Da ich damals die Geschehnisse aus nächster Nähe miterlebt habe, muss ich aus meiner Erinnerung einiges korrigieren.
Der Lokführer hatte schon einige Verletzungen (Fleischwunde, Prellungen) erlitten, welche einen kurzen Spitalaufenthalt erforderten.
Die Beamten der schweizerischen Post befanden sich im Postwagen hinter der Lok und sortierten die Sendungen. Beim Herunterrollen des Wagens bis in die Rhone (Fluss) erlitt ein Beamter einen Schädelbruch und befand sich in kritischem Zustand.
Nach seinem Aufstieg im Schneesturm bei Dunkelheit über den vereisten, sehr steilen Felshang zum Rest des Zuges, war der Lokführer natürlich sehr erleichtert, dass die Reisezugwagen weitgehend unbeschädigt waren. Viele Reisende haben zu Beginn offenbar nicht mitbekommen, was sich ereignet hatte. Sonst hätten sie sich im Speisewagen nicht über die verschüttete Suppe mokiert.
Der Lokführer mag zwar nach seinem "Absturz" bei voll funktionierenden Lokscheinwerfer und vollem Bewusstsein sicher schockiert gewesen sein. Sein Handeln war jedoch in jeder Phase bis zum Eintreffen des Hilfszuges äussert professionell. Damals gab es noch keine Kommunikation mit Handys, das Warten dauerte lange. Die Unfallstelle ist weder mit Autos noch zu Fuss (bei Schnee) zugänglich.
Wer sich einen Eindruck vom damaligen Geschehen machen möchte, kann an die Unfallstelle reisen. Die Dimensionen der Gebirgsstrecke und die Steilheit des Felsgeländes kann man sich anhand der Bilder nur ungenügend vorstellen. Die Unfallstelle ist sowohl von der Lötschberg- wie auch von den Rhonetalstrecken (SBB und MGB) bei Gamsen leicht einzusehen.
Bild der heutigen, zweigleisigen Lötschbergstrecke oberhalb der Unfallstelle.
Man beacht die Steilheit des Geländes. Die Lok wurde auf einer Schuttdeponie 60 m unterhab der Trasse aufgefangen. Der Postwagen rollte 100 m bis in den Talboden hinunter.
Bergseitig sind heute gewaltige Stützmauern gegen das Herunterfallen von Steinplatten neu gebaut worden. Die gegen das Tal abfallende Gesteinsschichtung ist äusserst ungünstig.
Damals war die Trasse nur schmal und einspurig. Die Sicherungsmassnahmen waren einfacher. Steinschlag, Schneerutsche und Lawinen bedrohten ständig die Züge.
5-mal bearbeitet. Zuletzt am 2012:07:20:14:49:41.