Vorgeschichte
Dieser Beitrag verbindet Eisenbahn- und Bergbaugeschichte im Gebiet Ibbenbüren-Hasbergen und Georgsmarienhütte. Den Erz- und Kohlenabbau im Raum Ibbenbüren kann man bis in das 16. bzw. 17. Jahr¬hundert zurückverfolgen. Am 20. Oktober 1866 schloss man die östlichen Abbauflächen zu einem Gesamtfeld unter dem Namen „Bergwerk Perm" zusammen.
Der GMBHV nahm im Jahre 1879 die Verhandlungen zum Ankauf der Eisensteinfelder am Schafberg. Am 24. April 1880 kam es mit der „Gewerkschaft Perm" zum Abschluss eines Kaufvertrages. Für die Summe von 350.000 Mark wurden die Schürfrechte und das technische Gerät vom GMBHV übernommen. Am 1. August 1883 folgte ein Vertrag mit der „Gewerkschaft Friedrich-Wilhelm" über die Abbauberechtigung, der am 24. November 1883 in einen Kaufvertrag umgewandelt wurde. Der Kaufpreis betrug 1.287.000 Mark.
Zum Kaufpreis gehörte auch die Schmalspurbahn zwischen dem Bahnhof Ibbenbüren und der Zeche Friedrich-Wilhelm. Die 2,4 km lange Bahn war bereits in den siebziger Jahren erbaut worden. Erze und Grubenmaterialien durften mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h von Lokomotiven befördert werden.
Am 13. Oktober 1883 erwarb der GMBHV noch die Zeche „Hector" für 150.000 Mark. Beim Ankauf war man davon ausgegangen, dass die Zeche „Hector" für 80.000 Tonnen Erz „gut sei". Die Gesamtförderung belief sich aber bis zum Jahre 1905 auf 450.461 Tonnen Erz. Die Eisensteinfelder „Hannover" und „Eisenschlucht" erwarb der GMBHV ebenfalls, so dass alle abbauwürdigen Flächen im Besitz des Vereins waren.
Um den Abtransport des gewonnen Erzes sofort sicherstellen zu können, schloss der GMBHV mit dem „Königlichen Eisenbahn-Betriebs-Amt Hannover— Rheine" Verträge ab. Von Ibbenbüren, wohin die Rasensteinerze der zum Feld „Friedrich-Wilhelm" gehörenden Abbaufläche bei Brochterbeck gebracht wurden, erfolgte der Weitertransport über Osnabrück zur Georgsmarienhütte.
Die „Zeche Perm" und davor die „Gewerkschaft Oranien" aus Wohlheim bei Kassel hatten in Laggenbeck die Erze auf die Bahn verladen. Zur „Zeche Perm" führte eine Wegeverbindung und zumindest zeitweise bestand auch eine Feldbahnanschluß. Am 17. Juli 1882 übernahm der GMBHV die Verträge für den Abtransport in Laggenbeck. Bis zur Fertigstellung der „Perm-Bahn" blieb die Erzverladung in Laggenbeck in Betrieb.
Die Perm-Bahn Hasbergen — Velpe
Die Bauarbeiten am Permer Stollen begannen 1881. Am 14. Mai 1881 war ein Betriebsplan für die „Zeche Perm" erstellt worden. Die Bauarbeiten dauerten bis 1884. Der Stollen hatte eine Länge von 830 Metern. Das Mundloch lag im Brockbachtal, nahe der Bahnstation Velpe. Der Stollen hatte eine Höhe von 2,70 Meter und eine Breite von 2 Metern.
Diese Zeichnung aus dem Betriebsplan der Zeche Perm zeigt die Lage des Schachtes und der Betriebsgebäude.
Noch im Jahre 1881 nahm man die Planung einer normalspurigen Bahnverbindung vom Stollenmund nach Hasbergen auf. Der Bau begann noch im Jahre 1884. Am 31. August 1885 konnte der GMBHV mit dem Königlichen Eisenbahn-Amt in Münster einen Vertrag über die Errichtung eines Brückenbauwerks über die Gleise der Bahnverbindung Münster — Osnabrück in Hasbergen abschließen. Das größte Hindernis für die Perm-Bahn war damit überwunden.
