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? Weichensteuerungen verschiedener Betriebe

geschrieben von: Tw666

Datum: 05.05.20 21:45

Hallo,

da ich über die Suchfunktion noch keinen gesammelten Thread gefunden habe, wie die Weichen in verschiedenen Betrieben angesteuert werden und wie das jeweilige Prozedere mit Signalen etc. funktioniert.

Mein Gedanke war, insbesondere auch als eine Art Archiv, einen Sammelthread zu diesem Thema zu erstellen.

Insbesondere interessiert mich das System in Karlsruhe, welches in einem Video über die Stadtbahn rudimentär kennenlernte. Es schien so, als ob hier bei Ungereimtheiten eine Zugbeeinflussung mit Zwangsbremsung erfolgt. ("Alltagshelden" des SWR)

Ebenfalls werde ich mit zwei mir besser bekannten Betrieben (Kassel und Dresden) beginnen, welche sich in ihrem äußeren Erscheinungsbild ähneln.

Beste Grüße aus Kassel

666

[KS] Kassel

geschrieben von: Tw666

Datum: 05.05.20 21:51

Die Weichen werden meines Wissens über Funk/Bake angesteuert.

Rund 30 Meter vor der Weiche stehen Weichensignale (blaues W auf weißem Grund) in Verbindung mit zwei Lichtsignalen (gelbes W und X).

Das X leuchtet auf, wenn die Weiche gestört oder abgeschaltet ist und nicht gestellt wird/werden kann.

Das H leuchtet auf, sobald der Weichenkontakt überfahren und der Weichensperrkreis aktiviert wurde. Dies erfolgt nach Stellung der Weiche und Aufleuchten des Stellsignals direkt an der Weiche.

Ist der Wagen aus dem Weichensperrkreis ausgefahren und wird dieser aufgelöst, erlöschen die Signale H und das Stellsignal. Der nächste Wagen darf den Weichenkontakt W befahren.

Leuchtet kein Stellsignal auf, muss die Weiche manuell gestellt werden und darf nur mit 15 km/h befahren werden.

Eine Kasseler Besonderheit ist der Flankenschutz, welcher Unfälle durch Falschfahrten und Fehlstellungen verhindern soll. Kreuzen sich zwei Fahrzeuge im Weichenbereich und würde eine davon Links über den Fahrtweg der anderen abbiegen können, gibt es ein Begegnungsverbot. Im Regelfall wartet das Fahrzeug, welche die Weiche spitz befährt mit "Blinker links an" vor der Weiche. Auch Busse müssen auf den ÖPNV-Spuren diese Flankenschutzregeln beachten.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:05:05:21:57:17.

[DD] Dresden

geschrieben von: Tw666

Datum: 05.05.20 21:54

Wie die Anforderung in Dresden genau funktioniert ist mir leider nicht bekannt.

Rund 30 Meter vor der Weiche steht ein Weichensignal W mit weißem W auf blauem Grund. Hier muss ein Weichenkontakt betätigt werden (manuell per Tastendruck).
Die Weiche wird nun gestellt und ein Stellsignal leuchtet direkt an der Weiche auf.
Diese erlischt, nachdem das Fahrzeug aus dem Weichensperrkreis herausgefahren ist.

Wird eine Weiche befahren, darf kein weiteres Fahrzeug das W überfahren.

Re: Weichensteuerungen verschiedener Betriebe

geschrieben von: Jan Bochmann

Datum: 05.05.20 22:15

Guten Abend,

Tw666 schrieb:
Hallo,

da ich über die Suchfunktion noch keinen gesammelten Thread gefunden habe, wie die Weichen in verschiedenen Betrieben angesteuert werden und wie das jeweilige Prozedere mit Signalen etc. funktioniert...
Einiges dazu findet sich in diesem Thread (4 Seiten):

https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?005,6312053,page=1

Das fängt zwar in Dresden an, aber es kommen in der Diskussion auch andere Städte und technische Details vor.

Später gab es aus ähnlichem Anlaß auch mal so eine Diskussion zu Karlsruhe, die finde ich aber gerade nicht.

Beste Grüße nach Kassel,
Jan B.

Re: [KS] Kassel

geschrieben von: JanH

Datum: 05.05.20 22:38

Tw666 schrieb:
Eine Kasseler Besonderheit ist der Flankenschutz, welcher Unfälle durch Falschfahrten und Fehlstellungen verhindern soll.
Gibt es auch anderswo, Stichwort "Begegnungsverbot" oder (zumindest in Wien) "Linksweichenregel". In Karlsruhe nur bei LSA-Ausfall oder von vornherein nicht signalisierten Abzweigen/Kreuzungen (letzteres betrifft aber glaube ich nur noch die Wendeschleife Europahalle).

