Hallo,
nachdem es am letzten Sonntag nicht gereicht hat, den nächsten Beitrag einzustellen, hole ich das zum Wochenausklang jetzt nach. In den nun folgenden Beiträgen (es dürften wohl 4 oder 5 werden) zeige ich Euch noch einiges aus dem Sommer 1973. Dem Fichtelgebirgsurlaub, zu dem ich vor zwei Wochen
hier noch einen "Nachschlag" geliefert habe, folgten im August 1973 noch ein paar Tage im Moseltal. Meine Mutter hatte noch ein paar Tage Urlaub, und gegen Ende der Woche einen beruflichen Termin in Trier, was für sie bedeutete, dass die Fahrtkosten erstattet wurden. Zusammen mit meinem Hobby entstand nun, wie man heute sagen würde, eine "win-win-Situation". Ich kam erneut in den Genuss von Dampfloks, und meine Mutter konnte das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.
Die Anfahrt von Frankfurt erfolgte am Vormittag des
12. August 1973, einem Sonntag. Laut dem Heft "Dampfgeführte Reisezüge" sollte Sonntags der Dg 6163 Koblenz-Ehrang mit 044 + 044 verkehren. Cochem ab 11.12h, Bengel Durchfahrt 11.34h waren die Eckdaten. Eine gut geplante Anfahrt brachte meine Mutter und mich um kurz nach 11h zum Block Kinderbeuren, und ich harrte voller Vorfreude darauf, zwei 044er auf Bergfahrt über den Eifelausläufer zu erleben.
Bild 1: Wie so oft, war das Warten vergebens. Um 11.27h, so habe ich es notiert, röhrte eine Diesellok heran, und ich "opferte" einer unerkannten Trierer 216 eines der letzten 6 Farbfilmbilder, die ich noch hatte.
Man erkennt unschwer, dass zwei 044er ohnehin nicht zwischen die Büsche gepasst hätten, und ich auch etwas zu früh ausgelöst habe. Im Hintergrund ist Kinderbeuren zu erkennen. Um es kurz zu machen, auch weiteres Warten blieb ergebnislos, vermutlich hatte ich den Dg 6163 ja auch gerade mit 216 fotografiert.
Nach dieser Aktion standen weitere Ausflüge an die Bahnstrecke nicht mehr zur Diskussion.
An folgenden Montag, dem
13. August 1973, würden wohl auch nur wenige Güterzüge auf der Moselstrecke verkehren, dafür einige Nahverkehrszüge. Das "Dampfgeführte Reisezüge" bot folgendes Nachmittagsprogramm an:
Nb 2451 Cochem-Moselkern, Cochem am 13.20h
Nb 2457 Cochem-Koblenz, Cochem ab 14.41h
Dg 6172 Ehrang-Koblen, Cochem durch 18.06h,
Nb 2470 Koblenz-Cochem, Cochem an 18.11h,
Dg 6527 Ehranng-Koblenz, Cochem durch 18.48h
Nb 2476 Koblenz-Cochem, Cochem an 19.10h,
sowie
Nb 2487 Trier-Bullay, Bullay an 20.10h.
Der Bahnhof Cochem schien geeignet, die Ausbeute mit möglichst wenig Ortswechseln zu maximieren.
Bild 2: Gegen 13.00h traf ich im Bahnhof Cochem ein und war sogleich begeistert von dem Anblick des von Efeu (oder wildem Wein, keine Ahnung) umrankten Lokschuppens.
Heue bin ich mir der Vergänglichkeit von Bahnbauten längst bewusst, damals war ich es noch nicht, sonst hätte ich mindestens eine Aufnahme des zweiten, damals bereits brach liegenden Rundlokschuppens und der ebenso stillgelegten zweiten Drehscheibe gemacht, die damals noch in Cochem vorhanden war (links von dem im Bild sichtbaren Lokschuppens).
