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 04 - Historisches Forum 

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Bilder, Dokumente, Berichte und Fragen zur Vergangenheit der Eisenbahn und des öffentlichen Nahverkehrs - Bilder vom aktuellen Betriebsgeschehen bitte nur im Zusammenhang mit historischen Entwicklungen veröffentlichen. Das Einstellen von Fotos ist jederzeit willkommen. Die Qualität der Bilder sollte jedoch in einem vernünftigen Verhältnis zur gezeigten Situation stehen.
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(CH) NStCM noch mit 2200 V, Heuernte mit ABDe 4/4 2 von 1936 (29B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) NStCM noch mit 2200 V, ABDe 4/4 3, der Franzos von 1924 (10B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) NStCM - unfreiwillige Museumsbahn bis 1985, ABDe 4/4 5 von 1916 (34B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) NStCM noch mit 2200 V, Winterbilder mit ABDe 4/4 5 (37B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) NStCM noch mit 2200 V, ABDe 4/4 6 von 1916 (leider nur 6B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) NStCM noch mit 2200 V, die kuriosen ABDe 4/4 10 und 11 von 1918 (21B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) NStCM noch mit 2200 V, Sonne und Schnee mit ABDe 4/4 10 und 11 von 1918 (44B) [www.drehscheibe-online.de]
(CH) NStCM Holzabfuhr mit ABDe 4/4 1 (Fotofahrt von 1984, 18B) [www.drehscheibe-online.de]

Rollschemel und Zisternenwagen der GFM wären zwar schon ein interessantes Thema, aber es geht ja langsam gegen Weihnachten, da sollte doch ein richtig „schönes“ Thema her. So präsentiere ich euch die wohl schönste Westschweizer Bahn der Zeit um 1980, die Chemin de fer Nyon - St-Cergue - Morez (NStCM). Bis Ende 1985 fuhr diese 27 km lange Meterspurbahn ausschliesslich mit Triebwagen aus der Pionierzeit des hochgespannten Gleichstroms, gebaut ab 1916. Bis 1982 hing die Weiterexistenz dieser Bahn vom Genferseestädtchen Nyon (405 m) über den Wintersportort St-Cergue (1047 m) und den Col de la Givrine (1233 m) zum kleinen Ort La Cure an der Grenze zu Frankreich (1152 m) an einem seidenen Faden. Von den 7 Triebwagen waren nach zwei Kollisionen Ende 1983 nur noch deren 4 in Betrieb, einer wurde wieder repariert, damit die Bahn bis zum Eintreffen der neuen Fahrzeuge durchhalten konnte. Wer davon wusste, konnte bis 1985 eine veritable Museumsbahn in schöner Landschaft erleben. Im September 1984 kreuzen ABDe 4/4 1 und 11 mit einem Extrazug den regulären Zug aus Nyon mit ABDe 4/4 5 und B 41 im Bahnhof La Givrine.
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Seit Ende 1985 verkehren moderne und komfortable Nahverkehrsfahrzeuge auf der NStCM.
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Zurzeit wird diese Fahrzeuggeneration von Stadler-Triebwagenzügen mit Niederflureinstieg abgelöst, die 1. Klasse wird wiedereingeführt, der dichte Fahrplan lässt keine Wünsche offen.

Nach der La Mure-Bahn (1906) in Savoyen und der Chur - Arosa-Bahn (1914) im Kanton Graubünden war die NStCM 1916 die nächste Bahn, welche auf hochgespannten Gleichstrom setzte. Die Nennspannung wurde auf 2200 Volt festgesetzt, etwas weniger als bei den vorher genannten Bahnen. So liessen sich Einspeisepunkte sparen, und die Fahrleitung fiel leichter aus als bei den bisher üblichen Spannungen von 800 V (Berninabahn, MOB, CEG/GFM). BBC lieferte die elektrische Ausrüstung für die Strecke und für die bei SWS in Schlieren gebauten Triebwagen 1, 5 und 6, welche 1916 den Betrieb auf der ersten, bis heute wichtigsten Teilstrecke von Nyon nach St-Cergue aufnahmen. 1917 wurde die Strecke über den Col de la Givrine zum Grenzort La Cure eröffnet, 1918 trafen die Triebwagen 10 und 11 ein. 1921 eröffnete die französische Partner-Bahngesellschaft MLC die Teilstrecke von Morez an der Normalspurlinie Bourg-en-Bresse - Morez - Dôle zum 12 km entfernten Grenzbahnhof La Cure. Erst 1924 und 1936 beschaffte die MLC je einen eigenen Triebwagen, angeschrieben mit „Chemins de fer électriques du Jura“. In Frankreich agierte die Firma Dyle&Bacalan im Auftrag des Departements Jura als Generalunternehmerin. Sie lieferte 1924 und 1936 je einen Tw sowie weiteres Rollmaterial, welches mit den bestehenden Bauarten der NStCM harmonierte. Der Betrieb auf der französischen Seite wurde 1958 eingestellt, die Fahrzeuge konnten von der NStCM ohne technische Probleme übernommen werden.