Mitte Oktober 1886 waren die Bauarbeiten an der Perm-Bahn fast abgeschlossen, so dass der Termin für die polizeiliche Abnahme und Prüfung der „normalspurigen Gruben-Transport-Eisenbahn von Hasbergen zum Permer Stollen" auf den 29. Oktober 1886 festgesetzt wurde. Von Hasbergen aus war eine gemeinsame Befahrung der Strecke mit einer Lok und einem Personenwagen der Georgsmarienhütten-Eisenbahn vorgesehen. Von bergpolizeilicher Seite wurden keine Bedenken gegen eine Eröffnung der Bahn eingelegt. Festgestellt wurde nur, dass noch keine Kilometersteine und noch keine Steigungsanzeiger aufgestellt waren. Die Überführung über die Staatsbahn in Station 2+29,12 der Perm-Bahn war in einem Winkel von 67°29' in Kilometer 109,5+93,4 der Strecke Osnabrück-Münster errichtet worden. Die Brücke hatte eine lichte Weite von 8 Metern und war von der Schienenoberkante bis zur Brückenunterkante 4,80 Meter hoch. Die Perm-Bahn hatte auf der Brücke eine Höhe von 79,57 Meter über NN.
Am 1. November 1886 er¬teilte der Regierungspräsident zu Osnabrück die Betriebsgenehmigung. Am 11. November folgte die Genehmigung des Regierungspräsidenten aus Münster und am 21. November 1886 erteilte auch das Oberbergamt in Dortmund die notwendige Genehmigung. Der ordentliche Betrieb begann am 1. Januar 1887.
Während die Bahn in Hasbergen nur einfach in das vom Bahnhof Hasbergen kommende Gleis eingefädelt wurde, war am Permer Stollen der sogenannte „Permer Bahnhof' errichtet worden. Die ganze Anlage bestand aber nur aus einer Verladeeinrichtung, Personalgebäuden, einem kleinen Lokschuppen und einigen Gleisen, die parallel zu den aus dem Stollenmund hinausführenden Gleisen verlegt waren.
Nur wenige Meter südlich der "Hannoverschen Westbahn" und direkt am Mondloch des Permer Stollens war der Endbahnhof der Eisenbahnverbindung Georgsmarienhütte - Hasbergen - Perm angelegt worden.
Der Stollenmund mit einem in Richtung Osnabrück - Hannover fahrenden IC.
Während 1985 das ehemalige Maschinenhaus fast unverändert war zeigt es sich 2012 von weiteren Gebäuden umgeben.
Bereits am 1. Juli 1887 konnte auf Antrag des GMBHV die Fahrgeschwindigkeit auf 30 km/h erhöht werden. Am 29. Oktober 1887 ereignete sich der erste überlieferte Unfall. In der Nähe des Schwefelbades Ledde war nach einer Zeitungsmeldung „der ganze Zug umgefallen". Viele Wagen wurden zertrümmert. Vom Fahrpersonal wurde aber niemand „beschädigt". Laut Bericht des Bahnmeisters hatte es plötzlich einen Knall gegeben und „die Lok habe sich langsam zur Seite geneigt". Der Bahnmeister nahm an, dass der Untergrund durch die starken Regenfälle aufgeweicht worden war. Betroffen von dem Unfall war der Zug Nr. 18, der um 16.25 Uhr vom Permer Stollen abgefahren war. Zwischen km 15,4 und 15,5 kam es zu der Entgleisung der Lok und der neun angehängten Wagen.
Am 31. März 1889 wurde dem GMBHV von den Regierungspräsidenten in Münster und Osnabrück die Genehmigung erteilt, „Personen auf der normalspurigen Montanbahn Hasbergen — Permer Stollen zu befördern, soweit es sich dabei um Arbeiter des Werkes handelt". Diese Personenbeförderung erfolgte mit einem älteren Personenwagen, der den Erzzügen mitgegeben wurde.
Die Gesamtstrecke hatte eine Länge von 10,7 km. Der eigene Bahnkörper war mit unterschiedlichen Oberbaumaterialien ausgerüstet. Es waren Schwellenschienen, Längsschwellen und auch Querschwellen verlegt. Mit Erlass des Ministers für öffentliche Arbeiten wurde dem GMBHV im Jahre 1892 (Aktenz. IV-4101-1892) nochmals bestätigt, dass die Bahn nicht der Aufsicht des Reiches unterstand, sondern eine reine Grubenanschlussbahn war. Durch diese eigene Bahnverbindung vom Erzabbaugebiet am Schafberg zur Hütte konnte der GMBHV 50% der Transportkosten einsparen. Gelder, die sonst an die Staatsbahn geflossen waren.
