladde dafür aus, der teuerste Einzelposten der ganzen Reise!
Viertel vor Acht, ein schriller Pfiff des Hammenser „Rotkäppchens“, und los ging’s: Abfahrt mit dem E 474! Dampf, kräftige Auspuffschläge in den grauen Himmel, zügige Beschleunigung, vorbei an der Paderborner 44 1170, der 41 247 aus Löhne, der 01 187 aus Rheine mit altem Tender und neuem Kessel, der 50 015 aus Wanne-Eickel, der 44 084 aus Ottbergen…
Wilfried erinnert sich:
Wegen des trüben Wetters hatten wir auf Fotos vor und während der Fahrt verzichtet. Aber wir ermittelten nach Kilometersteinen die tolle Beschleunigung und hohe Endgeschwindigkeiten, ich notierte alles penibel meinem Notizbuch, in dem bereits vergleichbare Zahlen zu 10 001 von der Hinfahrt notiert waren! Leider ist dieses Dokument seit vielen Jahren verschwunden.
Die Zuglok unseres E 474? - 03 1012! - Erst in Paderborn ein Foto von ihr, nachdem sie von E 474 abgesetzt hatte, um einer Kasseler Öl-01.10 Platz zu machen, und jetzt ins Bw rollte:
10.1)
Den kompletten Bi-Zug im Hintergrund bemerkten wir freilich nicht…
Endlich hinaus auf die Strecke, in die lange Steigungsstrecke hinauf ins Eggegebirge! Ulrich Hesse, mein Brieffreund aus Soest, hatte uns das nahegelegt: „Schwere Züge und 44er an der Leistungsgrenze!“ Oder „…where heavy freight-trains go upstairs!“, wie der ebenso unvergessene Helmut Bittner – wie Ulrich leider schon verstorben – einstmals an Mike Grieves adressierte, einen der unermüdlichen Dampf-Reisenden von der britischen Insel.
Also sattelten wir die Drahtesel, lasen noch Ulrich Preis an seinem Zug aus Bad Driburg auf, und traten zu dritt in die Pedale: hinauf nach Neuenbeken!
…während der Sommer uns zeigte, wozu er am aufsteigenden Westhang der Egge alles fähig war: tiefster Nebel-November Anfang Juni!
Die Kasseler Öl-44 469 machte mit einem Dg Richtung Kassel am gegenläufigen Einfahrsignal von Neuenbeken den Anfang:
10.2)
Wie schon im Fall des Bi-Wagenzuges in Paderborn Hbf fanden auch die schönen Doppelmasten keine Beachtung, aber sie fanden wenigstens als willkommene Bildbegrenzung Verwendung und sind so bis heute dokumentiert.
Und der Gegenzug, für den die Durchfahrt Neuenbeken bereits freigestellt war? Leider nicht notiert. Es sei denn, die in der Kladde genannte 03 1043 bezog sich auf diesen Zug: Dann wäre es E 316 gewesen, den die 03.10 von Göttingen (ab 7.46 Uhr) bis Hagen Hbf (an 12.08) bespannte – ab Altenbeken 9.46, Paderborn an 10.00 Uhr. – Foto? – Doch nicht bei diesem Wetter…
Weiter hinauf zum Dunetal-Viadukt, den wir damals „kleinen Viadukt“ nannten, im Unterschied zu seinem großen Bruder bei Altenbeken. Auch hier „dicke Suppe“! Keine Chance, die Loknummer der bergfahrenden Kohle-44 zu erkennen:
10.3)
Nicht so tragisch in diesem Fall, daß der Zug uns offensichtlich an ungeeigneter Foto-Position kalt erwischte. Jetzt aber schnell hinüber zur eigentlich auserkorenen Fotostelle, drüben im einsamen Dunetal!
