Hier kommt die nunmehr dritte Bilder-Rate der Citybahn – wie gehabt jeweils nicht immer so ganz aus der üblichen Fotografenperspektive und an den von Fotofreunden bevorzugten Standpunkten.
Natürlich war und ist die Strecke Köln – Overath – Dieringhausen – Gummersbach – Marienheide – Meinerzhagen (zumindest in ihrem Kernbereich zwischen Overath und Marienheide) für mich eine Art „Heimspiel“. Da bin ich durch Ortskenntnis und Wissen um die Lichtverhältnisse an bestimmten Stellen und zu bestimmten Zeiten klar im Vorteil. Aber es kommt mir heute so vor, als ab selbst ich manches versäumt habe – obwohl die Bedingungen für mich optimal waren. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ich z.B. sehr viele Aufnahmen bei relativ schlechtem Wetter gemacht habe. Offenbar war die Zeit auch nicht immer vorhanden, mit bestimmten Motiven auf richtig gutes Wetter zu warten, denn das kann im Oberbergischen Land oft und lang rar sein. Klar ist aber auch, dass sich eine Vielzahl von Motiven bei strahlendem Sonnenschein und/oder bei üppig grünender Natur einfach nicht darstellen lassen. Deshalb war ich vielfach im Frühjahr unterwegs, wenn die Bäume noch kein Laub tragen. Dass die Belichtungsverhältnisse darunter gelegentlich leiden, ist natürlich auch klar.
Die heute vorgestellten Aufnahmen zeigen überwiegend die legendären Doppelmasten, die als motivliche „Zutaten“ die Aufnahmen so schön dekorieren. Ich liebe diese Masten, die es im Abschnitt zwischen Gummersbach und Marienheide noch lange Jahre gab, sehr. Reste davon kann man auch heute noch sehen – wenngleich ohne „Verdrahtung“ und in teilweise beklagenswertem Zustand.
Hier die Bilder:
Wir beginnen unsere 3. Reise entlang der Citybahn zwischen Dieringhausen und Gummersbach, genauer gesagt bei der kleinen Ortschaft Luttersiefen. Auf einem kleinen Damm hat die zweigleisige Strecke hier gerade eine kleine Senke gequert. Mit ca. 60 km/h rollt der 4-Wagen-Zug in Richtung Dieringhausen und wird in wenigen Sekunden die (bei ortskundigen berühmt) „Ahlefelder Kurve“ passieren, eine der wenigen Fotostellen, wo nachmittags kein Grünzeug das Motiv stört.
Unmittelbar nördlich des Bahnhofs Gummersbach überquert die Bahnstrecke die Brückenstraße in der Kreisstadt auf einem Bruchstein-Viadukt. In den 70er Jahren wurde das Mittelteil der Brücke durch eine moderne Stahlkonstruktion ersetzt, um ein Nadelöhr für den Straßenverkehr zu beseitigen. Die Leuchtschrift „Steinmüller“ in der Bildmitte unten markiert den Haupteingang zu dem einstmals renommiertesten Gummersbacher Unternehmen, der Kesselfabrik L & C Steinmüller. Heute ist der Betrieb mit einstmals 10.000 Mitarbeitern längst abgewickelt und in der Babcock-Pleite mit untergegangen. Die Aufnahme entstand vom Oberdeck eines Parkhauses und zeigt einen in Richtung Gummersbach/Dieringhausen talfahrenden Zug. Episode am Rand: Das ca. fünfzehnminütige „Ausloten“ des Motivs, immer wieder mit der Kamera „im Anschlag“, blieb seinerzeit dem örtlichen Karstadt Geschäftsführer nicht verborgen. Ich wurde daher in kühlem Ton angesprochen, was ich denn da wohl mache. „Fotos“, lautete die zugegeben lapidare Antwort, woraufhin ich gebeten wurde, das zu unter- und das Parkhaus zu verlassen. Die Gegenfragen schlugen dann bei meinem Gegenüber wie der Blitz ein: „Wer sind Sie denn?“ – Keine Antwort. „Sind Sie der Besitzer des Hauses? – Antwort: „Nein.“ Frage: „Sind Sie der Beauftragte des Besitzers?“ Antwort: „Nein.“ Letzte Frage, ohne eine Antwort zu erwarten: „Was wollen Sie dann?“ Er wollte nichts mehr und zog etwas irritiert von dannen. Das Bild konnte er nicht verhindern – Gott sei Dank!