Die Bahn wurde bis zur gänzlichen Einstellung des Erzabbaus im Jahre 1926 betrieben und dann zurückgebaut. Die Fahrzeuge waren während der Betriebszeit immer von der Georgsmarienhütten-Eisenbahn gestellt worden.
Eine Aufnahme der Lok 7 während ihrer Einsatzzeit im Stalwerk Osnabrück.
Über den Einsatz der Lokomotiven auf der Perm Bahn der Georgsmarienhütten Eisenbahn gibt es keine Unterlagen. Leistungsverzeichnisse weisen aber den Einsatz der beiden Lokomotiven (Hanamag Lok 7 und Borsig Lok 12)zwischen Georgsmarienhütte und Hasbergen aus. Warum sollen sie nicht auch bis zum Permer Bahnhof gefahren sein?
Im November 1935, im Rahmen der Bestrebungen der Klöckner-Werke, eine eigene Bahnverbindung von Hasbergen zum Hafen Saerbeck einzurichten, wurden Erhebungen angestellt, welche Schritte notwendig waren, um die Perm-Bahn erneut in Betrieb zu nehmen. Acht Kilometer der alten Strecke hätten genutzt werden können, und nur ein kurzer Abzweig zum Bahnhof Bocketal war neu zu erstellen. Die sich abzeichnende Notwendigkeit zur Eigenversorgung mit Rohstoffen ließ das alte Erzabbaugebiet am Schafberg für die Klöckner-Werke wieder interessant werden. Auch der schnelle Kohlentransport von Ibbenbüren aus war nicht unwichtig. Mit Unterstützung der Deutschen Reichsbahn wurde die Strecke erneut aufgebaut. Sie sollte als Verbindungsbahn zwischen den Strecken Hannover—Rheine und Hamburg—Ruhrgebiet dienen. Westlich des Bahnhofs Velpe wurde eine Gleisverbindung zur Perm-Bahn geschaffen, die den Zügen aus Richtung Osnabrück die direkte Einfahrt in das Gleis nach Hasbergen ermöglichte. Am Habichtswald, ungefähr in der Mitte der Strecke, ermöglichte eine Ausweichstelle Zugkreuzungen oder auch einen geschützten Aufenthalt bei Luftangriffen. Die Einfahrt in die Hauptbahn in Hasbergen erfolgte südlich des Bahnhofs, direkt in Richtung Münster. Diese neue Gleisverbindung war auf einer extra aufgeschütteten Rampe erstellt worden
Noch im Jahre 1946 wurde das Schnellzugpaar D 2877 D 288 Münster - Osnabrück - Löhne - Hameln - Hannover und zurück über diese Verbindung geführt. Die 45 bis 50 Minuten erfordernde Fahrtstrecke von Lengerich bis Osnabrück Hbf war solange notwendig, wie die Schinkel- und Löhnerkurve in Osnabrück nicht befahrbar war.
Selbst im amtlichen Fahrplan der RED Münster aus dem Jahre 1948/49 ist die Strecke noch eingezeichnet, wenngleich sie zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr genutzt wurde. Die Demontage der Strecke erfolgte im Sommer 1949.
Ein Ausschnitt aus der Karte des amtlichen Fahrplans der Direktion Münster aus dem Jahre 1948/49.
Entlang der ehemaligen Strecke der Perm-Bahn kann an vielen Stellen noch der Bahndamm erkannt oder als Weg benutzt werden. Das letzte bis 1970 noch vorhandene Bauwerk war dieBrückenköpfe der Brücke in Hasbergen. (Foto: Riemann)(Alle nicht gekennzeichneten Aufnahmen und Zeichnungen stammen vom Autor oder seiner Sammlung)
Trotz intensiver Suche haben sich leider keine Fotografien von Zügen der GME auf den Gleisen der Perm-Bahn finden lassen. Eventuell bringt dieser Bericht ja noch historisches Material an das Tageslicht.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:03:30:07:52:22.