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 04 - Historisches Forum 

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Die Ereignisse, die ich heute in Erinnerung rufen möchte, sind zwar erst 17 Jahre her und interessieren möglicherweise nur eine Minderheit hier im HiFo. Aber sie waren ein wirklich historischer Meilenstein in der deutschen Eisenbahngeschichte und der Eisenbahntechnik generell. Aber der Reihe nach.

Rechtzeitig zum 150 jährigen Jubiläum der deutschen Eisenbahnen am 07.12.1985 war der “Intercity Experimental“, kurz ICE, fertig gestellt worden. Dieser von der deutschen Schienenfahrzeugindustrie mit finanzieller Förderung durch den Bundesminister für Forschung und Technologie realisierte Versuchszug wurde von der DB anfangs noch etwas skeptisch beurteilt, war man doch an der Entwicklung nur marginal beteiligt. Das änderte sich rasch, als die ersten Fahrten mit dem ICE das innovative Potential, das in ihm steckte, deutlich werden ließ. Ein erstes Highlight waren zweifellos die Schnellfahrten mit bis zu 325 km/h auf der Strecke Gütersloh – Neubeckum im November 1985, die schnellste bis heute auf Altstrecken gefahrene Geschwindigkeit in Deutschland.

Und so war es nur logisch, daß für den Verkehr auf den damals noch in Bau befindlichen Neubaustrecken ein Triebzug nach dem Grundkonzept des ICE beschafft wurde. Das Kürzel ICE, mittlerweile zu einem Markenzeichen mit öffentlichem Erkennungswert geworden, wurde kurzerhand in “Intercity Express“ umgetauft und der “IC-Experimental“ zur Unterscheidung fortan als ICE/V bezeichnet.

Ab November 1986 stand dann endlich auch der erste Abschnitt der Neubaustrecke Hannover – Würzburg für Versuchsfahrten zur Verfügung. Aber es sollte noch bis zum April 1988 dauern, bis ein wesentliches Ziel für den ICE/V in Angriff genommen werden konnte: Das Austesten der mit der Rad/Schiene Technik sicher erreichbaren Höchstgeschwindigkeit.

Die Versuchsserie fand in der Zeit vom 22. – 29.04.88 statt und endete als Krönung mit der Weltrekordfahrt des ICE/V am 01.05.88. Im Gegensatz zu den früheren (und späteren) Rekordfahrten der französischen Konkurrenz blieb der Zug, der ja ohnehin ein Versuchsfahrzeug war, technisch völlig unverändert und wurde ledig um einen Mittelwagen auf vier Fahrzeuge verkürzt. Auch an der Strecke wurden nur geringfügige Modifikationen vorgenommen (Fahrdraht strammer gespannt, Weichen verriegelt)

Am 27.04.88 begann mein Dienst als Vertreter der Firma Krupp bei den Versuchsfahrten. Doch bevor ich auf den Zug stieg, wollte ich wenigstens noch eine Streckenaufnahme des Versuchszuges machen. Bei Obersinn kannte ich eine Stelle, wo man in Hintergrund noch die alte Nord-Süd Strecke sehen kann.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b01-798_728.jpg
Bild 1
Doch was da als Erstes kam, war sicher nicht wirklich für höhere Geschwindigkeiten geeignet: Es war der für eine Streckenbereisung eingesetzte Gießener 798 728, mit dem das zukünftig an der NBS beschäftigte Personal schon einmal Streckenkenntnis erwerben sollten.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b02-103_2XX.jpg
Bild 2
Wer die alte N-S Strecke auf dem letzten Bild nicht erkannt hat – hier wird’s deutlich: Mit IC 581 "Riemenschneider" rauscht eine 103 nach Süden. Direkt hinter der Lok ist außerplanmäßig ein Gesellschaftswagen in den Zug eingereiht.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b03-410_002.jpg
Bild 3
Und da ist der Star meines heutigen Beitrags, der ICE/V. Mit TK 410 002 nachlaufend kommt er fast lautlos und ohne Vorwarnung von Süden herangeschossen. Hier, kurz hinter dem eigentlichen Meßabschnitt und nach einer Meßfahrt mit 350 km/h, dürfte die Geschwindigkeit nur knapp darunter gelegen haben. Die Hochgeschwindigkeitsfahrten fanden übrigens ausschließlich nordwärts statt, die Rückfahrten erfolgten auf demselben Gleis, das während der gesamten Versuche betrieblich für alle anderen Zugfahrten gesperrt war.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b04-701_001.jpg
Bild 4
Der Übf (Überholbahnhof) Mottgers war der nördliche Endpunkt der Versuchsfahrten. Dort standen etliche Bauzüge sowie Gleis- und Fahrleitungs-Unterhaltungsfahrzeuge in Bereitschaft. So gar nicht in die schöne neue Eisenbahnwelt zu passen schienen allerdings der Fahrleitung-Messwagen Klv 60-9001 (Einzelstück) und der schon arg heruntergekommene Regel-Turmtriebwagen 701 001.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b05-410_001.jpg
Bild 5
Die letzte Aufnahme vor dem Zustieg zeigt den ICE/V (vorn 410 001) bei der Einfahrt in Mottgers. Der Zug hat soeben seine 1. Fahrt mit 360 km/h absolviert, schneller als je zuvor ein Zug in Deutschland, aber immer noch unter dem bestehenden Geschwindigkeitsrekord des TGV von 381 km/h.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b06-120_004.jpg
Bild 6
Neben dem ICE/V waren noch weitere Messzüge auf der Strecke unterwegs, um die Einwirkungen des mit hoher Geschwindigkeit begegnenden ICE/V auf andere Fahrzeuge zu untersuchen. So z.B. kurz hinter dem Bahnhof Rohrbach, wo 120 004 vor einem Messwagen im Gegengleis steht.