Zwischen dem (von der Citybahn nicht angefahrenen, sondern nur für kurze Züge angelegten) Haltepunkt Gummersbach-Nord und dem Bahnhof Kotthausen verläuft die Bahn durch relativ einsames Gebiet, zwar nie weit von der erst in den 60er Jahren gebauten „Westtangente“ (Autobahnzubringer Gummersbach/Marienheide) entfernt, aber in unwegsamer, kurvenreicher Tallage trassiert. Hier, am Hp, begann das „Refugium“ der Oberbergischen Doppelmaste, das sich bis Marienheide hinzog. Der Trasse kann man hier an verschiedenen Stellen ansehen, dass ein zweigleisiger Ausbau einst geplant war. Zu Zeiten, als hier noch Güterverkehr herrschte, wurden schwere Züge – und die waren damals nicht selten – von Dieringhausen bis Kotthausen nachgeschoben. – Der hier zu sehende Zug rollt, während der Fahrmotor im Leerlauf blaue Wölkchen von sich gibt, in Richtung Gummersbach.
An der selben Stelle aufgenommen, zeigt dieses Bild den Nachschuss auf die talfahrende Citybahn. Die Telegrafendrähte wechseln über dem Fotostandpunkt auf die andere Gleisseite. Die Zuglok wird in der vor ihr liegenden Rechtskurve in wenigen Sekunden auf einem gemauerten Straßendurchlass die Straße nach Windhagen überqueren.
Die wohl geschichtsträchtigste Stelle unserer Bahnstrecke befindet sich – aus Richtung Gummersbach betrachtet – kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof Kotthausen. Hier befindet sich heute ein tiefer Einschnitt, der dem Unkundigen nicht weiter auffällig erscheinen mag. Bis durchbrach die Bahn bis 1907 den Bergsattel mit einem 380 m langen Tunnel. Die Röhre krachte allerdings genau in diesem Jahr ein, unmittelbar nachdem ein schwerer Güterzug mit Schiebelok das Gemäuer verlassen hatte. Anzeichen für Unregelmäßigkeiten hatte es schon lange gegeben, erst waren es Risse, später breite Spalten, die sich auftaten. So entschieden die Verantwortlichen, das an dieser Stelle nur 30 m hohe Gebirge abzutragen und den Tunnel aufzuschlitzen. Man nahm sich allerdings ziemlich viel Zeit und begnügte sich zunächst mit Posten, die die Wandungen täglich beobachteten. – Nachdem das Unglück dann aber doch schneller als erwartet eingetreten war, setzte hektische Betriebsamkeit ein. Darüber gibt es den sehr lesenswerten Bericht eines Augenzeugen, der von der örtlichen Lokalzeitung noch 50 Jahre nach dem damaligen Geschehen befragt wurde. Seinen Angaben zufolge wurde eilig eine Behelfsstrecke eingerichtet, die die Unglückstelle in unmittelbarer Nachbarschaft auf der östlichen Seite umging. Sie diente damals zum Durchleiten der Güterzüge, da eine Blockade der Strecke wegen des gewaltigen Verkehrsaufkommens (!) undenkbar war. Der Personenverkehr blieb allerdings unterbrochen. Züge aus Richtung Marienheide endeten in Kotthausen, aus der anderen Richtung wurde bis kurz vor die ehemalige Tunnelmündung gefahren. Das Zwischenstück durften die Passagiere auf Schusters Rappen zurücklegen oder einen Pferdewagen benutzen. Lange hat das Provisorium nicht gedauert, denn fortan wurde fieberhaft an der Beseitigung der Erdmassen gearbeitet.
