Teil 8: Im Dampflokdepot De Aar
Liebe HiFo-Gemeinde,
im heutigen Teil 8 meiner Steam Safari Serie erscheint erstmals keine Karte unserer Fahrtroute, weil wir uns an nur einem Ort aufhalten: in De Aar, genau gesagt im dortigen Dampflok-Depot. Hier sind vor allem die gewaltigen Hauptstrecken-Loks der Baureihe 25NC beheimatet, viele von ihnen ehemalige 'Condenser'. Sie bedienen hauptsächlich die 230km lange zweigleisige Hauptstrecke Richtung Norden nach Kimberley, und das oft in Doppelbespannung.
Ältere Streckenloks, wie die hier noch sehr verbreitete Baureihe 12A und 12AR, sind im Rangierdienst sowie in der Bedienung von Gleisanschlüssen aktiv.
Übrigens, De Aar steht für Ader bzw. Wasserader. Und Wasser wird in einem Großdepot für Dampflokomotiven auch ordentlich gebraucht.
14. November 1979: Unterwegs zu den Loks: der Weg führt vorbei an für das südafrikanische Eisenbahnmuseum hinterstellte, nicht betriebsfähige Museumsdampflokomotiven. De Aar in der Karoo ist ein idealer Ort dafür, denn durch die geringe Luftfeuchtigkeit sind die die Museumsloks relativ korrosionsgeschützt. Hier eine kleine Auswahl der hinterstellten Lokomotiven:
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Ein echter Oldtimer ist die Baureihe 6A, die Lok trägt die Betriebsnummer 462. Hinten rangiert gerade eine 12AR.
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Ebenso eine Museumslok ist 19A 693, hinter ihr ist teilweise nochmal die 6A zu sehen.
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Baureihe bzw. class 6J mit der Betriebsnummer 641.
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Nummer 2259 ist eine Garratt class GDA.
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Eine Vertreterin der größten südafrikanischen Garratt-Baureihe ist GL 2351, dahinter stehen 10 735 vor 11 938.
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Jetzt sind wir bei der betriebsfähigen Fraktion angelangt: 25NC 3515 'JUDY' dampft eben mit einer zweiten 25NC in Richtung Rangierbahnhof bzw. Übergabebahnhof los, um dort einen schweren Güterzug zu übernehmen. Links hinten ist die Großbekohlungsanlage erkennbar.
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Hier wird mal wieder geputzt, die meisten Maschinen erscheinen nicht von ungefähr so sauber: 25NC 3429 'JENNIFER'. Auf dem selben Gleis hinter ihr steht 25NC 3430 'SHARON'.
An dieser Stelle hörte ich recht ungewöhliche Töne, ein Art sirrendes Turbinengeräusch. Hinter 'JENNIFER' war auch eine Dampflok-untypische, weil sehr breite Qualmwolke erkennbar. Ich dachte damals, hier wird wohl eine neuartige Diesellok aufgerüstet. Aber weit gefehlt, ...
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... das merkte ich, als ich um 'JENNIFER' herumging: Vor mir stand der letzte betriebsfähige Condenser der SAR unter Dampf: 25 3511; links daneben 25NC 3430 'SHARON'. Das Turbinengeräusch kam von der Saugzugturbine, die anstelle von Bläser und Blasrohr für den zur Feueranfachung erforderlichen Rauchkammerunterdruck sorgt.
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Fleißige Hände erledigen letzte Wartungsarbeiten am Condenser 25 3511, der demnächst auf die Strecke gehen wird.
Zwischenbemerkung: class 25 und 25NC
„Man nehme ein Fahrwerk mit der Achsfolge 2’D2’, setzte einen Kessel mit 2,13m Durchmesser und einer Feuerkiste mit einer Rostfläche von 6,5 qm darauf und man erhält eine in jeder Hinsicht große Lokomotive. Setzt man diese Lok auf Kapspur mit 1067mm Spurweite ein, dann ergibt das einen wahrhaftigen Giganten auf Schienen.“
Das ist die wohl mit etwas ‚Augenzwinkern’ veröffentliche Kurzbeschreibung der Baureihe 25NC aus einer Publikation der SAR.
Bei den Baureihen 25 und 25NC handelt es sich um die modernsten Dampflokomotiven der südafrikanischen Dampfflotte. Bezogen auf ihre technische Ausstattung (Rollenlager bei Achsen und Triebwerk; einteiliger Stahlgußrahmen; Verbrennungskammer; mechanischer Stoker; …) gehören sie zu den modernsten Dampfloks weltweit. 140 Lokomotiven dieses Typs wurden 1953 und 1954 von Henschel und North British gebaut. Ihre Zugkraft übertrifft im Jahr 1979 die jeder anderen SAR-Lokomotive, sei es Dampf-, Diesel- oder E-Lok.
