Hallo Paul,
da schneidest Du ein sehr spannendes Thema an. Bei meinem doch zugegebenermaßen sehr speziellen Interessensgebiet (Eisenbahn im Bereich der KED Elberfeld, Essen und Cöln von 1840 bis 1920) sind gerade die Veröffentlichungen abseits der Hauptwege eine besonders interessante Quelle. Werden doch hier Themen aufbereitet, die sich aus kommerzieller Sicht nur sehr schwer lohnen würden.
Allerdings hat es sich für mich auch bewährt den Blick noch mehr zu weiten, denn auch Heimatgeschichtliche Jahrbücher sind oft eine höchst spannende Quelle.
Gerne greife ich aber mal in das neben mir stehende Bücherregal und nenne mal einige Titel:
Die Steilstrecke Erkrath-Hochdahl
Hrsg. Eisenbahn- und Heimatmuseum Erkrath-Hochdahl e.V.
108 Seiten komprimierte Eisenbahngeschichte mit dem Fokus auf die Strecke Düsseldorf - Erkrath - Wuppertal. Für mich ist dieses Buch aus mehreren Gründen besonders zu empfehlen:
- natürlich wird die Besonderheit des Steilstreckenbetriebes inklusive dem "Betrieb mit Seil" ausführlich und anschaulich beschrieben. Ich kenne kein anderes Buch, das sich dieser bis in die 20er Jahre genutzten Besonderheit so gut lesbar, aber trotzdem fachlich belastbar widmet.
- Die Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn wird mit einem ausführlichen Kapitel beschrieben. Ich wüsste kein Buch, was hier mehr Informationen zu diesem sehr frühen Vorläufer der Bergisch-Märkischen Eisenbahn liefert.
- und natürlich: Auch die Informationen über die Zeit der Bergisch-Märkischen Eisenbahn und der KED Elberfeld kommen nicht zu kurz, sondern werden im Gegenteil ausführlich vermittelt.
=> Mein Fazit: Das Buch sollte bei jedem "Preußen-Fan" der Rhein-Region im Regal stehen.
ISBN 978-3-00-053489-8, Preis: 15 €, 108 Seiten DinA 4, über den Bahnladen des Museums problemlos zu beziehen: [
www.lokschuppen-hochdahl.de]
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und wenn wir gerade in Hochdahl sind:
Im Dienst der Kalkindustrie: Transportbahnen in Hochdahl und Umgebung
Autor: Uwe Berndt; Hrsg. Eisenbahn- und Heimatmuseum Erkrath-Hochdahl e.V.
Natürlich: Welchen Einfluss haben ein paar Schmalspurbahnen rund um Hochdahl auf den Gang der Eisenbahngeschichte...? Neigt man nicht dazu, sich zu verzetteln, wenn man über jede Bahn auch ein Buch im Regal stehen haben möchte?
Das muss jeder für sich entscheiden. Ich kann nur für mich sagen, dass ich die Beschreibungen des Autors höchst aufschlussreich fand. Vor kurzem wurden im HiFo ja noch Fotos und Informationen zu den Kalkbahnen im Kreis Mettmann gesucht. Hier findet sich ein Buch, dass die Probleme beschreibt, wie man den Kalk aus dem Neanderthal zum Bahnhof transportiert hat. Wer weiß denn schon noch, dass es damals einen Schachtaufzug gab, mit dem ein Höhenunterschied von 50 m überwunden wurde. Am oberen Endpunkt wurden die ankommenden Wagen zu einem Zug zusammengestellt und von Pferden zum Bahnhof gezogen... Aber nicht falsch verstehen: Hier werdennicht die Kalkbahnen rund um Mettmann beschrieben, sondern die Bahnen, die in Hochdahl anlandeten.
...so zum Beispiel auch die Sandbahn, mit der Formsande transportiert wurden. Diese Anschlussbahn bestand im ersten Teil aus einer Schmalspurbahn, die nach der Hälfte der Strecke das Material dann auf eine normalspurige Anschlussbahn umlud.
Natürlich werden auch der damalige Fuhrpark beschrieben, soweit er bekannt ist.
=> Mein Fazit: Ein höchst spannendes Kapitel regionale Werkbahngeschichte.
