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 04 - Historisches Forum 

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Dies ist KEIN Museumsbahnforum! Bilder, Meldungen und Fragen zu aktuellen Sonderfahrten bitte in die entsprechenden Foren stellen.
Aus gegebenem Anlaß unterbrechen wir heute das angekündigte Programm. Neulich hat „Buharli“ einen Beitrag über seinen Konya-Besuch im Oktober 1984 eingestellt, der – mit Fug und Recht – auf viel Zuspruch gestoßen ist: [www.drehscheibe-foren.de]

Leider irrt aber der Verfasser in einem wesentlichen Punkt, den man ihm aber nicht zum Vorwurf machen kann. Der Grund des Irrtums ist nicht, wie man nach über 25 Jahren vermuten (und verzeihen!) könnte, eine leichte Gedächtnistrübung, sondern der bisweilen wasserpfeifenverstärkte Hang des Orientalen zu, sagen wir es dezent, blumigen Ausschmücken der Wahrheit. Erst heute sind die Archive zugänglich, die uns zu ihrem Kern führen können, und ich möchte gern erste Forschungsergebnisse vorstellen.
Worum geht es? „Buharli“ stellt in seinem Beitrag die These, der „Toröffner“ in das in der Tat relativ unzugängliche Bw Konya sei dessen Chef („müdür“) Kemal Ader gewesen, nachdem dieser in einem Telephonat mit seinem Kollegen von Usak erfahren habe, daß es sich bei den drei aus dem fernen Almanya um „arkadas saf“ („gute Freunde“) handle, denen selbstverständlich Gastfreundschaft geboten werden müsse.

Daran sind aber leider zwei Behauptungen falsch. „Toröffner“ war nämlich nicht Kemal Ader, sondern sein Schuppenmann Ali, und das entscheidende Telephonat fand nicht zwischen Kemal und dem „müdür“ in Usak statt, sondern zwischen Kemal und Ali (dessen Nachname, nennen wir ihn ruhig „Yildirim“, hier nichts zur Sache tut. Falls Ali hier mitliest, was ich stark hoffe: Selam marifet gürüldemek gelecek dolmasi!). Die Indizienlage ist erdrückend, wenn wir alleine auf der sprachvergleichenden Ebene den unwiderlegbaren Befund haben, daß das Gebäude, in dem der „müdür“ residiert, „müdürlük“ (!) heißt, was gewiß kein Zufall ist, denken wir nur an den „Lügentisch“ in unseren einheimischen Lokleitungen. „Buharli“ hat ja selbst, wofür sehr zu danken ist, zugegeben, daß er mit dem „müdür“ von Usak nur radebrechen konnte, und so ist ihm der wahre Gesprächspartner natürlich entgangen.
Wenden wir uns also ab von der liebgewordenen Vorstellung „Große Männer machen Geschichte“ und fragen frei mit Brecht „Wer öffnete den siebentorigen Schuppen?“, dann stoßen wir unweigerlich auf unseren Ali.

Am 24. September, also eine Woche vor Robins, Thomas` und Christians Besuch, besuchten meine Wenigkeit, Dg 53752 und Joachim „The Bauer“ B. gleichfalls die Stadt der „tanzenden Derwische“, besser bekannt als Heimat alter KVB-Straßenbahnen:

http://www.jcourt.de/ko2.jpg

Dort stießen wir an der Bekohlung auf Ali ...

http://www.jcourt.de/ko3.jpg



... kamen ins Gespräch, tauschten Adressen aus, wurden dem „müdür“ bei einer (oder zwei, oder drei ...) Tassen Apfeltee vorgestellt und erhielten schließlich alle Informationen, die wir für den Tag brauchten. Mit der Versicherung ewiger Freundschaft schieden wir von Kemal, nicht ohne zu erwähnen, daß möglicherweise in den nächsten Tagen weitere „cilgin“ („Verrückte“) sein Reich aufsuchen und auf seine Gastfreundschaft zählen würden. Als dann am 1. Oktober Robins Trupp auftauchte, telephonierte der „müdür“ also nicht mit seinem Kollegen aus Usak (wie Robin glaubt), sondern, natürlich, mit Ali , der sich ja schon als „Toröffner“ bewährt hatte und nun sogleich den Auftrag erhielt, ein Gruppenphoto mit den „Neuen“ zu arrangieren:

http://www.jcourt.de/ko1.jpg



Da wir selbst an diesem Tag mit vertrauensbildenden Maßnahmen nahezu ausgelastet waren, blieb bedauerlicherweise nur wenig Zeit für eigene Lichtbildaktivitäten.

