Hallo liebe Eisenbahnfreunde!
Der unendlichen Geschichte des ehemaligen Dortmunder Verschiebebahnhofs können wir nach jahrelangen Recherchen endlich ein neues Kapitel hinzufügen. Dass der Bahnhof immer wieder Anlass zu einem ausgedehnten Thema wurde, das dokumentieren die zahlreichen Beiträge im Internet und da insbesondere im DSO-Hifo. In der Vergangenheit kam immer wieder die Frage auf, warum hat es dort nicht auch ein Stw mit der Bezeichnung Rt I gegeben, sondern nur die bekannten Stw’e Rt II und Rt III.
Bild 1- Das Stellwerke Rt II im Westbergtal und das Stw Rt III im Bw-Bereich(FhED)
1. Die Suche nach dem Stw Rt I
Mit diesem Rätsel haben auch wir uns in den letzten 25 Jahren immer wieder beschäftigt, jedoch ohne auf irgendwelche Anhaltspunkte zu stoßen. Vor wenigen Monaten gelang es dann, erste Lösungsansätze zu finden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass zu DB-Zeiten sämtliche Unterlagen und Pläne teilweise verstreut bei den Bundesbahndirektionen, Betriebsämtern und letztendlich bei den Regionalabteilungen aufbewahrt wurden. Das hatte natürlich auch zur Folge, dass für Mitarbeiter anderer Dienststellen, oder aber für Eisenbahnfreunde nur ganz selten eine Möglichkeit zur Einsichtnahme realisierbar war. Ganz zu schweigen von dem Herstellen einer Kopie. Nach Gründung der Bahn AG hat sich diese Verfahrensweise im Jahre 1996 grundlegend geändert und sich dadurch auch positiv auf unsere weiteren Nachforschungen ausgewirkt.
Durch die Zusammenlegung der Fachschienen Sigm (LST), Bm (Fahrbahn) und des Bw 3 (E-Technik) zur örtlichen Produktionsdurchführung (zu Beginn der Bahn AG noch als Betriebsstandort bezeichnet), befinden sich inzwischen alle Unterlagen in einem Zuständigkeitsbereich. Jetzt war es möglich, die Suche nach der Existenz des Stw Rt I wieder aufzunehmen.In den archivierten Bauunterlagen der ehemaligen Sigm Dortmund haben wir unlängst diverse Anhaltspunkte daraufhin gefunden, dass das bislang als „Wt West“ bekannte Stellwerk im Bf Dortmund Vbf, vormals als
Stw „Rt I“ um das Jahr 1903/04 als mechanisches Wärterstellwerk der Bauart Willmann in Betrieb genommen wurde. Um diesen Hinweisen weiter nachzugehen waren wir mit drei Eisenbahnfreunden im ortsansässigen Archiv der zuständigen Produktionsdurchführung. In vielen gemeinsamen Stunden stöberten wir in alten Plänen, Gleislageplänen, Bautagebüchern, Bauwerksbüchern, Störungsbüchern u. v. a. betrieblichen Aufzeichnungen. Eine erste Schwierigkeit bestand darin, die Vielzahl der technischen Begriffe zu interpretieren. Um die Nachforschungen zu intensivieren bemühten wir uns um die Mitwirkung von ehemaligen und aktiven Signalwerkmeistern.
Bild 2 – Lageplan des ersten Drw an der Franziusbrücke – 1904 (FhED)
Im Laufe der Ermittlungen stießen wir dabei auf den Namen des Werkmeisters Heinrich G. aus Dortmund-Rahm, der u. a. auch an der Inbetriebnahme des neuen Stw Drw mitgearbeitet hat.
Einige seiner ausführlichen Eintragungen (ein „Misch-Masch“ aus Sütterlin- und Altdeutscher Schrift) in den Bautagebüchern konnten im Laufe der Zeit übersetzt und fachlich zugeordnet werden. In diesen Dokumenten kam dann auch bis um das Jahr 1929 die Bezeichnung Rt I vor.
Bild 3 – Lage Drw (neu) und Wt West – vormals Rt I (FhED)
Für uns galt es jetzt erst einmal den exakten Standort des Stw Rt I zu lokaliseren. Also begaben wir uns auf eine Exkursion im angrenzenden Bereich des mittlerweile baufälligen Stw Drw. Rückseitig der Kraftstation stand bis zur Inbetriebnahme des neuen Drw noch das Stw Rt I (später bezeichnet als Wt West). Dieses Gebäude war das einzige aller Stw‘e im Bf Dortmund Vbf, das vollständig unterkellert wurde. Doch dazu später mehr. Der Gebäudeteil mit seinen Kellerräumen ist auch nach der Stilllegung des Bahnhofs heute noch vorhanden.