Etwa hier begann der eigentliche Höchstgeschwindigkeits-Abschnitt. Das Gefälle hinunter ins Maintal, durch den 5501 m langen Mühlbergtunnel und über die Maintalbrücke Gemünden hinweg wurde der letzte Schwung geholt - dann folgten ein paar Sekunden Beharrungsfahrt bis zum Bf Burgsinn und schon war's vorbei. Der Rest war Ausrollen.

Bei den Versuchsfahrten wurde die Höchstgeschwindigkeit stufenweise um 10 km/h erhöht, wobei jede Geschwindigkeitsstufe zweimal zu fahren war, bevor die nächste Stufe angegangen wurde. Während der Fahrt wurden vor allem die fahrtechnischen Parameter (Kräfte zwischen Rad und Schiene, Beschleunigungen und Relativwege) und der Stromabnehmerlauf online überwacht. Nach jeder Messfahrt, i.d.R. während der Rückfahrt zum Startpunkt Hohe Wart bei km 311, wurden die Messwerte dann noch einmal sorgfältig zusammen mit den Experten der DB und der Industrie an Bord des Zuges analysiert, bevor der Versuchsleiter die nächste Geschwindigkeitsstufe freigab.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b07-ANZEIGE386KMH.jpg
Bild 7
Die Aufnahme aus dem Messwagen entstand am 28.04.88 – das erste Etappenziel ist erreicht: Mit 386 km/h ist der ICE/V der schnellste Zug der Welt und das blaue Band der Schiene wieder einmal in Deutschland. Die Anzeige vor Kopf der Messgeräteschränke zeigt folgende Daten an: Uhrzeit (09:42:14), Streckenkilometer (291,19) und momentane Geschwindigkeit in km/h (386).

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b08-ANZEIGE400KMH.jpg
Bild 8
Und das ist der Moment, den alle Beteiligten herbeigesehnt hatten. Lokführer Ulrich Baum macht die Beckerfaust (das war damals gerade in) und im Führerstand bricht Jubel aus: Erstmalig in der Geschichte der Eisenbahn wird die Schallmauer von 400 km/h erreicht (und wenig später durchbrochen). Das war auf den Tag genau heute vor 17 Jahren.

