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Eindeutig Gevelsberg

geschrieben von: anvo

Datum: 01.08.10 16:59

Hallo zusammen,

01 1008 hat mit seiner Vermutung recht, dass es sich um den Haltepunkt, nicht Bahnhof!!!, Gevelsberg handelt. Dieser lag an der von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn 1848 eröffneten Stammstrecke Dortmund – Wuppertal in km 132,66 zwischen den Stationen Hagen-Haspe (138,07) und Ennepetal-Milspe (130,47).
In letzter Zeit beschäftige ich mich nach der Strecke Schwelm – Witten und der Ennepetalbahn verstärkt um den Streckenabschnitt Hagen – Schwelm mit den Bahnhöfen Gevelsberg und Ennepetal sowie den Anschluss des Kruiner Gussstahlwerkes in Gevelsberg mittels Luftdrahtseilbahn an den Bahnhof Ennepetal. Daher kann ich zu Gevelsberg recht ausführlich Auskunft geben.

Die zu erkennende Topografie auf dem Bild lässt grundsätzlich keinen Zweifel an den Standort aufkommen. Der am rechten Bildrand zu erahnende Bahnübergang, nebst Fußgängerunterführung mit zweiteilig abgestuften Dach des Treppenauf/-abgang, sind identisch vom Standort und Aussehen zu den heute noch vorhanden Anlagen. Das Empfangsgebäude Ennepetal (Gevelsberg) weist vom Gebäude eine gewisse Ähnlichkeit auf. Nicht vergessen darf man allerdings, dass dieses Gebäude auch mehrfach umgebaut und durch Anbauten ergänzt wurde. Im Ursprung aber gab es wohl zwei identische Bahnhofsbauten.

Uwe Busch, ein ansonsten guter Kenner der Eisenbahn im südwestfälischen Raum, irrt an der Stelle, dass das Empfangsgebäude immer talseitig lag. Oder anders gefragt, was sehen wir nun auf dem Bild für ein Gebäude? Dazu ein Rückblick in die Entwicklungsgeschichte der Station Gevelsberg.

Mit dem Bau der Strecke wurde ein bergseitig an der Waldstraße gelegenes Empfangsgebäude errichtet. Die Station diente zunächst sowohl für den Reise-, als auch für den Güterverkehr. Der benötigte Platz für den Bau des Empfangsgebäudes wurde durch Abtragen des Hanges gewonnen. Mit der Zunahme des Güterverkehrs wurden die Gleisanlagen für den Güterverkehr ausgebaut. Dies konnte jedoch im größeren Umfange nur talseitig auf einer Anschüttung passieren, auf der sich heute zum Teil Gärten und Parkplätze befinden. 1860 lagen im Bahnhof insgesamt 16 Weichen. Am Bahnübergang selbst war die Anbindung der Güterzuggleise an die Strecke. Verladen wurden u. a. Hasslinghauser Kohle und Eisenerz. Es gab also einmal einen richtigen Güterbahnhof hier! Nur wer kann sich dies noch vorstellen.

Als 1876 die Ennepetalbahn nach Gevelsberg-Haufe und 1879 die Parallelstrecke der Rheinischen Eisenbahngesellschaft mit dem Bahnhof Gevelsberg Rh. (später -Nord und -Hbf) eröffnet wurde, wurde der Güterverkehr sofort an diesem Bahnhof aufgegeben und die Gleisanlagen einschließlich aller Weichen bis auf zwei durchgehende Streckengleise zurückgebaut. Seitdem ist Gevelsberg nur noch Haltepunkt. Dies hing auch damit zusammen, dass die Station abseits des Siedlungs- und Industrieraumes etwa 40 m über der Talsohle lag. Die neuen Bahnhöfe lagen einfach günstiger.