Um 13.20h sollte der N 2451 nach Moselkern abfahren, ein Schülerzug. An die 60 Schüler standen bereits mit mir auf dem Bahnsteig zwischen Gleis 2 und 4 (damals schon gab es kein Gleis 3 mehr), sie waren jedoch das einzige Anzeichen, dass eine Zugfahrt zu erwarten war. Erst um 13.15 h klapperte aus Richtung Koblenz eine 50er heran.
Bild 3: Es handelt sich um 050 907-5. Sie fuhr in Gleis 5 ein, um anschließend zum Bw umzusetzen.
Bild 4: Dort war zeitgleich eine Prozedur im Gange, die sich mir bis heute nicht vollständig erschließt. 290 131-2 vom Bw Trier hatte man zusammen mit einem auch damals schon antik wirkenden G-Wagen (Anschrift, soweit auf dem Scan lesbar "Bahnhofswagen Nr. 1, Bf. B...b.ch") auf die Drehscheibe bugsiert, obwohl diese den Dienst verweigerte und nur durch Muskelkraft mittels einer Handkurbel zu bewegen war.
Bild 5 und 6: 050 907-5 wartete nun also das Drehen des G-Wagens ab, die 290 hatte man zur Erleichterung der Arbeit von der Scheibe gefahren.
Bild 7: Im Hintergrund sieht man, dass der "Bahnhofswagen Nr. 1" sein neues Gleis durch den Einsatz schierer Muskelkraft gefunden hatte, und 290 131-2 räumte das Feld. Es war offensichtlich, dass die 50er jetzt dringend gedreht werden musste, sollte der N 2451 irgendwann noch fahren. Jedenfalls wäre dies das übliche Prozedere, das sich auch die Lokmannschafft erhoffte.
Bild 8: 050 907-5 war auf die Drehscheibe gefahren und man schickte sich an, sie ebenfalls mittels Muskelkraft zu drehen. Das alles in der Mittagshitze eines heißen Augusttages mit Temperaturen um die 30 Grad. Zu erkennen ist das schwarz übermalte Bw-Schild und ich brauchte daher auch eine Weile, bis ich mich erinnerte, dass 050 907 eine alte Kölnerin war und wohl relativ frisch aus Gremberg zum Bw Koblenz-Mosel umbeheimatet wurden war.
Bild 9: Eine Dampflok ist etwas schwerer als ein Güterwagen. Inzwischen waren vier Cochemer Eisenbahner an der Handkurbel der Drehscheibe aktiv, dennoch wurde jeweils nach zwei Strahlengleisen, um die man die Lok gedreht hatte, eine Pause eingelegt, um zumindest gemeinsam den Schweiß von der Stirn zu wischen. Um 13.23h, man hatte gerade die zweite Erholungspause eingelegt, erschien der Bw-Leiter - oder was er auch immer für einen Rang hatte - und machte sehr unmissverständlich deutlich, dass Fahrpläne eine höhere Beachtung verdienen als die Stellung der Lok vor dem Zug.
Nach diesen kategorischen Worten, denen noch ein Hinweis auf vermutete Intelligenzdefizite folgte, wurde 050 907 mittels der Handkurbel in einem Akt der Verzweiflung ohne Atempause um genau die 4 Strahlengleise zurückgedreht, die man bisher bewältigt hatte. Nicht nur mir war das Grinsen ins Gesicht geschrieben, auch das Lokpersonal war amüsierte sich bestens. Anschließend klapperte man mit der 50er zu den Rangiergleisen und holte drei 4-Achser-Umbauwagen heraus. Schon zuvor hatte der Lautsprecher am Bahnsteig verkündet, dass N 2451 heute nicht von Gleis 4, sondern von Gleis 1 fahren würde, und die Schüler hatten sich murrend auf den anderen Bahnsteig begeben.