Bilder 4–5: 56 169 (?) mit einem Güterzug Richtung Afyon, während im Hintergrund erste Putzarbeiten für Robins Besuch stattfinden.

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Bild 6: 56 070 rollt anschließend auf die Drehscheibe.

http://www.jcourt.de/ko6.jpg



Bild 7: Leider war 45 011, für die sich Joachim besonders interessierte, an diesem Tag inaktiv. Dankenswerterweise öffnete sich durch Alis (wer sonst?!) Fürsprache die Schuppentüre.

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Bild 8: Wir hatten wengistens nicht nur das Glück, die Starlok 46 060 überhaupt unter Dampf zu sehen ...

http://www.jcourt.de/ko8.jpg



..., sondern (Bild 9) auch noch am selben Tag im Zugeinsatz; vermutlich mit einem nachmittäglichen Personenzug nach Afyon. Nördlich von Aksehir legt die untergehende Sonne ein märchenhaftes Licht über das Ende unserer kleinen Erzählung.

http://www.jcourt.de/ko9.jpg



Ex oriente lux et veritas!

Jürgün



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:11:14:08:59:37.

Alter Rechthaber... ;-)

geschrieben von: sc

Datum: 14.11.10 08:55

Danke Jürgen,

genauso geil wie Robins Beitrag... und ich wünsche mir von Euch noch mehr solche Geschichten.

Viele Grüße aus HH
Stefan
Hallo Jürgen,

ein toller Beitrag, so richtig stimmig.

Der Beitrag paßt aber gar nicht zu Köln in der Jetztzeit, gemessen an der gerade nachvollzogenen Sportschau von gestern, Köln, eine einzige Mischung aus rheinischewr Seenplatte und fußballerischer Tristesse.

Hier in Würzburg ist Frühling, gestern waren wir mittags im Biergarten.

Gruß, THomas

Postwendend

geschrieben von: Donni

Datum: 14.11.10 10:08

Hallo Rache,

... hast du meinen erst gestern Abend geäußerten Wunsch perfekt umgesetzt und damit heute mal wieder den Dreier-Sonntagmorgen komplettiert: neben der zurechtgerückten Geschichtsschreibung im Sinne von Brecht beeindrucken mich auch die Bilder.

Danke & Gruß

Donni

Dichtung und Wahrheit (m9B) ALI ?????

geschrieben von: Kohle

Datum: 14.11.10 10:47

Hallo

Gleiten wir mal ab in „taussend und eine Geschichte“
Ali , nie gesehen,oder vielleicht doch?
Mein Freund und ich jedenfalls haben 1982 und 1984 vergeblich versucht ,das Depo Konya zu betreten. Entweder ging garnichts, oder es wurde ein frustrierender Schnelldurchgang. Die Personale haben uns regelmässig zum Tee eingeladen….und schon waren wir auf dem BW-Gelände. Nach dem Tee bewegten wir uns dann vorsichtig Richtung Schuppen und Drehscheibe. Dort begegnete uns dann regelmässig der gleiche unfreundliche Mensch ,der uns recht schnell und lautstark des Feldes verwies.
Da sagte uns dann mal ein freundlicher Depoatbeiter :“Kommt doch wenn der Müdür (Chef) Feieabend macht“. Das könnte Ali gewesen sein. Leider war es dann schon zu dunkel für Fotos.


Gruss Kohle



die freundlichen Depoarbeiter


http://img824.imageshack.us/img824/6773/ali001.jpg

Re: Dichtung und Wahrheit

geschrieben von: 03 1008

Datum: 14.11.10 11:51

Hallo Jürgün,

auch Dir vielen Dank für Deinen Klasse Beitrag über eine Gegend und eine Baureihe, die mir ebenfalls besonders ans Herz gewachsen sind.

Eine 56 169 hat es (leider) nie gegeben.

Der PmG dürfte der Zug 215 gewesen sein, der laut World Steam 77, S. 12 Konya planmäßig um 9:10 Uhr verlassen und um 16:07 Uhr in Afyon eintreffen sollte. (Aber was hieß in der Türkei schon planmäßig?) Der Zug war m. W. nicht in dem "anonymous work of fiction" (Originalton David Thornhill) aka "Yolcu Rehberi" verzeichnet.

Viele Grüße, Helmut

Re: Dichtung und Wahrheit

geschrieben von: Rache für 051 444

Datum: 14.11.10 12:40

Berücksichtigt man "the turkish factor" (Thornhill & Karabük), dann paßt das in der Tat eingermaßen. Sowohl am 23. wie am 24.9. war diese Leistung gegen 18 Uhr bei Ilgin zu sehen.

