Nach Portugal möchte ich das Nachbarland Spanien ins Zentrum meiner HiFo-Beiträge stellen. Ich beginne mit den Diesellokomotiven der Staatsbahn Renfe. Weil ich daraus keinen eigenen Thread machen will und weil es so schön passt, zeige ich bei dieser Gelegenheit auch ein paar typische, längst verschwundene Personenwagen-Bauarten.
Die in Spanien konstruierte Rangierlokomotive der Reihe 303 besass Sulzer-Dieselmotoren. Sie wurde in den Jahren 1961-1965 in 202 Exemplaren gebaut. Dank ihrer bescheidenen Achslast von 16 t wurde ihr die Ehre zuteil, einmal pro Tag die internationale Brücke über den Grenzfluss Minho zu befahren; die anderen in Nordwestspanien vorhandenen Dieselloks waren zu schwer für die gemischte Schienen-/Strassen-Brücke in Stahlfachwerk-Konstruktion. Die übrigen zwei internationalen Zugspaare wurden von über die Jahre abwechselnd mit portugiesischen und spanischen Dieseltriebwagen gefahren.
Am 28. Juli 1977 steht die dreiachsige Rangierlok 303.140 der spanischen Staatsbahn mit ihrem internationalen Reisezug in der portugiesischen Grenzstation Valença do Minho. Der mittägliche Güterzug mit Personenförderung besteht diesmal nur aus der Minimalkomposition: je ein zweiachsiger Personenwagen und ein Güterzugs-Gepäckwagen, keine Güterwagen.
Der Neubau-Zweiachser B 24-20099 pendelt im mittäglichen Omnibus zwischen Guillarey und Valença do Minho hinter einer Lok der Reihe 303.
303.190 frönt ihrem eigentlichen Daseinszweck, dem schweren Verschub, Ort unbekannt, Aufnahme aus dem fahrenden Zug.
Südspanien besass Mitte der Siebziger Jahre noch etliche Strecken mit beschränkter Achslast, die wichtigeren wurden bald verstärkt, weniger wichtige beim grossen Strecken-Kahlschlag von 1984 stillgelegt. Zu letzteren gehört die Strecke Almendricos - Guadix, Bestandteil der damaligen Fernstrecken Murcia - Almeria und Murcia - Granada. Renfe-Lok 313.020 wartet am 20. Juni 1976 auf dem einsam gelegenen Bahnhof Hijate auf eine Kreuzung. Am Haken hat die sechsachsige Lokomotive den Expreso Barcelona - Almeria. Als Interrail-Benutzer habe ich es mir am Vorabend nach sechs Uhr im Liegewagen bequem gemacht, jetzt ist es halb zwei Uhr nachmittags, und die Sonne brennt heiss. Weit und breit gibt's keine Wirtschaft, der Durst greift an meine Kehle, doch das ist hier wohl nicht von Interesse. Also, die von Alco konstruierte Reihe 313 wurde 1965-1967 in 50 Exemplaren an die Renfe ausgeliefert. Der Alco-Sechszylinder leistete bescheidene 750 kW, das Gesamtgewicht der Lok betrug nur 84 t, damit war sie als einzige Streckendiesellok der Renfe für sämtliche Linien geeignet.
Der Liegewagen (coche literas) und der Sitzwagen 2. Klasse im Expreso Barcelona - Almeria entsprechen den modernen deutschen Typen Bm und Bcm mit Minden-Deutz-Drehgestellen, der gemischte Sitzwagen 1. und 2. Klasse gehört hingegen einem älteren Typ von Fernverkehrswagen an, hier als Beispiel AAB 37-20014 in Vigo.
Endlich kommt der Gegenzug, der verspätete Fiat-Doppeltriebwagen 597.020 als TER Granada - Valencia. Er rauscht ohne Halt durch. Nun muss ich rasch einsteigen, sonst verbleibe ich ohne Gepäck in der Einöde. Was hat wohl der Mann mit dem roten Hut verbrochen, dass er auf dieser abgelegenen Kreuzungsstation Dienst tun muss?
1955-1958 erhielt die Renfe zwei Serien von Alco-Standard-Dieselloks mit 12-Zylinder-V-Motoren mit einer Leistung von 1100 kW. Die 17 Loks der Reihe 316 waren in Südspanien im Einsatz, die 24 Loks der Reihe 318 im Nordwesten.
318.006 am 28. Juli 1977 vor dem Omnibus Vigo - Medina del Campo in Guillarey. Hinter der Lok folgen ein Expressgutwagen, zwei zweiachsige Gepäckwagen, zwei Postwagen mit dem neuen gelben Anstrich, danach vier Personenwagen der ältesten Bauarten. Auf Gleis 1 steht der internationale Zug Porto - Vigo, bestehend aus einem portugiesischen Triebwagen der Reihe 450.
