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 05 - Straßenbahn-Forum 

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Noch heute nimmt der Postplatz eine herausragende Rolle im Netz der Dresdner Straßenbahnen ein. Die bereits in der Altmarkt-Serie dargelegten städtebaulichen und stadttopografischen Hintergründe sorgten dafür, dass nicht der zentral in der Altstadt gelegene Marktplatz als Betriebsmittelpunkt fungieren konnte, sondern der eng bebaute Stadtkern zunächst umfahren werden musste. So kristallisierte sich der Postplatz, gleichzeitig über viele Jahre Endpunkt der hier in die Vorstädte ausstrahlenden Linien, als zentraler Umsteigeknoten heraus und hat, wenn auch mit Abstrichen, diese Funktion bis heute behalten.


Nach der Niederlegung der Dresdner Festungswerke zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand anstelle des abgebrochenen Wilsdruffer Tores und dessen Vorplatzes der Wilsdruffer Platz. Er erhielt seine heutige Benennung 1865 nach dem 1831 an seiner Südseite errichteten Hauptpostamt, das später in mehreren Etappen überformt und zuletzt als Telegrafenamt genutzt wurde. Die Ruine wurde erst Anfang der 1950er Jahre beseitigt seit kurzem nimmt ein neues Wohn- und Geschäftsgebäude seinen Platz zwischen Wall- und Marienstraße ein.

Die 1872 eröffnete erste Pferdebahnlinie von Blasewitz zum Böhmischen Bahnhof umging die Altstadt noch östlich über den Pirnaischen Platz. Nachdem nach Jahren endloser Debatten endlich die Anlage einer Gleistrasse über die Augustusbrücke in die Neustadt möglich geworden war, rückte der Postplatz natürlicherweise in den Fokus des Geschehens, da eine Gleisführung durch das Georgentor und die enge Schloßstraße nicht zu verwirklichen war. Ab Beginn der 1880er Jahre fungierte er als Endpunkt für die Linien nach Pieschen, zum Waldschlößchen, Löbtau und Plauen und wurde außerdem von der Linie Arsenal - Böhmischer Bahnhof durchfahren.


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Ansicht des Postplatzes um 1890, aufgenommen aus Weber’s Hôtel. Das Postamt befindet sich noch im ursprünglichen Zustand vor der 1893/94 vorgenommenen ersten Aufstockung und dem Bau der markanten Ecktürme. Die Platzmitte ziert seit 1846 der Cholera- oder Gutschmid-Brunnen, links angeschnitten können wir das Adamsche Haus (Stadtwaldschlößchen) erahnen.

In Bildmitte der Endpunkt der Pieschener und der Waldschlößchen-Linie mit zwei Decksitzwagen, vor dem Postamt in Verlängerung der rechts einmündenden Annenstraße die Endstelle der Wagen nach Plauen und Löbtau.

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Der Endpunkt der Pieschener und Waldschlößchen-Linie aus der Nähe. Die Aufnahme entstand vor 1893, denn das Postgebäude zeigt sich noch im ursprünglichen Zustand. Wagen 113 ist ein sogenanntes „Convertible Car“, hier ausgerüstet für den Winterbetrieb mit geschlossenen Seitenwänden. Gleichfalls für die Pieschener Linie aufgeschildert erkennen wir daneben einen Decksitzwagen. Die hölzerne Wartehalle neben dem Brunnen überlebte bis weit in die Zeit des elektrischen Betriebes.

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Gleisführung der Tramways Company auf dem Postplatz, Stand 1890 vor Ankunft der „roten“ Konkurrenz.

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Der auf der südlichen Platzhälfte gelegene Endpunkt der Plauener und der Löbtauer Linie mit Zweispännern beider Strecken. Rechts die Einmündung der Wilsdruffer Straße auf den Postplatz, im Hintergrund das Stadtwaldschlößchen und die durchbrochenen neogotischen Turmhelme der Sophienkirche.

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Eine weitere Ansicht des Endpunktes der beiden nach Südwesten führenden Linien, diesmal mit Blick zum Zwinger. Links Weber’s Hôtel mit seinem markanten Turm.

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Derselbe Endpunkt mit dem bereits umgebauten Postgebäude auf einer Stereoskopie, um 1895.

