DREHSCHEIBE-Online 

Anzeige

HIER KLICKEN!

 04 - Historisches Forum 

  Neu bei Drehscheibe Online? Hier registrieren! Zum Ausprobieren und Üben bitte das Testforum aufsuchen!
Bilder, Dokumente, Berichte und Fragen zur Vergangenheit der Eisenbahn und des öffentlichen Nahverkehrs - Bilder vom aktuellen Betriebsgeschehen bitte nur im Zusammenhang mit historischen Entwicklungen veröffentlichen. Das Einstellen von Fotos ist jederzeit willkommen. Die Qualität der Bilder sollte jedoch in einem vernünftigen Verhältnis zur gezeigten Situation stehen.
Dies ist KEIN Museumsbahnforum! Bilder, Meldungen und Fragen zu aktuellen Sonderfahrten bitte in die entsprechenden Foren stellen.
Die Geschichte der Eisenbahn auf Sri Lanka
Teil 1: Der lange Weg zur ersten Eisenbahnstrecke – Die Geschichte der Eisenbahn auf Sri Lanka von 1842 bis 1867



Liebe HiFo-Leser,

es wird mal wieder Zeit, ein bisschen über den heimischen Tellerrand zu schauen und in exotische Gefilde abzutauchen. Inseln mit nicht ganz einfachen politischen Verhältnissen scheinen mich magisch anzuziehen. Vor einiger Zeit hatte ich euch die Geschichte der Eisenbahn auf Taiwan etwas näher gebracht, das Thema Irland liegt bei mir auch noch auf Halde. Jetzt reisen wir also zur nächsten Insel, diesmal an der Südspitze Indiens: Sri Lanka. Ähnlich groß wie Irland und (in Teilen) ähnlich gebirgig wie Taiwan. Die Berge auf Sri Lanka sind zwar nicht ganz so hoch als auf Taiwan, dafür ist die am weitesten verbreitete Spurweite auf Sri Lanka breiter: 1.676mm. Darüber hinaus findet man viel Exotisches zwischen 600mm und 1.676mm, nur Normales wie Normal- oder Meterspur sucht man auf Sri Lanka vergeblich. In den nächsten 24 Beiträgen gibt es also wieder viel Interessantes zu entdecken. Ich freue mich, wenn ihr mich wieder auf einer Reise durch die Eisenbahn-Geschichte der Insel begleitet.

Vorab wie immer noch das Kleingedruckte, um Diskussionen vorzubeugen: ich besitze (leider) kein eigenes Bildmaterial aus Sri Lanka, das den Anforderungen des HiFo genügt. Daher muss ich auf fremde und frei verfügbare Bilder zurückgreifen oder zeige eigene Bilder, die aktuell sind. Zudem möchte ich nicht einfach mit den Beschreibungen 10 Jahre vor dem aktuellen Datum aufhören, sondern auch noch die aktuelle Entwicklung beschreiben. Amtssprachen auf Sri Lanka sind Sinhala und Tamil. Ich benutze bei den Ortsbezeichnungen die gängige Romanisierung, die sich meist an der Sinhala-Aussprache orientiert. Damit verbunden ist aber keinerlei Wertung. In Karten und Tabellen liste ich meistens die Namen in Sinhala und Tamil mit auf. Ähnliches gilt für die Landesbezeichnung. Die Regierung änderte 1972 den Staatsnamen von Ceylon auf Sri Lanka, um den singhalesischen Machtanspruch zu unterstreichen, was den Tamilen natürlich nicht unbedingt gefällt. Die Bezeichnung Sri Lanka hat sich inzwischen aber international durchgesetzt und daher nutze ich sie durchgängig.

Mein Dank gilt insbesondere den folgenden Personen, die mich mit Informationen versorgt haben und/oder mir die Erlaubnis gegeben haben, ihre historischen Bilder hier zu zeigen: Helmut Dahlhaus (aka 03 1008 hier im Forum), Jonathan Flood und vor allem Alon Siton („Historical Railway Images“ auf Flickr). Anmerkungen, Ergänzungen und Korrekturen sind herzlich willkommen. Beginnen möchte ich wie immer mit einer kurzen Einführung in die Geografie und Geschichte und Sri Lankas. Das hat zwar erst einmal nichts mit der Eisenbahn zu tun, hilft einem aber, die Entwicklung der Eisenbahn auf der Insel besser zu verstehen. Wer es trotzdem nicht lesen möchte, kann direkt zu Kapitel 3 springen.




In den nächsten 24 Beiträgen habe ich das folgende Programm geplant:

Inhaltsverzeichnis


1. Geografie Sri Lankas

2. Geschichte Sri Lankas

3. Geschichte der Eisenbahn
3.1 Erster, erfolgloser Versuch zum Bau einer Eisenbahn (1842 – 1856)
3.2 Die erste Eisenbahnstrecke auf Sri Lanka (1856 - 1867)

3.3 Das Netz streckt vorsichtig seine ersten Fühler aus (1867 - 1880)
3.4 Das Netz wächst in fast alle Himmelsrichtungen (1881 - 1899)

3.5 Breit in den Norden und schmal in die Berge (1900 - 1905)
3.6 „Colombo 20“ und der gescheiterte Brückenschlag nach Indien (1906 - 1918)
3.7 Zaghafte Erweiterungen nach dem Krieg (1919 - 1926)
3.8 Endlich ist auch die Ostküste dran (1927 - 1938)
3.9 Mit dem Krieg kommen die ersten Streckenstilllegungen (1939 - 1945)

3.10 Unabhängigkeit, Wiederaufbau und Stilllegungen (1946 - 1948)
3.11 Modernisierung und Verdieselung (1949 - 1964)
3.12 Die letzten Friedensjahre – Stilllegungen, Neueröffnungen und Dampfende (1965 – 1981)
3.13 Zwischen den Fronten – Die Bahn im Bürgerkrieg (1982 - 2002)
3.14 Das schwerste Zugunglück der Geschichte und Wiederaufbau nach dem Bürgerkrieg (2003 - 2018)
3.15 Zwischen Aufbruch und Pleite (2019 - heute) )


