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Ein paar Straßenbahnbilder aus Russland

geschrieben von: 4010-freak

Datum: 11.09.20 13:16

Straßenbahnen in Russland

In Russland gibt es etwa 60 Städte, in denen Straßenbahnen als öffentliches Transportmittel dienen – leider mit fallender Tendenz, etliche Straßenbahnbetriebe mussten in den letzten Jahren wegen verwahrlosten Fahrzeugen und Infrastruktur stillgelegt werden.

Jekaterinburg gehört zu jenen Städten, in denen hauptsächlich aus der ehemaligen Tschechoslowakei importierte Wagen im Einsatz sind. Hier ein Fahrzeug des Typs Tatra T3:

https://up.picr.de/39384318go.jpg
4.4.2008

In Wladiwostok hingegen sind Fahrzeuge aus russischer Produktion unterwegs. Bei meinem Besuch wirkten sie sehr heruntergekommen, auch die Gleise wären in unseren Breiten längst wegen Unbefahrbarkeit gesperrt worden. Vom einst 46 Kilometer langen Netz ist nur noch eine einzige, 5,5 km lange Linie übrig.

https://up.picr.de/39384324zs.jpeg
30.3.2008

In Komsomolsk am Amur wurde der schlechte Zustand der Fahrzeuge durch bunte Werbefolien kaschiert. Dieses Fahrzeug gehört, ebenso wie der Wagen aus Wladiwostok am vorigen Bild, dem in Ust-Kataw (Russland) gebauten Typ KTM-5 an – mit fast 15 000 gebauten Exemplaren der meistgebaute Straßenbahn-Triebwagen der Welt.

https://up.picr.de/39384319co.jpg

Weiters waren auch einige Exemplare des urig anmutenden Typs RVZ-6 unterwegs; diese Triebwagen wurden in Riga gebaut.

https://up.picr.de/39384320ks.jpeg
beide Fotos vom 27.3.2008

Die bunten Werbefolien konnten den Straßenbahnbetrieb leider auch nicht retten, 2018 wurde das Netz in Komsomolsk am Amur wegen des katastrophalen Gleiszustandes stillgelegt.

St. Petersburg konnte sich einst rühmen, den größten Straßenbahnbetrieb der Welt zu haben. Doch mit der politischen Wende um 1990 begann der Niedergang der Tram – gab es um 1990 auf ca. 600 km Streckenlänge noch 67 Linien mit einer Linienlänge von über 1000 Kilometern, fahren heute auf nur noch ca. 230 Streckenkilometern 41 Linien mit einer Linienlänge von ungefähr 500 Kilometern.
Der Fuhrpark der St. Petersburger Straßenbahn bestand jahrzehntelang praktisch ausschließlich aus Fahrzeugen, die vor Ort im "Petersburger Straßenbahn-mechanischen Werk" (Петербургский трамвайно-механический завод) hergestellt wurden. Erst seit der Insolvenz dieser Fabrik im Jahr 2013 werden die Triebwagen gezwungenermaßen anderswo gekauft. Hier einer der fast 500 in den 80er- und 90er-Jahren hergestellten Triebwagen des Typs LVS-86:

https://up.picr.de/39384323wb.jpeg
März 2005

Auch das Straßenbahnnetz in der Hauptstadt Moskau gehört mit einer Streckenlänge von 181 km zu den größten Straßenbahnnetzen der Welt. (Zum Vergleich: Die Streckenlänge der Wiener Straßenbahn beträgt 177 km.) Im Gegensatz zu den meisten anderen russischen/sowjetischen Städten begann die Reduktion des Streckennetzes schon einige Jahrzehnte vor der Wende, viele Strecken (darunter alle im Stadtzentrum) wurden durch die Metro oder durch O-Busse ersetzt. Seit den 70er-Jahren ist das Straßenbahnnetz in zwei Teilnetze zerschlagen, die nicht einmal durch eine Betriebsstrecke miteinander verbunden sind.
Ein weiterer Unterschied zu vielen anderen russischen Städten ist, dass sowohl die Fahrzeuge als auch die Infrastruktur recht gepflegt wirken.

https://up.picr.de/39384322kw.jpeg
26.3.2010

https://up.picr.de/39384321hn.jpg
12.4.2010

lg 4010-freak

http://up.picr.de/29039990ai.jpg
Die Reihe 4010 (1965-2008). Der wahrscheinlich schönste Triebzug der Welt.