Re: Weichensteuerungen verschiedener Betriebe

geschrieben von: KBS473.2

Datum: 05.05.20 22:43

Die Stadtbahnen in Köln und Bonn senden eine 4 stellige Zuglenknummer aus. Frequenz 92kHz. Die Spulen sitzen jeweils hinter an der 2 und 5 Achse des Fahrzeugs. Natürlich ist immer nur die Spule am führenden Fahrzeug in Fahrtrichtung aktiv.

Die Zuglenknummern sind i.d.R. vorgegeben und werden vom Fahrzeug automatisch gesendet. Der Fahrer muss lediglich Linie und Kurs sowie seinen aktuellen Fahrplan auswählen. Die Zuglenkungen werden dann automatisch ausgestrahlt.

Auf Strecken mit Zugsicherung laufen Fahrstraßen ein. Die Zuglenknummer dient hier zur Bestimmung des Standortes und sellt je nach Zuglenknummer den Fahrweg richtig ein.

Bei Strecken außerhalb der Zugsicherung sind unmittelbar vor Weichen Empfangsspulen im Gleis. Je nach Zuglenknummer wird der Fahrweg an der folgenden Weiche Links oder Rechts gestellt.

Im Störfall kann der Fahrer seine Zuglenknummer händisch ändern. Allerdings ist es in Köln so, das hier mit Routennummern oder sog. U-Fahrten gearbeitet wird. Der Fahrer wählt eine Fahrt aus, im Hintergrund wird dann eine 4-stellige Nummer generriert und ausgestrahlt. In Bonn kann dagegen die Nummer eingegeben werden, welhe auch ausgestrahlt werden kann.

Zusätzlich gibt es in den Fahrzeugen Weichentaster. Drückt man diese wird eine bestimmte Zuglenkungnummer ausgestrahlt und überschreibt die ursprüngliche Zuglenknummer für 20 Sekunden.

Re: [KS] Kassel

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 05.05.20 23:40

Tw666 schrieb:
Eine Kasseler Besonderheit ist der Flankenschutz, welcher Unfälle durch Falschfahrten und Fehlstellungen verhindern soll. Kreuzen sich zwei Fahrzeuge im Weichenbereich und würde eine davon Links über den Fahrtweg der anderen abbiegen können, gibt es ein Begegnungsverbot. Im Regelfall wartet das Fahrzeug, welche die Weiche spitz befährt mit "Blinker links an" vor der Weiche. Auch Busse müssen auf den ÖPNV-Spuren diese Flankenschutzregeln beachten.
Diese Regelung gibt es auch anderswo und mir ist es unbegreiflich, weshalb eine solch einfache Lösung nicht überall praktiziert wird. Gerade in Karlsruhe, wo schon einige schlimme Unfälle durch Flankenfahrten passiert sind, würde ich sowas sehr begrüßen.

[KA] Karlsruhe

geschrieben von: tramfanpaul

Datum: 06.05.20 00:18

In Karlsruhe werden sämtliche Signale über einen Magneten angesteuert. Hierbei können die Magnete drei verschiedene Befehle erhalten: rechts, links und geradeaus. Diese Befehle werden entweder automatisch über bestimmte IWS (Induktive Weichensteuerung)-Codes, für die es bspw. für jeden Linienverlauf passenden gibt, automatisch übermittelt oder alternativ per Tastendruck im Führerstand eingegeben. Bei Kreuzungen wird durch diese Befehle naheliegenderweise sowohl die Weichensteureung vorgenommen als auch das Fahrsignal für die entsprechende Fahrtrichtung angefordert, es gibt aber auch bestimmte Orte im Netz, an denen die verschiedenen Befehle verschiedene Sachen auslösen; bspw. gibt es an den Hst. Mathystraße und Poststraße Rückhalteampeln für den KFZ-Verkehr, da hier bei Doppeltraktionen der Ausstieg in den Straßenraum erfolgt. Diese Ampeln werden bei Einfahrt in die Haltestelle durch diese je Weichentaste "rechts" ausgelöst, daher gibt es zum Beispiel für die Linie 3, die beide Haltestellen anfährt, unterschiedliche IWS-Codes für Solo- oder Doppelzüge

Magneten, die eine Notbremsung auslösen, gibt es, allerdings nur an bestimmten Punkten im Netz



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:05:06:00:19:47.

(HU) Budapest

geschrieben von: GrgaW124

Datum: 06.05.20 08:10

Im Budapest wurden in den letzten 6 Jahren recht viele neue Anlagen gebaut.

