geschrieben von: jenswinnig
Datum: 05.11.20 17:05
geschrieben von: Trittbrettfahrer
Datum: 06.11.20 19:25
Ich finde dieses Argument gar nicht mal so abwegig, das könnte ziemlich genau so zutreffen! Ich persönlich halte das Verschenken von Büchern - wenn man nicht wirklich ganz genau weiß, was demjenigen/diejenige Beschenkte tatsächlich interessiert und er/sie vielleicht noch nicht im Bücherregal stehen hat - für recht kritisch, denn da ist der "Enttäuschungsfaktor" oftmals deutlich größer als...Frauen auf der Suche nach Weihnachts- und Geburtstagsgeschenken für einen etwas entfernteren Verwandten, von dem man weiß, dass er sich "irgendwie für Eisenbahn" interessiert. "Mein" Buchhändler hat praktischerweise eine Kaffeesitzecke (derzeit geschlossen natürlich :-( ) direkt mit Blick auf den Lagerplatz, wo diese Bücher gestapelt sind. Annähernd 100% der Interessenten und Käufer passen auf meine Zielgruppenbeschreibung zumindest im beschaulichen Frankenland.
...bei den erwähnten Alternativen. Ein Paar Socken oder Krawatten (die sterben ja leider eh garde einen langsamen, schleichenden Tod...), die einem nicht gefallen, trägt man halt einfach nicht oder nur dann, wenn der Schenker mal zu Besuch ist. Kleiderschränke sind ja, besonders beim männlichen Teil der Menschheit, meist mehr als ausreichend dimensioniert und können auch mal etwas "Lagerware" vertragen. Anders sieht es - zumindest bei mir und sehr vielen Freunden/Bekannten/Verwandten - beim Thema Bücher aus, zumindest wenn man in gewisser Weise "bibliophil" veranlagt ist. Da wird der Platz im letzten, eilig aufgestellten "Billy"-Regal (wobei ich die Dinger persönlich fürchterlich finde...) oft schon recht knapp. Zu knapp für eher "geringwertigen Füllstoff" jedenfalls, der einem keinen persönlichen Mehrwert bietet und nur kostbaren Raum, der für die wirklich wichtigen Werke gebraucht werden würde, wegnimmt. Aber was macht man dann damit??? In irgendeiner Art und Weise "entsorgen" (weiterverschenken, in die örtlich Bücherbox stellen, usw.) würde nur für eine ungute Entwicklung sorgen, wenn der Schenker das nächste Mal vorbei kommt und konkret nach dem entsprechenden Geschenk fragt, was ja gar nicht mal so selten sein soll... Dann doch lieber die unmöglichen Socken/Krawatten "aus der Tiefe des Schrankes".....Mein Gott, es ist Business. Man liefert, was der Kunde kauft. Logisch. Und ob "1001 irgendwas mit Eisenbahn" tatsächlich schlimmer ist als Socken oder eine Krawatte?
geschrieben von: andreas +
Datum: 06.11.20 23:04
Wie Bastian (Flipp1982) schon schrieb: Ahnungslose Menschen, die für einen Eisenbahnfreund ein (Verlegenheits-)Geschenk für < 20 € suchen.Ich frage mich immer noch, wer eigentlich die Zielgruppe von solch undefiniertem, nichtssagenden Sch*** ist???
Naja, Socken wären nachhaltiger, Socken kann man immer gebrauchen. :-)Und ob "1001 irgendwas mit Eisenbahn" tatsächlich schlimmer ist als Socken oder eine Krawatte?
Und wieder mal wird das große kulturpessimistische Fass aufgemacht. Ich darf mal auf die Medien abseits unseres Faches verweisen. Mit Beginn des Rundfunks 1923 und wieder mit Beginn des Fernsehens um 1950 wurde das Ende aller Konzerte, aller Zeitungen und aller ernsthaften Kultur vorhergesagt. Das Kino würde das Theater sterben lassen, und das Fernsehen würde das Kino sterben lassen. Die Boulevard-Zeitungen nach britischem und amerikanischen Vorbild: Gewiss der Tod der bildungsbürgerlichen Tageszeitungen! Die etwas ungewohnte Sprache des "Spiegel" wird uns sprachkulturell abstürzen lassen. Und erst recht die Comics! "Mickymaus" als Ende allen deutschen und europäischen Wesens! Dann ab etwa 1980 die Abwehrschlacht gegen die Privatsender in Hörfunk und Fernsehen. Und mit dem Internet geht ohnehin die Welt unter. [...]
Weil nicht zum ersten Mal der Begriff des "Fachbuchs" ins Feld geführt wurde: Um solche geht es in unserem Bereich nur ganz am Rande. Das Fachbuch schreiben Dipl.-Ing., Prof., Dr. usw. für Dipl.-Ing., Prof., Dr. usw. Im Fachbuch schlägt der Konstrukteur bezüglich der Optimierung von Halbleitern oder Lemniskatenfedern dazu, aber das schöne Bild der Lok vor der tollen Garnitur wird er darin weder suchen noch finden.