Immerhin, unser erster Besuch in den epochalen Kellerräumen war bereits schon im Jahre 1983, als wir den mit Bohlen zugedeckten und gesicherten Kellerzugang unbeabsichtigt entdeckt haben.
Zu jener Zeit vermuteten wir dort eher einen Luftschutzraum, als den Standort eines ehemaligen Stellwerkes. Na ja, nach derzeitigen Wissensstand haben wir da schon gar nicht einmal so falsch gelegen.
Bild 4 – Der abgedeckte Kellerzugang im Jahre 1976 Gleis 11 der Skl – Gleis 10 Lz 044er – Gleis 9 Üg-Zug mit 261er (M&GZ)
Aufgrund meiner Tätigkeit bei der DB gab es damals kein Problem eine Genehmigung zu bekommen, um den Keller zu inspizieren. Seit dem Abbruch des Stw Wt im August 1933 wurde der Zugang mit Sperrgut regelrecht zugemüllt. Ausgestattet mit Arbeitsoverall, Handschuhen und großen Taschenlampen schritten wir langsam die schon marode gewordenen und mit Moos bewachsenen Treppenstufen zum Keller hinunter. Gleich zu Beginn mussten diverse Gegenstände beseitigt werden, um überhaupt den Türdurchgang zu erreichen. Müll, Holzbalken, Bretter und verrostete Eisenteile wohin das Auge sieht. Kurzzeitig erschien uns die Arbeit als wenig erfolgversprechend. Allem Anschein nach war in den vergangenen 48 Jahren niemand mehr hier unten, wie großflächige von der Decke herabhängende Spinnweben es vermuten ließen. Mit etwas Unbehagen setzten wir unser Vorhaben weiter in die Tat um. Bei der fast dreistündigen Suchaktion; sie glich dann eher einer willkürlichen Aufräumaktion, fanden wir althergebrachte vergilbte, von der Feuchtigkeit zerstörte, kaum noch lesbare Dienstvordrucke, Zeitungsreste, Kartonagen u. v. a. mehr. Hin und wieder standen wir Knöcheltief im Wasser. Nach und nach stießen wir auf Fragmente alter Spannwerksbauteile wie Seilrollen, Eisenträgern, Seilzügen und Gewichtsplatten. Im Grunde hatten diese Teile hier unten doch gar nichts zu suchen, aber es war wohl zu damaliger Zeit die einfachste Art der Entsorgung, gab es Stahl doch in rauen Mengen und der Keller wurde ja nach dem Abbruch des Stw nicht mehr benötigt. Auf einigen der rostigen Spannwerksträger war die Farbbeschriftung verwittert, aber stellenweise waren noch Bruchstücke alter Weichenbezifferungen feststellbar. Das lässt zumindest die Schlussfolgerung zu, dass zu Gründungszeiten des Bahnhofs die Weichen nach der Inbetriebnahme des neuen Drw (1933) auch zugleich in ein neues Nummernschema übernommen wurden. Es fanden sich Anhaltspunkte dafür, dass die erste Bezifferung der Weichen noch in römischen Zahlen erfolgte. Das war zu dieser Zeit nicht gerade ungewöhnlich, wurden doch oftmals auch die Gleise in derselben Art beziffert. Nachdem wir uns auf allen Vieren weiter über einen Kohlehaufen zu einem archaischen Ofen vorgetastet haben fanden wir dahinter verklemmt ein klassisches gewölbtes Emailleschild, so wie es oftmals an älteren Stellwerken auch noch heute zu finden ist. Das Schild hatte nach unseren alten Aufzeichnungen eine Größe von ca. 70 x 55 cm und ähnelte exakt dem Beschriftungsschild des leider nicht mehr vorhandenen Stw Rt III. Aber auch an diesem Schild war die Emaille derart zerbröselt, so dass keine Aufschrift mehr erkennbar war. Eingefasst wurde die Tafel von einem drei Zentimeter breiten Metallrahmen. An den Rückseitigen Eckpunkten befanden sich vier bleistiftdicke Rundeisen, mit denen die Namenstafel direkt im Mauerwerk des Gebäudes verankert wurde. Für die Bezeichnung Wt West war dieses Schild einfach zu klein - Rt I wäre denkbar. An der westlichen Gebäudeseite des Drw befand sich im Jahre 1974 ein ähnliches aussehendes Schild.