Prinzipell stellt man die Weichen über Oberleitungskontakt, obwohl immer mehrere Weichen mit Schleifen (HCS-R, als VETAG-Nachfolger) ausgestattet sind. Aber nur die Combinos haben zur Zeit die passende Ausrüstung, die Kaffs werden dieses Jahr damit nachgerüstet. Aus den ca. 100 elektrischen Weichen sind ca. 70, die der Fahrer stellt, die anderen gehören den Fahrsignalanlagen.

Die ganz alten Anlagen haben keine Weichensicherung, die Fahrzeuge melden an und ab mit Schleifkontakte. (davon gibt jetzt weniger als 20)

Nicht ganz alt sind die Relaissteuerungen von Hanning, die immer noch kein Umstellschutz haben, aber die Schleifkontakte wurden durch Oberleitungs-Näherungsschalter ersetzt. Von diesen zuverlässigen, aber mittlerweile veralteten Anlagen gibt's noch recht viel.

Die neuesten sind die Mikroprozessorsteuerungen. Sie haben schon Umstellschutz mit Gleisschaltmitteln, und bilden schon langsam die Mehrheit der Budapester Anlagen.

Die Stelle der Stellbefehlabgabe ist durch ein blaues Licht signalisiert. Es gibt zwei Weichenlagesignale, die mit separaten Signaleinsätze die Weichenlagen (signalbilder l und < oder >) und Verriegelung (orangenfarbiges Licht) signalisieren. Einer davon neben der Weiche, und die andere ist an der Stelle der Stellbefehlabgabe.
Ausnahmen sind die Anlagen mit Stellbefehlspeicherung, wo das erste Signal ist durch ein zweifeldigen (ohne Verriegelungssignal) ersetzt.

Die Weichenantriebe sind entweder elektromagnetisch oder elektrohydraulisch. Die wenigen Ausnahmen sind die ca. 10 WSSB-Antriebe, die in einer Fahsignalanlage eingebunden sind.

Im Thema Geschwindigkeiten ist Budapest leider ziemlich rückständig. Bis auf die WSSB-Weichen darf man bis auf eine Ausnahme nur 10 km/h die Weichen spitz befahren. Auch wenn die Weichen im Gleiswechsel (ohne elektrischen Antrieb, also kein Verschluss) schon 15 km/h befahren können, was dem Weltstandard entspricht. Stumpf lassn sich die Weichen generell 15, aber vielerorts sind höhere Werte (meistens 30 km/h) geschildert, die ohne Auffahren der Weiche anwendbar sind.

Gruß aus Budapest,

GrgaW124

Edit: Geschwindigkeit ergänzt



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:05:06:08:32:22.

Re: [KS] Kassel

geschrieben von: JanH

Datum: 06.05.20 12:16

KN58 schrieb:Tw666 schrieb:
Tw666 schrieb:
Eine Kasseler Besonderheit ist der Flankenschutz, welcher Unfälle durch Falschfahrten und Fehlstellungen verhindern soll. Kreuzen sich zwei Fahrzeuge im Weichenbereich und würde eine davon Links über den Fahrtweg der anderen abbiegen können, gibt es ein Begegnungsverbot. Im Regelfall wartet das Fahrzeug, welche die Weiche spitz befährt mit "Blinker links an" vor der Weiche. Auch Busse müssen auf den ÖPNV-Spuren diese Flankenschutzregeln beachten.
Diese Regelung gibt es auch anderswo und mir ist es unbegreiflich, weshalb eine solch einfache Lösung nicht überall praktiziert wird. Gerade in Karlsruhe, wo schon einige schlimme Unfälle durch Flankenfahrten passiert sind, würde ich sowas sehr begrüßen.
Würde auf den stärker befahrenen Achsen aber auch zu einigen Betriebsbehinderungen führen. Stattdessen hat man ja (wie es zwischenzeitlich auch allgemein in der BOStrab gefordert ist) an LSAs die Fahrtstellung des Fahrsignals an die passende Weichenstellung gekoppelt.