4. Eisenbahnstrecken auf Sri Lanka
4.1 Staatsbahn (CGR/SLR)
4.1.1 Main Line (Colombo – Badulla)
a) Colombo – Rambukkana

b) Rambukkana – Peradeniya
c) Peradeniya - Badulla
4.1.2 Coastal/Southern Line (Colombo – Beliattha)
4.1.3 Northern Line (Polgahawela Junction – Kankasanturai)

4.1.4 Matale Line (Peradeniya Junction – Matale)
4.1.5 Puttalam Line (Ragama – Noor Nagar)
4.1.6 Mannar Line (Medawachchiya – Talaimannar Pier)
4.1.7 Batticaloa/Trincomalee Line (Maho Junction – Gal Oya – Batticaloa/Trincomalee)
4.1.8 Mihintale Line (Mihintale Junction - Mihintale)

4.1.9 Kelani Valley Line (Colombo – Avissawella – Yatiyantota/Opanayake)
4.1.10 Uda Pussellawa Line (Nanu Oya – Ragala)
4.2 Straßenbahn



5. Rollendes Material
5.1 Dampflokomotiven

5.1.1 Schlepptenderlokomotiven in Breitspur (1676mm)
5.1.2 Tenderlokomotiven in Breitspur (1676mm)
5.1.3 Schmalspurlokomotiven (762mm)
5.2 Diesellokomotiven
5.2.1 Klein- und Rangierlokomotiven (1676mm)

5.2.3 Diesel-elektrische Streckenloks (1676mm)
5.2.3 Diesel-hydraulische Streckenloks (1676mm)
5.2.4 Schmalspurlokomotiven (762mm)
5.3 Triebwagen
5.3.1 Dampftriebwagen Breitspur (1676mm)
5.3.2 Dampftriebwagen Schmalspur (762mm)
5.3.3 Dieseltriebwagen (1676mm)

5.3.4 Dieseltriebzüge (1676mm) S1-S8 und S9 – S14
5.4 Personenwagen
5.5 Güterwagen


6. Privatbahnen

7. Signalwesen und Stellwerke





1. Geografie Sri Lankas

Sri Lanka liegt an der Südspitze Indiens zwischen 6° und 10° nördlicher Breite und zwischen 79° und 82° östlicher Länge. Aufgrund der Lage und der Form wird die Insel auch als „Träne Indiens“ bezeichnet. Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 445 Kilometer, die Breite ist mit 225km nur rund halb so groß. Mit 65.610 km² ist Sri Lanka flächenmäßig etwas kleiner als Bayern, international rangiert Sri Lanka flächenmäßig an Position 120 zwischen Georgien (incl. Abchasien und Süd-Ossetien) und Litauen. Geschätzt 22 Millionen Menschen leben auf der Insel, das liegt zwischen Syrien auf Platz 59 und Malawi auf Platz 61. Die Bevölkerungsdichte ist mit ca. 340 Einwohnern pro km² also recht hoch.

Geologisch gesehen ist Sri Lanka ziemlich alt, das Grundgebirge ist über 2 Milliarden alt (Präkambrium), es dominieren Gneis und Granit als Gesteinsarten. Entlang der Küsten haben sich in den vielen Jahren entsprechende Schwemmflächen gebildet. Bis einschließlich der letzten Eiszeit war Sri Lanka auf dem Landweg mit Indien verbunden, bis ins 15. Jahrhundert (nach Christus!) gab es zumindest bei Ebbe über Korallenriffe einen fast trockenen Weg, erst ein Sturm 1480 machte Sri Lanka dann zur richtigen Insel. Noch heute ist die Meeresenge zwischen Indien und Sri Lanka nur an wenigen Stellen tiefer als 5m, Schiffe mit größerem Tiefgang müssen Sri Lanka umfahren. Die höchste Erhebung ist mit 2524 m der Pidurutalagala im südlichen Landesinneren (damit liegt man international übrigens zwischen Montenegro und Polen). Das teils gebirgige Hochland fällt meist sehr abrupt und steil in die Tiefebenen ab.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0e/Sri_Lanka_rel_location_map.svg
Bild 1: Reliefkarte Sri Lankas. Gut zu erkennen ist das Hochland im südlichen Landesinneren, auf das die Briten selbstverständlich eine Bahnstrecke gebaut haben. Links oben ist noch Indien zu sehen, darunter erkennt man die Überreste des einstigen Landwegs zwischen Indien und Sri Lanka (NordNordWest, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de, CC BY-SA 3.0 DE [creativecommons.org], via Wikimedia Commons).




Das Klima ist tropisch mit hohen und konstanten Temperaturen das gesamte Jahr hindurch, nur im Hochland wird es insbesondere im Winter nachts auch mal etwas kälter. Im Gegensatz zur Temperatur sind die Niederschläge bedingt durch den Monsun und das hohe Bergland im Landesinneren alles andere als konstant. Neben der jahreszeitlichen Verteilung mit eher trockenen und sehr feuchten Monaten hängt die Niederschlagsmenge auch stark von der Lage ab. Der Südwesten bekommt die meisten Niederschläge zwischen Mai und Oktober, der Nordosten von Oktober bis Januar. Dazwischen gibt es auch Regionen, die fast das gesamte Jahr im Windschatten der Berge liegen und daher ganzjährig sehr wenig Niederschläge bekommen. Flora und Fauna sind daher sehr vielfältig und reichen von tropischem Regenwald bis hin zu Trockensavannen. Landwirtschaftlich angebaut werden vor allem Kokospalmen, Reis, Zuckerrohr, Teesträucher, Indigo, Tabak, Kaffee und Chinarinde sowie eine Vielzahl von Gewürzpflanzen (Chili, Zimt, Kurkuma). Bereits seit über 1.000 Jahren gibt es ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, das den Anbau auch in trockeneren Regionen ermöglicht. Aktuell leben noch rund 6.000 wilde Elefanten auf Sri Lanka.