Unmittelbar an der westlichen Ausfahrt aus dem Bahnhof Kotthausen beginnt der Einschnitt, der nach dem Tunneleinsturz von 1907 blieb. Die Trassierung wurde hier zweigleisig ausgeführt, aber die Strecke selbst nie zweigleisig ausgebaut. Die Aufnahmen zeigt einen Zug, der Kotthausen soeben durchfahren hat. In Höhe des ersten Wagens befand sich jenseits der Gleise einst das Wärterstellwerk Kotthausen West, das schon damals längst abgerissen war. Wegen seiner Lage im Bogen ist der vordere Mast zusätzlich abgestützt. Der Abhang hatte die unangenehme Eigenschaft, eine Neigung aufzuweisen, die das aufrechte Stehen zwar gerade eben ermöglichte, aber ständige Gleichgewichtsprobleme verursachte...
Diese Aufnahme zeigt ein Gelände, das früher auf der nord-östlichen Seite mit zum Bahnhof Kotthausen gehörte. Im Hintergrund sind die ersten Häuser von Schöneborn zu sehen. Rechts vom Gleis, auf dem ein Zug in Richtung Köln fährt, langen einst vier (!) Gleise, die zu einer Brecheranlage führten, sowie ein weiteres Gleis zum Anschluss der Fa. Kind, das sich noch verzweigte. Davon sind heute im Unterholz nur noch Prellbock-Reste zu finden. Der Fotostandpunkt erlaubte damals nur im Winter einen einigermaßen sehenswerten Überblick, nachdem einige Ästen mit dem Taschenmesser gestutzt worden waren. Wegen der abgesoffenen Steinbrüche in unmittelbarer Nachbarschaft (Abbruchkanten!) war das Aufsteigen nicht ganz ungefährlich und natürlich streng verboten. Aber gibt es da nicht so ein Sprichwort: „Gute Fotografen kommen in den Himmel, die anderen überall hin“...
Wir bewegen uns nur wenige hundert Meter weiter in Richtung Marienheide und suchen eine Fotostelle auf, die sich knapp unterhalb der auf dem vorigen Bild zu sehenden Häuser von Schöneborn befindet. Auf einer Schienenwanderung war mir die Stelle aufgefallen, weil sie einen interessanten Blick auf die Mastenreihe ermöglichen musste. Allerdings war sie nicht erreichbar, ohne ein Privatgrundstück zu betreten. Die artig befragte Besitzerin zeigte sich jedoch einsichtig und hatte nichts dagegen. Dafür könnte ich die Frau heute noch küssen, denn was wäre mir für eine Aufnahme entgangen. Ich mag dieses Bild halt persönlich sehr. Leider ließ sich das nahe dem linken Bildrand stehende Einfahrtsignal von Kotthausen nicht integrieren, aber man kann schließlich nicht alles haben. Noch ein Hinweis am Rand: Jenseits des Gleises befanden sich früher Feldbahngleise, auf denen die Steine aus den nahen Brüchen angekarrt wurden. Von links aus kommend endeten zwei Anschlussgleise unmittelbar am Einfahrtsignal Kotthausen. Schon hier der Hinweis auf das nächste Bild: Es entstand genau dort, wo die Gleise im Hintergrund in der Rechtskurve verschwinden.
Im weiteren Verlauf der Strecke nach Marienheide geht es durchweg kurvenreich zu. Teilweise war die Trassierung so eng, dass für die Telegrafenleitungen kein Platz war. So machte der Leitungsverlauf an dieser Kurve einen deutlich größeren Bogen rechts von den Schienen am Rande des Steilhangs. Über dem Zug kann man im Wald einen Doppelmast erkennen. Erst ein ganzes Stück weiter in Richtung Marienheide gelangten die Maste wieder in unmittelbare Seitenlage zum Gleis.
Damit wäre auch der dritte Teil der Citybahn-Aufnahmen geschafft. Wer sich die beiden ersten Teile verpasst oder übersehen hat, kann sich nachträglich hier noch informieren:
Teil 1: [iurl]http://s134260722.online.de/drehscheibe-online/forum/read.php?f=17&i=102847&t=102847[/iurl]
Teil 2: [iurl]http://s134260722.online.de/drehscheibe-online/forum/read.php?f=17&i=104424&t=104424[/iurl]
Ich hoffe, dass Euch die Aufnahmen gefallen. Und ich gestehe natürlich auch, dass ich mich über das Lob zu den zurückliegenden beiden Folgen sehr gefreut habe. Das gibt Antrieb, hier auch zukünftig das eine oder andere noch zu zeigen.
Es dankt und grüßt
Der Bergische!