Hallo interessierte Eisenbahnfreunde,
Freiburg-Hbf war bis Ende des letztes Jahrtausends im Bereich der alten DB einer der wenigen verbliebenen Bahnhöfe, in denen der Betrieb noch nicht mit Dr-Stellwerken oder
EStw abgewickelt wurde. 1993 und 1995 hatte ich während zweier Urlaube im Schwarzwald jeweils einen Abstecher nach Freiburg gemacht hatte dort Gelegenheit, die 3 elektromechanischen
Stellwerke des dortigen Hbf zu besuchen, den Betrieb zu verfolgen und zu fotografieren. Dabei beeindruckte bis besonders, wie mit diesen alten Stellwerken der überaus lebhafte Verkehr
in diesem wichtigen Knotenpunkt abgewickelt wurde und wie reibungslos die Verständigung zwischen den 3 Stellwerken lief. Auch hier wie immer erstmal ein Plan der Umgebung:
In Freiburg war zur Entlastung des Hauptbahnhofes eine Güterzugumfahrung gebaut worden. Güterzüge verließen in der Regel bei Abzw Gundelfingen bzw bei Abzw Leutersberg
die Magistrale und fuhren über den Freiburger Güterbahnhof am Hauptbahnhof vorbei.
Der Plan von Freiburg-Hbf:
Norden ist links, dort geht es auf 2 Gleisen von und nach Abzw Gundelfingen und auf einem Gleis von und nach Abzw Heidenhof. Nach Süden geht es oben auf 2 Gleisen von und nach
Abzw Leutersberg und darunter in den Schwarzwald auf zwei Gleisen von und nach Freiburg-Wiehre.
Deutlich ist die Lage der Stellwerke zu erkennen:
Stw 3 als Fahrdienstleiterstellwerk im Süden,
Stw 2 als Wärterstellwerk am Südende von Bahnssteig
Stw 1 als Wärterstellwerk für den nördlichen Bahnhofskopf
Die übrigen Stellwerke waren reine Rangierstellwerke, die mit den Zugfahrten nichts zu tun hatten.
Der südliche Bahnhofskopf hatte dabei eine solche Ausdehnung, dass die Bedienung mit einem elektromechanischen Stellwerk nicht möglich war und zwei Stellwerke erforderlich waren.
Durch eine Brücke im Bahnsteigbereich war auch eine Sicht vom Fdl-Stellwerk auf die Bahnsteiggleise nicht möglich.
Stw 2 bedient dabei die Weichen und Sperrsignale des südlichen Bahnsteigbereiches, aber keine Hauptsignale. Alle Hauptsignale des südlichen Bahnhofskopfes werden vom Fdl auf Stw 3 aus bedient.
Zu den Stellwerken im einzelnen:
Hier ein Foto von Stw 3:
Das E43-Hebelwerk auf Stw 3:
Ein paar Neuerungen waren auch hier schon installiert:
Für die Bahnsteiggleise war eine Gleisfreimeldeanlage eingebaut. Ein Einfahrsignal konnte also nicht auf Fahrt gestellt werden, wenn die Anlage für das betreffende Einfahrgleis besetzt meldete.
Für die Strecken von und nach Abzw Leutersberg und von und nach Freiburg-Wiehre im Süden und von und nach Abzw Gundelfingen im Norden war bereits automatischer Streckenblock eingerichtet.
Außerdem war eine Zugnummernmeldeanlage eingebaut worden.
Hier ein paar Detailaufnahmen von der Streckenblockeinrichtung und dem Hebelwerk:
Für die nicht so sachkundigen Leser hier ein paar grundsätzliche Bemerkungen zur Bedienung: mit den blauen Hebel im Hintergrund wurden Weichen, Gleissperren und Sperrsignale bedient. Für eine
Zugfahrt wurden die entsprechenden Einrichtungen in Einzelbedienung vom Weichenwärter in die richtige Lage gebracht. Dabei musste der Weichenwärter die Lage der Weichen natürlich im Kopf haben
und wissen, welche Weichen usw für den gewünschten Fahrweg umgestellt werden mussten. Die Verständigung zwischen dem Fdl und seinem Weichenwärter auf Stw 3 lief dabei auf Zuruf: "Mach mal W 3!"
hieß also: Fahrt auf Signal W von Abzw Leutersberg nach Gleis 3.
Die grünen Hebel waren auf Stw 3 Befehlsabgabehebel. Hier saß der Fdl, der damit Befehle an die anderen Stellwerke abgab. Auf Stw 2 und Stw 1 waren die grünen Hebel Zustimmungsabgabehebel. Hier saßen
Weichenwärter, die zu einer geforderten Fahrstraße mit den grünen Hebeln zustimmen mussten. Diese Hebel dienten der signaltechnisch sicheren Verständigung zwischen den Stellwerken. Sollte wie im Beispiel
ein Zug auf Signal W nach Gleis 3 fahren, so mussten ja neben Stw 3, dass ja nur den südlichen Teil der Fahrstraße und das Signal W bediente, auch noch Stw 2 für die Weichen in seinem Bereich und Stw 1 für
den Durchrutschweg mitwirken. Das geschah mittels der grünen Hebel. Der Fdl auf Stw 3 fordert also durch Tastendruck im Hebelwerksaufbau Zustimmung zur Zugfahrt bei Stw 1 und Stw 2 an. Auf beiden Stellwerken
klingelte es dann im Hebelwerk und der Melder "W 3" leuchtet auf. Beide Weichenwärter stellten ihre Fahrwege richtig ein und konnten dann ihren grünen Zustimmunghebel "W 3 von Leutersberg anch Gleis 3"
um 45 Grad umlegen. Damit waren die betreffenden Weichen für diese Zugfahrt auf Stw 1 und 2 festgelegt.
