Liebe HiForisti,
in meinem
letzten Beitrag war die Rede vom „grauen Bahnalltag in Hamburg“ mit 01, 03 78 usw., was sich auf die Zeit Ende der 60er Jahre bezog. Aber auch in diesem „Einerlei“ der damals gängigen Dampflokbaureihen gab es einige Exoten. So gelang es mir, zweimal eine Lok der Baureihe 50.40 zu erwischen, dazu noch von zwei unterschiedlichen Bahnverwaltungen. Dazu ein kleiner Exkurs:
Bis zur Einführung der EDV Nummernpläne bei DB (1.1.1968) und DR (1.7.1970) galt bei beiden Bahngesellschaften für Dampflokomotiven das DRG Nummernschema vom 25. Juli 1923. Neue Baureihen wurden in dieses Schema eingegliedert und nach einem unausgesprochenen Übereinkommen wurde von DB und DR darauf geachtet, dass es zu keinen Doppelbelegungen kommt (z.B. 23/23.10, 65/65.10).
Doch keine Regel ohne Ausnahme. Im Jahre 1954 begann die Deutsche Reichbahn mit der Entwicklung der Baureihe 50.40, deren erstes Exemplar 1956 in Dienst gestellt wurde. 1953 entschloss sich die DB, nach der BR 42.90 eine zweite Serie von Lokomotiven nach dem Franco-Crosti-Prinzip (Rauchgasvorwärmung) aufzulegen. So baute Henschel 1954 die 50 1412 um. Nachdem eine Kohleersparnis von 22 % festgestellt wurde, lies die DB ab 1958 weitere 30 Lokomotiven der Baureihe 50 umzubauen und legte gleichzeitig die neue Baureihenbezeichnung 50.40 fest. Erst zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Umzeichnung der 50 1412 in 50 4001, zwei Jahre nachdem die DR die Lokomotive 50 4001 in Dienst gestellt hatte. Somit wurde erstmalig von der DB eine Doppelbelegung im gemeinsamen deutschen Triebfahrzeugnummernplan verursacht.
Hamburg dürfte wohl der einzige deutsche Ort gewesen sein, in dem beide Baureihen anzutreffen waren. Die DB 50.40 des Bw Kirchweyhe kam bis 1966 fallweise über die Rollbahn nach Hamburg und wendete im Bw Hamburg-Harburg. Von der DR 50.40 ist mir allerdings nur ein Einsatz im Jahre 1970 bekannt, als sie ab Wittenberge eine ausgefallene 01.5 vor einem Schnellzug aus Berlin ersetzte.
Soweit der Hintergrund zum folgenden Bericht:
Im Oktober 1965 begab ich mich in das Bw Hamburg Harburg (ich begann 1964 mit der Eisenbahnfofografie und dies war mein erster Bw-Besuch). Mit klopfendem Herzen ging ich zur Lokleitung und trug mein Anliegen vor. „Jau, dat geiht“, war die hamburgisch knappe Antwort des Lokleiters und so machte ich mich auf den Weg.
In der Abstellgruppe neben dem Lokschuppen angekommen, steigerte sich mein Herzklopfen zum Herzrasen: Dort stand friedlich vor sich hindampfend 50 4015. Leider war es schon spät am Nachmittag, die Sonne war kurz vorm Untergehen (ich hatte vorher noch meine Schulaufgaben zu erledigen!) und mit meiner Low-Budget KB-Ausrüstung kamen leider keine tollen Fotos zu Stande. Ich werde mich aber immer an diesen Bw-Besuch erinnern! Die DB 50.40 habe ich danach nur noch abgestellt in Kirchweyhe vor’s Objektiv bekommen.
(1) 50 4015 am 17.10.1965 im Bw Hamburg-Harburg
(2) Wie auf Bild 1 an der Tenderrückwand zu erkennen, steht die Sonne genau hinter der Lok. Damit war meine damalige KB-Anfängerkamera Dacora absolut überfordert. Immerhin war noch eine digitale Optimierung möglich, aber die Qualität ist schon grenzwertig.
Im Juni 1970 befand sich die Hamburger Fotomafia mal wieder an der „Berliner Schiene“, und zwar im Sachsenwald bei Friedrichsruh. Zweck waren natürlich Streckenaufnahmen der 01.5. Es sollte allerdings ein langes Warten werden. 30 Min. nach der geplanten Durchfahrt fotografierten wir schon aus Verzweiflung, eine V 100 mit ihrem Wendezug aus Büchen. Als der Berliner Schnellzug ca. eine Stunde nach Plan immer noch nicht in Sicht war, gingen wir zum Auto, mit dem Ziel, in Büchen wenigstens noch eine 50.40 vor die Linse zu bekommen, als plötzlich der „Berliner“ vorbei fegte. Wir konnten gerade noch feststellen, dass die Zuglok keinesfalls eine 01.5 war.
Schnell war unser Plan geändert und mit Grenzgeschwindigkeit ging die Jagd Richtung Hamburg-Altona, gleich bis in die Harkortstraße, wo der Tunnel zum Bw beginnt. Als wir diesen verließen, standen wir direkt vor der 50 4031. Die planmäßige 01.5 war schadhaft geworden und in Wittenberge war nur eine 50.40 als Ersatzlok vorhanden. Im Bw machte sich Ratlosigkeit breit, denn eine Bekohlunganlage gab es ja nicht mehr. Letztendlich wurde die Lok zum Bw Eidelstedt geschickt. Leider war der nächste Tag ein Montag, sodass die Ausfahrt aus Altona aufgrund wichtigerer Tätigkeiten unfotografiert blieb.
(3) Während der Wartezeit auf den Berliner Schnellzug entstand am 07.06.1970 in Friedrichsruh diese Aufnahme einer V100 mit ihrem Wendezug.
(4) – (6) 50 4031 am 07.06.1970 im Bw Hamburg-Altona.
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