Re: [KS] Kassel

geschrieben von: Tw666

Datum: 06.05.20 13:06

JanH schrieb:
KN58 schrieb:Tw666 schrieb:
Tw666 schrieb:
Eine Kasseler Besonderheit ist der Flankenschutz, welcher Unfälle durch Falschfahrten und Fehlstellungen verhindern soll. Kreuzen sich zwei Fahrzeuge im Weichenbereich und würde eine davon Links über den Fahrtweg der anderen abbiegen können, gibt es ein Begegnungsverbot. Im Regelfall wartet das Fahrzeug, welche die Weiche spitz befährt mit "Blinker links an" vor der Weiche. Auch Busse müssen auf den ÖPNV-Spuren diese Flankenschutzregeln beachten.
Diese Regelung gibt es auch anderswo und mir ist es unbegreiflich, weshalb eine solch einfache Lösung nicht überall praktiziert wird. Gerade in Karlsruhe, wo schon einige schlimme Unfälle durch Flankenfahrten passiert sind, würde ich sowas sehr begrüßen.
Würde auf den stärker befahrenen Achsen aber auch zu einigen Betriebsbehinderungen führen. Stattdessen hat man ja (wie es zwischenzeitlich auch allgemein in der BOStrab gefordert ist) an LSAs die Fahrtstellung des Fahrsignals an die passende Weichenstellung gekoppelt.
Da muss ich dir in der Tat widersprechen. Wenn jeweils nur eine Fahrtrichtung auf einer großen Kreuzung fahren kann, wird die Durchlässigkeit gegenüber der Kasseler Variante massiv geschmälert. Hier haben ja Fahrtbeziehungen der gleichen Richtung in der Regel gleichzeitig Fahrt. Ein Fahrzeug hält dann auf der Kreuzung noch einmal an und lässt das andere passieren. Dies funktioniert auch mit Doppeltraktionen recht problemlos.

Ich wüsste nicht, was für ein Stau am Stern oder Rathaus aus Richtung der Königsstraße entstehen würde, könnte man sich auf der Kreuzung nicht mehr begegnen.
Mit der Regel Berg vor Tal bzw. Traktion vor Einzelzug gibt es auch kaum Kommunikationsschwirigkeiten.

Auf der anderen Seite müsste man dieses System auch bei immer Verriegelten Weichen nicht praktizieren, eine Stellung unter dem Fahrzeug ist praktisch ausgeschlossen...

Beste Grüße

666

Re: [KA] Karlsruhe

geschrieben von: JanH

Datum: 06.05.20 13:18

tramfanpaul schrieb:
In Karlsruhe werden sämtliche Signale über einen Magneten angesteuert. Hierbei können die Magnete drei verschiedene Befehle erhalten: rechts, links und geradeaus. Diese Befehle werden entweder automatisch über bestimmte IWS (Induktive Weichensteuerung)-Codes, für die es bspw. für jeden Linienverlauf passenden gibt, automatisch übermittelt oder alternativ per Tastendruck im Führerstand eingegeben.
Das ist ein bisschen zu vereinfacht. Die Magneten sind zum einen eigentlich Koppelspulen (die der Anforderung dienenden sind meistens blau markiert und mit einem W und/oder S versehen, seit neuerem hängt man auch an der Oberleitung ein zusätliches Signal St 1/St 2 auf; unmarkierte Koppelspulen dienen dann meist zur Abmeldung an der Signalanlage) und werden direkt mit einer der 45 möglichen Linienkennungen [1] angesteuert. Die Zuordnung zwischen Linienkennung und dadurch ausgelöster Aktion passiert erst im Steuergerät der Weiche/LSA [2].

Für die Tastensteuerung sind einfach drei spezielle Linienkennungen reserviert, theoretisch könnte ich also auch eine dieser Sonderkennungen am Bedienteil einstellen, ist bloß in der Regel wenig sinnvoll und bei den "neueren" Fahrzeugen auch nicht ganz spontan zu verstellen [3]. In der Weichen-/LSA-Steuerung sind diese speziellen Linienkennungen dann halt immer gleich belegt (sofern die Anlage die entsprechende Fahrtmöglichkeit/Sonderfunktion tatsächlich hergibt), der Rest dann je nach den tatsächlich an der jeweiligen Örtlichkeit benötigten Fahrwegen. Neben den regulären Linienkennungen und den Sonderkennungen für die Handsteuerung gibt es noch ein paar weitere spezielle Kennungen, die z.B. von überall her zu einem der beiden Betriebshöfe (je nach gewählter Kennung) führen.

In den beiden Betriebshöfen Gerwigstraße und West sind die Gleise übrigens so nummeriert, dass sie auch als Linienkennung dienen können, sodass man durch Einstellung der entsprechenden Kennung in das jeweilige Gleis geführt wird. In der Gerwigstraße übernimmt aber in der Regel das Betriebshofsmanagementsystem die Steuerung basierend auf der Wagennummer und dem vorgeplanten Arbeits-/Abstellprogramm, die IWS-Steuerung ist lediglich Rückfallebene. Im Betriebshof West ist es glaube ich noch das übliche Verfahren, es sei denn man hat zwischenzeitlich dort auch ein BMS nachgerüstet und die Weichen daran angeschlossen.