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Ab 1890 erschien die Konkurrenz auf dem Tableau. Die „Deutsche Straßenbahngesellschaft in Dresden“ berührte den Postplatz mit mehreren Linien. Dabei wurden soweit wie möglich eigene Gleisanlagen angelegt, was zu einem wahren Schienenwirrwarr auf dem Platz und in den anliegenden Straßen führte.

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Mischbetrieb beider Gesellschaften auf dem Postplatz, um 1895. Links wiederum der Endpunkt der Linien nach Plauen und Löbtau (zwischenzeitlich nach Wölfnitz verlängert), vor dem Cholerabrunnen ein Wagen der Linie Schäferstraße - Striesen. Rechts sehen wir ein „Convertible Car“ auf der Pieschener und einen Decksitzwagen der Waldschlößchen-Linie an deren Endstelle. Neu auf dem Platz sind die beiden kleinen „roten“ Wagen. Im Hintergrund der „Gambrinus“ an der Einmündung der Wettinerstraße.

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Das muntere Verkehrsgewusel auf dem Postplatz auf einer Aufnahme aus der Deutschen Fotothek. Beachtenswert ist die Gleisführung um die große Gaslaterne herum, ebenso wie der nur wenige Jahre bestehende Abzweig der „roten“ Gleise in die enge Sophienstraße hinter dem Stadtwaldschlößchen, außerhalb des Bildes.

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Postkarten-Gesamtansicht des Postplatzes um 1895, mit zahlreichen Wagen beider Gesellschaften, darunter auch einem „roten“ Decksitzwagen auf der Linie Friedrichstraße - Blasewitz in Bildmitte.

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Ein kleiner „roter“ Einspänner ist auf der Linie Bergkeller - Neustädter Bahnhöfe eingesetzt, erkennbar auch an dem gelben Stern mit großem „N“ auf dem Dach. Die „Gelbe“ bessert mittlerweile das Budget mit großflächiger Reklame auf, wie am bereitstehenden Decksitzwagen der Linie nach Pieschen vor dem Stadtwaldschlößchen.

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Postkartenblick in die Annenstraße, wiederum mit einem „roten“ Einspänner und einem „gelben“ Decksitzwagen, diesmal der Linie Arsenal - Böhmischer Bahnhof. Anstelle der pompösen Oberpostdirektion steht noch die bescheidene Vorgängerbebauung. Auch die meisten der Häuser zwischen Wettiner- und Annenstraße werden bald neuen Geschäftspalasten weichen müssen.

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Eine Postkarte aus meiner Sammlung zeigt den Einsatz offener Sommerwagen auf der Plauener Linie. Gleich zwei der urigen Vehikel stehen hier am Endpunkt. Diese Wagen wurden später zu Beiwagen für die meterspurige Lößnitzbahn umgebaut.

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Gleich acht verschiedenste Wagen beider Gesellschaften sind auf dieser Aufnahme zu sehen. Sie zeigt den Postplatz kurz vor dem ersten großen Umbau der Gleisanlagen für den elektrischen Betrieb zum Ende der 1890er Jahre. (Deutsche Fotothek)

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In Erwartung des elektrischen Betriebes auf den den Postplatz berührenden Linien wurden 1899 die Gleisanlagen erstmals grundlegend umgebaut. Die „gelben“ Plauener und Wölfnitzer Linien erhielten einen neuen Endpunkt in der Sophienstraße vor dem Stadtpavillon des Zwingers, die neue Löbtauer Linie der „roten“ Gesellschaft (spätere 22) ihren daneben an den Zwingeranlagen am Eingang der Ostra-Allee. Es entstand eine neue direkte Gleisverbindung aus der Ostra-Allee in die Wilsdruffer Straße, die Gleise in der engen Sophienstraße zwischen Stadtwaldschlößchen und „Deutschem Herold“ wurden aufgegeben.

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Der nördliche Postplatz während der Umbauarbeiten. Provisorisch enden die Arsenal-Linie und jene zum Waldschlößchen auf dem nur für Ausrückefahrten der „Roten“ errichteten neuen Gleisbogen in die Ostra-Allee (im Hintergrund). Abgerissen wurde bereits die alte Münze, erst Jahre später wird hier das Schauspielhaus entstehen. Am Malergäßchen erkennen wir noch den 1739 erbauten und 1902 abgerissenen namensgebenden Malersaal, in dem die Requisiten für das Hoftheater gestaltet wurden. Das neue Eckgebäude des „Wiener Cafés“, das nie eine Anschlussbebauung an die Brandwände erhalten sollte, hatte nur ein sehr kurzes Dasein und musste 1911 dem Neubau des Königlichen Schauspielhauses weichen.