Die Bevölkerung Sri Lankas ist recht jung (Median 32,3 Jahre, Deutschland zum Vergleich 47 Jahre) und wächst noch um 0,5% im Jahr, die Anzahl der Geburten liegt bei 2,0 Kindern/Frau. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage haben in den letzten Jahrzehnten viele Sri-Lanker das Land verlassen, größere Auslandsgemeinden gibt es in den arabischen Golfstaaten, dem Vereinigten Königreich und den USA. Dominierende Bevölkerungsgruppe sind mit knapp 75% die buddhistischen Singhalesen, die hinduistischen Tamilen kommen auf rund 15% (11,4% einheimische Tamilen und 4,2% indische Tamilen, die vor allem während der Kolonialzeit als Teepflücker nach Sri Lanka kamen und bis heute hauptsächlich im Hochland leben, die „einheimischen“ Tamilen leben vor allem im Norden und Nordosten der Insel), 9% gehören den muslimischen Moors an (Nachfahren arabischer Händler). Der Rest besteht aus vielen kleinen Minderheiten (Nachkommen portugiesischer, niederländischer oder britischer Kolonialisten (Burgher genannt), Einwanderer aus anderen britischen Kolonien wie Malaysia und den Veddas, den ehemaligen Ureinwohnern Sri Lankas)). Der Bevölkerungsmix sorgt immer wieder für Konflikte und war auch Grund für den jahrzehntelangen Bürgerkrieg (siehe nächstes Kapitel). Größte Stadt auf der Insel ist mit rund einer halben Million Einwohner die Hauptstadt Colombo, in deren Großraum fast ein Drittel aller Sri-Lanker lebt. Relativ dicht besiedelt ist auch der Südwesten sowie das nördliche Hochland rund um Kandy.




2. Geschichte Sri Lankas

Die Geschichte Sri Lankas ist mindestens genauso reichhaltig wie seine Flora und Fauna. Um 500 v.Chr. wanderten indoarische Siedler aus dem Norden Indiens nach Sri Lanka ein und vertrieben die Ureinwohner immer tiefer in den Urwald und die Berge. Die neuen Siedler waren die Vorfahren der heutigen Singhalesen. Erste Königreiche bildeten sich und ein lukrativer Handel, vor allem mit Gewürzen, Elfenbein und Edelsteinen entwickelte sich. Griechen und Römern war Sri Lanka unter dem Namen Taprobana bereits bekannt. Parallel fielen immer wieder dravidische Völker aus Südindien ein und ließen sich vor allem im Norden der Insel nieder, aus ihnen bildeten sich die heutigen, einheimischen Tamilen.

Das Mittelalter war in Sri Lanka geprägt von sich bekriegenden Königreichen. Nur für sehr kurze Zeit gelang es einzelnen Herrschern, die ganze Insel unter ihre Kontrolle zu bringen, bevor ihre Königreiche dann wieder schnell zerfielen. Ab dem 13. Jahrhundert gab es immer wieder Auseinandersetzungen mit China wegen einer Zahnreliquie Buddhas und Piraterie, Anfang des 15. Jahrhunderts kontrollierten die Chinesen kurzfristig die Insel, wurden dann aber wieder vertrieben. Als erste fremde Macht konnten sich dann anfangs des 16. Jahrhunderts die Portugiesen festsetzen. Sie eroberten 1518 die flachen Küstenabschnitte, beschränkten sich aber auf wenige Handelshäfen, das Landesinnere wurde noch immer von einheimischen Königreichen beherrscht. Die Portugiesen nannten die Insel Ceilão, aus dem sich der spätere Name Ceylon entwickelte. Im Jahre 1656 eroberte dann niederländische Ostindien-Kompanie Colombo, zwei Jahre später waren alle portugiesischen Handelshäfen auf der Insel unter niederländischer Kontrolle. Unterstützt wurden die Niederländer vom Königreich Kandy, dem für die Unterstützung im Kampf gegen die Portugiesen Landzuwächse und Machtgewinne versprochen wurden. Davon wollten die Niederländer später aber nichts mehr wissen, im Gegensatz zu den Portugiesen drangen sie weiter ins Landesinnere vor und errichteten erste Plantagen (vor allem Zimt, hatte doch Ceylon seinerzeit das Handelsmonopol für das Gewürz). Tief im Landesinneren herrschte aber immer noch das Königreich Kandy. Allzu lange konnten sich aber auch die Niederländer nicht halten, sie mussten die Insel 1796 an die britische Krone abtreten, die Ceylon 1802 zur Kronkolonie erklärten. Sri Lanka gehörte nie zum „Empire of India“, sondern wurde als Kronkolonie von einem Gouverneur verwaltet, der dem Kolonialministerium in London unterstellt war, Britisch-Indien (dazu gehörten neben dem heutigen Indien u.a. auch die heutigen Länder Pakistan, Bangladesch, Myanmar/Burma) wurde dagegen vom (East) India Office verwaltet.

Im Gegensatz zu Portugiesen und Niederländern strebten die Briten eine Herrschaft über die gesamte Insel an. Eine Eroberungskampagne, unterbrochen durch eine kurze französische Kontrolle über die Insel von 1810 bis 1812, war 1815 schließlich erfolgreich. Das Königreich Kandy kapitulierte 1815 als letztes, verbliebenes Königreich, Aufstände wurden bis 1818 von den Briten niedergeschlagen. Die Infrastruktur wurde ausgebaut, zahlreiche Plantagen angelegt, in denen zunächst Kaffee, ab 1860 dann Tee und später Kautschuk angebaut wurde. Für die Arbeit auf den Plantagen wurden vor allem Tamilen aus Südindien auf die Insel geholt, in der Verwaltung wurde das altbewährte britische „Divide & Conquer“-Prinzip angewandt, das bis heute eine der Ursachen für Bürgerkriege und bewaffnete Konflikte in Afrika und Asien ist. Niedere Posten in Verwaltung und Polizei wurden an die Minderheit der einheimischen Tamilen gegeben, der singhalesischen Mehrheit blieb das ebenso wie der Zugang zu höherer Bildung verwehrt. Während die Wirtschaft, abgesehen von kurzzeitigen Einbrüchen bei Preisen für die Exportgüter, florierte und die Bevölkerung von weniger als einer Million zu Anfang der Kolonialzeit auf mehr als 6 Millionen zum Ende der Kolonialzeit anwuchs, bildeten sich vor allem unter den Singhalesen erste nationale Bewegungen. Ab 1921 gab es eine gewählte Volksvertretung, die aber nur wenige Befugnisse hatte und unter einem Dauerstreit zwischen Singhalesen und Tamilen litt. Der Erste Weltkrieg, in dem die Insel vor allem für die britische Marine eine wichtige strategische Rolle spielte, verstärkte die Unabhängigkeitsbestrebungen. Im Zweiten Weltkrieg wurde Sri Lanka nach dem Fall Singapurs der wichtigste britische Marinestützpunkt in Asien. Mehrfach wurde die Insel daher von den Japanern bombardiert, die Briten behielten aber die Kontrolle über die Insel. Der Zweite Weltkrieg verstärkte die Unabhängigkeitsbemühungen weiter, im Juni 1947 wurde aus der Kronkolonie zunächst ein souveräneres Dominion, am 4. Februar 1948 wurde Ceylon (wie es damals noch hieß) schließlich unabhängig. Im Gegensatz zu Myanmar/Burma blieb Sri Lanka aber (bis heute) Mitglied im Commonwealth, ohne allerdings den britischen Monarchen als Staatsoberhaupt anzuerkennen.