tramfanpaul schrieb:
Bei Kreuzungen wird durch diese Befehle naheliegenderweise sowohl die Weichensteureung vorgenommen als auch das Fahrsignal für die entsprechende Fahrtrichtung angefordert, es gibt aber auch bestimmte Orte im Netz, an denen die verschiedenen Befehle verschiedene Sachen auslösen; bspw. gibt es an den Hst. Mathystraße und Poststraße Rückhalteampeln für den KFZ-Verkehr, da hier bei Doppeltraktionen der Ausstieg in den Straßenraum erfolgt.
Mit Handsteuerung geht das natürlich nur, wenn an der Stelle die Koppelspulen für LSA/Fahrsignalanlage und Weichensteuerung nicht zusammenfallen.

tramfanpaul schrieb:
Diese Ampeln werden bei Einfahrt in die Haltestelle durch diese je Weichentaste "rechts" ausgelöst, daher gibt es zum Beispiel für die Linie 3, die beide Haltestellen anfährt, unterschiedliche IWS-Codes für Solo- oder Doppelzüge
Jein, Weichentaste "rechts" ist nur eine zusätzliche Möglichkeit, ansonsten sind solche Spezialaktionen direkt den jeweiligen Linienkennungen zugeordnet, siehe oben. Abgesehen davon gibt es noch an der Poststraße das Begegnungsverbot zwischen Zweisystemfahrzeugen auf der momentanen langjährigen Umleitungsstrecke zwischen Hbf und Tivoli, welches basierend auf der Linienkennung auch von der LSA überwacht wird, und natürlich noch etwas weiter verbreitet ist vor allem die Anforderung von Durchfahrten an einigen Haltestellen. Für letzteres gibt es die Konvention, diese bei Handsteuerung über die Taste "links" verfügbar zu machen.

Neben den normalen punktuellen Koppelspulen gibt es die selbe Technik auch in länglicherer Form zwecks Abdeckung der Halteungenauigkeit als sogenannte "Standanforderung", die immer dann genutzt wird, wenn eine Anforderung erst explizit durch den Fahrer ausgelöst werden soll - typischerweise an Haltestellen mit stärkerem Fahrgastwechsel/planmäßigen Aufenthaltszeiten/Fahrerwechsel oder ähnlichem. Die Weichenstellung (wo nötig) erfolgt meistens unabhängig davon weiterhin automatisch - mindestens eine Ausnahme ist aber Blankenloch Nord: Um keine separate Linienkennung für Blankenloch und Spöck zu benötigen, wird hier auch die Weiche für die Wendeschleife über die Standanforderung mitgeschaltet.

tramfanpaul schrieb:
Magneten, die eine Notbremsung auslösen, gibt es, allerdings nur an bestimmten Punkten im Netz
Fahrsperren (zwischenzeitlich normalerweise rot angepinselt) gibt es
- an allen lokal gesteuerten E-Weichen (und das dürfte der Grund sein, warum in Karlsruhe auch an unverriegelten Weichen mit Signal W1-W3 bei funktionierender Weichensteuerung entgegen dem BOStrab-Standardwert 30 km/h zulässig sind, bei W11-W13 ist dann im allgemeinen Streckengeschwindigkeit erlaubt)
- an den Fahrsignalanlagen für eingleisige Streckenabschnitte
- an den in - relativ gesehen - neuerer Zeit (so grob ab den 90ern) errichteten Fahrsignalanlagen zur Sicherung von Abzweigen oder Wendeschleifen
- auf den EBO-Abschnitten der S1/11 und der S5 in Berghausen/Söllingen
- nicht an den Kreuzungen im Stadtgebiet, bei denen die Straßenbahn in die reguläre Kreuzungs-LSA integriert

Bezüglich der Weichenstellung und Fahrsperre gilt folgendes:
In der Grundstellung zeigt das Weichensignal ein Kreuz, und die vor der Weiche installierte Fahrsperre ist aktiv geschaltet. Wenn ich dann mit meiner Sendespule am Fahrzeug die Empfangspule zwischen den Gleisen passiere, geschieht folgendes:
a) die empfangene Kennung ist ungültig, gar nicht vorhanden (wenn ich im Handbetrieb fahre, und vergessen habe, den Taster zu drücken), oder die Weiche ist noch durch eine vorausfahrende Bahn gestellt/belegt: die Weiche bleibt in Grundstellung (oder geht dahin zurück, sobald die vorausfahrende Bahn sie freigefahren hat), ich bekomme eine Zwangsbremsung
b) die Kennung ist gültig, und die Weiche ist frei/stellbereit: die Weiche stellt sich um, gleichzeitig wird das Weichensignal dunkel [4], die Fahrsperre bleibt aktiv; erst wenn die Weiche in die angeforderte Stellung gekommen ist, leuchtet das Weichensignal für meine Fahrtrichtung auf, und die Fahrsperre wird inaktiv geschaltet. Sobald der Weichensperrkreis einmal belegt und wieder freigefahren wurde, geht die Weiche in die Grundstellung zurück.
In der Ampelschaltung ist die Bahn in die normale Signalsicherung eingebunden, das heißt zueinander feindliche Fahrtrichtungen dürften nicht gleichzeitig Fahrt bekommen, und zwischenzeitlich müsste bei den meisten Kreuzungen auch die Weichenstellung mit in die Überwachung eingebunden sein, sprich ohne passend angeforderte und in Endlage gekommene Weiche geht das Fahrsignal nicht auf Fahrt. Die Überwachung der Weichenstellung kann aber per Hilfsanforderung über Schlüsselschalter überbrückt werden.
Bei Störungen/Bauarbeiten kann das Weichensignal als Vorsichtssignal stattdessen auch ein dauerblinkendes Kreuz zeigen, aber das ist immer eine manuelle Schaltung durch das Wartungspersonal und passiert nicht automatisch.

