In der zweiten Hälfte der 70er Jahre nicht nur Eisenbahnfreund, sondern insbesondere auch Dampflokfreund zu sein, bedeutete in der Bundesrepublik ein ausgesprochen hartes Brot: Der Dampfbetrieb bei der DB war beendet, Sonderfahrten mit Dampfloks verboten, und der Rest vom Fuhrpark war damals in vollem Gange, sich das überaus beliebte beige-türkise Farbkleid anzuziehen. Das waren Aussichten, die manchem damals die Lust aufs Fotografieren in jeder Hinsicht vergällten.
Die einen lieben „Mannheimer Dreck“, die Alsdorfer ihr Koks-Gebäck! Der Kokerei und dem von ihr verursachten Dreck trauert sicher kaum einer nach.
Blick von der Güterrampe des DB-Bahnhofs auf dem Bahnübergang am südöstlichen Bahnhofskopf.
Vom selben Standort aufgenommen, nur in die Gegenrichtung. Man kann die Größe der Kokereianlage erahnen.
Es gab nur ganz wenige „Inseln der Seeligen“, jedenfalls hinsichtlich das Dampfbetriebs. Alsdorf im Aachener Revier gehörte unbedingt dazu. Allerdings wußte ich über den Dampfbetrieb beim „Eschweiler Bergwerks-Verein“ (EBV) seinerzeit kaum etwas. Ortskenntnisse hatte ich auch keine, und „am Wege“ lag die Gegend für mich als damaligen Wahl-Essener auch nicht gerade.
Lok Anne N.1 macht mit einem Zug mächtig Dampf im Bahnhof Alsdorf.
Lok N. 12 vor dem Alsdorfer Wahrzeichen.
Am nordwestlichen Bahnübergang wird der Verkehr mit der Flagge geregelt
Da erwies es sich als ganz praktisch, das Peter Sikora, den ich aus der vaterländischen Dienstverpflichtung am Deutschen Eck kannte, ein Studium in Aachen aufgenommen hatte. Unter aus heutiger Sicht primitivsten kommuikativen Möglichkeiten – er hatte kein Telefon, ich hatte kein Telefon, Fax, eMail, Handy und SMS gab es alles noch nicht – kontaktierte ich ihn via Schneckenpost, und wir verabredeten uns an einem Samstag in Aachen in seinem Studentenwohnheim nahe dem Westbahnhof, um dann gemeinsam nach Alsdorf zu fahren. Meine anfängliche Skepsis war angesichts des regen Betriebes und der guten Sichtverhältnisse auf das Kokereigelände der unmittelbar am Bahnhof gelegenen EBV-Anlage schnell verflogen.
Ein weiteres Bild vom nordwestlichen BÜ: Auch hier herrscht Hochbetrieb.
Ausflug nach Merkstein: Lok Anna N.1 hat Waggons zu einem Haldenbahnhof gebracht.
In Merkstein geht es gemächlich zu. Am Samstag hat niemand Eile.
An diesem Tag brachte Lok Anna N.1 sogar einen Zug in Richtung Merkstein und wir konnten unterwegs ein paar Streckenaufnahmen machen. Wir haben die Aachener Besuche noch mehrfach wiederholt – mit wechselnden Erfolgen zumindest in Alsdorf direkt. Aber es gab ja auch noch genügend Ziele nebenan: Ich erwähne nur
Mariagrube, über das ich bekanntlich vor einiger Zeit einen kleinen Bericht hier eingestellt habe, der auf ein ungeahntes Echo stieß. Und außerdem war das Interesse für die Bahn etwas abgeschwenkt in Richtung der Gummibereifung: Bei der Dürener Kreisbahn gab es noch Büssing-Omnibusse im Linienverkehr und einige weitere, damals heißbegehrte Objekte.
Auch das Rangiergeschäft verläuft frei von Hektik.
Schließlich geht es zurück in Richtung Alsdorf
Ein solches Motiv mußte man damals als Glückseligkeit empfinden.
Im vergangenen Jahr war ich noch einmal in Alsdorf. Ich war in der Nähe und entschloss mich, einen kurzen Abstecher zum Bahnhof zu machen. Das hätte ich nicht tun sollen. Nicht nur der Bahnhof ist weg, auch die gesamte EBV-Anlage ist bis auf wenige Ausnahme-Gebäude platt gemacht worden. Eine riesige freie Fläche mit ein paar neuen Gewerbebetrieben, Straßen und Parkplätzen. Einfach grauenhaft. Es war so schlimm, dass ich nicht mal mehr Fotos gemacht habe... Von der „Insel der Seeligen“ für die Eisenbahnfreunde der 70er Jahre waren kaum noch Spuren zu sehen. Ein Trauerspiel!
Noch einmal die Kokereianlage in Alsdorf in voller Pracht
Die Alsdorfer Loks fuhren übrigens im Einmannbetrieb. Und geheizt wurde natürlich mit Koks – war ja genug da. Und außerdem hatte das den Vorteil, dass die Maschinen kaum rußten.
Mich würde nach diesem Artikel interessieren: Wird in Aachen immer noch Gebäck gekokst?
Ein schönes Wochenende allen HiFo-Lesern wünscht
Der Bergische!