Hallo,
zu den fehlenden Mosaiksteinchen im Puzzle "Interzonenverkehr" gehören die in der Literatur angedeuteten Lokdurchläufe von Hof nach Dresden.
Wann könnten sie stattgefunden haben?
Dem Bw Reichenbach wurde die Baureihe 22 erstmals im Jahr 1959 zugewiesen, zum Sommerfahrplan standen dort 4-5 Lok dieses Typs zur Verfügung, davon wurde eine Lok im Plan für D 146/145 nach Hof benötigt.
Im Winter 1959/60 gab es bereits 6 Lok in drei Plänen mit D-Zugleistungen nach Dresden, Leipzig (und Hof).
Zur Überprüfung der These mit den Durchläufen (über 226 km) brauchen wir lediglich die Fahrpläne von 1960 und 1961, weil davor gab es noch nicht genug 22er für größere Pläne und nach 1961 achtete die DR sehr darauf, dass im grenzüberschreitenden Verkehr kleine Pläne für möglichst wenig Passpersonal und Planlokomotiven aufgestellt wurden. (Beide mussten den Grenzorganen "vorgemeldet" werden, damit sie dort mit einer Liste verglichen werden konnten).
Die Fahrpläne des D 145 (München-Hof-Dresden) waren 1960-61 fast identisch, ganz besonders bei dem für einen Lokwechsel zu kurzen Halt in Reichenbach (Vogtland). Im Sommer 1960 hielt der Zug dort 16:03/09. Die 10 Minuten in Plauen könnten für einen Wasserhalt gewesen sein, oder es musste die Ankunft des P 1012 aus Reichenbach abgewartet werden (Plauen an 15:27).
Der Halt in Zwickau war mit 3 Minuten zum Wassernehmen zu kurz. Erst in Karl-Marx-Stadt gab es dafür genug Zeit.
Der Aufkleber entstammt der Beilage "Während des Druckes eingetretene Fahrplanänderungen (28.5.1961)"
Die eigentliche Laufweite [D 146 Reichenbach 11:14 - Hof 13:06/ D 145 Hof 14:02 - Dresden Hbf 19:45] ist mit 299 km nicht aufregend,
aber die Topographie und die Fahrzeit Hof-Dresden mit 5 Std. 42 Min. sprechen eine deutliche Sprache. Hier macht die Zeit den "Langlauf" aus.
Das Zugpaar gehörte zu den Leistungen aus dem Umlauf Nr. 03 (4 Tage) des Bw Reichenbach.
Der von Rainer Heinrich im Buch
"Die Dampflokomotiven des Bw Reichenbach" für 1960 vermerkte Durchlauf D 146 Dresden-Hof als Hinleistung für D 145 muss zurückgewiesen werden, da sonst 600 km zusammengekommen wären und in Hof nicht restauriert wurde.
Heinrich vermerkt (S. 60) zudem eine Vorspannlok Dresden-Gutenfürst. Auch da ist er den Angaben aus der Lokgestellung aufgesessen, aus denen nie hervorging, ob eine Lok im Heimat-Bw durchlief oder getauscht wurde. Der Aufenthalt des D 146 war in Reichenbach lang genug, um einen Lokwechsel zu ermöglichen.
D 145/D 146 hatten 450 t Planlast, konnten aber vor und nach Feiertagen schon auf 600 t kommen.
Hier eine Aufnahme vom 29.5.1960, zum Beginn des Sommerfahrplanes. Sehen wir hier die Vorbereitungen zum ersten Lokdurchlauf bis
Dresden?
Eisenbahnstiftung
In Hof Hbf hat 22 047 den D 145 (München - Dresden) übernommen, der Hof um [14.13] 14.03 Uhr verlassen wird. (29.05.1960)
Foto: Günter Scheingraber
Eineinhalb Stunden zuvor hatte der Fotograf die Lok mit dem
Gegenzug D 146 zwischen Gutenfürst und Feilitzsch aufgenommen.
Nochmal Sommer 1960, die 22 023 mit dem D 145 bei der Durchfahrt in Feilitzsch. (Der Bahnhof gehörte bis 1946 zur RBD Dresden)
Eisenbahnstiftung
22 023 (vom Bw Reichenbach) fährt mit D 145 (München - Dresden) durch den Bahnhof Feilitzsch, unmittelbar vor der damals innerdeutschen Grenze. Beachtung verdient auch der Postwagen mit zwei zurückgesetzten Ladetüren, während ein weiteres Türpaar wie bisher in der Außenwand eingepasst sind. Weiterhin fällt auf, dass ein B4üm-Wagen zwischen dem Post- und Gepäckwagen eingereiht wurde - möglicherweise eine Leerwagenüberführung. (10.08.1960) Foto: Günter Scheingraber
Ich bitte um Identifzierung des Postwagentyps durch die Wagenspezialisten.
Eisenbahnstiftung Ausfahrt des D 145 (München - Dresden) mit 22 070 in Hof Hbf. (17.06.1961) Foto: Gerhard Moll
Anfang der 60er Jahre gab es von Hof aus Bahnverbindungen Richtung Leipzig und Dresden, Interzonenverkehr nach Berlin war im Helmstedter Abkommen (11.5.1949) nicht vorgesehen.
Der verlief damals auf dem Straßenweg, ab Schleiz (nach 25 km) konnte die Autobahn benutzt werden.
Grenzübergang Töpen/Juchhöh. Am Ende der Brücke wurde aus der B 2 die Fernverkehrsstr. (F) 2*. Bei der zeitlichen Einordnung hilft der Opel Rekord A (erschien 1963) am DDR-Pförtnerhäuschen. Diese bescheiden angelegte Straße wurde auch von schweren Lastzügen benutzt.
1966 wurde dieses Provisorium beendet und der Straßenverkehr auf die neugebaute Autobahn-Saalebrücke verlegt.
* Straßenverlauf der ehemaligen Reichsstraße 2 Danzig - Garmisch.
Unter der Renault Dauphine sieht man den verblassten weißen Strich der Demarkationslinie...
Wer noch einen Blick zur Bk Landesgrenze, ins Stellwerk Feilitzsch, auf den Richtung Gutenfürst stampfenden D 145 und einen Gleisstumpf bei Blankenstein (Saale) werfen möchte, der findet hier einen emotional aufgeladenen Filmbeitrag des Bayerischen Rundfunks von 1963:
BR Retro: Leben an der Zonengrenze
Gruß, Ulrich
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2022:08:23:00:06:30.