Wie man weiss, wurde der hochgespannte Gleichstrom mit einer Spannung von üblicherweise 3000 Volt auf den italienischen und belgischen Normalspurstrecken nach intensiven Versuchsfahrten auf der Strecke Foggia - Benevento etabliert. Bei den Schmalspurbahnen kristallisierte sich jedoch eine Spannung von 1500 Volt als eine Art „internationaler Standard“ heraus, wie sie auch auf den französischen und niederländischen Normalspurstrecken zur Norm wurde. Bei der Modernisierung 1985 musste die NStCM deshalb aus Kostengründen auf 1500 V Nennspannung wechseln. Neue Fahrzeuge für 2200 V wären unbezahlbar gewesen.

Der vierachsige Triebwagen BCe 4/4 1 war 1916 der Stolz der NStCM. Als einziger war er mit vier Motoren ausgerüstet. Wegen des nur 2,2 m breiten Wagenkastens wurden die Sitzplätze sowohl in der Polsterklasse wie in der 3. Klasse in der Teilung 1+2 angeordnet. So kamen 11 Plätze 2. Klasse und 26 Plätze 3. Klasse zusammen. In Wagenmitte befand sich ein WC. 1950 wurden Sitzplätze beider Endabteile ausgebaut, damit Platz für Gepäck und Post geschaffen werden konnte. So bot der ab 1962 offiziell als ABDe 4/4 1 bezeichnete Tw in den letzten Einsatzjahren nur noch 5 Plätze 1. Klasse und 20 Plätze 2. Klasse. Dazu kamen ein paar Klappsitze. Für Fahrten in der Nebensaison über den Col de la Givrine nach La Cure reichte dieses Platzangebot völlig aus.

Im Mai 1976 fuhr ich mit dem dunkelgrünen Renault R4 meiner Mutter in die Westschweiz, um erste Fotos von der NStCM aufzunehmen. Zwischen La Givrine und St-Cergue erwischte ich ABDe 4/4 1 als Zug 59 auf Talfahrt. Ehrlich gesagt, war ich sehr enttäuscht von diesem Anblick, denn Fahrten von elektrischen Tfz mit gesenktem Stromabnehmer sind einfach nicht fotogen.
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Einfahrt in den Bahnhof St-Cergue um 11.04 Uhr. In jedem NStCM-Führerstand befindet sich ein Meisterwerk der Rohrschlosserkunst, das aussieht wie das Hinterteil einer üppig dimensionierten Bassposaune. Die markanten Rohre gehören aber zum Westinghouse-Druckluft-Bremssystem.
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In St-Cergue hat Tw 1 anderthalb Stunden Mittagspause, bis er als Zug 63 um 12.39 Uhr weiterfahren soll. So steht er also im Bahnhof, immer noch mit gesenktem Stromabnehmer. Was bleibt mir anderes übrig, als diesen fotografisch nicht optimalen Betriebszustand zu dokumentieren?
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Immerhin, die Nebengleise sind gut belegt: mit Holz beladene Güterwagen, Personenwagen zweier Bauarten, interessante Dienstwagen.
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Nach einer gefühlten Unendlichkeit kehrt der Wagenführer aus der Mittagspause zurück und hebt den Stromabnehmer. Für die Weiterfahrt nach Nyon wird der lange Vierachser B 61 (Dyle&Bacalan 1922) angehängt.
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Gerade noch rechtzeitig komme ich in Arzier an, um den kurzen Zug im Bahnhof aufzunehmen.
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Nachschuss auf den ausfahrenden Zug.
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Der Wagenführer verzichtet freundlicherweise auf das Senken des Stromabnehmers, so entsteht noch eine Aufnahme mit mehr Landschaft.
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Bald fährt ABDe 4/4 1 mit B 52 als Zug 68 wieder bergwärts, hier oberhalb von Trelex.
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Bei anderer Gelegenheit fotografiere ich den bergwärts fahrenden Solo-Tw 1 in der noch nicht modernisierten Haltestelle Trélex.
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Man beachte das „Retraite“ genannte Nebengebäude. Die Kirchturmspitze vervollständigt das ländliche Ensemble.
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In Arzier stehen viele Güterwagen zur Beladung mit Holz bereit, im Vordergrund der für den Baudienst reservierte Kkl 11 (Dyle&Bacalan 1922). Der rote Hürlimann-Traktor am rechten Bildrand übernimmt in der nächsten Szene eine wichtige Rolle.
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Im Februar 1979 entstehen einige Winteraufnahmen auf der NStCM. In Arzier steht der Bauer mit dem roten Hürlimann-Traktor bereit, um seine Morgenmilch zu Milch verladen. ABDe 4/4 1 fährt als Zug 55 (Angabe im Kursbuch: Einmannzug, Platzzahl beschränkt) mit gesenktem Stromabnehmer ein.
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Nach der Punktlandung beginnt eine rasante Ladetätigkeit.
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Was für ein Idyll!
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Nach wenigen Minuten kann Tw 1 weiterfahren.
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Idefix wird sichtbar.
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Im Februar 1984 habe ich vor, einen langen Skifahrerzug aufzunehmen. Leider ist der Schnee im Genferseegebiet bis weit hinauf weggeschmolzen. Immerhin drei Wagen hat ABDe 4/4 1 am Haken, aufgenommen zwischen Givrins und Genolier.
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In der Kurve unterhalb Arzier.
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Im September 1977 besorgt ABDe 4/4 1 den Sonntagszug 160 nur bis La Givrine, in der Mitte zwischen St-Cergue und La Cure. Ich fotografiere das Umsetzmanöver um B 24, einen der fünf kurzen Vierachser der NStCM (SIG 1916, als Zweiachser gebaut, Umbau 1950).
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B 24 bleibt bis zum späten Nachmittag in La Givrine stehen. Die Solo-Rückfahrt von Tw 1 nach St-Cergue ist nicht im Fahrplan verzeichnet.
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Ab dem 5. November 1985 wurde die Passstrecke von St-Cergue nach La Cure von 2200 V auf 1500 V umgestellt. Der erste neue Zug, bestehend aus Triebwagen Be 4/4 201 und Steuerwagen Bt 301, unternimmt Probefahrten. Die alten Tw funktionieren auch mit 1500 V, sie fahren einfach etwas langsamer. Alt und neu im modernisierten Bahnhof St-Cergue.
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Am 5. Dezember 1985 wird auch der Rest der Strecke auf 1500 V umgestellt. Während die neuen Züge eingefahren werden, besorgen die alten Tw für wenige Wochen immer noch den Planverkehr. ABDe 4/4 1 und Be 4/4 203 in Trélex. In jenem Endabteil des alten Triebwagens, das mit „Poste“ angeschrieben ist, wird tatsächlich auch Ende 1985 noch Post verladen!
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NStCM wird fortgesetzt

