Hallo zusammen,
ich schrieb in meinem Posting von Gestern, dass mir das Bild 23 Rätsel aufgäbe. Nach langem Betrachten der Bilder habe ich wohl die Erklärung gefunden und betrachte mein Rätsel als gelöst!
Also: Seit 1908 (erst als Schmalspurbahn) hatte die Schachtanlage Friedrich-Heinrich in Kamp-Lintfort einen Gleisanschluss am Bahnhof Rheinkamp (anfangs Repelen heißend). Die spätere Schachtanlage Pattberg wurde in Höhe von Repelen neben der Zechenbahn Friedrich-Heinrich abgeteuft. Nach Fertigstellung führten beide Strecken ab östlich des Moersbachs parallel zueinander bis zur heutigen B57, um diese mit zwei einzelnen Brücken zu überqueren. Dabei unterquerte die Strecke aus Lintfort östlich des Moersbachs die spätere Strecke von Pattberg, sie lag also nördlicher als die Pattberg-Strecke. Beide Strecken führten ab der Überquerung der B57 in einem Linksbogen zum Bahnhof Rheinkamp, wobei die Lintforter Strecke direkt in den Bahnhof Rheinkamp mündete, während die Pattberg-Strecke in einem etwas weiteren Bogen zuerst den heutigen Reitweg kreuzte und in einem gesonderten Zechenbahnhof nördlich des Reitwegs endete. Von dort existierte ein Verbindungsgleis zum Bahnhof Rheinkamp. Faktisch hatten beiden Schachtanlagen somit eigene Übergabe-Bahnhöfe bzw. -Punkte zum Bahnhof Rheinkamp.
Die Pattberg-Strecke hatte direkt hinter der Überführung npch eine Abzweigstelle Bornheim, von wo aus in Richtung Baerler Busch und weiter zum Rheinpreußen-Hafen in Homberg gefahren werden konnte (auch gab es eine Verbindung aus Richtung Rheinkamp zum Rheinpreußen-Hafen, hier gab es also später ein komplettes Gleisdreieck!).
Hier meine Rätselslösung:
Zum Bild 23: Wir sehen hier die Situation vor Eröffnung der Strecke von Pattberg nach Rheinkamp. Der Fotograf steht auf einem Eisenbahnfahrzeug, welches in Fahrtrichtung zur Schachtanlage Friedrich-Heinrich steht! Die Strecke von Pattberg, die also rechts zu sein müsste, war noch in Bau! Wir sehen rechts eine Übergabestelle, über die Baumaterialien zum Streckenbau vom Bahnhof Rheinkamp über die Friedrich-Heinrich-Gleise angeliefert wurden!
Warum komme ich zu dieser Erkenntnis?
Nun, die Bilder der Überführungsbauwerke Hoher Weg (27) und Moersbach (28) zeigen, dass die Bauwerke noch nicht fertiggestellt sind, es sind Feldbahnen zu erkennen, es fehlen Geländer, das Bauwerk Moersbach scheint noch keine Gleise zu haben und die Widerlager haben noch Lücken zum Bahndamm. Die Strecke der Bahn von der Schachtanlage lag in diesem Bereich auf normaler Ebene, also mit Bahnübergängen, und lag südlich der gezeigten Motive, in wenigen Metern vom Standpunkt des Fotografen. Der Fotograf wird die Baustellen über die Strecke der Friedrich-Heinrich-Bahn bereist haben und den Zustand vor Eröffnung dokumentiert haben.
Im Bild 23 zeigt die Weichenstellung, dass entweder eine Fahrt in den geraden Strang oder aus dem geraden Strang durchgeführt werden soll. dieser gerade Gleisstrang wurde später zurückgebaut, das Messtischblatt aus dem Jahr 1954 zeigt noch Reste dieses Bahndamms.
Nach Gründung der BAN (Bergbau AG Niederrhein), in der beide Zechengesellschaften (Friedrich-Heinrich und Rheinland mit den Pattberg-Schächten) aufgingen, wurde die Lintforter Strecke ab Schacht Pattberg bis Rheinkamp stillgelegt und der Lintforter Ast an die Strecke von Pattberg nach Rheinkamp angeschlossen - die Züge aus Kamp-Lintfort nutzten nun von Pattberg bis Abzweig Bornheim das gleiche Gleis wie die Pattberg-Züge und konnten nun auch zum Rheinhaufen nach Homberg durchfahren. Die Anbindung an den Bahnhof wurde auch verändert: kurz vor Kreuzung des Reitwegs wurde eine s-förmige Verbindungskurve zum Bahnhof Rheinkamp gebaut, welche kurz vor dem Bahnübergang Reitweg der Staatsbahn in den Bahnhof Rheinkamp einmündete. damit war die Lintforter Kurve überflüssig und das Stück Strecke zum Übergabe-Bahnhof Pattberg hinter dem Reitweg wurde stillgelegt. Diese Einmündung in den Bahnhof Rheinkamp ist heute noch in Betrieb und wird derzeit von den letzten verkehrenden Kohlezügen genutzt.
Das war nun sehr viel Text, aber zumindest mir nun ist klar, was das Bild 23 tatsächlich zeigt! Es ist (wie die anderen Bilder auch) ein sehr interessantes Dokument aus einer interessanten Zeit! Dieter, dafür nochmals ein Dank von mir!
Sollte es aus dem Leserkreis noch Ergänzungen geben, wäre ich für eine Bekanntgabe sehr dankbar!
Freundlicher Gruß
Stefan P.
P.S.: Die Reste der alten Friedrich-Heinrich-Strecke sind heute noch bei Google-Maps auszumachen. Die Unterführung unter Pattberg-Strecke ist seit einigen Jahren zugeschüttet, das entsprechende Brückenbauwerk wurde entfernt. Die im Bild 23 sichtbare Verbindungskurve zum Bahnhof Rheinkamp, die in der Mitte des Bahnhofs Rheinkamp in selbigen einmündete (eine für mich neue Erkenntnis!) ist längst entfernt und das Gelände wurde erst ausgekiest, es entstand ein Baggerloch, welches in den 80ern mit Abraum verfüllt wurde und es entstand eine Abraumhalde auf der Fläche.