Ursprünglich wurden 90 Kondenslokomotiven der Baureihe 25 und 50 konventionelle Loks der Baureihe 25NC (NC=‚non condensing’) eingesetzt. Das Haupteinsatzgebiet der Baureihe 25 war die Hauptstrecke Touws River - Beauford West - De Aar (ca. 550km) durch die extrem wasserarme Große Karoo. Durch fortschreitende Elektrifizierung dieser Strecke wurde der Betrieb der ‚Condenser’ aber unwirtschaftlich – für die verbliebenen Strecken, vor allem für die ca. 230km lange Hauptstrecke De-Aar – Kimberley sind Kondenslokomotiven nicht mehr erforderlich, zumal auf halber Strecke der Orange River als unerschöpfliches Wasserreservoir zur Verfügung steht. So wurden nach und nach die ‚condenser’ in den Werkstätten von Salt River/Kapstadt ihrer Kondenseinrichtung beraubt und in konventionelle Lokomotiven umgebaut. 1979 gibt es nur noch eine betriebsfähige Kondenslokomotive: 25 3511.
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Zwei Dampf-Schwestern sind 25NC 3423 'VICTORIA' und 25NC 3525 'ERIKA'.
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Auch diese beiden Maschinen gehen, im Gleisdreieck von De Aar gedreht und frisch mit Vorräten versorgt, in Kürze auf die Strecke: 'CAROL' 25NC 3465 vor 'AMANDA' 25NC 3509.
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Hier kommt der lange Umabautender von 'CAROL' besonders gut zur Geltung. Es handelt sich um einen ehemaligen Kondenstender.
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Zwei mal 25NC an der Bekohlung, vorn 'TRIXIE' alias 3425, hinter ihr 'INA' bzw. 3427, die auf dem seitlichen Schild am Windleitblech auch noch den Namen De Aar trägt.
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Blick auf die rechte Führerhausseite von 25NC 3507. Bei dieser Lok ist deutlich das durch den Umbau nachgetragene, etwas zu groß geratene 'NC' zu erkennen. Das rautenförmige Fabrikschilds unterhalb des Lokschilds zeigt, daß diese Lok von North British Loco Co. hergestellt wurde.
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'TRIXIE' vor 'INA' an der Großbekohlungsanlage von De Aar. Nicht jede Lok trägt hier ein Fabrikschild, 'TRIXIE' aber schon: Das rechteckige Schild am Führerhaus unterhalb des Lokschilds weist sie als Henschel-Lok aus.
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Einige Lokomotiven werden besonders gepflegt, wie hier 25NC 3452 'MARIA', die den Steam Safari train letzte Nacht nach De Aar gebracht hat. 'MARIA' ist inzwischen frisch aufgerüstet.
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Der Bereich südlich des Lokdepots wirkt irgendwie traurig. Lange Schlangen abgestellter Lokomotiven, u.a. viele Garratts der Baureihe GO, vorn 2596, dann 2595, 2582, 2572 (alle von Henschel) und viele mehr.
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Auch GO 2592 steht in den langen Reihen abgestellter Lokomotiven. Die Baureihe GO wurde nach Verdieselung ihrer Stammstrecken für sieben Jahre hier in De Aar abgestellt und dann 1984 entgültig ausgemustert.
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25 3451, einer der letzten noch vorhandenen Condenser, in nicht betriebsfähigem Zustand. Bei dieser Lok handelt es sich um den Prototyp der Baureihe 25. Lok und Tender wurden komplett durch Henschel gebaut und anschließend an North Britisch übergeben. Während North British dann alle weiteren Lokomotiveinheiten der 'Condenser'-Serie herstellte, baute Henschel die dazugehörigen Kondenstender.
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Sie warten auf ihren nächsten Einsatz: 3433 'HEATHER', 3507 'EUGENIE', 3431 'LINDY-LOU'.
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Im Schuppen steht 25NC 3481. Man beachte die Schubkarren mit umgedrehter Wanne.
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Blick durch die 'water column', wo mehrere Loks zugleich Wasser fassen können, zu 25 3451 (nur Tender sichtbar), 25NC 3431, 3507, 3433.
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Noch sehr verbreitet ist die Baureihe 12A in De Aar: 2117 am Kohlebunker besitzt noch ihren originalen Belpaire-Kessel.
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An den Schlackengruben, inzwischen (per Gleisdreieck) gemeinsam gedreht: 25NC 3425 'TRIXIE' vor 25NC 3427 'INA'.
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12A 1533 bei Rangierarbeiten. Typisch für diese Baureihe sind die relativ kleinen Raddurchmesser und der sehr tief liegende Belpaire-Kessel.
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Die Großbekohlungsanlage von De Aar, rechts hinten 'JANICE' alias 25NC 3517 im Heizschlaf.
Das Prinzip, wie so eine Bekohlungsanlage bedient wird, habe ich schon mal in einem vorherigen Teil beschrieben. Zur Vollständigkeit hier noch einmal:
Zwei bis drei Kohlewagen werden von einer Dampflok die Rampe hochgedrückt und oben abgestellt. Dann werden die Seitentüren der Wagen geöffnet. Was nicht selbst in den Bunker fällt, wird per Muskelkraft eben dorthin befördert. Die zu bekohlenden Lokomotiven können auf beiden Bunkerseiten ihre Vorräte ergänzen.