Bild 10: Um 13.29h stand N 2451 am Bahnsteig von Gleis 1. Nachdem es sich bisher lohnte, die zeitlichen Abläufe auf der Armbanduhr zu verfolgen, war es auch jetzt nicht anders. Nur 35 Sekunden dauerte es von der Bereitstellung, bis die Bremsprobe erfolgt war, die Schülerhorde eingestiegen war und der Abfahrtspfiff ertönte, und der Lokführer zog noch während des Pfiffs den Regler auf. 050 907-5 beeindruckte anschließend mit einer Anfahrt, die das ganze Elend einer völlig verstellten Steuerung im ganzen Moseltal hörbar machte. Ja, es würde bald vorbei sein mit den Dampfloks.
Bild 11: Eine knappe Dreiviertelstunde später rollte auf Gleis 2 ein Güterzug ein. Es führte 044 240-0, die erst wenige Monate zuvor vom Bw Emden zum Bw Koblenz-Mosel umbeheimatet worden war.
Bild 12: Der Zug musste auf die Bereitstellung der Schiebeloks warten, und so war genug Zeit, 044 240-0 auch aus der Nähe zu fotografieren. Ihr Zustand ließ in keiner Weise erkennen, dass sie nur 4 Tage später, am 17.08.1973, z-gestellt werden würde. Kennt evtl. jemand den Grund?
Bild 13: Gdg 47280 hieß die Wagenschlange aus offenen, mit Koks beladenen G-Wagen. 126 Achsen, 63 Wagen zählte ich, 1880t habe ich auch noch notiert, vermutlich nach Auskunft des Lokführers.
Bild 14 und 15: Diese Fuhre richtig abzubremsen, war sicher auch nicht einfach gewesen. Für die Bereitstellung der beiden Schiebeloks hatte der Lokführer jedenfalls zu weit hinten gehalten und musste noch etwas vorziehen, was in diesen beiden Bildern dokumentiert ist. Die im Bild 14 zu sehenden Personen sind mit mir weder verwandt noch verschwägert.
Über Lautsprecher folgten nun die Ansagen zur Bremsprobe, denn der Zugschluss war für den Lokführer nicht zu sehen. "47280 - Bremse anlegen - anlegen"; "47280 Bremse lösen - lösen!" und "47280, Bremse in Ordnung - 280 in Ordnung" war zu hören, dann auf gleichem Weg die Frage: " 47280, sind sie abfahrbereit?" Ein Pfiff der 044 war die Bestätigung. "V 90 schieben!" tönte es jetzt über den Lautsprecher, und auf 290 131-2 und 290 277-3 schalteten die Lokführer auf.
Bild 16: Der Lokführer der 044 240 hingegen öffnete den Regler erst etwas später, dafür dann richtig. Wegen der Bauarbeiten im nachfolgenden Kaiser-Wilhelm-Tunnel sollte rauchfrei gefahren werden, was hier auch optimal gelang. Mit weit geöffnetem Regler und auf mindestens 60% ausgelegter Steuerung beschleunigte die Lok auf dem kurzen Stück bis zur Tunneleinfahrt fast brachial (es war natürlich ein akustischer Genuss), aber es war kein Qualmwölkchen zu sehen.
Bild 16a: Auf diesem Bild war im Hintergrund der vorhin erwähnte, nicht mehr genutzte zweite Cochemer Lokschuppen zu sehen. Für Interessierte hier ein Bildausschnitt.
Als nächstes notierte ich die Durchfahrt des N 2452, bespannt mit 216 173 und 216 172 vom Bw Trier, leider von mir nicht fotografiert.
Bild 17: Etwas später war 050 907-5 mit der Leerwagengarnitur aus Moselkern zurück und der Schadem am Antrieb der Cochemer Drehscheibe inzwischen behoben, und so wurde die Lok jetzt endlich gedreht.
Bild 18: Mit dem N 2457 sollte 050 907-5 um 14.41h nach Koblenz fahren. Heute würde man im RIS der DB als Verspätungsgrund wohl "Verspätung aus vorhergender Fahrt " lesen. Der N 2457 verließ Cochem jedenfalls mit "+8" erst um 14.49h. Am südlichen Bahnsteigende steht der N 2452 aus Koblenz, der von 216 054 gebracht worden war.