Nicht lange, da kroch die nächste Kohle-44 mit schwerer Last bergan über das Viadukt:
10.4)
Erkennbar drückt das kalt-feuchte Island-Tief vom Beketal seitwährts ins stille Dunetal, aber immerhin sind links die Einsiedlerhütte und rechts der Forstweg hinauf an den östlichen Brückenkopf gut zu erkennen. Das Haustier des Einsiedler-Ehepaares freilich war noch ein letztes Hindernis auf dem Weg in das einsame Tal, der cholerische Spitz nämlich, der bei jedem Wanderer unten vor der Hütte ebenso wie bei bergwärts wummernden 44ern oben auf dem Viadukt mit wütendem Gekläffe aus der Hütte stürzte, um Freund wie Feind das Fürchten zu lernen! Fritz Wolff, später Heizer auf Ottberger 44ern, hat das aus sicherer Sicht vom Führerstand einmal hier beschrieben: [
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Die Paderborner 01 170 ballerte als nächste bergwärts, vermutlich mit D 197 Mönchengladbach-Leipzig (Paderborn ab 12.22 Uhr):
10.5)
Wilfried nahm sie quer:
10.6)
Nanu:
10.7)
Nein, nein – kein Galgenzug mit Opfer, sondern die Ottberger 50 1952 mit einem geschobenen Arbeitszug Richtung Altenbeken und Sicherungsposten auf dem „Steuerwagen“.
10.8)
Auf Wilfrieds Version ist der Bauzugwagen besser zu sehen und, wer weiß, vielleicht auch zu identifizieren:
10.9)
Die Paderborner 44 1189 folgt mit Zeitlupen-Geschwindigkeit:
10.10)
Noch immer drückt das Tief vom Ruhrgebiet querab ins Dunetal hinein.
Während die Ottberger 50 1952 mit dem Rest ihres Bauzuges leichtfüßig bergab trällert…
10.11)
…muß sich kurz darauf eine (Paderborner?) 50 mit P 2485, Paderborn ab 13.40 Uhr und ohne Halt in Neuenbeken, hinauf nach Altenbeken schon ein wenig anstrengen:
10.12)
Kein Vergleich aber zur folgenden 44! Sie hat mit dem schweren Dg 6793 sicherlich Grenzlast am Haken:
10.13)
In der Kladde ist nun die Rheiner 01 146 notiert, vermutlich talfahrend. Doch mit welchem Zug?
Nun stand E 533 Aachen-Braunschweig mit einer Hannoveraner 01 an. Diesen Zug, den die unbekannt gebliebene Hannoveranerin in Paderborn von einer Eckeseyer 03.10 übernommen hatte, erwarteten wir am östlichen Brückenkopf des Dunetal-Viadukts:
10.14)
Erneuter Stellungswechsel. Immerhin hatte sich der Nebel inzwischen verzogen und gleichwohl leider nur einheitsgrauem Himmel Platz gemacht – was aber dem nun folgenden Erlebnis keinen Abbruch tat, als die Paderborner 44 215 sich am westlichen Brückenkopf des Dunetal-Viadukts vor dem 84 Achsen schweren Dg 197.. (?) mit steiler Rauch-und-Dampffahne und ca. 15 km/h hinauf ins Eggegebirge mühte:
10.15)
10.16)
10.17)
…und in Schrittgeschwindigkeit über den Dunetal-Viadukt:
10.18)
10.19)
Unvergeßlich !
Filmwechsel. Das Probebild am Filmanfang, damals ein „Quatsch-Bild“, heute aber wertvoll, zeigt es doch einmal in voller Größe meinen Freund und Mitfahrer auf der Pfingstreise, Wilfried Kohlmeier, und links noch das Fahrrad von Ulrich Preiß:
10.20)
Das Gehöft im Hintergrund weckt weitere Erinnerungen: Ein Jahr später, im Mai 1967, waren Wilfried und ich wieder zusammen hier am Dunetal-Viadukt und klopften höflich fragend bei dem Bauernhof um ein bäuerliches Mittagessen an – und wurden fürstlich belohnt! Doch das ist eine andere Geschichte, später einmal, für die „Pfingstreise 1967“.
