Liebe Hobbykollegen,
Anfang der 1960er Jahre verkaufte die Berliner S-Bahn ausgemusterte Beiwagen
der Baureihe 169 in verschiedene Richtungen. Immerhin blieben ja von ursprünglich 17 Halbzügen 8 übrig. Jeder hatte 3 Beiwagen, also konnte man 24 Beiwagen anderweitig nutzen.
004a und b kamen zum Unterwerk Rahnsdorf
015a war Rangier- und Überführungsfahrzeug in Velten
015b war dort als Lagerraum aufgestellt.
017a wurde Lagerraum für Tischler in Oranienburg
Andere wurden Gerätezügen beigestellt, zu offenen Güterwagen umgebaut (die sich aber schon bald so verzogen, dass sie ausgemustert werden mussten, weil das Untergestell ohne Wagenkasten instabil war) und ähnliches.
Auch das Stahlwerk Hennigsdorf bekam einige ab, und es ergaben sich z.T. interessante Bilder, die 1990 entstanden.
Den hier hat es gleich auf den Kopf gedreht:
Er befand sich auf der Schlacke und Müllkippe des Stahlwerkes wohl als Unterkunft für Arbeiter oder ähnliches. Wer ihn aufs Dach gedreht hat?
Auf dem Gelände des Stahlwerkes. Dort standen mehrere EB 169 herum, sowohl auf Rädern als auch nur der Wagenkasten.
Dieser Wagen wurde als HO-Imbiss (!!) genutzt.
Einige etwas politisch verwirrte Schwachstromlieferanten hatten ihn auch schon verziert.
Das nächste Bild zeigt den Kasten der elektro-pneumatischen Brems – Löseventile, der erst 1956/57 eingebaut wurde.
Das interessante ist die Aufschrift „110V“ auf den Spulen!!
Wie bekannt wurden ja die 8 verbliebenen 169er 1956/57 weitgehend den 165ern angepasst.
Das bezog sich nicht nur auf die veränderte Front, sondern auch die Technik!
Drehgestelle, Motore, Schaltwerk, der ganze Klimbim war noch im Lagerbestand, ausgebaut aus kriegszerstörten Wagen.
Nun wurden aber die Ventile beim 165er mit 750 V direkt aus der Stromschiene betrieben
Bei den "169mod" hatte man sich bei der „Modernisierung“ offenbar einen kleinen Fortschritt erlaubt:
Die Ansteuerung dieser Ventile (und womöglich auch anderer elektrischer Geräte) lief nun mit 110V-Batteriestrom, was zugegeben nicht jeder für eine interessante Entdeckung halten mag. :)
Interessant auch das Untersuchungsdatum:
Er verließ das RAW Schöneweide knappe 2 Wochen nach dem Mauerbau,
dem in West-Berlin der S-Bahnboykott folgte, verbunden mit massivem Fahrgastschwund.
Ob die Hauptuntersuchung sich noch gelohnt hat??
Die nächste Bremsuntersuchung im März 1963 bekam er jedenfalls nicht mehr!
Laut SCHMIEDECKE war der letzte 169er Anfang 1963 in West-Berlin als Personalzug gesichtet worden, in Ost-Berlin wurde nach dem Mauerbau ebenfalls kein großartiger Verkehr mit den 169ern bestritten, sie waren spätestens Frühjahr 1963 alle abgestellt.
Und noch etwas zu diesem Wagen.
Man erkennt schwach die Wagennummer: EB 169 002c.
Es handelt sich also um einen Beiwagen aus dem dem Bw Wannsee fest zugeteilten Halbzug 002, der vorrangig für die Zuggruppe 5 bestimmt war!!
Hier steht er vor 1957 in seiner ursprünglichen Form am „Düppeler Bahnsteig“,
der EB 169 002c aus dem Stahlwerk ist im Zug mit dabei!
Ist er nicht unglaublich häßlich?
(Aufnahme entstammt der Website [
www.stadtschnellbahn-berin.de]
Und so sah 169 002 aus nachdem er „ge-stadtbahnert“ war. (Nach 1956.)
(Aufnahme entstammt der Website [
www.stadtschnellbahn-berin.de]
Auf diesem Bild ist er noch einmal zu sehen:
Der Halbzug 169 002 auf der Zuggruppe 5 in Düppel.
(Aufnahme entstammt der Website [
www.stadtschnellbahn-berin.de]
Von der anderen Seite:
(Aufnahme entstammt der Website [
www.stadtschnellbahn-berin.de]
Ein originalkopf steht wohl noch in Hundekehle.(?) Er war bereits 1943 ausgemustert worden
und bei einer Untersuchung vor etwa 5 Jahren fanden sich noch allerlei Originalanschriften aus dieser Zeit.
Ansonsten...naja, waren sie rechte Fehlkonstruktionen. Anstatt sich an der Hochbahn zu orientieren,
wo längst die "Viertelzugteilung" mit gleichartigen Trieb-und Beiwagen seit 1906 (Einführung der Vielfachsteuerung) eingeführt war,
perpetuierte man das inzwischen 20 Jahre alte Prinzip des Versuchsbetriebes nach Lichterfelde Ost von 1903.
2 schwere vierachsige Triebwagen mit dazwischen gekuppelten 3-achsigen Abteilwagen....1924 noch einmal in Serie aufgelegt.
Vmax ganze 70 km/h und von 14 Achsen 4(!) angetrieben!
Möglicherweise hielt man 2 Motore pro Tw für billiger als 4.
Die dafür nötige Leistung konnte man aber nur in Motoren umsetzen, die so groß waren,
dass sie nicht mehr unter den Wagen passten!
Über dem vorderen Drehgestell musste der gesamte Rahmen gekröpft werden!
Bei den von SSW ausgerüsteten Wagen wurde der GBM 1620 mit 170 kw eingebaut.
Alleine der Läuferdurchmesser betrug also unglaubliche 1620 mm!!
(Der 165er hatte den GBM 700 drin.)
Heute fragt man sich, ob die Jungs auf Crack waren.... ;)
Bis denne.
Grüße an Alle
von Joachim
aus Berlin
"Ich bin Gott sei Dank - Berlinerin!" (Marlene Dietrich)
"Der kluge Mann, vermeidet jeden Krieg!" (Goebbels 1938, bei der "Sudetenkrise")
"Im Führer haben wir einen genialen Feldherren!" (Goebbels 1940, nach dem "Sieg über Frankreich")
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