Am nächsten Tag wurde die Geschwindigkeit in mehreren Fahrten noch einmal geringfügig bis auf 404 km/h gesteigert. Auf eine weitere Erhöhung wurde verzichtet, da man den neuen Geschwindigkeitsrekord der offiziellen Fahrt mit VIPs und geladenen Gästen am 01.05.88 vorbehalten wollte. Für das "einfache Volk", die Mitarbeiter von DB und Industrie, die den ICE/V zu diesem großartigen Erfolg geführt hatten, war da natürlich kein Platz.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b09-VMannschaft3.jpg
Bild 9
Für die gab es am Nachmittag des 29.04. nach Abschluss der Fahrten ein herzliches Danke-Schön vom Präsidenten des Bundesbahn Zentralamts München, Theophil Rahn, und den Projektleitern bei DB und Industrie und natürlich das obligate Gruppenfoto. Auf dieses etwas sterile Bild verzichte ich hier und zeige lieber das allgemeine "Durcheinander-Gerenne" danach, das etwas mehr von der allgemeinen Hochstimmung rüber bringt.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b10-103_143.jpg
Bild 10
Dezent im Hintergrund des fröhlichen Treibens im Bahnhof Mottgers hielt sich 103 143, die ebenfalls mit einem Messzug an den Versuchen beteiligt war.


Bei der öffentlichen Präsentationsfahrt am 01.05.88, zu der der Vorstand der DB den Minister für Forschung und Technologie Dr. Riesenhuber, den Verkehrsminister Dr. Warnke, prominente Vertreter aus Politik und Wirtschaft sowie zahlreiche Pressevertreter eingeladen hatte, wurde planmäßig ein neuer Geschwindigkeits-Weltrekord für Schienenfahrzeuge aufgestellt: 406,9 km/h ist der offiziell festgestellte Wert. Damit war die Rad/Schiene Technik in einen Geschwindigkeitsbereich vorgestoßen, den bisher die Magnetbahn für sich reklamiert hatte.

http://www.bundesbahnzeit.de/dso/400kmh/b11-v-s-Diagramm.jpg
Bild 11
Als Begrenzung erwies sich übrigens die "enge" Kurve mit 5500 m Radius nördlich des Bahnhofs Rohrbach (Ende bei km 299, siehe Bild 6), die max. mit 360 km/h durchfahren konnte, ohne die zulässigen Querkräfte zwischen Rad und Schiene zu überschreiten. Und auch das Ende des Höchstgeschwindigkeitsabschnitts war durch eine Kurve vorgegeben, die sich mit einem Radius von 5300 m vor dem Bf Burgsinn befindet. Bemerkenswert: Exakt in dem mit max. Geschwindigkeit befahrenen Abschnitt befindet sich der 1140 m lange Einmalbergtunnel – über 400 km/h im Tunnel, das wenigstens ist bisher unerreicht. Die Fahrschaulinie der Rekordfahrt vom 01.05.88 veranschaulicht den Geschwindigkeitsverlauf über dem Streckenband.

Dass unsere französischen Freunde alles daran setzen würden, diesen Weltrekord zu überbieten, war ziemlich klar. Dass es mit 515,5 km/h allerdings so deutlich ausfallen würde, konnte sich damals keiner vorstellen. Das kurzzeitig diskutierte deutsche "Projekt 555" wurde wegen des nicht vertretbaren Kosten – Nutzen Verhältnisses still und heimlich wieder beerdigt.

Wie dem auch sei, die Erfolge des ICE/V und der daraus entstandenen ICE-Familie haben sicherlich einen großen Anteil daran, dass sich deutsche Eisenbahntechnik im internationalen Wettbewerb der Schienenfahrzeughersteller erfolgreich behaupten kann.

Schönen Tag noch,

Ulrich B.

Nachtrag: Bis auf die 120 004 sind alle hier gezeigte Fahrzeuge heute bereits ausgemustert, und auch die 120 wird es wohl nicht mehr lange machen. Viele der auf den Bildern zu sehenden Personen sind entweder schon im Ruhestand oder auf ganz anderen Posten.
Tempora mutantur ... die Zeit fliegt dahin.



Eintrag editiert (28.04.05 22:10), Bilder überarbeitet.





1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2023:10:03:19:05:12.

Viel Text - Vielen Dank! :-)

geschrieben von: EKS.one

Datum: 28.04.05 18:21

Das war ein toller Ausflug in die "Bundesbahnzeit".
Setzt Du den Artikel auch auf deine Homepage oder muß ich denn schnellstmöglich archivieren? ;-)

Viele Grüße,

Eike

Re: 400 km/h – die Rekordfahrten des ICE/V im April 1988 (viel Text & 11 B)

geschrieben von: Anonymer Teilnehmer

Datum: 28.04.05 19:54

Daß hier Zeitzeugen schreiben, die Interessantes von längst vergangenen Epochen berichten - daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Aber daß jemand ein selbstgeschossenes Foto von einer 400 km/h-Fahrt aus dem Führerstand einstellt, ist nochmals eine Steigerung.