Was wir schreiben und lesen, gehört zur Gruppe der Sachbücher und der entsprechenden Zeitschriften. Den kulturellen Rang dieser species sollte man nicht gering achten. Leute wie ich haben gewiss den Nachteil, keinen Ellok-Motor und keine ICE-Klimaanlage konstruieren zu können und mit der Bilanzierung eines Nahverkehrsunternehmens genauso wie mit der Werkstoffdefinition für eine Feuerbüchse überfordert zu sein. Dafür genießen wir den Vorzug einer mit jahrzehntelanger Aufmerksamkeit erworbenen technisch-historisch-ökonomisch-politisch-soziologisch-ästhetischen Gesamtschau. Die gesellschaftliche Wirkung von Menschen mit einem solchen Überblick war in den vergangenen Jahrzehnten eher größer als die der reinen Fachleute. All unsere heutigen Umwelt-, Energie-, Bio-, Nahverkehrs- und Klimadiskussionen gingen nicht von der akademisch geadelten Fachwelt aus.
Jeder, der eine Broschüre/ein Buch zu einem Thema verfasst, und dies nicht beruflich macht, steckt viel Arbeit, geld und Herzblut darein.
Ich würde die Kritik an einigen derzeitigen Entwicklungen ebenso wenig wie mein Vorschreiber pauschal als vergrämten "Kulturpessimismus" abwatschen. Die Marktentwicklung bei Eisenbahnbüchern wurde ja ebenfalls schon hinreichend geschildert. Es scheint sich gewissermaßen um eine Gaußsche Glocke zu handeln, das sehe ich nämlich ebenfalls so: Gab es für die "Fans" der Eisenbahn zunächst nur entweder die gemäß Ihrer Definition so zu bezeichnenden "Fachbücher" (dazu gleich mehr...) wie z.B. die berühmten gelben Bände aus der "Eisenbahn-Lehrbücherei" oder die tatsächlich eine ganze Generation in ihrer nostalgisch verklärenden Wehmut prägenden Bücher aus der Feder Herrn Maedels, so setzte ab den 1970er-Jahren ein regelrechter Boom an wirklich sehr gut gestalteter Eisenbahn-Fachliteratur ein, zuvorderst hauptsächlich durch den Franckh-Verlag und seinen renommierten Autorenstamm "befeuert". Später kamen weitere Autoren und Verlage hinzu. Ich denke, es ist nicht verkehrt zu behaupten, so etwa von den 1980ern bis in die 2000er wurde der "Gipfel der Glocke" errreicht bzw. durchschritten - in Relation zur Masse der eisenbahnthematischen Veröffentlichungen und deren selbst gestelltem "Anspruch" gesehen. Seither bewegen wir uns eindeutig immer weiter von der Spitze des Berges hinab ins Tal, da nicht nur gefühlt, sondern auch vom beschriebenen Verhältnis Menge/Anspruch her eindeutig verifzierbar eine starke "Verflachung" eingesetzt hat, die immer mehr an Fahrt gewinnt. Jedes Jahr erscheinen mehr und mehr Bücher im "101 oder 1001-Dinge-Stil", genauso wie jedes Jahr weniger Fachbücher/Sachbücher in höhrerer Umsetzungsqualität auf den Markt gelangen.....Und wieder mal wird das große kulturpessimistische Fass aufgemacht.
Wobei aber auch hier die Glockenkurve wieder angebracht ist, gerade beim Beispiel Fernsehen: Zunächst musste das Medium erstmal zu einer vernünftigen Form und passenden Inhalten finden. Dann kam die Phase des Fernsehens als Leitmedium (ca. 1970 bis 2000/2010), was zu einer allgemeinen Blüte an Programmqualität führte. Inzwischen haben das Internet und die dort vorhandenen Streaming-Möglichkeiten dem Fernsehen als Leitmedium den Rang abgelaufen, was sich auch in der "Qualität" des nun in der "Glotze" Gebotenen recht deutlich widerspiegelt. Nicht nur ich habe dabei den begründeten Verdacht, dass sich die ja immer wieder gern für ihren vorgeblichen Bildungsanspruch gepriesenen Öffentlich-Rechtlichen leider in den letzten 30 Jahren sehr stark an das heutige Schema der Privatsender (ja, auch die hatten mal ihre qualitative Hochphase!) angepasst haben, statt dass es anders herum gelaufen wäre... Das trifft auch auf alle anderen genannten Medien zu, nach einer gewissen Zeit ereilte allen das Schicksal der "Banalisierung" und damit der qualitative Abstieg. Tipp: Einfach mal z.B. bei Gelegenheit einen "Spiegel" oder eine "FAZ" von vor 40, 50 Jahren mit einer heutigen Ausgabe vergleichen - allein schon, was die Text-Bild-Gewichtung betrifft, scheint man sich auch bei derartigen "Anspruchsblättern" immer mehr den Gepflogenheiten des Boulevards angepasst zu haben.....Ich darf mal auf die Medien abseits unseres Faches verweisen. Mit Beginn des Rundfunks 1923 und wieder mit Beginn des Fernsehens um 1950 wurde das Ende aller Konzerte, aller Zeitungen und aller ernsthaften Kultur vorhergesagt. Das Kino würde das Theater sterben lassen, und das Fernsehen würde das Kino sterben lassen. Die Boulevard-Zeitungen nach britischem und amerikanischen Vorbild: Gewiss der Tod der bildungsbürgerlichen Tageszeitungen! Die etwas ungewohnte Sprache des "Spiegel" wird uns sprachkulturell abstürzen lassen. Und erst recht die Comics! "Mickymaus" als Ende allen deutschen und europäischen Wesens! Dann ab etwa 1980 die Abwehrschlacht gegen die Privatsender in Hörfunk und Fernsehen. Und mit dem Internet geht ohnehin die Welt unter.