Im Rahmen des Unabhängigkeitsprozesses hatten die Tamilen für sich erfolglos Sonderrechte gefordert. In den ersten Jahren regierte die Mehrheit der Singhalesen noch in einer Koalition zusammen mit Tamilen und weiteren Minderheiten. Nach Außen trat Sri Lanka als blockfreier Staat auf, im Inneren wurde eine sozialistische Politik verfolgt, die insbesondere in einer weitgehenden Verstaatlichung der Privatwirtschaft mündete. Aufgrund der Kolonialzeit dominierte die Minderheit der Tamilen noch immer in Verwaltung, Bildung und Wirtschaft, was zu wachsendem Unmut in der singhalesischen Mehrheit führte. So kam 1956 eine populistische Regierung an die Macht, die die singhalesische Sprache als einzige Amtssprache und Quotenregelungen zur Bevorzugung von Singhalesen beschloss. Zur Unterstreichung des singhalesischen Machtanspruchs wurde das Land 1972 von Ceylon in Sri Lanka umbenannt. Eine Bevölkerungsexplosion und wirtschaftliche Probleme aufgrund der Verstaatlichungen sorgten für eine hohe Jugendarbeitslosigkeit und kommunistische Gruppen erhielten großen Zulauf. Die Regierung musste nun an mehreren Fronten kämpfen und fokussierte sich zunächst auf die Bekämpfung der bewaffneten kommunistischen Gruppen, was bis weit in die 1980er-Jahre dauerte und rund 40.000 Todesopfer forderte. Die Tamilen gründeten derweil 1970 eine Einheitsfront und forderten erstmals einen unabhängigen Tamilenstaat im Norden und Nordosten der Insel.

Die tamilische Einheitsfront geriet immer mehr unter den Einfluss der radikalen Tamil Tigers (LTTE), die mit brutalen Methoden (Ermordungen und Selbstmordattentaten) agierten. Nach einem tamilischen Anschlag auf eine Militäreinrichtung am 23.7.1983 mit 13 toten Soldaten kam es im ganzen Land zu Pogromen gegen die tamilische Minderheit, viele flüchteten in den Norden und Nordosten, der immer mehr unter die Kontrolle der LTTE kam. Die LTTE wurde von Tamilen im Süden Indiens unterstützt und Indien fürchtete Autonomiebestrebungen der indischen Tamilen. So griffen schließlich 1987 indische Friedenstruppen in den Konflikt ein. Allerdings waren sie schnell auf beiden Seiten so verhasst, dass sie sich 1990 nach schweren Verlusten wieder zurückziehen mussten. Die LTTE hatte inzwischen den Norden und Nordosten voll unter ihrer Kontrolle und unterstrich ihren Machtanspruch unter anderem mit der Ermordung des indischen Premiers Rajiv Gandhi und des sri-lankischen Regierungschefs. Die sri-lankische Regierung, ausgelaugt durch den jahrelangen Kampf gegen die bewaffneten, kommunistischen Guerillatruppen konnte die LTTE nicht zurückdrängen, die LTTE hatte aber auch nicht genügend Kräfte, um weitere Landesteile zu erobern. Der Konflikt flammte immer wieder auf, de-facto blieb es aber bei zwei Staaten auf der Insel, wobei der Tamilenstaat international nicht anerkannt wurde.

Nach fast 20 Jahren Bürgerkrieg kam es schließlich im Februar 2002 zu einem Waffenstillstand und ersten Friedensgesprächen. Dann traf am 26.12.2004 eine der schwersten Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte die Insel. Vermutlich mehr als 40.000 Menschen starben auf Sri Lanka durch die Tsunamiwelle nach einem schweren Erdbeben vor Indonesien. Besonders betroffen waren Gebiete an der Ostküste mit tamilischer Mehrheit. Die Regierung in Colombo lenkte Hilfslieferungen allerdings hauptsächlich in Gebiete mit singhalesischer Mehrheit. Das wenige Vertrauen war verspielt, mit der Ermordung des sri-lankischen Außenministers im August 2005 nahmen die Spannungen weiter zu und ein Jahr später brachen wieder schwere Kämpfe aus. Spätestens nachdem der Verhandlungsführer der LTTE Ende 2007 bei einem Luftangriff der sri-lankischen Armee getötet wurde, war eine Friedenslösung wieder weiter entfernt denn je. Erst Anfang 2008 kündigte die sri-lankische Regierung das Waffenstillstandsabkommen offiziell auf. Das sri-lankische Militär hatte zwischenzeitlich seine Luftwaffe hochgerüstet und fügte der LTTE zunächst schwere Verluste zu und eroberte größere Gebiete. Vor der Halbinsel Jaffna geriet die Großoffensive ins Stocken und erst nach einem weiteren Jahr mit schweren Luftangriffen waren die letzten Gebiete im Norden „sturmreif“ geschossen. Im Mai 2009 verlor die LTTE die letzten Gebiete, die sie unter Kontrolle hatte, die gesamte Führungsriege der LTTE wurde von einer Sondereinheit des Militärs getötet. Damit war der Bürgerkrieg nach über 25 Jahren mit Gewalt beendet, zwischen 80.000 und 100.000 Menschen verloren dabei ihr Leben. Der Konflikt ist damit aber noch lange nicht gelöst und unter der Oberfläche brodelt es weiter.