Viele Grüße,

Jürgen
Unglaubliche Geschichten, unglaubliche Bilder! Aber allmählich glaube ich, ich hätte mich doch auch mal zu einer Reise in die Türkei aufraffen sollen. Was verpasst man nicht alles im Laufe eines Lebens! Deshalb vielen Dank für's Zeigen und schöne Grüße vom
dampfgerd
Text völlig egal, GEILE BILDER !!!

kondensierte Grüße, Stefan

https://www.drehscheibe-online.de/foren/file.php?099,file=190387
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Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Wer sich über Signaturen aufregt, hat sonst nix zu sagen.

Re: vertrauensbildende Maßnahmen

geschrieben von: Germiston

Datum: 15.11.10 01:10

Kemal und Ali - und zwei ausgewiesene Koryphäen (Robin und Jürgen), die uns Geschichten aus dem Morgenland erzählen, herrlich!
Egal, wer der Zerberus war, es erinnert mich mal wieder daran, wieviele mögliche Aufnahmen der "Teezeremonie" zum Opfer gefallen sind :-)
Und wenn man nachts weiterreiste, konnte man nicht mal die 20 Cai mit einem gewissen Quantum Efes Pilsen neutralisieren, bevor's am nächsten Tag die nächsten Teezeremonien zu bestehen gab. "Kohle" weiß auch, wovon ich rede :-)
Und so sei Allen versichert, die "Turkish Steam" nur aus DSO kennen: es war harte Arbeit, großes Erlebnis und wichtige menschliche Erfahrung!
Danke an alle Türkei-Aktivisten für ihre Berichte und Geschichten.
Schöne Woche!
Moin Jürgen,

wieder einaml genieße ich "Geschichten aus 1001 Nacht" - danke dafür! Und danke für die wunderbaren Bilder - einfach nur schön!

Viele Grüße,
Martin

Re: vertrauensbildende Maßnahmen+Teezeremonien

geschrieben von: Kohle

Datum: 15.11.10 15:43

Hallo

Cay Cay .... Tee Tee ein Zauberwort das so manche Tür öffnete .....oder anders gesagt manchmal meistens kam man nicht drum herum.

Mit reichlich Teetrinken schuf man(gilt auch heute noch) bei den türkischen Personalen Zugang zu BW`s und schuf Freundschaften usw.

Zwei Dinge waren wichtig .
Eine angeheizte Dampflok und eine Feldflasche die am Hals einen Drahtring hat.

Alsdann ebenvoll mit Wasser gefüllt,das Ganze mit einem Feuerhaken am Drahtring in die Feuerbüchse gestellt.
Kocht das Wasser,herausnehmen.Man lässt leicht überkochen .Das bewirkt dass die Russchicht die sich auf der Wasseroberfläche gebildet hat,verschwindet. Die Sache ist dann keimfrei und ich kenne niemanden der an ein paar Russpartikel gestorben ist.



Aus einem Blatt Papier wird ein Trichter geformt und über diesen die Teeblätter eingefüllt.
Ziehenlassen,fertig.
Prost Germiston

Auf einer Diesellok geht das nun sicher einfacher.Ich bin mal auf einer V 100 der TCDD mitgefahren.Dort hat man die Steckdose so modifiziert ,dass der türkische Stecker passte ,vielleicht nicht ganz normgerecht.Hauptsache es funktioniert.
Kohle



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2010:11:15:15:45:05.

Re: vertrauensbildende Maßnahmen+Teezeremonien

geschrieben von: 52 2006

Datum: 15.11.10 15:59

Das mit dem Tee ist auch in Indonesien so, da wirste vom Depot-Chef meist auch erstmal zu einem Glas eingeladen, je nach Region Teh Panas oder Teh Manis, also ohne oder mit Zucker, auf jeden Fall immer heiß (panas). Den mit Abstand süßesten Teh Manis habe ich im Dipo Tegal (Mitteljava) serviert bekommen: Eine Moccatasse mit einem Zuckerkristall, der da gerade so mit Kraft hinein passte, die Lücken drumherum wurden mit Tee gefüllt, und ins Dipo durfte ich erst, nachdem der ganze Klumpen Schlückchen für Schlückchen (mehr passte um den Klumpen herum anfangs nicht in die Tasse) aufgelöst und getrunken war. Aber das komische, das musste ich auch erst lernen, war, dass heißer Tee bei heißen Temperaturen erfrischend ist!

kondensierte Grüße, Stefan

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