Die amtliche Benennung lautete immer nur Gevelsberg ohne Zusatz. Im Sprachgebrauch, zur Unterscheidung zu den vielen anderen Gevelsberger Bahnhöfen und Haltepunkte, wurde er auch als Bergisch-Märkischer, abgekürzt BM, oder Hauptbahnhof bezeichnet, da einzig hier Schnellzüge, allerdings ohne Halt, durchfuhren. Insgesamt lag/liegt die kleine Industriestadt Gevelsberg über die Zeit gesehen an 4 Bahnstrecken und wies viele Stationen auf:
- Bergisch-Märkische Hauptstrecke mit Gevelsberg
- Rheinische Strecke mit Gevelsberg Rh./Nord/Hbf, -West, -Kipp und -Knapp
- Ennepetalbahn mit Gevelsberg-Vogelsang, - Poeten, -Haufe und NIrgena
- „Neubaustrecke“ Schwelm – Witten mit Asbeck
Die letzte Station war erst mit der kommunalen Neugliederung zu Gevelsberg gekommen, andere existieren nicht mehr oder wurden erst in der Neuzeit geschaffen. Dazu kommen die auf der Stadtgrenze liegenden Station Obervogelsang (Ersatz Hagen-Westerbauer) und Ennepetal (Gevelsberg) hinzu. Von der Anzahl her könnte man meinen, man wäre in einer Großstadt.

Nun zur Frage des Empfangsgebäudes. Das erste Empfangsgebäude stand wie bereits erwähnt auf der Bergseite und ist auf dem Foto sichtbar. Für die Reisenden war dies äußerst ungünstig, da sie zum Lösen der Fahrkarte bei einer Fahrt Richtung Wuppertal zweimal den Bahnübergang überqueren mussten und bei den langen Wartezeiten vor der Schranke ihren Zug verpassten. Daher wurde 1897 der heute noch vorhandene Fußgängertunnel errichtet. Einen Wetterschutz vermissten die Leute jedoch weiterhin. So entschloss sich die Eisenbahngesellschaft 1897 einen Bauplan für ein neues, auf der Talseite an der Bahnhofstraße liegendes eingeschossiges Empfangsgebäude mit einer Grundfläche von rund 151 qm aufzustellen. Der Bauschein dazu wurde 1898 ausgestellt und ein Jahr später in der Zeitung die Ausschreibung zur Errichtung ausgeschrieben. Das Gebäude dürfte damit 1900 oder 1901 in Betrieb genommen worden sein. Kurze Zeit später (1905/1906) erfolgten zur Vergrößerung bereits Um- und Anbauten. Für das alte Empfangsgebäude wurden 1900 Pläne zum Umbau zu Dienstwohnungen und Warteräumen aufgestellt. Deshalb auch die Gardinen als Zeichen der neuen Nutzung vor den Fenstern des hinter dem Personal zu erkennenden Gebäude.

Der Vergleich mit einem mir bekannten Bild aus dem Jahr 1957 oder kurze Zeit früher, allerdings aus einem anderen gleisseitigen Blickwinkel, zeigt ein identisches Gebäude. Im Detail sind die zwei Halterungen für elektrische Leitungen am 2 ½ geschossigen Hauptgebäude genau so angebracht. Die Bahnsteigüberdachung besteht allerdings nur noch verkürzt am Anbau. Ob dies im Zusammenhang mit der 1953 durchgeführten Renovierungen steht, ist mir nicht bekannt.

Die Elektrifizierungsarbeiten zwischen Hagen und Schwelm waren bereits 1963 abgeschlossen und im Mai 1964 erfolgte die Aufnahme des durchgehenden elektrischen Betriebes. Im Zusammenhang damit wurde in Ennepetal-Milspe ein neues Drucktasten-Stellwerk im Empfangsgebäude eingerichtet und im Bereich Gevelsberg Selbstblocksignale aufgestellt. Das 1938 im talseitigen Gevelsberger Empfangsgebäude in einem Anbau zum Gleis hin eingerichtete Blockstelle (Posten 133) diente nun nur noch als Schrankenposten für die Brinkstraße. Der Verkauf von Fahrkarten und der Expressgut- und Reisegepäckverkehr wurde 1965 eingestellt und das Gebäude geschlossen. Die Bahnhofsgaststätte gab im gleichen Jahr auf.