Staunende Grüße
Andreas

ICE/V im Mai 1988 (mB)

geschrieben von: domino

Datum: 28.04.05 19:59

hallo Ulrich,
wie immer ein Superbeitrag ganz nach meinem Geschmack. Spätestens jetzt habe ich eingesehen,
das ich wohl schon jahrelang bei der falschen Firma arbeite ;-)
Anbei noch ein Bild des IEC/V auf der NBS aus dem Espenloh-Tunnel komment.

http://www.dominobahn.de/ICEV.jpg
Nicht ohne grund ist es eines meiner "Lieblingsfotos", und nach deinem Bericht noch mehr.
Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich das Gefühl, er schwebte regelrecht an mir vorbei.

mfg Klaus



http://www.dominobahn.de/jk6.jpg
Schließe mich den Anderen an, ein sehr lesenswerter und schön geschriebener Bericht, untermauert mit tollen Fotos. Danke dafür!

Hallo Ulrich,

möchte mich meinen Vorrednern anschließen und mich bei Dir für den erstklassigen Beitrag bedanken - spitze!

Grüße


Michael

Guten Morgen,

wenn ich Siemens richtig verstehe, dann war es nicht ganz so einfach:

> ... Auch an der Strecke wurden nur geringfügige
> Modifikationen vorgenommen (Fahrdraht strammer gespannt,
> Weichen verriegelt)

Es wurde durch die größere Zugspannung des Fahrdrahtes eine Längung und eine Höherlegung um etwa 20 mm bewirkt, die zahlreiche Korrekturen an den Hängern und an abgehenden Fahrdrähten bspw. über Weichen erforderlich machte. Diese Arbeiten liefen vom 10. bis 21. April ... Die Änderungen waren nicht so einfach rückgängig zu machen, weil die geänderten Befestigungspunkte bei wieder zurückgenommener Zugspannung Unstetigkeitsstellen im Stromabnehmerlauf darstellen können. Deshalb wurde nach den Schnellfahrten vom 2. bis 11. Mai in den Schnellfahrabschnitten der Fahrdraht komplett gewechselt! Dies ermöglichte andererseits eine gründliche Untersuchung des Fahrdrahtes auf Verschleiß, Abbrand, Schweißperlen ... Es gab keine außergewöhnlichen Erscheinungen. Insofern - und das ist für mich das beeindruckendste an diesen Fahrten gegenüber den französischen aus den 50ern, waren die ICE-Schnellfahrten wesentlich durchdachter und materialschonender.

Feine Sache war das damals, ich habe es am Abend des 1. Mai aus der Tagesschau erfahren - das weiß ich noch wie heute ;-)

Beste Grüße

Klaus

Fantastisch!

geschrieben von: Rolf Schulze

Datum: 29.04.05 01:08

Hallo Ulrich,

da muß ich doch zu später Stunde noch mal anerkennende Worte verlieren - wenn mir denn welche einfielen. Aber bei diesem Beitrag ist mir schon mitten im Lesen die Spucke weggeblieben! Du - Augenzeuge und Teilnehmer einer Weltrekordfahrt auf deutschen Gleisen - schilderst uns hier die Ereignisse des Frühjahrs 1988 am Abend eines trüben Donnerstags mit einer Nüchternheit, wie sie nur einem Techniker eigen ist, dafür aber mit fundierten Fakten und Details. Respekt!
Das erste Bild ist einfach nur gut. So war sie eben, die Bundesbahn - man fährt eben mal mit dem Schienenbus über die Neubaustrecke zur Streckenkenntnis. Sieht ja keiner!
Meisterhaft auch das dritte Bild. Knapp 350 Sachen, aber keine Bewegungsunschärfe. Ich kann mir die Frage nach der Belichtungszeit nicht verkneifen: 1/2000stel oder noch mehr?
Dann die "Bäckerfaust"! Ein Bild, was zweifellos geeignet wäre, fotografische Preise einzusammeln. 400 Sachen in der Anzeige und dann diese Geste, dieses unausgesprochene "Ja! Geschafft!", eben die Bäckerfaust. Männer, die im Begriff sind, Geschichte zu schreiben. Technikgeschichte.
Alles in allem: einmalige Erlebnisse. Ein ganz großes Danke an Dich, daß Du uns daran im nachhinein einen Eindruck davon weitergegeben hast.
Und ein letzter Gedanke zum Schluß: Schade, daß der "ganz große Erzähler" der Eisanbahngeschichte, Karl-Ernst Maedel nämlich, nicht mehr unter uns weilt. Er wäre zweifellos der richtige, die von Dir beschriebenen Ereignisse aus dem April 1988 in eine fesselnde Geschichte zu verwandeln...