Bild 5 – Namenstafel im Jahre 1974 (M&MZ)
Heute wissen wir nun, das Wt West vormals als Rt I in Betrieb genommen wurde und damit ergeben auch die anderen Bezeichnungen der Stw’e Rt II und Rt III jetzt einen Sinn.
Aber warum folgte später eine Umbenennung in Wt West und wann? Und da war sie wieder, die Frage die uns die kommenden Nächte nicht schlafen ließ.
Also wieder die Archivbestände auf weitere Indizien durchsuchen.
In den bis dahin noch nicht gesichteten Dokumentationen fanden wir zwischen Abnahmeprotokollen und Tagebüchern auch die Entwurfszeichnung eines Stellwerksgebäudes. Allem Anschein nach handelt es sich dabei um einen ersten Entwurf zum Bau des Stw Rt I vom 21. April 1901. Leider war der Plan nicht mehr ganz vollständig. So konnten wir nur die Giebelansichten Ost und West und die Nordansicht kopieren. In der Nordansicht fehlte dann auch noch der Dachaufbau. Zu unserer großen Überraschung wurde das Stw zunächst noch ohne Keller projektiert.
Bild 6 – Rt I Projektierte Nordansicht – 21.04.1901 (FhED)
Bild 7 - Rt I Projektierte Giebelansichten – 21.04.1901 (FhED)
Wie auf glühenden Kohlen sitzend, wälzten wir weitere Akten und da waren es abermals die Notizen des Werkmeister Heinrich G. die uns weiter führten sollten. Als das Stw Rt I mit der Erweiterung des Vbf (vormals Union Bf) im Jahre 1903/04 in Betrieb genommen wurde, war es so wie alle anderen Stw auf diesem Areal auch, als mechanisches Kraftstellwerk gebaut. Während Mt, Nt, Dro, Drw alt, Rt II und Rt III nicht unterkellert wurden, so wurde für Rt I der Bau eines Kellers notwendig. Alle anderen Stw’e hatten neben dem Gebäude noch einen Kohlenbansen (so bis zuletzt Mt und Dro) für die Aufbewahrung des Heizmaterials. Auf Grund der Insellage (siehe heute noch Drw) war für das im direkten Betriebsbereich gelegene kleinere Stw Rt I keine Möglichkeit vorhanden, das erforderliche Heizmaterial außerhalb des Gebäudes zu lagern und somit wurde ein Kohlenkeller notwendig.
Anmerkung:
Die heutige Gleislage mit der von 1900 nicht vergleichbar. Der Bf wurde zu Beginn der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts in diesem Bezirk noch einmal umgebaut. Zu dieser Zeit gab es noch nicht so viele Aufstellgleise im westlichen Bereich. In Jahren 1937/1939 und ein weiteres Mal nach 1945 veränderte sich dieser Ausfahrtbereich erneut.
Als sich das neue Stw Drw Ende 1932 im Bau befand wurden bereits um 1929; also schon drei Jahre zuvor die zur Gleisharfe gehörenden Weichen, die von Stw Rt I noch mechanisch bedient wurden, nach und nach auf elektromechanischen Antrieb umgerüstet. Eigens dafür erhielt Stw Rt I zusätzlich ein vereinfachtes Bedienpult. In diesem Zusammenhang wurde eine kleine Kraftstation für Stw Rt I notwendig, die ebenfalls in östlicher Lage hinter dem Stw errichtet wurde. Nach den Aufzeichnungen von Heinrich G. waren; verglichen mit der heutigen Gleislage, es im ersten Umbauabschnitt die Weichen der Gleise 22-28. Mit der elektrischen IB dieser Weichengruppe Juni/Juli 1929 durch Rt I wurde anschließend die dortige Hebelbank verkürzt um für den zweiten Bauabschnitt ein weiteres Bedienpult zu installieren um den Betrieb für die Weichen der Gleise 12-21 im Frühjahr 1930 aufnehmen zu können. Zu den Weichen der Gleise 29-35 haben wir bislang keine Angaben gefunden, vielleicht hat es diese Gleise da noch gar nicht gegeben. Mit der IB der elek. Weichenbedienung auf Rt I im Sommer 1930 wurde dann auch die Bezeichnung des Stw in „Wt West“ geändert. Eine klare Begründung dafür haben wir nicht gefunden. Ob sich die Umbenennung für diesen kurzlebigen Zeitabschnitt gelohnt hat, scheint heute aus heutiger Sicht mehr als fraglich. Schließlich mussten dafür auch sämtliche Fahrdienstliche Unterlagen geändert werden.