Ebenfalls mit zwei 216 verkehrte an diesem Tag der D 357 (216 174 und 216 079 wurden notiert), leider existiert wieder kein Foto dieses Zuges.
Bild 19: Erst am Abend begab ich mich wieder auf den Bahnhof Cochem, als drei 290er sich gerade als Lz auf den Weg nach Süden machten, wo sie vermutlich als Schiebeloks auf dem Streckenabschnitt Ehrang- Hetzerath benötigt wurden. Die Nummer der vorderen Lok ist nicht bekannt, in der Mitte stand 290 260 und am Ende 290 134.
Bild 20: Den N 2470 aus Koblenz konnte man schon seit der Abfahrt in Klotten, dem letzten Bahnhof vor Cochem, heranknattern hören. Pünktlich erreichte er Cochem um 18.10h.
Bild 21 und 22: Noch zwei Aufnahmen der 050 088-4 am Bahnsteig. Die Lok hatte ich 11 Monate zuvor in Mannheim fotografiert, nun gehörte sie zum Bw Mayen.
Bild 23: Direkt im Anschluss rollte 044 651-8 vom Bw Ehrang mit dem Dg 6172 nach Koblenz-Moselbahnhof durch Gleis 5, tatkräftig unterstützt durch eine Trierer 290 am Zugschluss, die erst am Ausfahrsignal vom Zug absetzte. Die penible Zählung ergab 34 Wagen und 96 Achsen.
Bild 24: Güterzugfahrpläne werden selten genau gefahren, aber dieser Abend war eine angenehme Ausnahme. Etwa vor Plan - 18.44h zeigten die Bahnhofsuhren - erschien der Dg 6527 mit der Ehranger 044 383-8 und einer herrlichen Wagenmischung, natürlich ebenfalls von einer 290 nachgeschoben.
Bild 25: Es ging munter weiter, nachdem auf Gleis 2 ein 624 eingefahren war, folgte 044 143-9, auch Bw Ehrang, um 18.51 h mit dem Gdg 47291, einem leeren Kohle- oder Kokszug, der aus SNCF-Wagen gebildet war. Weil ich diese Leistung nicht kannte, fragte ich später den Fdl nach der Zugnmummer, und erfuhr dazu, dass der Zug eine Stunde vor Plan gefahren war. Glück für mich.
Bild 26: Um 19.10h erreichte dann der N 2476 Cochem, von 050 185-8 befördert. Inzwischen war schon das Stativ erforderlich. Die Lok hat umfangreiche Kreideanschriften am rechten Windleitblech, so auch noch nicht gesehen. Dafür erkennt man auch ohne Vergrößerung das Untersuchungsdatum: "Unt. Tr. 22.12.71".
Bild 27: Meine Mutter hatte sich inzwischen 90 Minuten lang noch der Cochemer Altstadt gewidmet, und da die Fahrt zum Hotel nach Reil ohnehin über Bullay führte, wurde hier am Bahnhof noch ein Halt eingelegt. Umn 20.10 h sollte hier der N 2487 aus Trier einlaufen, eine Saarbrücker 023-Leistung. Gähnende Leere am Bahnsteig und kein Ankunftsplan, ich musste das Ankunftsgleis erraten, was mir gelang, aber es blieb unklar, wo die Lok zum stehen kommen würde. Letztlich konnte ich nicht anders als einen undefinierbaren gelb-schwarzen Kasten mit ins Bild zu nehmen. Die Mannschaft von 023 026-8 gönnte mir auch keine Sekunde zuviel, nach zwei Auslösungen, von denen eine verwackelt ist, zog die Lok bereits vor und fuhr sofort Lz nach Ehrang zurück. Das Gebäude im Hintergrund trägt die Aufschrift "Betriebsgebäude der Signalmeisterei Bullay".
Und hiermit verabschiede ich mich wieder grüßend und wünsche ein schönes Wochenende.
Rolf
Edit: Rechtschreibung.
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2015:12:07:13:28:24.