Hatten Stw 1 und Stw 2 beide ihre Zustimmung abgegeben, so erschien im Meldefeld links oben am roten Fahrstraßensignalhebels "W 3 von Abzw Leutersberg nach Gleis 3" auf Stw 3 ein weißes Feld. Damit ließ sich dann,
sofern alle weiteren Voraussetzungen erfüllt waren, der Fahrstraßensignalhebel auf 90 Grad umlegen und damit ging das Signal W auf Fahrt.
Die Verbindung zwischen den blauen Hebel für die Weichen usw und den grünen und roten Hebeln für Fahrstraßen und Signale bestand in den Fahrstraßenschubstangen, die unter Glas im Hebelwerksvorbau angeordnet
waren. Hatte der Weichenwärter eine Weiche vergessen, so ließ sich der entsprechende grüne bzw rote Hebel nicht bdienen. Er war mechanisch blockiert. War andererseits ein roter bzw grüner Hebel umgelegt und
eine Fahrstraße eingestellt, so konnten die dazugehörigen Weichen nicht mehr umgestellt werden. Sie waren ebenso mechanisch blockiert. So war sichergestellt, dass alle Einrichtungen für die Fahrstraße
richtig lagen und auch verschlossen waren, also nicht mehr bedient werden konnten. Von diesem mechanischen Verschluß rührt auch die Bezeichnung "elektromechanisches Stellwerk" her. Viele andere Abhängigkeiten
im Hebelwerk und die Bedienung der Weichen und Signale erfolgten aber bereits elektrisch.
Kurz noch der Ablauf für die Einfahrt eines Zuges von Norden, z.B. A 2:
- Zustimmungsanforderung an Stw 2
- Stw 2 stellt den D-Weg ein und gibt die Zustimmung
- Die Zustimmung kommt auf Stw 3 am Befehlsabgabehebel "A 2" an
- Stw 3 legt diesen Hebel auf 45 Grad um und gibt so Befehl an Stw 1 für die Zugfahrt
- Auf Stw 1 kommt der Befehl an und Stw 1 stellt mit seinem roten Hebel das Signal A für Gleis 2
Das hört sich alles sehr langwierig an, aber es dauerte meist nur wenige Sekunden vom Entschluß des Fdl bis zur Fahrtstellung des gewünschten Signals. Zur Unterstützung der Wärter auf Stw 1 und Stw 2 war auf
den beiden Stellwerken auch ein Monitor der Zugnummernmeldeanlage eingebaut, so dass die beiden Wärter über die Betriebslage bestens informiert waren.
Hier ein Foto vom Ausfahrsignal N in Stellung Hp1 für die Ausfahrt aus Gleis 2 nach Abzw Leutersberg. Neben dem Signal die dunklen Signale Zs6 für den Gleiswechselbetrieb und Zp9 für den Abfahrauftrag. Fahren im GwB war nur möglich aus den Gleisen 1 nach Norden und 2 nach Süden. Auf dem Plan von 1985 sind die Signale AA und WW für den Gwb noch nicht eingezeichnet. Daher gehen ich davon aus, dass er erst später eingerichtet wurde.
Stellwerk 2 am südlichen Bahnsteigende:
Das Hebelwerk:
und die Detailaufnahmen:
Stellwerk 1 im Norden:
mit dem Hebelwerk:
und der Detailansicht der Hebel:
Noch ein paar Anmerkungen:
Die Signale K und T waren Gruppenausfahrsignal für die Gleise 7 und 8. Das ist für Gleise, die von Pz befahren werden, eher ungewöhnlich.
Aus Gleis 4 kann auf Signal P nach Abzw Leutersberg und auf Signal Q nach Freiburg-Wiehre ausgefahren werden.
E-Sig W von Abzw Leutersberg ist nach dem Plan ein Lichtsignal. Kann das jemand belegen?
Und noch eine Frage: wann gingen diese drei Stellwerke in Betrieb?
Am 21.09.1998 wurden sie jedenfalls durch ein elektronisches Stellwerk abgelöst.
In Richtung Breisach war die nachste Betriebsstelle dann die Abzw Heidenhof:
Links das Einfahrvorsignal von Freiburg-Rbf.
Die mechanische Stellwerkseinrichtung:
mit der Detailansicht des Blockkastens und der Signalhebel:
Am Abzw Heidenhof zweigte ein Verbindungsgleis von Breisach in Richtung Freiburg-Rbf ab. Außerdem war ein Kehrgleis vorhanden, über das vom Rbf in Richtung Hbf und zurück
gefahren werden konnte und das auf Hauptsignal befahren wurde. Ist über dieses Kehrgleis noch mehr bekannt? Für Leerloks kann das wohl funktioniert haben, aber für Zugfahrten
war das wohl kaum möglich. Streckenblock war für das Gleis von und nach dem Rbf nicht eingebaut.
Hier ein Foto der Bahnanlagen der Abzw Heidenhof mit dem Kehrgleis:
Heute sieht es dort allerdings ganz anders aus und das alte Stellwerk der Abzw Heidenhof dürfte auch nicht mehr in Betrieb sein.
Soviel erstmal zu Freiburg.
Gruß von Kay!
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2023:05:05:17:16:49.