Dazu eine kleine Anmerkung:
Am Gebäude der Überleitstelle Do-Rahm befindet sich immer noch die historische Stw Bezeichnung „Abzw Rahm“: Sie wurde nach dem Umbau zur einer Überleitstelle nicht in „Üst Do-Rahm“ geändert und vermutlich wird das bis zur AB - wann auch immer- sicherlich so bleiben.
Wie Vorausschauend jedoch die Planungen und der Neubau des elek. 4-Reihen Stw Drw betrieben wurde, das beweisen die von vornherein bedachten, verlängerten Stellleitungen zwischen den Stw’en Wt West und dem zukünftigen Standort des neuen Drw.
Nach dem alle technischen Voraussetzungen für das neue Drw geschaffen waren, wurden nach und nach die Weichen von Wt West nach Drw umgeklemmt. So gab es für eine kurze Übergangszeit zusätzlich zwei Weichenwärter innerhalb der Gleisharfe, die zusammen mit dem Personal auf Drw alt einen gemeinsamen Betriebsablauf zwischen drei Stw’en verrichteten.
Somit waren diese Weichen dann zugleich auch die ersten, die von Drw –neu- aus bedient wurden. Die kleine Trafostation von Wt West wurde übergangsweise beibehalten. Mit der Teil-IB von Drw (1933); zunächst als reines Wärterstellwerk, konnte Wt West umgehend außer Betrieb genommen werden. Kurz darauf folgte der Abbruch des Gebäudes, da für Drw auch dieser Platz für eine weitaus größere Trafostation benötigt wurde. Die Signale und Weichen von Drw - alt - (mechanisch unterhalb der Franziusbrücke gelegen) wurden sukzessiv Fahrtrichtungsweisend an das neue Drw angebunden. In dieser Bauphase gab es dann wieder einen Parallelbetrieb; dieses Mal jedoch zwischen den zwei Fahrdienstleiter Stw’en.
Bild 8 – Blick von der Franziusbrücke auf das Stw Wt West in der Mitte und ganz rechts am Bildrand das Stw Drw alt - 1932 (Slg. J. Utecht)
Bild 9 – Lageplan Drw I und Drw II (1934) FhED
Bild 10 Fotomontage zu Standort Drw alt
Bild 11 – Das neue Drw im Jahre 1935 (G. Schäfer / Slg. FhED)
Bild 12 – Zu den ersten Personalen des neuen Drw zählten die Mitarbeiter Fdl A. Preuß (links) und sein Ww W.Schäfer (rechts) 1935 (G. Schäfer / Slg. FhED)
Mit der endgültigen Übernahme des gesamten Betriebsablaufes durch das neue Drw Ende 1933, wurde das alte Gebäude unterhalb der Franziusbrücke zunächst als Bürogebäude und Lagerraum durch die Bm mit genutzt.
Bild 13 – Lageplan Drw und Magazin der Bm
Bild 14 – Drw Ostansicht (M&GZ)
Bild 15 – Drw und Trafostation – Westansicht - W.&Ch. Nolte
In den Kriegsjahren wurde der Dachaufbau Opfer von Bombentreffern und musste abgetragen werden. Ein provisorisches Flachdach machte eine weitere Nutzung als Magazin möglich. Verblieben ist noch der leere Bedienungsraum und der Spannwerksraum. Vermutlich in den Jahren zwischen 1979 und 1984 wurde dann auch der letzte oberirdische Gebäudeteil abgetragen. Bis heute ist nur noch das eigentliche Fundament; versteckt unter Büschen und Bäumen, vorhanden.
Bild 16 – Snapshot aus einem S-8-Film - Überreste von Drw alt – (M&GZ)
Bild 17 – Unter diesem Strauchwerk befindet sich heute noch das Fundament des alten Drw
Grundsätzlich ist damit das Rätsel um die Bezeichnung des Stw Rt I nach vielen Jahren endgültig gelöst worden. Von den einstmals drei Rangiertürmen ist gegenwärtig nur noch die Ruine von Rt II im Westbergtal vorhanden.