Beste Grüße!
Rolf



Ja fantastisch - ganz großes HiFo

geschrieben von: Joachim Leitsch

Datum: 29.04.05 07:54

hast Du da ganz nonchalant eingestellt, Ulrich :)) Mir ging es ganz genau wie Rolf beim Lesen und Anschauen der wie immer sehenswerten Bilder - und das Führerstandsbild ist für mich *das* Eisenbahnbild, das die "moderne" Bahn so treffend darstellt. Daß Du dies alles "live und in Farbe" miterleben durfstest, freut mich wirklich für Dich. Klasse!

Weckt Erinnerungen an meine Fahrt im ICE-V

geschrieben von: Güterbahnknipser

Datum: 29.04.05 08:23

Moin aus Hannover!

Ein erstklassiger Beitrag! Wahrhaft historische Aufnahmen, das erste Mal, dass ein Eisenbahnfahrzeug 400 km/h erreicht hat. Weniger rasant war meine Fahrt im ICE-V am 28. Juni 1988, also nur wenige Wochen nach der Weltrekordfahrt, von Hannover nach Celle im 810 002. Ich war damals 15, habe gerade zaghaft mit der Bahnfotografie angefangen und war sehr beeindruckt vom seinerzeit schnellsten Zug der Welt.

Re: Der Tag der verpassten Fotos

geschrieben von: Wolfgang Z

Datum: 29.04.05 09:18

Hallo Ulrich,

Dein Bericht erinnert mich an den 1. Mai 1988. Ich war mit meiner Familie und großem Picknick-Korb unterwegs, um zwischen Gemünden und Obersinn Videoaufnahmen der ICs auf der alten Nord-Süd-Strecke zu machen. Von der Rekordfahrt des ICE/V just an diesem Morgen hatte ich leider keine Ahnung. Von Lohr kommend, sahen wir rund um das südliche Tunnelportal vor Gemünden Trauben von Fotografen. So langsam kam mir in den Sinn, dass ich vielleicht einen historischen Moment verpasst hatte.

Nun, die heute nicht mehr wiederholbaren Videosequenzen von 103er vor IC haben mich recht schnell diesen 'Verlust' verschmerzen lassen.

Deshalb ganz besonderen Dank auch von mir für Deinen tollen Bericht.



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Wolfgang Zitz

http://abload.de/img/stwksf4_2a_bannereqqrv.jpg -- Meine Beiträge in DSO-Hifo

Bemerkung zur Fahrleitung und kleine Geschichte

geschrieben von: ulrich budde

Datum: 29.04.05 09:21

als Fahrzeug-Mann und Lauftechniker habe ich die Fahrleitungsthemen nur eher am Rande mit verfolgt. Aber daß der Fahrdraht höher gehängt worden wäre, ist mir neu. Ich meine mich zu erinnern, daß die Fahrdrahthöhe auf der Strecke unverändert blieb und vielmehr die Fahrdrähte in den Weichenverbindungen höher gehängt wurden, um Unstetigkeiten im Stromabnehmerlauf zu vermeiden.

Den Austausch des Fahrdrahts (das Tragseil wurde weiterverwendet) kann ich bestätigen, allerdings war ich bisher der Meinung, daß dieses nur Gewährleistungsgründen erfolgte.

In Zusammenhang mit der Höherlegung des Fahrdrahts kann ich noch eine kleine Geschichte zum Besten geben, die man mit 17 Jahren Abstand wohl öffentlich machen kann, ohne heute noch jemandem damit zu schaden.