Der Personenverkehr wurde seit 1932 im Stundentakt hauptsächlich über die Talbahn abgewickelt. 1968 wurde der Nahverkehr zwischen Wuppertal und Hagen neu geordnet. Die Stationen Gevelsberg und Hagen-Haspe wurden für den Personenverkehr geschlossen. Den Nahverkehr verlegte man auf die kurz zuvor elektrifizierten Rheinischen Strecke. Hier verlängerte man die bis dato aus Richtung Wuppertal nur bis Gevelsberg-Nord verkehrenden Personenzüge weiter bis nach Hagen und nahm die alten Bahnhöfe Obervogelsang und Hagen-Heubing dafür wieder in Betrieb. Bis 1988 wurde diese Strecke dann für die S8 mit neuen Halten vollständig ertüchtigt und umgebaut. Ebenso fuhr 1968 auf der Ennepetalbahn der letzte Personenzug. Die Aufgabenteilung im Tal war nun vorgegeben, auf der Rheinischen Strecke der Personennahverkehr und auf der Bergisch-Märkischen Strecke der Fern-/Schnellzugerkehr. In Ennepetal-Milspe hielten fortan auch Eilzüge und die Fahrzeit bis Hagen verkürzte sich. Mit der Schließung des Bahnhofes Gevelsberg wurde zeitgleich der Bf Ennepetal-Milspe in Ennepetal (Gevelsberg) als neuer Gemeinschaftsbahnhof und Gevelsberg-Nord in Gevelsberg Hbf umbenannt.

Das talseitige Bahnhofsgebäude mit Posten 133 wurde im Juni 1978 abgebrochen und das Hanggebäude im Dez. 1979. Als Ersatz für den Posten zur Bedienung der Schrankenanlage wurde ein kleines, etwas höheres Gebäude direkt am Bahnübergang neben den Fußgängertunnel an der Talseite neu errichtet. Die Inbetriebnahme erfolgte 1977, die Außerbetriebnahme mit Steuerung der Schrankenanlage nun durch das Stellwerk Hpf in Hagen 1998. Das Gebäude wurde wenig später abgerissen. Auf der anderen Seite wurde 1978 ein hoher Funkmast aufgestellt.

Somit kann kein Zweifel mehr am Aufnahmeort Gevelsberg bestehen. Mit der Anmerkung von KBS 634, Einführung der Bundesbahnkragenspiegel 1951/52 , und meinen Ausführungen lässt sich der Aufnahmezeitpunkt recht genau zwischen 1951 und 1957 festlegen. Mein Tip liegt bei 1952. An Personal gab es 1956 „einen Vorsteher und sechs Angestellte. 1952 wurden nur noch 28132 Fahrkarten verkauft. 1927 waren dies 274902 und 1938 bereits nur noch 101661. Täglich verkehrten 180 – 200 Züge über die Strecke, von denen 39 hielten.

Der Anlass bleibt jedoch weiter unbekannt. Dazu müsste man mehr zur Entstehung der Aufnahme wissen.

Die Karte von 1906 und die zwei heutigen Bilder dürften die Situation vor Ort weiter erklären. Über weitere Details, auch zu meiner oben genannten Untersuchung, würde ich mich sehr freuen.

Ansgar Völmicke
GevelsbergWaldstraße1906_IMG3254.jpg
GevelsbergBM20100720_AnsgarVölmickeIMG15977.JPG
GevelsbergBM20100720_AnsgarVölmickeIMG15985.JPG

01 1008 - Au weia! ;-)

geschrieben von: 03 1008

Datum: 01.08.10 18:26

Hallo Ansgar,

bis auf diesen Fauxpas vielen Dank für Deine Ausführungen!

Beste Grüße, Helmut

Re: Eindeutig Gevelsberg

geschrieben von: Uwe Busch

Datum: 02.08.10 20:08

Ui. Das war selbst für mich neu.
Hochinteressanter Bericht !

Grüße aus dem Volmetal
Uwe
http://abload.de/img/bahnhofschildmeinerzhy3qro.jpg

Re: Eindeutig Gevelsberg

geschrieben von: Bebbi

Datum: 13.04.11 23:43

Hallo Ansgar,

kannst du auch etwas zur Straßenbahnhaltestelle sagen?

LG

Bebbi
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