Der Bürgerkrieg und die hohen Ausgaben für das Militär hatten die Finanzen des Landes bereits stark strapaziert. Den für die Wirtschaft des Landes so wichtigen Tourismus traf der Tsunami hart. Die Spätfolgen von Corona, innenpolitische Querelen und wirtschaftspolitische Fehlentscheidungen (u.a. wollte die Regierung kurzerhand von heute auf morgen den gesamten Teeanbau auf Bio umstellen) versetzten dem Land den finanziellen Todesstoß, 2022 rutschte es in die Zahlungsunfähigkeit. Die Chinesen, die zuvor bereits (oftmals sinnlose) Infrastrukturprojekte auf der Insel errichtet hatten, halfen finanziell aus, im Gegenzug musste das Land Teile seiner Häfen an China verpachten. Abgesehen von den jüngsten wirtschaftlichen Problemen ist Sri Lanka ein klassisches Schwellenland, das es im Vergleich zu seinen südasiatischen Nachbarn (Indien, Pakistan, Bangladesch) zu relativem Wohlstand gebracht hat und bei den meisten wirtschaftlichen und sozialen Kennzahlen vorne liegt. So liegt die Alphabetisierungsrate bei 91%, bei den 15-26jährigen sogar bei 96%, die Lebenserwartung beträgt insbesondere auch dank des kostenlosen Gesundheitssystems 76,6 Jahre (EU 77,6 Jahre, Deutschland 81,7). Wichtigste Wirtschaftszweige sind die Textilindustrie, Landwirtschaft (Tee, Kokosnussprodukte), Bergbau (Edelsteine) und der Tourismus.




3. Geschichte der Eisenbahn auf Sri Lanka

3.1 Erster, erfolgloser Versuch zum Bau einer Eisenbahn (1842 – 1856)

Nachdem die Briten die Insel 1818 vollständig unter ihre Kontrolle gebracht hatten, entstanden im Hochland schnell erste Plantagen, auf denen hauptsächlich Kaffee angebaut wurde. Allerdings litten die Plantagen unter der schlechten Transportinfrastruktur zwischen dem Hochland und den Häfen an der Küste. Die Briten hatten nach der Eroberung Kandys weiter mit Aufständen zu kämpfen, so entstand bis 1833 ein erstes, sehr grobes Straßennetz von 276 Meilen Länge, darunter auch eine Straße von Colombo nach Kandy. Dennoch war der Transport der Waren sehr mühsam, die Ochsenkarren benötigten oft mehrere Wochen vom Hochland bis zum Hafen in Colombo. So regten 1842 Plantagenbesitzer erstmals den Bau einer Bahnlinie von Colombo nach Kandy an. Die Kolonialverwaltung zeigte zunächst aber kein großes Interesse am Bahnbau. Daher gründete sich 1845 in London die private Ceylon Railway Company, um die Bahnlinie von Colombo nach Kandy zu bauen. Den Vorsitz übernahm Philip Anstruther, der zuvor Erster Sekretär der Kolonialverwaltung auf Ceylon war und selbst eine Kaffeeplantage besaß. Die Firma engagierte den jungen Ingenieur Thomas Drane, der erste Vermessungsarbeiten durchführte. Insbesondere der steile Anstieg von der Tiefebene durch tiefen Dschungel hinauf nach Kandy stellte die Gesellschaft vor große Herausforderungen, weitere Aktivitäten zum Bau der Strecke unterblieben daher zunächst. Zwischenzeitlich wurde wohl auch Robert Stephenson kontaktiert und um Rat gebeten, über eine Antwort ist nichts bekannt.

https://www.florian-grupp.de/img/lk/ I_B_PH-Y-00303-A-000-00019-1.jpg
Bild 2: Auf dieser Holzbrücke überquerte die Straße von Colombo nach Kandy kurz vor Kandy den Mahaweli Ganges, den größten Fluss Sri Lankas. Verantwortlich für den Bau der Straße und der Brücke war ein gewisser Captain Darson. Der Bau dauerte mehr als Sieben Jahre, nach der Eröffnung wurde die Straße aufgrund des schwierigen Terrains als achtes Weltwunder gefeiert. Die Holzbrücke wurde hauptsächlich aus Satinholz (Chloroxylon swietenia) gebaut, einem harten Holz, das auf Sri Lanka in ausreichender Menge vorhanden war. Sie wurde erst 1905 durch eine Stahlkonstruktion ersetzt (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved). Das Bild stammt übrigens aus dem Jahr 1867.





3.2 Die erste Eisenbahnstrecke auf Sri Lanka (1856 - 1867)

Hinweis: unter [www.florian-grupp.de] findet ihr eine interaktive Streckenkarte Sri Lankas. Dort könnt ihr die Entwicklung des Streckennetzes nachvollziehen.

