In Folge IX ( [
www.drehscheibe-foren.de] ) hatte ich ja schon einmal angedeutet, daß wir uns die Aschentransporte vom Kraftwerk Scholven zur Halde Oberscholven einmal näher ansehen wollen. Dies tun wir heute. Und begeben uns dazu zunächst in den Hinterhof des alten Kraftwerks Scholven.
Links angeschnitten sehen wir Block Scholven A, das Kesselhaus dieses Kraftwerkes, das Gebäude im Hintergrund ist die Maschinenhalle, die die Turbinensätze beinhaltet. Ein Turbinensatz ist die Kombination aus Dampfturbine mit angeflanschtem Generator - dazu unten mehr.
Bildbeherrschend ist die große Kranbrücke und die lange Reihe etwas spezieller Waggons. Hierbei handelt es sich um speziell konstruierte Wannenwagen, die am unteren Ende der Seitenwände schmale Schlitze haben, damit das Wasser, das zum Löschen der Asche benutzt wurde, wieder abfließen kann. Das sieht man auf diesem Bild sehr deutlich. Aus diesem Grunde hat man die Achslager vor dem herunterpladdernden Wasser auch mit den abgewinkelten Blechen geschützt. Der Zug wurde sodann zur Halde verbracht, wo diese Wannenwagen mittels eines Kopfkippers (vgl. Folge IX) entleert wurden. Diese Asche hat aber nicht nur weggekippt, sondern früher auch gerne als Baumaterial verwendet bzw. als Bürgersteigbelag verwendet.
Hier endet der Teil für diejenigen, die nur der unmittelbare Bahnbezug interessiert. Unterhalb der Linie ist fortführende Info für HiForisti, die sich fragen, wo die ganze Asche und der Strom eigentlich herkommt.
"Wozu Kraftwerke? Bei mir kommt der Strom doch aus der Steckdose!!" höre ich oft Menschen sagen. Also machen wir mal einen kleinen Exkurs in die Stromerzeugung, welch selbige vergleichsweise simpel ist. Jeder kennt ja den allfälligen Dynamo am Fahrrad (für Autofahrer: Lichtmaschine). Je schneller wir fahren, desto heller waren die Lampen und das Flackern bei niedrigen Geschwindigkeiten hörte nahezu auf. Ein Kraftwerk macht kaum etwas anderes, allerdings sind die Dimensionen und Leistungen deutlich gigantischer.
Wie ensteht denn nun der Strom? Da erinnern wir uns an den Physikunterricht und das Schlagwort "elektromagnetische Induktion" ( [
de.wikipedia.org] ). Der Strom entsteht, indem wir einen Rotor in einem feststehenden Magnetfeld, dem Stator, drehen. Fertig ist der Generator (auch der Dynamo ist ein solcher). Die Generatoren werden aber heute bei einer sehr eng geregelten, konstanten Drehzahl betrieben, nämlich 50 U^sec (3000 U^min), entsprechend den 50 Hz Netzfrequenz. Bahnstrom hat ja bekanntermaßen nur 16 2/3 Hz, die Generatoren drehen also langsamer.
Das Problem ist nur, daß wir das Ganze zum Drehen bekommen müssen (O-Ton eines Kraftwerkers im KW Frimmersdorf!). Und je mehr elektrische Leistung ich dem Generator abverlange, desto schwerer wird es, diesen zu drehen. In vielen Kraftwerken dient hochgespannter überhitzter Dampf als Antriebsenergie der Generatoren. Den Dampf kann man Verbrennen durch fossiler Brennstoffe (Kohle, Braunkohle, Öl, Diesel, Gas) erzeigen oder halt durch die immense Hitze, die beim kontrollierten radioaktiven Zerfall in einem Atomkraftwerk entsteht. Die Kraftwerkskessel sind allerdings deutlich leistungsfähiger und größer als in einer Dampflok. Das 1936 in Betrieb genommene Kraftwerk Scholven hatte z.B. einen Höchstleistungskessel, der 535°C heißen Dampf mit einem Druck von 125 bar lieferte. Heutige Kessel liefern bei nahezu gleicher Dampftemperatur (537-540°C) einen Druck von 212 bis 280 bar und benötigen zwischen 125 und 250 t Kohle pro Stunde! Welche Mengen an Asche da anfallen, kann man sich bei einem Ballastgehalt der Einsatzkohlen von rund 30% unschwer ausmalen. Das abgebildete alte Kraftwerk Scholven A (in Betrieb bis 1980) war höchstwahrscheinlich noch mit einem Wanderrostkessel ausgerüstet und würde dann mit feinen Nußkohlen gefeuert. Die ausgebrannten Kohlen hat man dann in einem Wassersumpf zum Ablöschen gegeben. Dieser Sumpf wurde - wie man an dem Bild unschwer erkennt - mit einem Greifer entleert.
Dieser heiße Dampf ist extrem energiereich und wird nun auf die Turbine des Turbosatzes aufgegeben und in mehreren Stufen (Hochdruck, Mitteldruck und Niederdruckteil) nahezu vollständig ausgenutzt und entspannt. Es fällt heißes Wasser (sog. Kondensat) an, welches wieder zurück in den Kessel kommt, um erneut verdampft zu werden. Oder halt als super-weiches Wasser zum Speisen von Dampfloks dienen kann ( [
www.drehscheibe-foren.de] ). Die Turbine treibt nun den Generator an ("bringt ihn zum Drehen"). Da aber stets Last anliegt, ist es verdammt schwer, das ganze am Drehen zu halten. Lies und sprich: die ganze Chose wird heiß! Deshalb wird der Turbosatz intensiv mit Wasser gekühlt, das auch stets im Kreislauf geführt wird. Das erwärmte Wasser wird zu den Kaminkühlern (umgangssprachlich: Kühlturm) gepumpt und dort fein verrieselt, so daß es im freien Fall herunterfallen kann. Der Kaminkühler ist unten offen, so daß Luft eindringen kann, die von dem heißen Wassertropfen erwärmt wird und somit nach oben steigt und die Tröpfchen kühlt. Allerdings verdampft auch ein Teil des Kühlwassers und das sind diese Dampfwolken, die man dann weithin sehen kann. Das gekühlte Wasser wird unten im Kaminkühler aufgefangen und wieder zurück zum Turbinensatz gepumpt und der Kühlkreislauf beginnt erneut.
Der erzeugte Strom wird sodann in einem Umspannwerk hochgespannt und über das Hochspannungsnetz in das Absatzgebiet transportiert und verteilt. Um zB seinen Computer damit zu betreiben, wird der Strom in der Nähe des Verbrauchers auf eine gebrauchsfähige "Haushaltsspannung" - meist 240 Volt - heruntertransformiert undkann nun mit Hilfe der Elektrizität diesen Beitrag letztendlich lesen.
edith brachte noch eine Präposition und eine inhaltliche Verbesserung (Danke an Helmut P. und Verbabdstyp2)
RUHRKOHLE - Sichere Energie
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