Nun schauen wir uns mal die Bilanz der skizzierten 100 Jahre an:
- "Süddeutsche" und "Frankfurter Allgemeine" können neben "Bild" etc. offenkundig leben.
- ARD, ZDF und ARTE können offenkundig genauso leben wie RTL und Prosieben.
- Mitten im Internet-Zeitalter werden mehr deutschsprachige Bücher pro Jahr gedruckt als jemals seit Gutenbergs Erfindung vor gut 500 Jahren.
- Die Kinofilme mögen weniger sein als 1955, dafür sind sie besser.
Man möge vielleicht dem mündigen Konsumenten Raum geben: In meinem Gehirn haben Jean Paul, Donald Duck, Theodor Fontane, Süddeutsche Zeitung, Beatles, Thomas Mann, Asterix, Gerhard Polt, Hans Moser, Günter Grass, Karl-Ernst Maedel, Udo Lindenberg, Heinz Rühmann, Johann Sebastian Bach, Karl Valentin und Günter Jauch bislang locker nebeneinander Platz gefunden.
Ich würde dies nicht so eng sehen, aber die Diskussion zur Einstufung eines Buches als "Fachbuch" hatten wir hier ja erst vor Kurzem. Jedenfalls sind die von Ihnen genannten Beispiele eher der Kategorien "Lehrbuch" oder "rein wissenschaftliche Fachliteratur für Lehrzwecke" zuzuordnen. Ein allen "Regeln der Kunst" entsprechendes "Fachbuch" kann auch ein an die interessierte Allgemeinheit - um es mal so zu bezeichnen - gewandtes Werk sein, dass dabei u. a. den folgenden Kriterien entspricht:Weil nicht zum ersten Mal der Begriff des "Fachbuchs" ins Feld geführt wurde: Um solche geht es in unserem Bereich nur ganz am Rande. Das Fachbuch schreiben Dipl.-Ing., Prof., Dr. usw. für Dipl.-Ing., Prof., Dr. usw. Im Fachbuch schlägt der Konstrukteur bezüglich der Optimierung von Halbleitern oder Lemniskatenfedern dazu, aber das schöne Bild der Lok vor der tollen Garnitur wird er darin weder suchen noch finden.
Was wir schreiben und lesen, gehört zur Gruppe der Sachbücher und der entsprechenden Zeitschriften. Den kulturellen Rang dieser species sollte man nicht gering achten. Leute wie ich haben gewiss den Nachteil, keinen Ellok-Motor und keine ICE-Klimaanlage konstruieren zu können und mit der Bilanzierung eines Nahverkehrsunternehmens genauso wie mit der Werkstoffdefinition für eine Feuerbüchse überfordert zu sein. Dafür genießen wir den Vorzug einer mit jahrzehntelanger Aufmerksamkeit erworbenen technisch-historisch-ökonomisch-politisch-soziologisch-ästhetischen Gesamtschau. Die gesellschaftliche Wirkung von Menschen mit einem solchen Überblick war in den vergangenen Jahrzehnten eher größer als die der reinen Fachleute. All unsere heutigen Umwelt-, Energie-, Bio-, Nahverkehrs- und Klimadiskussionen gingen nicht von der akademisch geadelten Fachwelt aus.
Nach alledem weiß ich nicht, womit die wiederkehrend große Klage auf diesen Seiten gerechtfertigt ist.
Und außer schriftstellerischen Produkten erscheinen auch journalistische Produkte! Ja, da wird doch echt was produziert, was sich als zufälliges Geburtstag- oder Weihnachtsgeschenk für weniger kundige Leser eignet. Schlimm!
geschrieben von: EP 5
Datum: 09.11.20 15:10
Es ist legitim, solche Tertiärliteratur durchweg abzulehnen.
geschrieben von: EP 5
Datum: 09.11.20 17:49
Bei denen begann ein Buch erst so ab 30 €, vorausgesetzt es spricht an,
die meisten hören aber bei gut 40 € auf.
50 € und mehr gibt nur eine ganz kleine Kundenstruktur aus,
auch für exzellent gemachte Bücher nicht immer ...
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