Daneben sind IMU-Koppelspulen im regulären Einsatzgebiet der Zweisystemfahrzeuge auch noch an einigen weiteren Stellen im Eisenbahnnetz verbreitet, z.B.
- zur Ansteuerung der Zuglenkung, z.B. Abzweig Karlsruhe Rheinbrücke, oder per Standanforderung Anforderung der Fahrstraße nach Zugtrennung-/vereinigung in Ubstadt Ort
- zur Freischaltung von Fahrstraßen die nur von Stadtbahnfahrzeuge befahren werden sollen (definitiv am Hbf Richtung Albtalbahnhof, höchstwahrscheinlich auch in Söllingen der Abzweig in das AVG-Gleis, in Jöhlingen West eine Fahrstraße mit verkürztem Durchrutschweg, mit der auch bei einer Zugkreuzung bis an den Bahnsteig gefahren werden kann)


Weitere Infos finden sich auch in [5] und [6].

[1] Das ganze basiert immer noch auf der Originalprinzip aus den 60er/70er-Jahren - auf eine Basisfrequenz werden einfach zwei den Ziffern von 1 bis 9 entsprechende Frequenzen aufmoduliert, dementsprechend kann nicht zwischen beispielsweise 1-4 und 4-1 unterschieden werden, sodass effektiv nur 45 Kennungen (und als Sonderfall noch 0-0 für keine Kennung) übrig bleiben. Konvention in Karlsruhe ist, dass die erste Ziffer immer größer gleich der zweiten Ziffer ist.
[2] Für Anpassungen der Linienfahrwege müsse daher dementsprechend die ganzen Steuergeräte jeweils umprogrammiert werden.
[3] Wobei als neu hier alles ab den Stadtbahnwagen seit den 80ern zählt - bei den alten Fahrzeugen war das Bedienteil wohl zwei Drehschalter über die die Kennung direkt verstellt werden konnte, beim nachfolgenden Bedienteil hingegen gibt es zwei Auf-Ab-Schalter für die beiden Ziffern, die dann noch mit einem Start-Knopf aktiviert werden müssen.
[4] Es wird meines Wissens auch dann dunkel, wenn bei nicht gestellter Weiche der Weichensperrkreis belegt wird.
[5] Dehnert, H.; Dorbath, K.; Drechsler, Georg, Induktive Weichensteuerung bei den Verkehrsbetrieben Karlsruhe, in: Verkehr und Technik 12/1975, S. 442-446
[6] Walter Vögele, Die Geschichte des Weichenstellens, in: Der Weichenbengel 1/10, S. 43-48, und 2/10, S. 46-52

Re: [rnv] Rhein-Neckar

geschrieben von: Lokleitung

Datum: 06.05.20 15:19

In Rhein-Neckar hat man sich unter den damals fünf Verkehrsunternehmen gegen Ende der 1970er Jahre auf Weichensteuerung per IMU (Induktive Meldungs-Uebertragung) verständigt und dies nach und nach eingeführt - Ludwigshafen hat ab 1980 den Anfang gemacht und Heidelberg 1996 den den Abschluss.

Das System ist ähnlich des Karlsruher IAS-Systems. Etwa zwischen 11 und 15 Metern nach der Fahrzeugspitze befindet sich unter dem Fahrzeug eine quer zur Fahrtrichtung angebrachte Koppelspule (im Volksmund "IMU-Magnet" genannt), die eine im Fahrzeug eingestellte Linienkennung ständig abstrahlt. Ca 20-50 Meter vor den Weichen im Straßenbahnnetz ist das Gegenstück dazu im Boden montiert. Die Empfängerspule empfängt die Linienkennung und steuert die vorausliegende Weiche in die entsprechende Richtung. In den Weichensteuerungen sind die Kennungen der normalerweise dort verkehrenden Linien gespeichert, sodass für eine normale Linienfahrt ohne Umleitung o.Äh. der Fahrer nichts unternehmen muss und sich die Weichen im Fahrweg bei Überfahren der Empfangskoppelspule jeweils selbsttätig stellen.