Stw Rt III im Bw-Bereich gelegen ging 1978 AB und wurde im darauffolgenden Jahr am 06.12.1979 abgerissen.
Bild 18 – So ähnlich könnte es im Jahre 1933 dort ausgesehen haben … (FhED)
Vor wenigen Wochen waren wir noch einmal im Bereich des Stw Rt I / Wt West um für weitere Recherchen die Grundmaße zu ermitteln, die in den alten Plänen leider nicht vermerkt waren.
Bild 19 – Der Zugang zum Keller, umrahmt von hoher Vegetation 2012 (FhED)
Als wir noch einmal den Keller betraten, da war nichts mehr von dem übrig, was wir noch 1983 vorgefunden haben.
Bild 20 – So hatten wir uns das nicht vorgestellt – ein leerer Raum … (FhED)
Allerdings kam jetzt eine ganz neue Entdeckung auf uns zu, die wir seinerzeit durch das wilde Zustellen der Räumlichkeiten gar nicht wahrnehmen konnten. In einer Höhe von 1,30 Metern über dem Boden fanden wir einen Notausstieg; zu erreichen über zwei metallene Sprossen. Diese führen in einen Nebenraum mit einer Größe von ca. fünf mal drei Metern, verbunden mit einem Notausstieg zwischen dem Gleis 11 und der gegenüberliegenden Weiche 44 (Verbindung nach Gleis 12).
Ergo ein Luftschutzraum.
Bild 21 – Die Eisenstufen zum Schutzraum / Notausstieg – 2012 (FhED)
Bild 22 - Die 50 cm starke Betondecke des Schutzraumes 2012 (FhED)
Heute ist der Notausstieg von Birken überwachsen und von außen her nicht mehr zu sehen.
Ohne die fachliche Unterstützung der Werkmeister und den präzisen Aufschreibungen des Owm Heinrich G. hätten wir die Lösung des Rätsels um Rt I allem Anschein nach niemals gefunden.
Damit können wir zunächst ein weiteres Kapitel über diesen Bahnhof schließen.
Und wenn wir nun schon mal dabei sind, wir haben noch ein unvollendetes Kapitel, denn wir sind noch nicht am Ende!
2. Die zwei Tunnelunterführungen und deren Verlauf
Bei einem dieser ungelösten Rätsel können uns vielleicht einige User weiter helfen. Dabei handelt es sich um die unterirdischen Gänge/Tunnel unter den Bahnhofsgleisen im östlichen Bereich des Dortmunder Gbf, die auch schon zu Gründungszeiten bestanden haben müssen. Der größere Tunnel wurde im Jahre 1994 an der Huckarder Straße; genauer gesagt auf dem Gelände des früheren EAW Dortmund, im Bereich des Union-Heizhauses nahe der Königsbergerstraße entdeckt. Beim Abbruch der nicht mehr benötigten Union-Betriebsgebäude wurde bei Baggerarbeiten der Zugang freigelegt.
Bild 023 – Baggerarbeiten im Tunnelbereich an der Huckarder Straße – Im Hintergrund das hohe Gebäude war das Kohleheizkraftwerk der Union 1994 (M&GZ)
Bild 024 – Der Verlauf des Tunnels von der Huckarder Straße bis zun den Fundamenten der alten Königsberger Brücke und weiter …?
Nach Aussage des Baumaschinenführers und des anwesenden Poliers der Fa. Marsch, betrug die Stollenhöhe 2,50 Meter und in der Breite ca. 3,00 Meter. Auf einer Länge von 220 Metern war der Tunnel noch begehbar und endete dann an einer nachträglich eingesetzten Ziegelsteinmauer. Platz genug um auch mit Materialwagen dort durchfahren zu können. Nach Auflassung des EAW Dortmund und der anschließenden Übernahme durch die Union wurde der Tunnel weiterhin genutzt, um den Unionbereich auf nördlicher Seite hinter dem Bahnhof zu erreichen.
Bisher konnten wir den Verlauf des Tunnels nur bis zu den Arkaden) des alten Bw Do Rbf, nahe dem Fundament der Königsberger Brücke verfolgen. Und weiter?
Wo kam der Tunnel denn genau wieder zu Tage? Zwei Tage nach dem Auffinden und der Freilegung des Tunnels wollten wir noch einige Aufnahmen von dem aus Backstein gemauerten Tunnelgewölbe machen, aber da hatte die Abrisskugel die Eingänge bereits zerstört.
