Wenn ich bei einem der vorhergehenden Berichte Dieselloks auf der Franz-Josefs-Bahn von Wien nach Gmünd NÖ zeigte, liegt der Schluss nahe, dass ich mich auch für die dortigen Schmalspurbahnen interessiert habe. Diese Vermutung ist richtig. Wollte man im Mitteleuropa Mitte der 1980er Jahre Schmalspurherrlichkeit mit intensivem Betrieb erleben, blieben die Schweiz, Österreich und die DDR. Letztere kam aber für einen Besuch nicht in Frage.
Zurück nach Gmünd im Waldviertel, unmittelbar an der Grenze zur CSSR gelegen, damals irgendwie auch so ein Ort am Ende der westlichen Welt, scheinbar. Eigentlich jedoch mitten drin in Europa. Ein paar Sätze zur Geschichte der Stadt:
Nomen est omen, denn der Name Gmünd besagt bereits, dass es sich um eine Siedlung an der Stelle handelt, wo ein Gewässer in ein anderes mündet, hier der Zusammenfluss des Braunaubaches in die Lainsitz. Positiv für die Wirtschaft wirkte sich die Eröffnung der Franz-Josefs-Bahn von Wien nach Prag bzw. Budweis im Jahre 1869 aus. Denn in Gmünd befand sich mit seinen Werkstätten der betriebliche Mittelpunkt der Bahn. Ab 1900 war Gmünd zudem Ausgangspunkt für die ins Waldviertel führenden Schmalspurbahnen.
Nach dem 1. Weltkrieg fielen Vororte von Gmünd an die Tschechoslowakei, u. a.der Hauptbahnhof der Franz-Josefs-Bahn und die Werkstätten: Heutiger Name dieser zwischen 1938 und 1945 wieder zur sog. “Ostmark” gehörenden Ortschaften ist Ceské Velenice. Wie in den Zwischenkriegsjahren bilden Lainsitz und Fischbach die Grenze zwischen der Republik Österreich und der CSSR bzw. der Tschechischen Republik.
Um 11:35 Uhr (Fahrplanjahr 1987) hat D 374 VINDOBONA nach knapp zwei Stunden Fahrt über die Franz-Josefs-Bahn den Bahnhof Gmünd erreicht. Genau genommen handelt es sich um die in Österreich verbliebene Haltestelle Gmünd Stadt, welche bis 1922 zu einem Bahnhof ausgebaut worden war. T 669.1078 der CSD hat an diesem 22.06.1985 den Zug bereits übernommen und wartet auf den Abfahrtsauftrag.
Auch das Einfahrtssignal des Bhf. Ceske Velenice zeigt noch “Halt”, 22.06.1985.
Den “kleinen Grenzverkehr” bewältigen “Brotbüchsen” der CSD, 22.06.1985
“Ausfahrt frei” für den D 374 VINDOBONA auf seiner Fahrt nach Berlin-Lichtenberg.
Unternehmen wir zuerst einen kleinen Rundgang durch die Stadt, um uns anschließend im Bw bzw. der Zugförderungsleitung Zfl. ausgiebig umzuschauen.
Welcher Wochentag war der 01.08.1987, als diese Bilder aufgenommen wurden? Na klar, ein Samstag natürlich. Langsam kehrt im Landstädtchen Gmünd Wochenendruhe ein.
Wikipedia klärt auf: Sgraffito (Plural: Sgraffiti; Mz. Sgraffition; seltener Scraffito, deutsch Kratzputz) ist vom italienischen Verb sgraffiare, deutsch kratzen, abgeleitet. Eigentlich stellt es eine Putztechnik dar, weil es meist auf einer Putzfläche zur Anwendung kommt: Es handelt sich hier um eine historische Technik zur Bearbeitung von Wandflächen durch Auflage verschiedenfarbiger Putzschichten, die besonders im Italien und Böhmen des 16. Jahrhunderts benutzt wurde.
Die Straßengrenzübergangsstelle Gmünd NÖ.-Ceské Velenice an eben diesem 01.08.1987 aufgenommen; die Zeit scheint still zu stehen.
Jetzt wird es langsam Zeit für unseren Besuch in der Zfl.: 2045.13 der ÖBB, 22.06.1985. Links im Bild der loklose Stütztender der 399.01.
Am 01.08.1987 hat 33.132 einen Sonderzug nach Gmünd gebracht und wartet dort auf die Rückfahrt nach Wien am späten Abend.