Im Gegensatz zu Karlsruhe gibt es hier 100 unterschiedliche Linienkennungen (00 bis 99), die grundsätzliche Kennung entspricht meist der Liniennummer (Beispiel Linie 6 = Kennung 06, aber Linie 6A = Kennung 16). An den älteren Fahrzeugen werden die Linienkennungen per Drehschalter oder Tipptaster manuell eingestellt. In den jüngeren Fahrzeugen werden die Linienkennungen im IBIS-Gerät aus der Datenversorgung des ITCS übernommen, manuelles Einstellen ist dennoch möglich.

An einigen Verzweigungspunkten wird schon weit vor der entsprechenden Weiche die Kennung des sich nähernden Zuges durch eine zusätzliche Koppelspule ausgelesen, um z.B. die Vorrangschaltung einer Lichtsignalanlage an der Verzweigung zu aktivieren, für die Richtung, in die der Zug fahren wird.

Für Umleitungsfahrten oder für Fahrzeuge, die frei im Netz verkehren (Überführungsfahrten, Fahrschule, Sonderfahrten, Arbeitsfahrzeuge etc.) gibt es die drei Tasten "Links", "Mitte" und "Rechts", mit denen man die eingestellte Linienkennung übergehen kann. Um also an einer Weiche nach links oder rechts abzubiegen, drückt man beim Befahren der Empfangskoppelspule den Taster "Links" oder "Rechts". Der Taster "Mitte" ist nur an Abzweigen mit drei möglichen Richtungen wirksam, bei zwei Richtungen gibts immer nur "links" und "rechts". Das Drücken der drei Richtungstasten bewirkt das Absenden der Kennungen 97, 98 bzw. 99. An Haltestellen, wo der Fahrgastwechsel länger dauern könnte oder ggfs. Anschlüsse abgewartet werden müssen, sind am Halteplatz zwischen 9 und 12 Meter lange "Standanforderungsschleifen" im Gleis verlegt, wo der Fahrer bei Abfahrtsbereitschaft eine der Richtungstatsten (meist "Mitte") zur Anforderung des Abfahrtssignals betätigen muss. Diese wird dann von der Schleife empfangen und die vorausliegende LSA entsprechend angesteuert.

Für das Befahren der Strecken durch Stellwerksabschnitte (ESBO-Strecken der OEG und RHB und Tunnelstrecken in Ludwigshafen) werden die Kennungen bei der Einfahrt in den Stellwerksabschnitt in die Stellwerkssoftware eingelesen, mit dem Zug als "Zugnummer" mitgeführt und der Zug wird durch die Zuglenkung des Stellwerks entsprechend gelenkt.

Wenn ich mich richtig erinnere war auch der 1985 leihweise in Ludwigshafen eingesetzte Krefelder M8C #846 mit demselben System ausgestattet, allerdings ohne die Taste "Mitte".

Mit freundlichen Grüßen
Ralph Dißinger

"Wenn das 'gesunde Volksempfinden' an die Macht kommt, endet das oft im Weltkrieg.
Geist addiert sich nicht. Dummheit schon." Dieter Nuhr





5-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:05:06:15:32:53.

Re: [KS] Kassel

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 06.05.20 15:22

JanH schrieb:
Würde auf den stärker befahrenen Achsen aber auch zu einigen Betriebsbehinderungen führen. Stattdessen hat man ja (wie es zwischenzeitlich auch allgemein in der BOStrab gefordert ist) an LSAs die Fahrtstellung des Fahrsignals an die passende Weichenstellung gekoppelt.
Das ist absolut kein Problem. Beide fahren in die Kreuzung ein und der Zug, der durch eine Weichenfehlstellung in die Flanke fährt, rollt langsamer. Dazu muss die Ampelphase zwar um einige Sekunden verlängert werden, aber das ist kein Problem. An stellen, an denen beide Züge eine Flankenfahrt verursachen könnten, werden Vorfahrtsregelungen getroffen.

Das funktioniert so auch anderswo.