Gruss Werner

Mein Inhaltsverzeichnis:

[www.drehscheibe-online.de]



4-mal bearbeitet. Zuletzt am 2015:12:27:19:02:22.
Hallo Werner!
Danke!
Durch einen Tip eines Vereinskameraden war ich auch noch rechtzeitig dort, habe die Bahn aber längst nicht so gründlich dokumentiert: [www.drehscheibe-online.de]
Fahrende Triebwagen mit gesenktem Stromabnehmer habe ich allerdings nicht erlebt.
Viele Grüße
Stefan

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Genial!
Ich freue mich schon auf den nächsten Teil.

Danke fürs Zeigen
Jörn.
Hallo Werner
Auch von mir vielen Dank, waren wir doch erst im Urlaub dort
Gruß Horst

Sehr sehenswert (o.w.T)

geschrieben von: 012 055-0

Datum: 21.12.15 09:17

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)
...es grüßt im 3/4 Takt
https://abload.de/img/012055-0fyug0.jpg
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Fototaschenbilder bitte an diesen Beitrag anhängen:[www.drehscheibe-foren.de]


Vielen herzlichen Dank,Werner!
Was für eine freudige Überraschung,die NStCM!Für mich ist der Beitrag ein Weihnachtsgeschenk!
Da lebt man nahe dieses Bähnchens-einmal östlich,jetzt westlich-und doch lernt man noch dazu:
Ich habe NIE bemerkt,dass die bei Talfahrt mit gesenktem Pantographen unterwegs waren,noch hat mir
das Einer aus dem Rail Club(deren Mitbegründer ich war)erzählt!
Ich hoffe,dass jemand von dem Roten Bähnchen mitliest,denen muss ja "die schönste Westschweizer Bahn um 1980..."
ausgesprochen gut tun!Ermutigend ist auch der Fortschritt beim Wiederherstellen eines dieser Triebwagen in Givrins.
Ich hatte davon berichtet.Zum Jubiläum im kommenden Jahr soll er ja laufen,mal sehen,ob's klappt.
Die neuen Stadler habe ich auch gezeigt;hoffe jetzt auf Schnee,um sie gut aufnehmen zu können.
Im ausführlichen Text-gespickt mit Einzelheiten,die ich teilweise selbst nicht kannte-habe ich nicht den kleinsten
Fehler gefunden:chapeau!
Wünsche Dir ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes Neues Jahr!
Herzliche Grüsse
Olaf