ISBN 978-3-00-056661-5, Preis 21 €, 62 Seiten DinA 4, ebenfalls über den Bahnladen des Museums problemlos zu beziehen: [
www.lokschuppen-hochdahl.de]
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und um es abzurunden, möchte ich zu den beiden anderen von mir genannten Bereichen auch jeweils ein Beispiel bringen:
Im Strom der technischen Revolution: Ludwig Henz. - Vom Wasserbau-Techniker an der Ruhr zum Eisenbahn-Direktor in Preußen 1798-1860
Olaf Schmidt-Rutsch / Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.)
Ein kleines (DinA 5), schmales (74 Seiten) Heftchen über diesen Eisenbahn-Pionier, als es den Berufsstand des Eisenbahn-Ingenieurs noch nicht gab. Damals waren die Wasserstaßen die Verkehrswege und der Schienenweg musste sich erst erfinden. Ludwig Henz war ürsprünglich Wasserbau-Techniker, beschäftigte sich dann aber mit der Trassierung von Bahnstrecken im Ruhrgebiet und Rheinland.
=> Mein Fazit: Man macht sich kein Bild davon, wie damals die Bahn laufen lernte. Hier wird eine Facette davon sehr gut beschrieben. Ich habe gelesen und viel gelernt.
Antiquarisch sehr preiswert (< 10 €) zu bekommen. (Schade, dass der LWL diese Serie nicht mehr fortsetzt...)
Sehr lesenswert aus dergleichen Reihe: Die Fahne der Central-Locomotiven-Werkstatt Witten [
www.beck-shop.de]
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und zum Thema Geschichtsvereine:
Bochumer Zeitpunkte
Kortum-Gesellschaft Bochum (Hrsg.)
Natürlich decken die Veröffentlichungen der Geschichtsvereine die gesamte Themenpalette ab. Aber ab und an finden sich darin wirklich sehr gute Artikel, die man an anderer Stelle vergeblich sucht. Und selbst wenn die Aufbereitung nicht immer perfekt ist und bestimmt nicht den Ansprüchen von Buchlektoren genügt, so ist das hier wiedergegebene Wissen doch jedes fehlende Komma wert.
Bei diesen Heften finde ich sehr schön, dass der Blick auch durchaus etwas thematisch geweitet wird.
Zum Beispiel findet sich in der letzten Ausgabe (Heft Nr. 40) ein Artikel über die Geschichte "Wie Bochum zur Eisenbahn kam" von Axel Heimsoth und in der vorletzten Ausgabe (Heft Nr. 39) ein Artikel über nicht ausgeführte Projekte zur Kanalisierung der Ruhr und weiterer Schiffahrtskanäle rund um Bochum. Wie ich finde, eine durchaus ergänzende spannende Ausarbeitung um den Hintergrund für die Entstehung des Eisenbahnnetzes, so wie es ist, zu verstehen. Außerdem fident sich in dem Heft auch ein Artikel zum "Bochumer Verein und die Eisenbahn vor 1900" von - upps, der ist ja von mir... - ts, ts, ts Zufälle gibt's :-).
Die Hefte stehen hier zum kostenfreien Download: [
www.kortumgesellschaft.de]
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Seltener, aber nicht weniger spannend sind Monografien von Geschichtsvereinen, z.B.:
Der Ruhrorter Hafen. Technik und Innovation 1880-1870
Vincente Colom Gottwald; Duisburger Forschungen Band 39; Herausgegeben vom Stadtarchiv Duisburg in Verbindung mit der Mercator-Gesellschaft
Das Buch liegt gerade auf meinem Lesestapel. Wie der Name sagt beschäftigt es sich um mit der Situation als die Industrialisierung im Ruhrorter Hafen anfing. Dementsprechend findet man hier Informationen zum Werkbahnnetz im Bereich des Hafens, die Anschlüsse an die damaligen Privatbahnen, die Lokproduktion der Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen, der späteren Gutehoffnungshütte. Außerdem spielt natürlich der Traject der Aachen-Düsseldorf-Ruhrorter Eisenbahn eine Rolle.
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Und jetzt wo mein Beitrag fertig ist, fällt mir ein, dass ich noch zwei Gruppen vergessen habe: Ausstellungsbücher bzw. -kataloge und Tagungsdokumentationen. Bei Interesse kann ich da aber noch einen "Nachschlag" servieren... - Jetzt ist erstmal Feierabend!
Soweit meine 50 Cent zu diesem Thema - was habt Ihr noch für Geheimtipps?
Beste Grüße
Christian