Vorbildgetreu nachgebildete Modellbahnzüge und Superungen/Umbauten von Modellen: Klick

Re: Ein paar Straßenbahnbilder aus Russland

geschrieben von: VT 410

Datum: 11.09.20 18:40

Hallo,

vielen Dank für die zum Teil schon historischen Bilder. Ich war diesen Sommer in Wladiwostok. Von den KTM-5 war nur noch einer im Einsatz. Der Verkehr ist jetzt fast komplett in der Hand von KTM-19, die gebraucht aus Moskau übernommen wurden. Dort sind sie schon fast zur Seltenheit geworden. Knapp 50 sind noch bei den Depots Akopow und Krasnopresnenskoje im Einsatz. Ersatz ist bereits bestellt. Die KTM-8 findet man in der Hauptstadt nur noch als Arbeitswagen.

Die gebrauchten KTM-19 aus Moskau sorgen derzeit in vielen Städten Russlands für eine gewisse Verjüngung des Fuhrparks, etwa in Omsk oder Ulan-Ude. Tatras und KTM-5 sind aber dennoch vielerorts noch zahlreich im Einsatz.

Grüße aus Moskau
Jiří

Re: Ein paar Straßenbahnbilder aus Russland

geschrieben von: M6D

Datum: 11.09.20 23:35

Die KTM-8 und KTM-19 sind, aufs Land verteilt, natürlich nur die berühmten Tropfen auf den heißen Stein. Teilweise sind nur sehr wenige Wagen an einzelne Betriebe gegangen. Jaroslawl hat es zumindest fast geschafft, einen typenreinen Wagenpark aus KTM-19 zusammenzukriegen. Auch in Wladiwostok hat die Schenkung aus Moskau was gebracht.

In Komsomolsk war übrigens offiziell die Brücke vom Depot in die Stadt nicht mehr tragfähig genug. Den nordwestlichen Ast der Linie 5 hatte man eh schon stillgelegt, der Rest der Gleise war für russische Verhältnisse gar nicht so schlecht.
Das geteilte Straßenbahnnetz in Moskau gibt es nicht schon seit den Siebzigerjahren. Bei meinem bisher einzigen Besuch in Moskau Mitte der Achtzigerjahre war das Netz noch zusammenhängend.

Re: Ein paar Straßenbahnbilder aus Russland

geschrieben von: 4010-freak

Datum: 13.09.20 10:28

Freut mich, wenn es gefällt ;-)
Und danke auch für die Informationen zu den Fuhrparkerneuerungen mit gebrauchtem Material aus Moskau – leider war ich schon seit mehreren Jahren nicht mehr in Russland, da habe ich einige aktuelle Entwicklungen offenbar verpasst.

Früherwarallesbesser schrieb:
Das geteilte Straßenbahnnetz in Moskau gibt es nicht schon seit den Siebzigerjahren. Bei meinem bisher einzigen Besuch in Moskau Mitte der Achtzigerjahre war das Netz noch zusammenhängend.
Ich habe diese Information aus der englischsprachigen Wikipedia entnommen: "After the closure of the lines between Nizhnyaya Maslovka and Tikhvinovskaya streets in 1965 and on Bolshaya Gruzinskaya street in 1973, the lines operating from the Krasnaya Presnya tram depot in the north-west of the city was severed from the rest of the network." Im russischen Artikel über die Moskauer Straßenbahn steht praktisch das gleiche.
Natürlich ist es möglich, dass sich beide Artikel auf die gleiche Quelle beziehen und diese Quelle fehlerhaft ist.