Re: [KS] Kassel

geschrieben von: Alexander Bolz

Datum: 06.05.20 20:27

Hallo,

mit Funk/Bake wäre ich mir da nicht so sicher. Nach meiner Kenntnis (die nicht stimmen muß) dient das Funk/Bake-System "nur" zur Ortung und für manche Lichtzeichenanlagen, und auch für die DFI-Anzeigen. Die Weichensteuerung müßte nach wie vor induktiv sein, die Schleifen sieht man vor jeder Weiche. Auch manche Signalanforderungen erfolgen darüber (z.B. am Bahnhof Wilhelmshöhe).
Früher gab es in den Fahrzeugen Taster für die drei Weichenstellungen, die aber in der letzten Stellung eingerastet blieben. Das hat man mal nach mindestens einem Unfall geändert, genauso wie die Anzeige der Weichenstellung, die hat früher nämlich dauernd geleuchtet. Und dann, müßte so Ende der 80er, Anfang der 90er gewesen sein, fuhr mal ein stadtauswärtsfahrender Wagen der Linie 5 am Auestadion ungewollt nach links in die Schleife (und in einen Pkw). Der Taster stand vom Rathaus her noch auf links, das Weichensignal leuchtete von der letzten Stellung her auf geradeaus, und der Fahrer hat es bei Annäherung nicht beobachtet. Die Weiche tat, was sie sollte, und stellte sich nach links.
Irgendwann später, könnte Mitte/Ende der 90er gewesen sein, wurden die Linienkennungen eingeführt und die Fahrer mußten nicht mehr jede Weiche selbst stellen.
Die eingleisigen Streckenabschnitte im BoStrab-Bereich haben wiederum Fahrdrahtkontakte (sind so vielleicht 20x10 cm kleine, graue Kästchen direkt über dem Fahrdraht).
Die Infrarotbaken kamen erst in den letzten Jahren auf, als die DFI-Anzeiger aufgestellt wurden. Und die erste Generation Niederflurwagen (und natürlich die N8) sind mit den Empfängern nachgerüstet worden.

Viele Grüße,
Alexander

Re: ? Weichensteuerungen verschiedener Betriebe

geschrieben von: GrgaW124

Datum: 07.05.20 07:55

Was für eine Meldungsübertragungssysteme sind in den verschiedenen Stätde eingesetzt?
Es gibt das VETAG-System und die Nachfolger von z.B. H&K - dies sind generell unidirektional.
Auf VETAG-Basis gibt's auch eine bidirektionale Variant.
Und sind noch die IMU-Systeme von z.B. Siemens.

Gruß aus Budapest

GrgaW124

Edit: Tippfehler korrigiert



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:05:07:07:55:47.

[J] Jena

geschrieben von: Nvd

Datum: 13.05.20 17:10

Mal als ein Beispiel, wo der Großteil der Weichen noch durch das Fahrerpersonal selbst zu stellen ist: Jena.

Die übers RBL versorgte Route hat hier keinen Einfluss auf die Weichen-Stellung. Das Fahrpersonal hat einen Drehschalter (GT6M) bzw. Tasten (Tramino) zu betätigen: Nach links für Gerade, nach rechts für Abzweig. Ausnahmen sind die Betriebshöfe sowie die (Zwischen-) Endstellen Winzerla und Lobeda-West (Bedienung durch Leitstellenpersonal - das Fahrpersonal fragt die Fahrt über Sprechfunk an -, über ein Bedienfeld bzw. liegen die Weichen in einer "Grundstellung" und Stellbefehle sind nur notwendig, wenn Fahrstraßen außerhalb dieser "Grundstellung" benötigt werden, z. B. in Lobeda-West auf das "Außengleis").

Sind Ampeln involviert, erfolgt die Anmeldung für die jeweilige Richtung aus dem zuvor für die betreffende Weiche abgegebenen Stellbefehl, nur selten stattdessen aus der Route (RBL). (Ampeln und BÜs ohne Weichen in der Nähe werden über Oberleitungskontakte, Schleifen oder aus dem RBL angesteuert. An einigen Stellen muss für selten genutzte Fahrtbeziehungen geschlüsselt werden.)

Längere, im Stand anzusteuernde Schleifen liegen an den Haltestellen Löbdergraben und Holzmarkt (im Jenaer Stadtzentrum), jeweils in Richtung Gleisdreieck Holzmarkt. Hier sind zeitweise Anschlüsse abzuwarten und man kann sich so zeitlich passend ein F5 für die zuvor angeforderte Fahrtbeziehung auslösen; die dadurch "Rot" erhaltende IV-Beziehung ergibt sich dann aus der bei der Einfahrt in die Haltestelle per Stellbefehl ausgewählten Stellrichtung der zugehörigen Weiche (z. B. Löbdergraben auf Abzweig führt zu IV-Rot für die Ludwig-Weimar-Gasse und den Löbdergraben, Löbdergraben auf Geradeaus führt nur zu IV-Rot für die Ludwig-Weimar-Gasse, entsprechend funktioniert das für die Haltestelle Holzmarkt).