Nach jedem Versuchstag wurde das Gleis mit dem Nürnberger Gleismeßzug 725/726 gründlich vermessen und die Gleislage überprüft. Zusätzlich gab es diverse stationäre Untersuchungen an mehreren Stellen der Strecke. So auch am 28.04.88, wodurch sich die Rückfahrt von Mottgers nach Würzburg stark zu verzögern drohte. Da kam von Fahrdienstleiter das Angebot, in Burgsinn über die dort vorhandene Verbindung auf die Altstrecke zu wechseln und so "den Stau zu umfahren". Ein prima Vorschlag, der sofort angenommen wurde. In der Euphorie der gerade erreichten 400 km/h dachte allerdings keiner an den höher gehängten Fahrdraht in den Weichenverbindungen. Und so kam, was kommen mußte: Es gab einen kurzen trockenen Knall, dann regnete es Kleinteile auf's Dach des 1. Mittelwagens, in dem ich mich gerade befand, und das war's - der Stromabnehmer war ab! Zum Glück war es nicht der Meßstromabnehmer - ohne den wären die weiteren Fahrten (auch die am 01.05.) unweigerlich ausgefallen. Die Fahrleitung war auch nicht weiter beschädigt, weil die Sollbruchstelle am Stromabnehmer ihre Funktion erfüllt hatte. Aber sehr ärgerlich war's schon und spät wurde es jetzt erst recht. Fahrleitung abschalten, auf's Dach klettern, Reste vom Stromabnehmer runterbinden und und und. Für das DB Personal dann noch eine Nachtschicht in Würzburg, um den dort glücklicherweise bereitliegenden Reserve-SA wieder aufzubauen. Alles in allem eine große Sch..., vor allem vor dem Hintergrund, daß sich am nächsten Tag die großen Chefs von DB und Industrie angemeldet hatten und vor denen wollte man sich natürlich keine Blöße geben.

Aber Versuchsmannschaften sind immer auch Improvisationskünstler, die alles irgendwie hinkriegen. Am nächsten morgen war alles wieder okay und das Programm konnte wie geplant weitergefahren werden.

Schönen Tag noch,

Ulrich B.



Eintrag editiert (29.04.05 22:53)

Guten Morgen,

hallo Ulrich,

dies ist in einem Sonderdruck von Siemens sehr ausführlich beschrieben, ich kann heute noch einmal die exakte Quelle angeben.

Es war halt so, daß das Erhöhen der Zugspannung eine Längung bewirkt hat, die die Hänger an den Ausleger weit in Richtung der maximalen Auslenkung gebracht hat. Außerdem wurde das Eigengewicht der Fahrleitung stärker "kompensiert", so daß sie im Durchschnitt - wenn ich die Zahlen jetzt richtig im Kopf habe - etwa 20 mm höher lag. Dadurch stimmten natürlich die klemmenfreien Räume nicht mehr, ebenso stimmten nicht mehr die Geometrien bei einscherenden oder kreuzenden Kettenwerken. Dies mußte mindestens korrigiert werden, wenn nicht gar - wie von Dir gesagt - sowieso die Kettenwerke über Weichen entsprechend höhergehangen wurden. Dies jetzt nur mal aus dem Gedächtnis.

Beste Grüße

Klaus

Großes HiFo :-)

geschrieben von: DanielLorbach

Datum: 29.04.05 10:30

Großartiger Bericht. Ich hatte echt das Gefühl mit dabei zu sein.

Das ist für mich großes HiFo.



Achtung Baustelle:
[rheinsiegbahn.de]
Bravo, bravo, gut gemacht, Schmetterling (Zitat: Biene Maja)

In dem Zusammenhang, es ist eine Schande, dass der IC-Experimental nun zweigeteilt an verschiedenen Standorten vor sich hingammelt. Der komplette Zug gehört ins DB-Museum, neben die 05. (naja dazu müssten die erstmal kräftig anbauen...)



Eintrag editiert (29.04.05 10:54)

kondensierte Grüße, Stefan

https://www.drehscheibe-online.de/foren/file.php?099,file=190387
Kondenslok.de (temporär offline) + Industrial Railways of Indonesia SIG (fc)
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Wer sich über Signaturen aufregt, hat sonst nix zu sagen.
Ich kann's nicht besser formulieren als Rolf - ich schließe mich ihm einfach an.

Ich selbst war zu dieser Zeit länger im Ausland und habe deshalb von dem Ereignis überhaupt nichts erfahren - umso interessanter für mich Dein Bericht mit ganz besonderer Authentizität.

Danke - und Gratulation zu dem großen Erlebnis und den wie immer hervorragenden Fotos, Ulrich !

Schöne Grüße aus Aachen -
Rerinhard
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