Im benachbarten Indien wurde 1853 die erste Bahnlinie erfolgreich in Betrieb genommen worden und so schickte die Kolonialverwaltung in London zusammen mit der Ceylon Railway Company 1856 Captain William Scarth Moorsom nach Colombo, um wieder etwas Schwung in das Bahnprojekt zu bringen. Er sollte verschiedene Streckenvarianten überprüfen und einen Vorschlag zur Umsetzung machen. Der 1804 geborene William Moorsom diente von 1819 bis 1832 in der britischen Armee und war dabei unter anderem in Irland, im Mittelmeer und in Kanada stationiert. Seine dort erworbenen Kenntnisse in der Vermessung und dem Bau von Verteidigungsanlagen setzte er dann beim Bau von Bahnlinien in England ein. Anfangs war er recht erfolgreich, übernahm sich dann aber mit zu vielen Projekten und verlor seine Aufträge aufgrund schlampiger und fehlerhafter Vermessungen schnell wieder. So musste er sich außerhalb Englands um Aufträge bemühen, 1850 gewann er bei einem Wettbewerb der preußischen Regierung zum Bau einer Eisenbahnbrücke über den Rhein den ersten Preis, sein Entwurf wurde dann aber dennoch nicht umgesetzt. So war er wohl über den Auftrag aus Südasien froh. Er kam Ende 1856 in Colombo an und musste unter Zeitdruck vor dem Beginn der Regenzeit seine Arbeit abschließen. Im Mai 1857 präsentierte er seine Ergebnisse und empfahl eine 127km lange Route über den Parnepettia Pass mit Steigungen bis 1:60. Die Kosten veranschlagte er auf £856.557.

Die Gesellschaft ließ den Vorschlag nicht groß überprüfen und begann im Oktober 1857 mit den Vorarbeiten. Am 3.August 1858 schlug der damalige Gouverneur Sir Henry Ward in einer feierlichen Zeremonie den ersten Schienennagel in eine Schwelle. Den Auftrag zum Bau der Linie erhielt ein gewisser William Thomas Doyne, der aber schnell erkannte, dass die von William Moorsom vorgeschlagene Streckenvariante aufgrund zahlreicher Fehler niemals im angestrebten Zeit- und Kostenrahmen gebaut werden konnte. Der Bauvertrag wurde 1861 gekündigt und die Ceylon Railway Company (CRC) war nun endgültig nicht mehr in der Lage, eine Eisenbahnstrecke zu bauen. 1862 wurde die Firma aufgelöst.

Der Kolonialverwaltung war inzwischen klar geworden, dass der Bau der Strecke nach Kandy durch ein Privatunternehmen keine Aussicht auf Erfolg haben würde. So gründete sie die staatliche Ceylon Government Railway (CGR), und brachte das Anlagevermögen der Ceylon Railway Company, das 1862 bereits an den Staat gegangen war, in die CGR ein. Zwischenzeitlich hatte Guilford Lindsey Molesworth, der seit 1859 erster Ingenieur der CRC war, eine alternative, 117km lange Streckenvariante entdeckt, die schließlich umgesetzt wurde. Der Bau der Strecke als Schmalspurbahn oder zumindest in Normalspur wäre wohl einfacher gewesen. Öffentliche Schmalspurbahnen gab es zu dieser Zeit im Britischen Empire jedoch nicht (die erste öffentliche Schmalspurbahn Großbritanniens war die 1863 eröffnete und Eisenbahnfreunden bestens bekannte Festiniog Railway). Zudem wurde die erste Strecke im benachbarten Indien wohl aus militärischen Gründen in Breitspur (1676mm) errichtet, da man auf den breiten Wagen zwei Pferde nebeneinander transportieren konnte. Man ging daher davon aus, dass 1676mm zur „Standardspurweite“ in Südasien werden würde, womit man ja nicht so falsch lag. Daher wurde auch die Bahnstrecke nach Kandy trotz der geographischen Herausforderungen in Breitspur errichtet.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/cb/Molesworth.jpg/557px-Molesworth.jpg

Bild 3: Sir Guilford Lindsey Molesworth erwarb sich mit der Planung und Bau des königlichen Arsenals in Woolwich großes Ansehen. Nach seiner Tätigkeit in Sri Lanka war er von 1871 bis 1889 beratender Ingenieur bei den India State Railways. Später war er dann noch Präsident des „Institution of Civil Engineers“, bevor er 1925 hochdekoriert mit 97 Jahren starb (Unidentified location, Public domain, via Wikimedia Commons).



Der Auftrag zum Bau der Strecke ging 1863 an William Frederick Faviell, der bereits die erste Eisenbahnstrecke in Indien erfolgreich gebaut hatte. Dank seiner Erfahrung mit den lokalen Begebenheiten ging der Bau schnell voran und am 27. Dezember 1864 konnte der erste Zug (ein Sonderzug für den Herzog von Brabant) auf dem 54km langen Streckenabschnitt bis Ambepussa am Fuße der Berge verkehren, offiziellen Verkehr gab es auf der Strecke dann aber erst ab dem 2. Oktober 1865. Auf dem weiteren Weg nach Kandy mussten nun knapp 500 Höhenmeter überwunden werden. Auf rund 20km Länge steigt die Strecke daher in konstanter Steigung von 1:45 und Kurven mit einem Minimalradius von 200m ins Bergland hinauf und erreicht schließlich nach rund 120km Streckenlänge (gemessen von Colombo aus) Kandy. Am 1. August 1867 konnte dann schließlich der erste Zug von Colombo nach Kandy verkehren.

https://live.staticflickr.com/65535/53920908361_2eaeb86722_o.jpg

Bild 4: Eisenbahnnetz auf Sri Lanka im Jahre 1867. Bereits 1865 wurde der erste Abschnitt zwischen Colombo und Ambepussa offiziell eröffnet, zwei Jahre folgte dann der schwierige Teil hinauf in die Berge nach Kandy.




Zu Beginn standen drei Dampflokomotiven der für deutsche Eisenbahnfreunde eher ungewöhnlichen Achsfolge 4-4-0 von Robert Stephenson zur Verfügung. Insbesondere in den britischen Kolonien in Asien war die Achsfolge aber lange sehr beliebt. 1866 folgten dann nochmals vier weitere Exemplare von Stephenson und Beyer Peacock. Die Loks waren teilweise über 60 Jahre im aktiven Dienst, die letzten wurden 1926 abgestellt! Zum Rollenden Material werden noch einige Berichte mit vielen Details und Bildern folgen.

