Ganz so kurz währte die Zeit der ML 4000 auf deutschen Schienen nicht, denn die VersA München, Abt B. hatte den Auftrag, eine Maschine der ersten Serie (3 gingen an Denver & Rio Grande, der Rest an Southern Pacific) nach allen Regeln der Kunst unter die Lupe zu nehmen, weshalb die Lok vor den Messwagen aus der Landsberger Straße 166 nicht nur am Semmering, sondern auch im Ensland war. Bei diesen Unternehmungen geriet ihr Schicksal auch in das meiner Familie.
Bei den Versuchsfahrten fuhr man mit verringerten Betriebsvorräten, einer vorgeschraubten Pufferbohle, Hakenkupplungen und vor allem mit Sondergenhemigung, da ja auch der US-Lichtraum europäische Verhältnisse einigermaßen deutlich übrschreitet.
Die Amerikaner (zunächst DRGW) waren auf die dieselhydraulische Technik verfallen, weil sie damals die stärksten Einrahmenmaschinen zu bauen gestattete, womit die sechsachsigen ML 4000 die dieselelektrischen US-Normalmaschinen jener Tage in der installierten Leistung um fast 100 % übertrafen. Von den lauftechnischen Eigenschaften amerikanischer Lokomotiven -damals allemal- schweige ich besser. Dass schnelllaufende Dieselmotoren in den USA unüblich waren/sind, dürfte bekannt sein.
Die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Dienststellen indes erwies sich für den Hersteller als denkbar schwierig, weil die Organisation der Schnittstelle zwischen Hersteller und Bahngesellschaft in den USA traditionell völlig anders strukturiert ist als hier, worüber ja auch schon Geisl-Gieslingen klagte, als er wegen seines "Flachejektors" nach WWII durch die USA tourte. So weigerten sich die zuständigen Maschinendirektoren bei der ML 4000, auch nur ein einziges Ersatzteil der "Hydraulics" (die Maschine fiel ja vollständig aus dem Rahmen des Lokomotivbestandes der USA) vorzuhalten, was zwangsläufig lange Maschinenruhen ("Wartet auf Ausbesserung") zur Folge haben musste. Weiterhin ergaben sich erhebliche Probleme durch den hohen Abgasanfall in den durch das voll ausgereizte Profil 'engen', langsam mit Höchstlast durchfahrenen Tunnels. Die Maschinen (oft in Dreierverbünden laufend) saugten die eigenen Abgase wieder an, wodurch große Mengen unverbrannten Kraftstoffes ausgeworfen wurden, während gleichzeitig die Maschinenleistung dramatisch fiel.
Übrigens wurde schon nach der Ankunft in Houston eine ordentliche Inbetriebsetzung untersagt und der Maschine eine reguläre Güterzugleistung gen Norden auferlegt, --- ohne Erstellung ordentlicher Lastentafeln. Das wurde dann auch was...
Die relativ kleine Denver & Rio Grande verlor schon nach zwei, drei Jahren die Geduld mit der Maschine, was nicht zuletzt (und sehr amerikanisch: "not invented here; als Halbamerikaner weiß ich über die 'Flexibilität' meiner Landsleute gut Bescheid, bitte um Vergebung) auch an der mangelnden Bereitschaft des Betriebs und der Werkstätten lag, sich mit diesen Sonderlingen zu befassen. Man reichte die Maschinen daher dankbar an die SP weiter, die mit ihnen sehr viel besser zu Rande kam und ein zweites Los in Allach bestellte, das aber deutlich anders aussah, amerikanische 'Standard-Drehgestelle' und schmalere Aufbauten erhielt.
Dieser Typ sollte in einem weiteren Los als erste wirklich amerikanische dieselhydraulische Maschine bei ALCO nachgebaut werden, womit man auch schon begonnen hatte, als 1969 das ALCO-Management beschloss, die Lokomotivfertigung einzustellen. Diese Maschinen wurden damit zu Schrott, ehe sie fertig gestellt waren. Es ist eben alles zu 'toppen'.
Auch das ist Amerika (ganz wie ich es kenne).
In Net steht die Bedienungsanleitung der ML 4000, deren Titelfoto die Maschine auf bunzdeutschen Schienen vor einem VersA-Messwagen zeigt ....
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gelwood.railfan.net]
Die einzelnen Sektionen können heruntergeladen werden.
Andere 'Manuals' 'echt' amerikanischer Genese findet man hier:
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gelwood.railfan.net]
Zusätzlich sind auf nachfolgender Seite einige Adressen zur ML 4000 zusammengetragen:
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www.btinternet.com]
Ansonsten hat die Lok nicht nur zu einer Grafik im Eisenbahnmuseum Sacramento geführt (vor Schwachsinnigers Tagen), sondern auch bis heute einen ziemlich legendären Ruf in interessierten Kreisen der Westküste zwischen San Francisco und Portland, so dass man zeitweise einen Neuaufbau jenes in Sacramento stehenden Cam-Car-Restes der Maschine 9010 (soweit ich mich erinnere) erwog und es damit auch eilig hatte, weil derjenige, den man sich als Ratgeber ausgeguckt hatte, mit dem ewigen Leben Probleme zu bekommen begann. Es ging aber nichts voran. Das Los von SP 4449 (www.sp4449.com) ist eben auch nicht zu "toppen".
Hans-Joachim