Bild 025 – Wir waren zu spät – die Abrissbirne war schneller 1994 (M&GZ)
Anschließend wurde nur der südliche Bereich an der Huckarder Str. auf einer Länge von 30 Metern verfüllt und neue Bauwerke entstanden auf diesem Areal.
So auch die GLS Lostics Systems GmbH.
Doch damit nicht genug!
Ein zweiter, 343 Meter langer Tunnel befand sich gleichfalls an der Huckarder Straße und wiederum auf dem EAW Gelände. Der aus Backstein gemauerte Gewölbedurchgang (ähnlich der Unterführung der KME-Hauptstrecke im Bf Dortmund Gbf) in der Breite von 1,30 Meter und einer lichten Durchgangshöhe von 2,10 Meter verband die EAW Reparaturwerkstatt und das davor liegende Gebäude (Wohnhaus eines Oberbahnmeisters *) als Fußgängertunnel mit dem Bw-Bereich.
Bild 026 – In gleicher Ausführung wie die Gewölbeunterquerung der KME verlief der Tunnel zwischen dem Wohnhaus und dem Bw-Bereich (H. Dohmann/FhED)
Der nördliche Ausgang war im Bereich zwischen dem Lokschuppen und der Drehscheibe gelegen.
Bild 027 – Verlauf des Gewölbes von der Huckarder Str. 107 aus bis hin zum Bereich der ehem. Drehscheibe – heute Gleise 70/71
Das Wohnhaus wurde zwischen 1967 und 1970 abgerissen. Auch dieser Tunnel wurde erst beim Bau der Gründungen für die OWIIIa im Jahre 1990 wieder entdeckt, da er in den aktuelleren Plänen schon gar nicht mehr verzeichnet wurde und somit in Vergessenheit geriet. Von Seiten der Huckarder Str. aus ist heute nichts mehr davon zu sehen. Die Spedition Dachser GmbH hat darüber ihre Lagerhallen gebaut. Unter dem Bahnhof selber ist der Tunnel noch vorhanden, denn er wurde nach seiner Entdeckung nicht verfüllt. Der Zugang im Bw-Bereich ist nicht mehr möglich. Genau im Eingangsbereich des Gewölbes steht heute einer der Sechsfach-Stützpfeiler für die OWIIIa.
Bild 028 – Lage des Zugangs im Bereich der Gleise 70/71 (FhED)
Bild 029 – Exakt an diesem Stützpfeiler befand sich der nördliche Gewölbezugang W.&Ch. Nolte)
Erst dann, wenn auf dem gesamten Areal einmal ein Rückbau der Gleisanlagen erfolgt, alles geräumt und die Bodenverunreinigungen beseitigt sind, dann dürften auch die beiden Tunnel; die sich nur wenige Meter unterhalb der Gleise befinden, wieder zum Vorschein kommen und auch dieses Rätsel endgültig lösen.
Vielleicht können aber DSO-User zu den Tunneln und deren endgültigen Verlauf weitere Informationen geben.
*) Die Angaben zu dem Wohnhaus an der Huckarder Straße 107 machte uns der von 1983-1988 stellvertretende Dvst BOAmtm. Walter J. vom Bf Dortmund Gbf.
Sein Vater hat als Oberbahnmeister in diesem Haus noch bis 1963 gewohnt und konnte bis zum Ende der Fünfzigerjahre den Tunnel noch als Durchgang benutzen, um das Dienstgebäude der Bm an der Westfaliastraße Nr. 198 zu erreichen.
Es wird jedoch allgemein vermutet, dass jenes Haus einst dem EAW-Werkdirektor gehörte, denn auf dieser Seite der Huckarder Straße standen bekanntlich nur Fabrik-/Werkhallen und keine weiteren Wohngebäude. Letztere befanden sich an der Gegenüberliegenden Straßenseite.
Es wäre schön, wenn wir noch einiges Neues zu diesen Themen erfahren könnten.
Freuen würden wir uns auch sehr über Bilder, die vielleicht im Hintergrund auch noch die Ruine des alten Stw Drw zeigen. Es hat vereinzelt solche Bilder schon mal im DSO-Hifo gegeben, leider sind sie nicht mehr sichtbar.
Gruß
Der Dortmunder
Michael
Sachliche Kritiken zum eigentlichen Thema sind ausdrücklich erwünscht.
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:07:30:08:18:51.