Kann irgendjemand das Jahr 1973 als Zeitpunkt der Zerschlagung des Moskauer Tramnetzes bestätigen oder widerlegen?

http://up.picr.de/29039990ai.jpg
Die Reihe 4010 (1965-2008). Der wahrscheinlich schönste Triebzug der Welt.

Vorbildgetreu nachgebildete Modellbahnzüge und Superungen/Umbauten von Modellen: Klick

Re: Ein paar Straßenbahnbilder aus Russland

geschrieben von: no-night

Datum: 13.09.20 11:35

Englische Wikipedia dürfte sich zwar irren, aber auch im russischen Atlas der Elektrobetrieben wird 1973 als Netztrennung erwähnt.

Wie immer wieder, kann ich nur [transphoto.org] empfehlen, wo all die Übergaben aus Moskau aufgeführt sind - für die Obusse ebenso.

Da zeigt sich wirklich ein Tendenz, daß die KTM-23 Schritt zu Schritt nach Apakov gehen, davon Tatras zu Inselbetrieb überstellt. Bald sollen aber in Apakov Bauarbeiten losgehen, um auch diese Remise als letzte von Stammnetz niederflurtauglich zu machen.

Re: Ein paar Straßenbahnbilder aus Russland

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 14.09.20 19:03

VT 410 schrieb:
Ich war diesen Sommer in Wladiwostok.
Entschuldige das ich frage, aber wohnst du in Russland? Die Grenzen sind doch dicht dieses Jahr oder wie bist du rübergekommen?

Viele Grüße
Maxim

Re: Ein paar Straßenbahnbilder aus Russland

geschrieben von: VT 410

Datum: 14.09.20 19:40

M6D schrieb:
Er grüßt aus Moskau. ;-)
Genau. :-) Ich bin von Moskau aus angereist, die ersten zwei Teile des zugehörigen Reiseberichts gibt es hier und hier im Auslandsforum.

Schöne Grüße
Jiří

Re: Bestätigung

geschrieben von: Slavic

Datum: 18.09.20 22:29

4010-freak schrieb:

Kann irgendjemand das Jahr 1973 als Zeitpunkt der Zerschlagung des Moskauer Tramnetzes bestätigen oder widerlegen?

Das Netz in Moskau besteht tatsächlich seit 1973 aus zwei physisch getrennten Teilnetzen.

Es ist jedoch nicht die erste Zweiteilung des Schienennetzes dort: Noch um 1960 herum wurde im Zuge massenhafter Straßenbahnstillegungen das damalige Artamonow-Depot zum Inselbetrieb mit drei Linien im Westen der Stadt. Ein paar Jährchen wurden dann noch die dort verbleibenden Vorkriegs-Zweiachser auf Verschleiß gefahren, bevor endgültig das Aus für die Tram kam und der Betriebshof auf O-Busse umgerüstet wurde. Das verbleibende Straßenbahnnetz der Stadt war fortan einheitlich — bis zu der oben erwähnten Abtrennung des nordwestlichen Teilnetzes mit dem Bthf. Krasnaja Presnja durch weitere Streckenstillegungen im Jahre 1973.

Vor kurzem wurde übrigens der Umbau der Tramtrasse am Vorplatz des Paweletzkij-Bahnhofs vollendet. Dieser Streckenabschnitt ist der einzige, der den Apakow-Betriebshof und sein Streckennetz mit dem Restnetz im Osten der Stadt verbindet. Es heißt also, während des Umbaus war die Straßenbahn in Moskau sogar monatelang in drei separate Netze aufgeteilt gewesen.

Re: Bestätigung

geschrieben von: VT 410

Datum: 18.09.20 23:13

Interessant, das war mir garnicht so bewusst, dass das wirklich die einzige Verbindung ist. Seit sie wieder besteht, kann man wieder mit der Linie 38 im Tatra von Tscherjomuschki quer durch die Stadt bis zur Schosse Entusiastow fahren. Das ist die einzige Linie, auf der die Tatras vom Apakow noch in den Osten der Stadt kommen.