https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00001-1.jpg
Bild 5: Dieses Bild aus dem Jahre 1867 zeigt den Bahnhof in Colombo kurz nach der Eröffnung des ersten Streckenabschnitts von Colombo nach Ambepussa. Der Kopfbahnhof war bis 1908 in Betrieb, erst dann wurde er durch die beiden Durchgangsbahnhöfe Maradana und Colombo Fort ersetzt (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved). Dieses sowie alle anderen Bilder aus den 1860er-Jahren in diesem Beitrag stammen von William Frederick Faviell, dem Auftragnehmer zum Bau der Strecke von Colombo nach Kandy. Die Bildermappe dokumentiert den Bau und den ersten Betrieb und war wohl als eine Art Bewerbungsunterlage für weitere Projekte gedacht. Die Mappe ist in der Bibliothek der Universität Cambridge erhalten geblieben.




https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00002-1.jpg
Bild 6: Dieses Bild (ebenfalls aus dem Jahre 1867) zeigt den Bahnhof in Colombo mit einem zur Abfahrt bereiten Personenzug. Leider lässt sich das Nummernschild nicht entziffern, es handelt sich aber um eine der 15 Lokomotiven mit der alten Klassenbezeichnung ML, die zwischen 1864 und 1867 von Stephenson (5 Stück), Beyer Peacock (2 Stück) und Kitson (8 Stück) nach Sri Lanka geliefert wurden. Wie seinerzeit üblich, hatte die Lok anfangs kein geschlossenes Führerhaus. Aufgrund der hohen Niederschläge und der intensiven Sonnenstrahlung auf Sri Lanka hat man den Loks wohl aber sehr bald einen eisernen Baldachin verpasst. Der Lokführer stammt aus Großbritannien, der Heizer scheint dagegen wohl ein Einheimischer zu sein. Geheizt wurden die Loks zunächst mit Holz, Kohle musste teuer aus Großbritannien, später auch Indien, importiert werden. Rechterhand sind wohl zwei (Equipagen?)-Rampen zu sehen. Die Güterwagen konnten auf einem Quergleis wohl an die Rampen geschoben werden. Insbesondere im Güterverkehr hielten sich die sehr kurzen, zweiachsigen Wagen sehr lange. (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved).




https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00002-2.jpg
Bild 7: Ein weiteres Bild aus dem Bahnhof Colombo Terminus mit einem gemischten Zug. Vermutlich ist es sogar der gleiche Zug wie in Bild 8, nur dass der Fotograf den Standort gewechselt hat und man zwischenzeitlich noch ein paar zusätzliche Güterwagen an den Zug gehangen hat. Im Gegensatz zum vorherigen Bild kann man die Lokomotive genau identifizieren. Es handelt sich um Lok Nr. 7, die 1864 bei Beyer Peacock unter der Fabriknummer 461 gebaut wurde. Sie kam zusammen mit ihrer Schwester Nr. 6 (Fabriknummer 460) 1866 nach Sri Lanka, beider waren bis 1912/13 in Betrieb. Es waren die beiden ersten Loks, die Beyer Peacock nach Sri Lanka lieferte, 44 weitere Loks sollten in den nächsten Jahrzehnten noch folgen, was Beyer Peacock zu einem der wichtigsten Loklieferanten der Ceylon Government Railways machte. Auffällig sind wiederum der Baldachin über dem Führerstand und die kurzen, zweiachsigen Güterwagen. Sonderlich gepflegt sieht das Bahnhofsgelände nicht unbedingt aus, zwischen den Gleisen sprießt schon das Unkraut, was natürlich aufgrund der klimatischen Bedingungen auf Sri Lanka weitaus schneller geht als in unseren Breiten (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved).




https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00005-1.jpg
Bild 8: Auf dem Weg von Colombo an den Fuß des Hochlandes mussten mehrere Flüsse überquert werden. Dieses Bild zeigt vermutlich die Brücke über den Maha Oya nahe Ambepussa. Fast alle Eisenbahnbrücken auf Sri Lanka wurden nach diesem Muster gebaut: Stahlgitterbrücken auf gemauerten Pfeilern. Nur im Hochland wurden Viadukte teilweise komplett in Stein ausgeführt. Auf den Fotos wirken die Brücken teilweise etwas überdimensioniert. Man darf hierbei aber nicht vergessen, dass sich die in der Trockenzeit oftmals kleinen Flüsse in der Monsunzeit in reißende Ströme verwandeln (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved).




https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00006-1.jpg
Bild 9: Im Tiefland führte die Strecke durch tiefsten Dschungel, der heute weitgehend verschwunden ist. Das Bild zeigt einen der für Süd- und Südostasien so typischen Banyan-Bäume. Hierbei handelt es sich um eine Feigenart mit einem sehr interessanten Lebenszyklus. Er beginnt in der Krone eines anderen Baumes, wohin meist Vögel die Samen gebracht haben. Dort wächst die Feige zunächst im Geäst, ohne den Wirtsbaum zu schädigen, Wasser und Nährstoffe nimmt die Pflanze durch Luftwurzeln auf. Haben diese erst einmal den Boden erreicht, explodiert das Wachstum und der Wirtsbaum wird langsam „erwürgt“. Die Bäume können sehr groß werden und haben teilweise eine Kronenfläche von mehr als 20.000m² (!). Besondere Exemplare werden sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus als Heiligtümer verehrt, wobei man den Banyan-Baum nicht mit dem Bodhi-Baum verwechseln darf, unter dem Buddha seine Erleuchtung erlangte. Bei beiden Bäumen handelt es sich um Exemplare der Gattung Feigen, es sind aber unterschiedliche Arten (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved).




https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00007-1.jpg
Bild 10: Auf dem Weg von Colombo an den Fuß des Hochlands wird es immer hügeliger, teilweise mussten hier auch schon die ersten Tunnels angelegt werden. Dieses Bild zeigt Tunnel No.2 kurz hinter Rambukkana vermutlich mit einem Arbeiterzug. Da das Gestein auf Sri Lanka (meist Gneis oder Granit) recht hart ist, hat man oft auf Tunnelportale und Auskleidungen verzichtet, Tunnel No. 2 bildet da eher die Ausnahme. Auf der gesamten Strecke zwischen Colombo und Kandy mussten insgesamt neun Tunnels und zahlreiche Brücken angelegt werden (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved).