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Am Rande des Dampfdepots die Dieselschuppen für die Loks des Great Karoo und des Blue Train. Die Dieselloks des Blue Train verfügen wie dieser über eine Luftdruckbremseinrichtung. Die Dampfloks arbeiten dagegen, wie die meisten anderen Loks, Güterwagen und 'normalen' Personenwagen auch, mit Saugluft- bzw. Vakuumbremse.
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'JANICE' an der Bekohlung, vorn als kalt abgestellte Reserve 12A 1521 und teils 1526.
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Rauchkammerteil der 25NC 3517, Durchblick zu weiteren 25NC auf der anderen Seite der Bekohlungsrampe.
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Einr richtiger 'Oldie' ist 15A 1970 'MILLY'. Es gibt nur noch wenige Lokomotiven dieser Baureihe.
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15A 1970 'MILLY' verfügt noch über ihren orginalen Belpaire-Kessel.
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Auf der Bunkerrampe hat sich was getan: Eben ist 12A 2131 hochgedampft, um inzwischen geleerte Kohlewagen abzuholen. Hinter den Rampenträgern steht 15A 1970 'MILLY', vorn 25NC 3517 'JANICE', links von ihr ist weiter hinten 25NC 3506 'ELSABE' und rechts 12A 1521 erkennbar.
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Gesamtansicht der Großbekohlungsanlage. Auf der Rampe 12A 2131, unterhalb davon 'JANICE'.
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Die gleiche Situation wie im vorherigen Bild, aber mit den Loks aus nächster Nähe. Man beachte die neuste Overall-Mode.
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12A 2131 auf der Bunkerrampe, unterhalb davon der riesige Tender von 'JANICE' / 25NC 3517.
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12A 1526, 25NC 3506 und auf der Rampe 12A 2131.
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Blick hoch zur 12A 2131, die noch immer oben auf der Bunkerrampe steht. Links und rechts weitere 12A.
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25NC 3515 im Heizschlaf. Dahinter faßt eine 12A Wasser. Ganz links ist der Condenser 25 3511 zu erkennen.
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Am Kohlenbunker befinden sich auch Zapfstellen fürs Wasserfassen, wie hier gut zu sehen ist.
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Große Depots führen auch Reparaturen durch: Hier erhält 25NC 3492 neue Überhitzerelemente.
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Die linke Führerhausseite von 'TANIA' bzw. 25NC 3503.
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'Mädels' bei der 'Maniküre': 'MARIA', 'VICTORIA' und 'ERIKA' alias 25NC 3452, 3423 und 3525.
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Abschied vom Dampf-Depot: Ein letzter Blick zwischen den beiden Abschlammkaminen hindurch zu den Lokomotiven und dem Schuppenbereich, bevor es zurück zum Steam Safari Train geht, der schon abfahrtbereit am Bahnsteig auf uns wartet.
Und noch eine Erläuterung zum Bild: Südafrikanische Dampflokomotiven besitzen zwei Abschlammventile, sie sitzen links und rechts an der Unterseite des Stehkessels. Somit entweicht beim Abschlammen das Dampf-/Wasser-/Schlammgemisch zur Seite. Die beiden Abschlammkamine im Vordergrund dienen dazu, den Dampf nach oben abzulenken - damit im Depot-Bereich niemand umgeblasen bzw. verletzt wird.
Im nächsten Teil geht's mit dem letzten betriebsfähigen 'Condenser' nach Kimberley, wo im Ortsteil Beaconsfield ein weiteres Großdepot auf uns wartet.
Bis demnächst - und viele Grüße aus dem Land der Franken
Günter
Und hier noch die links zu den vorherigen Teilen:
Teil 1 (m26B) - Die ersten 423 km: Johannesburg – Germiston – Vereeniging – Kroonstadt – Bloemfontein
Teil 2 (m22B) - Von der Hauptstrecke auf die Nebenbahn: Bloemfontein – Burgersdorp – Aliwal North – Lady Grey
Teil 3 (m36B): Über 8 Spitzkehren von Lady Grey nach Barkly East - und zurück nach Burgersdorp
. . . . . und: Die Geschichte von einem Eisenbahntunnel, durch das nie ein Zug fuhr
Teil 4 (m34B) - Durch die Karoo: (Burgersdorp - Rosmead) - Graaff-Reinet - Klipplaat - Oudtshoorn
Teil 5 (m39B): Über die Berge zum Indischen Ozean: Oudtshoorn - George - Knysna - Mossel Bay
Teil 6 (m29B): 517 km Richtung Westen: Mossel Bay - Riversdale - Worcester - Kapstadt/Rondebosch
Teil 7 (m46B): Kapstadt: Paarden Eiland - und weiter bis De Aar
[edit: Korrektur: die Lok auf der Bunkerrampe ist natürlich eine 12A (keine 12AR); 18.1.2012]
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:01:18:20:46:14.