Hallo Holger,
ich hatte extra in "Das Stellwerk" 1936 nachgesehen, bei Schmitz, W. Dr.-Ing., Die Entwicklung der Schaltung des elektr. Stellwerks von Siemens & Halske (VES), S. 92, 109, 140, 154 und 165 ff. Das war aber nicht ganz zielführend. Nun habe ich weiter geschaut und in "Das Stellwerk" 1937 den Aufsatz Beckh, H., Reichsbahnoberrat, Kraftstellwerke der VES (Bauart S&H 1912) in Bayern, S. 57, 76, 90 und 100.
Beckh nimmt die ab 1.1.1936 für die Reichsbahndirektionen in Bayern gültige "Sondervorschrift für den Kraftstellwerksdienst (Bauart Siemens & Halske 1912): KrV Bay 330" als Aufhänger für seinen Aufsatz. Solche Anlagen wurden durchaus in den 1930er Jahren abweichend von der preußischen Form neu gebaut, denn es galt, die Belegtabhängigkeit, die Ruhe-Halt-Signale und anfangs auch Räumungssignale, wie sie noch 1930 auf München Hbf ausgeführt worden waren, zu beherrschen.
Beckh bringt folgendes Diagramm:
Diese Farbscheibenanordnung findet man, bis auf ganz wenige Ausnahmen, auch bei den drei Freiburger Stellwerken.
Direkt anwendbar ist das Bild für die Einfahrten A von Denzlingen und B von Heidenhof, wo Stw 2 als Zustimmungsstellwerk entsprechend der 1. Reihe, Stw 3 als Befehlsstelle entsprechend der 2. Reihe und Stw 1 als Signalbedienungsstelle entsprechend der 3. Reihe arbeitet. Die betreffenden Hebel auf Stw 3 haben die Vollausrüstung mit 4 Fensterchen, mit Ausnahme der Hebel A2/3k - A2/5 und AA2/2, wo das untere Fensterchen durchgehend ist, was auf Umbau hindeutet.
Bei Ausfahrten D, E, F, G, H, J, K nach Denzlingen bzw. Heidenhof ist Stw 3 Befehlsstellwerk entsprechend der 1. Reihe, die 2. Reihe ist zu ignorieren und Stw 1 ist Signalbedienungsstelle entsprechend der 3. Reihe.
Bei Einfahrten V von Freiburg-Wiehre und W von Leutersberg sind Stw 1 und Stw 2 Zustimmungsstellwerke entsprechend der 1. Reihe, die 2. Reihe ist zu ignorieren und Stw 3 ist Signalbedienungsstelle entsprechend der 3. Reihe. Abweichend von der Darstellung sind die Fensterchen der Zustimmungsabgabehebel auf Stw 1 nicht nach Umschlagrichtungen geteilt, was auf einen Umbau hindeutet.
Bei den Ausfahrten M, N, P, Q, R, S, T, U wirkt Stw 2 als Zustimmungsstellwerk entsprechend der 1. Reihe, die 2. Reihe ist zu ignorieren und Stw 3 ist Signalbedienungsstelle entsprechend der 3. Reihe.
Da nirgendwo in den Hebelwerksaufbauten Zustimmungsrückgabetasten (ZRT) oder Befehsrücknahmetasten (BRT) zu sehen sind, gehe ich davon aus, dass die Bahnhofsblockschaltung in Freiburg mit "Freihaltung" arbeitete, wie es auch bei den bayerischen S&H 1912 üblich war. Was das bedeutet, ist auch in dem Diagramm oben besonders angemerkt.
Generelle Anmerkung: Die meisten erhaltenen Vorschriften und auch die meisten Veröffentlichungen in "Das Stellwerk" beziehen sich auf preußische Anlagen, ohne dass dies besonders angemerkt wurde. So stellt sich die Frage nach "alter" oder "neuer" Farbscheibenanordnung nur in Preußen. Zu den bayerischen und sächsischen Stellwerken lassen sich noch einige Quellen finden. Zu den badischen, württembergischen und pfälzischen Anlagen ist die Quellenlage aber äußerst dürftig!
Fazit: Die Freiburger Stellwerke entsprechen der Bauart S&H 1912 mit bayerischer Farbscheibenanordnung.
Hoffentlich kann User S.B hierzu noch etwas Erhellendes aus der Praxis beitragen, Stw 2 auf Bahnhof H. in Württemberg ist ja noch in Betrieb!
Grüße,
Martin