Mit neuem Film in der Kamera nun wieder zurück zum „Ernst des Hobbies“! Es war Nachmittag geworden, und wir traten langsam den Rückweg gen Paderborn an. Verpaßt hatten wir dort unten, unter dem Dunetal-Viadukt, allerdings zwei Züge, die über den Viadukt ballerten. Immerhin notierten wir die Loknummern: die Ottberger 44 672 und nachfolgend die Kasseler Öl-44 1264. Doch für die Hannoveraner 01 190 mit P 2419 Paderborn-Altenbeken waren wir wieder parat – wir erwischten sie bei km 117,0, kurz nach seinem Halt um 16.55 Uhr in Neuenbeken:
10.21)
Die Fotostelle gefiel uns, und so warteten wir hier noch die Paderborner 44 623…
10.22)
…und das Doppel der Paderborner 44 1226 mit der Hammenser 44 1367 vor Dg 6926, einem, wie wir danach errechneten, 1880-Tonnen-Tankzug, an dieser Stelle ab:
10.23)
Damit war es nun an der Zeit, fürs Abendessen hinunter in die Jugendherberge Paderborn zu radeln: Verspätungen nahm man dort eher unnachsichtig, und da wollten wir, längst hungrig bis unter die Achseln, natürlich nichts riskieren. Schnell-schnell Pfefferminztee, Graubrot mit „Kraft“ Scheibletten-Käse – erinnert Ihr Euch? - und ein paar Scheiben dünn geschnittener Salami – Kosten: 2 DM -, und dann nach Tisch- und Spüldienst gleich nochmal Ausgang! Natürlich weder zum JH-Fußballplatz noch nebenan zum heimlichen Rauchen oder mit den Mädels aus der Dortmunder Schulklasse zu sonstwas auf die Bank hinter den Büschen (wir waren mit unseren 16 Lenzen ja noch ziemlich "grün hinter den Ohren"), sondern schlicht an den schon vom 28. Mai, auf der Herfahrt, bekannten Weg bei km 126,2 zwischen Bk Schulbreite und Paderborn-Kasseler Tor.
Die braven Paderborner machten hier noch in Hut, Schlips und Kragen anständig gekleidet und in sittlicher Reihung – er vorneweg und sie in seiner Spur hinterher – einen Abendspaziergang…
10.24)
…kaum beeindruckt freilich von dem Spektakel hinter ihnen…
10.25)
…wo sich die Paderborner 44 1167*) längst mit eingeschalteten Lampen und sogar Triebwerksbeleuchtung bergwärts kämpfte. (Die Szene habe ich schon einmal im HiFo gezeigt.)
*) Berichtigung: 44 1067 (danke an Martin Welzel!)
Auch Wilfrieds Version von der Szenerie mit Paderborner Türmen kann sich sehen lassen:
10.26)
Nun wurde es schnell dunkel. Doch… - Schluß für den Tag? Beileibe nicht!
Wilfried erzählt:
Ich weiß noch, dass wir jetzt gezielt auf den späten Eilzug gewartet haben. Zum Glück sind wir noch vor Zapfenstreich in die DJH zurückgekehrt! Damals waren die Sitten noch viel strenger. - Mit Trick habe ich mein Foto vom bergfahrenden Eilzug mit 03.10 gescannt, jedoch: Das Negativ ist leider voller Kratzer und man kann die drei Spitzenlichter der Lok nicht sicher identifizieren. Dennoch, auch wenn praktisch nichts zu sehen ist: für uns heute ein Zeugnis zum Schmunzeln über die „entschlossene Verzweiflung“!
Es muß wohl E 315, Paderborn ab 20.14 Uhr, gewesen sein, von Hagen Hbf bis Göttingen 03.10-geführt. Leider gibt meine Kladde von damals weder über den Zug noch über die Loknummer etwas her.
So bleibt nun nur noch, allerseits eine entspannt-kurze Arbeitswoche vor Ostern zu wünschen, und dann ein recht schönes Osterfest! Wir sehen uns zur weiteren „Pfingstreise 1966“ am übernächsten Sonntag, 23. April, wieder hier im HiFo.
Bis dahin recht schöne Grüße aus Aachen –
Reinhard Gumbert
Edits: Tuippfuehler
PS: Hier die Links zum gesamten Sammelsurium:
Teil 1/12 – Ffm-Kassel und Bw Paderborn: [
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Teil 1a/12 – Wilfrieds Bilder: [
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Teil 2/12 – Ost-Ausfahrt Paderborn Hbf zur Rampe: [
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Teil 3/12 – im Bw Hamm-G: [
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Teil 4/12 – Münster Bw und Abzw. Rollbahn / Rheine: [
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Teil 5/12 – Münster Hbf und Hamm: [
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Teil 6/12 – Bei den 80ern in Bönen I: [
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Teil 7/12 – Bei den 80ern in Bönen II: [
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Teil 8/12 - Am „Flugloch“ von Hamm-G (I): [
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Teil 9/12 - Am „Flugloch“ von Hamm-G (II): [
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Teil 10/12 – Paderborn-Altenbeken: [
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Teil 11/12 - Kassel I, Hbf. und Bw: [
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Teil 12/12 – Kassel II, Bw und Berliner Brücke: [
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Edit 06.09.2017: Link-Liste eingefügt
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2017:09:06:14:25:44.