Die sechsachsigen Maschinen wogen fast 110 t und wiesen nach amerikanischen Vorbild (A-Unit) nur einen voll ausgebildeten Führerstand mit Vorbau auf. Auf der Rückseite gab es neben dem Durchgang nur einen platzmässig bescheidenen Hilfsführerstand. Das arme Spanien konnte es sich nicht leisten, die Loks wie in den USA dauernd in Doppeltraktion fahren zu lassen, so dass man als Fotograf häufig die "flache" Seite der Lok an der Zugspitze zu sehen bekam. 318.011 mit Güterzug Orense - Vigo in Guillarey, auf Geis 2 immer noch der von 318.006 geführte Omnibus. Die Elektrifikation der Strecke ist im Bereich des Bahnhofes Guillarey abgeschlossen, die Fahrleitung ist jedoch noch nicht eingeschaltet.
Ein paar Jahre später treffe ich 318.011 noch einmal bei schönem Wetter, in La Coruna. Hier interessiere ich mich besonders für das flache Ende.
1961-1972 beschaffte die Renfe 103 Diesellokomotiven der Reihe 319 von General Motors mit 16-Zylinder-V-Motoren von 1150 kW Leistung. 10 Lokomotiven hatten nur einen Führerstand, dafür einen langen Vorbau, sie hiessen in Spanien "Americanas", die anderen erhielten einen ansprechenden Lokkasten mit zwei Endführerständen. Im Depot Alcazar de San Juan fand ich am 20. Juli 1982 beide Bauarten friedlich vereint: 319.062 und 319.084.
Nahaufnahme der "Americana" 319.062. An dieser Aufnahme gefällt mir auch das Bw-Nebengebäude mit Pergola.
319.029 im Mai 1978 mit Omnibus Zaragoza - Canfranc in Ayerbe. Warten auf den verspäteten Ferrobus aus Canfranc.
Die erwartete fotogene Kreuzung findet nicht statt, der Lokführer eilt nach vorn, und ich steige schleunigst ein.
Vermeintlicher Zwischenhalt in Santa Maria y La Pena. Zugspersonal und Passagiere versammeln sich vor dem Aufnahmegebäude. Wir warten schon über eine Stunde.
Mit der Weiterfahrt nach Canfranc wird es leider nichts. An Stelle des immer noch überfälligen Schienenbusses erscheint eine gelbe Bahnmeisterdraisine. Die Auskunft ist niederschmetternd: Die Strecke ist durch einen Erdrutsch verschüttet. So muss ich mit dem ungeliebten Bus nach Canfranc reisen.
Mein Bedauern über den vorzeitigen Abbruch der Zugreise wird noch verstärkt durch den Umstand, dass ich einen schönen Sitzplatz im komfortabelsten Wagen aufgeben muss, der mir bei der Renfe je untergekommen ist. BB 28-20014 ist einer der raren Mittelgangwagen der Renfe. An breiten Fenstern verfügt er über 48 Platze mit ausgesprochen grosszügigem Beinraum. Die Sitze lassen sich in Fahrtichtung verstellen! Vielleicht ist er früher einmal ein "coche butacas" (Fauteuil-Wagen) gewesen, mit frei stehenden Ledersesseln für betuchte Reisende.
319.084 mit Neuanstrich in den klassischen Renfe-Farben verlässt Valencia mit einem Vorortszug nach Gandia, Mai 1978. Hinter dem zweiachsigen Gepäckwagen folgen alle drei Triebwagen-Anhänger der Bauart Geathom von 1935. Weil sie zu schwer waren, fuhren sie nie hinter ihren Triebwagen; mit ihren 130 Sitzplätzen (!) in 13 Abteilen mit der Teilung 2+3 waren sie im lokbespannten Vorortsverkehr sehr willkommen.
130 Sitzplätze auf einer Etage, dazu noch reichlich Platz in den abgerundeten Endplattformen! BB 22-20441, nie gebrauchter Beiwagen für vierachsige Triebwagen von Babcock&Wilcox mit Ganz-Motor und elektrischer Kraftübertragung System Geathom der früheren Bahngesellschaft Norte, im Vorortszug Valencia - Gandia, gezogen von Lok 319.084. Leuchtend rot das Herstellerschild von B&W am näheren Einstieg.
319.097 mit saisonalem Nachtschnellzug Madrid - Gandia in Cullera, Juli 1982.
Zum Abgewöhnen noch ein thermisches Triebfahrzeug der anderen Art: Draisine 5EL2-51 für den Fahrleitungunterhalt auf der Strecke Ripoll - La Tour de Carol in den östlichen Pyrenäen, Mai 1978.
Im zweiten Teil zeige ich spanische Grossdiesellokomotiven deutscher Herkunft.
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