https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00010-2.jpg
Bild 11: Dieses Bild entstand dann bereits im herausfordernden Steilstreckenabschnitt zwischen Rambukkana und Kadugannawa. Der Fotograf befand sich auf der Straße von Colombo nach Kandy, die bereits 1833 fertiggestellt wurde und seinerzeit schon als großes Wunder gefeiert wurde. Weit oben am Hang erkennt man das gemauerte Viadukt der Bahnlinie. Zwischen Rambukkana und Kadugannawa schlängelt sich die Strecke an den steilen Hängen entlang und gewinnt dabei über 400 Höhenmeter (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved).




https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00016-1.jpg
Bild 12: Dieses Bild entastand im oberen Steilstreckenabschnitt. Man kann gut erkennen, wie sich in der Bildmitte die Bahnstrecke entlang aushöhlten Felsen und einem Viadukt in Richtung Passhöhe bei Kadugannawa schlängelt. Die Passhöhe befindet sich links unterhalb des markanten Felsenmassivs im Hintergrund. Im Vordergrund kann man unterhalb der Strecke eine (Kaffee-)Plantage erkennen. Der Plantagenbesitzer wird sich sehr freuen, dass er jetzt seine Produkte per Bahn innerhalb weniger Stunden bis zum Hafen in Colombo transportieren kann. Vor dem Bahnbau dauerte das mit dem Ochsenkarren je nach Jahreszeit teilweise mehrere Wochen (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved).




https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00004-2.jpg
Bild 13: Dieses Bild entstand wohl noch während des Baus des Bergabschnitts von Ambepussa nach Kandy nahe des Bahnhof Ihala Kotte (Streckenmeile 60 von Colombo aus) und zeigt daher vermutlich eine der fünf Loks von Stephenson, die teilweise bereits beim Bau der Strecke zum Einsatz kamen. Der hohe Damm und die Berge im Hintergrund zeigen, vor welchen Herausforderungen die Ingenieure seinerzeit beim Bau der Bergstrecke von Ambepussa nach Kandy standen (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved).




https://www.florian-grupp.de/img/lk/I_B_PH-Y-00303-A-000-00017-2.jpg
Bild 14: Die Gleise und das Bahnhofsgebäude von Kadugannawa sind bereits fertig, links wird noch am Lokschuppen gebaut. Kadugannawa ist der Scheitelpunkt auf dem Bergabschnitt, ab hier verläuft die Strecke in leichtem Gefälle hinab nach Kandy. Bereits die 1833 eröffnete Straße nutzte den Pass in Kadugannawa. Dem Erbauer der Straße, Captain Dawson, errichte man hier sogar eine große Erinnerungssäule, die im Hintergrund zu sehen ist (und bis heute noch dort steht!). Eine Vielzahl an Bauarbeitern ist auf der Baustelle zu sehen. In großen Teilen waren die Arbeiter aber wohl keine Einheimischen, die Briten bedienten sich schon früh wie auch in anderen Kolonien (Burma, Malaysia, Singapur) am reichen „Arbeitskräftevorrat“ in Südindien (taken from University of Cambridge – Digital Library – Faviell Collection under CC BY-NC 3.0 license, image detail, sharpened and contrast improved).




Ich hoffe, dass dieser Beitrag Appetit auf ein bisschen mehr gemacht hat. Ich würde mich daher freuen, wenn ihr beim nächsten Beitrag wieder einsteigt und mit mir bis zur Jahrhundertwende durch die Geschichte der Eisenbahn auf Sri Lanka reist.





1-mal bearbeitet. Zuletzt am 31.01.25 12:11.
Vielen Dank für die hervorragende Ausarbeitung!

Bitte beachten Sie die Zugteilung in………Wulkaprodersdorf.
Hallo Florian,

der Auftakt zur neuen Reihe fängt ja vielversprechend an, denn nicht zuletzt der Blick auf die interaktive Karte zeigt ja, dass es auf dieser Insel doch so einige Streckenkilometer gab und gibt, die noch hinzu kamen.

Gestern hatte ich schon antworten wollen, dass ich diese Bahnen mal wieder fast nur aus dem Buch von Paul Theroux kenne, das ich um 1982 herum in deutscher Übertragung im Ausverkauf in einer Filiale des Kaufhof erstand [en.wikipedia.org]

Selten fand ich das Verhältnis von Preis und gebotenem Lektüregenuss so günstig wie in diesem Fall. Damals war das so. Gerade die galligen Passagen sagten mir besonders zu. Aber heute gibt es Leser, die den Stil nicht gutheißen [literaturschock-forum.de]

Teilweise verstehe ich, wenn das selbstherrlich und herablassend genannt wird, aber das machte es gerade aus...


Besonders gut gefallen in dieser ersten Folge hat mir die Lokomotive mit dem Baldachim.

Gruß aus Köln
Heiner
Von mir hochgeladene Bilder bei Wikimedia commons hier mein Profil und hier meine neueren Beiträge in DSO




2-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.02.25 21:14.
Hallo Heiner,

ja, Paul Theroux hat mich schon oft (in Buchform) bei meinen Reisen durch Asien begleitet. Ich hatte sowohl „The Great Railway Bazaar“ als auch den Nachfolger „Ghost Train to the Eastern Star“ (war der Versuch, die Reise aus den 1970er-Jahren nach der Jahrtausendwende nochmals zu wiederholen) seinerzeit in Bangkok günstig erworben (lese Bücher, die im Original in Englisch geschrieben sind, immer auch auf Englisch). Die Bücher sind Klassiker und gefallen mir (abgesehen von den Passagen über Literaturwissenschaft) ausgesprochen gut. Eine Person, die er im zweiten Buch beschreibt, habe ich sogar auch schon persönlich getroffen. Er stellt in seinem zweiten Buch fest, dass sich eigentlich nur zwei der bereisten Länder seit seinem Besuch rund 30 Jahre zuvor kaum verändert haben: Sri Lanka und Myanmar/Burma. Ausgerechnet meine beiden Lieblingsländer in Sachen Eisenbahn.

Viele Grüße

Florian

Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Kontakt | Impressum
(c) 2025 - Arbeitsgemeinschaft DREHSCHEIBE e.V.