https://abload.de/img/postplatzumbaupferdeb0pjxc.jpg


Mit Fertigstellung der neuen Gleise wurde der Endpunkt der südwestlichen Linien an den Zwinger verlegt. Auf der wohl Anfang 1900 entstandenen Stereoskopie sind hier noch Pferdebahnwagen eingesetzt, die elektrische Oberleitung ist allerdings bereits installiert. (Deutsche Fotothek)

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Dem frühen elektrischen Straßenbahnbetrieb auf dem Postplatz werde ich mich im zweiten Teil widmen.

Viele Grüße

Antonstädter



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:03:27:10:20:32.
Moin

Danke für diesen neuen interessanten Beitrag! Der Postplatz hat für/in Dresden ja eine herausragende Bedeutung (gehabt?). Umso mehr freue ich mich auf die Fortsetzungen.

Gruß Ralph
Hei,

das ist ja echt Spannend, wie sich allein am Postplatz die Gleislagen schon in so kurzer Zeit verändert haben!
In der Geamtbetrachtung wäre es spannend wie sich Pferde- und Straßenbahn in Dresden insgesamt in einer Timeline entwickelt hat, so wie es das z.B. für Berlin gibt: [martinbrake.de]

Sven, der sich auf den nächsten Teil freut.

. (o.w.T)

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 26.03.21 16:29

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:05:12:20:20:13.
Zitat
In der Geamtbetrachtung wäre es spannend wie sich Pferde- und Straßenbahn in Dresden insgesamt in einer Timeline entwickelt hat, so wie es das z.B. für Berlin gibt: [martinbrake.de]
Das ist ja mal ne hochspannende Website die ich noch nicht kannte. Die Idee, so etwas für Dresden zu machen hatte ich auch schon. Aber dazu muss man wirklich viel Zeit und Nerven haben.

Grüße
worldtradesurfer
Ja, die Seite ist wirklich genial!
Ich hab dem Martin Daten und Geometrien zur Spreewaldbahn und zur NLE geliefert... ich muß noch ein paar Korrekturen liefern.

Letztendlich wird eine georeferenzierte Gleisachse und das Start- und Enddatum benötigt und für Dresden dann was und welche Gesellschaft es jeweils war... Details müsste man sich dann anschauen... Berlin wäre da sicher ein gutes Vorbild.

Die Seite ist das beste Beispiel, was man mit Geodaten in Bezug zur Zeit machen kann.

Sven

gelöscht (o.w.T)

geschrieben von: worldtradesurfer

Datum: 01.04.21 16:47

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2021:04:01:22:17:13.
Um auch noch einmal etwas zum eigentlichen Thema zu ergänzen, muss ich mich revidieren: Der erste Umbau der Gleisanlagen fand bereits 1898 statt. Denn hierzu berichten die Dresdner Nachrichten am 28.06.1898:

https://abload.de/img/dn29061898umbaupostplp7ktf.jpg

Sehr bemerkenswert sind die Ausführungen zu den Deckenschlussarbeiten - Beton und Asphalt sind, wie hier mal wieder bewiesen wird, keineswegs neuzeitliche Baustoffe...


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Danke für diesen interessanten Beitrag. Grüße aus dem Dresdner Umland.
antonstädter schrieb:Zitat:
Sehr bemerkenswert sind die Ausführungen zu den Deckenschlussarbeiten - Beton und Asphalt sind, wie hier mal wieder bewiesen wird, keineswegs neuzeitliche Baustoffe...
Noch sehr viel bemerkenswerter ist in meinen Augen der zeitliche Horizont, der dem Ende der Umbauarbeiten gesetzt wurde: "..., da die gesamten Arbeiten zur Neugestaltung aller Gleisanlagen auf dem Postplatz innerhalb zweier Monate beendet sein sollen."
Und das Ganze offensichtlich ohne den ganzen technischen Errungenschaften der heutigen Zeit: "Bei der beinahe steinharten Beschaffenheit des Betons können nur kleine Stücke von demselben mittelst Meisel und Hammer unter Anwendung größter physischer Kraft abgeschlagen werden."

Wie lange wurde 2006 die Gleisanlage auf dem Postplatz umgebaut? Trotz modernster Arbeitsmittel? Fast das ganze Jahr!