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[C] Wir bauen ein A… (II)

geschrieben von: Blaulicht

Datum: 19.01.20 14:23

[C] Wir bauen ein A…

Hallo,

Frage: Wie würden wohl die Meisten den Teilsatz aus der Überschrift fortsetzten? Da kommt einem doch sofort das schöne neue Spiel aus Loriots Kultklassiker „Weihnachten bei Hoppenstedts“ Wir bauen ein Atomkraftwerk in den Sinn, selbstverständlich originalverpackt.
Aber darum soll es hier nicht gehen. Man kann den Satz auch mit „Wir bauen ein Arbeitsgerät oder einen Arbeitswagen“ ergänzen und darum soll es nun gehen.
Im ersten Teil ging es um ein Arbeitsgerät, konkret um einen Gleismesswagen.

[www.drehscheibe-online.de]

Heute soll ein weiterer Eigenbau vorgestellt werden. Zuvor muss aber nochmal bei Hoppenstedts vorbeigeschaut werden. Eine der dort behandelten technischen Neuerungen trägt den Produktnamen „Heinzelmann“ - es saugt und bläst der Heinzelmann …

Ein Fahrzeug mit ähnlichen Eigenschaften wurde zwischen 1964 und 1968 beim VEB Nahverkehr Karl-Marx-Stadt erstellt. Konkret handelt es sich um einen Weichenspülwagen auf Basis eines LKW-Fahrgestells.


1. Notwendigkeit des Weichenspülwagens

Im Straßenbahnbereich gibt es nicht wenige Tätigkeiten, welche körperlich anstrengend und reichlich schmutzbehaftet sind. Von je her war man bemüht diesem Übelstand mit den vorhandenen Mitteln und Möglichkeiten zu begegnen. Eine der Dreckarbeiten die hier gemeint war, ist das Weichenspülen.
Beim VEB Nahverkehr Karl-Marx-Stadt nutzte man einen Weichenspülwagen. Dieser war aber nur in der Lage den benötigten Wasservorrat mitzuführen, nicht aber Schmutz und Schmutzwasser aufzusaugen.

Der einfachste Weg (zumindest aus heutiger Sicht) wäre wohl, ein solches Fahrzeug zu bestellen oder ein artverwandtes Fahrzeug zu erwerben und an den geforderten Zweck anzupassen. Aber diese Möglichkeiten bestanden Mitte der 1960er Jahre in der DDR nicht so einfach. Mit mehrjährigem Vorlauf hätte man zumindest ein artverwandtes Fahrzeug erwerben können, aber diese Ausgaben konnte und wollte man nicht vertreten.

Natürlich musste sich der Einsatz eines weiteren Spülwagens für den Betrieb rechnen. Insbesondere vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Arbeitskräftesituation kam man innerhalb kurzer Zeit zu unterschiedlichen Ansichten.

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Bild 1: Betriebsinternes Schreiben zur Nutzungsermittlung für einen zweiten Weichenspülwagen vom 10. April 1964.

Das Vorhaben stieß offenbar auf fruchtbaren Boden und bis Anfang 1965 wurden die Vorstellungen zu den Funktionen des zweiten Weichenspülwagens konkretisiert.


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Bild 2: Betriebsinternes Schreiben betreffs Neuaufbaus des zweiten Weichenspülwagens vom 25. Januar 1965.

Wie aus dem Schreiben vom 25. Januar 1965 hervorgeht, hat man sich bei einem anderen Betrieb Anregungen für das Eigene zu erstellende Fahrzeug geholt. An dieser Stelle soll kurz der Werdegang des Weichenspülwagens verlassen werden. Beim VEB Energieversorgung Karl-Marx-Stadt gab es offenbar ein Fahrzeug, welches ähnliche Aufgaben übernahm wie der vorgesehene neue Weichenspülwagen.
Da kommen natürlich Fragen auf, wie zum Beispiel:
Welche Aufgaben hatte dieses Fahrzeug?
Welche Basis wurde für dieses Fahrzeug verwendet?
Wie sah dieses Fahrzeug aus?

Auf diese Fragen kann eine Antwort gegeben werden. Im Jahre 1954 wurde aus vielen Kleinbetrieben im Bezirk Karl-Marx-Stadt der VEB Energieversorgung Karl-Marx-Stadt gebildet. Im Jahre 1964 stand das zehnjährige Jubiläum an und aus diesem Grunde wurde eine 151 Seiten umfassende Festschrift erstellt. Schauen wir doch dort einfach mal rein.


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Bild 3: Auszug aus der Festschrift 1954-1964 - 10 Jahre VEB Energieversorgung Karl-Marx-Stadt. Für das Absaugen der Wassertöpfe und Hausanschlüsse stand eine Dieselkarre DK2004/M21 aus dem VEB Fahrzeugwerk Waltershausen mit Spezialaufbau zur Verfügung.

Ein Vorbildfahrzeug hatte man nun gefunden. Es war aber klar, dass eine Dieselkarre als Basis zu klein und zu langsam wäre. Bevor es aber richtig konkret wurde galt es für das Vorhaben Weichenspülwagen eine betriebliche Neuerer-Vereinbarung abzuschließen. Dies erfolgte im Jahre 1964.

Im Laufe des Jahres 1964 wurden die Planungen konkretisiert und auch die Fahrzeugbasis benannt. Demnach stand ein Lastwagenfahrgestell „Phänomen“ aus dem Phänomen-Werk Zittau (ab 1957 VEB Robur-Werke Zittau) mit zwei Tonnen Nutzlast zur Verfügung.
Schauen wir nun einmal in die handschriftlichen Aufzeichnungen vom Oktober 1965. Diese enthält auf Blatt 1 u.a. eine Angabe über den voraussichtlichen Wert des aufgebauten Fahrzeuges und im weiteren Verlauf eine Kostenaufstellung.


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Bild 4: Handschriftliche Aufzeichnungen vom 19. Oktober 1964 mit Kosten-Nutzen-Aufstellung.

Bis zum 1. Februar 1965 erfolgte der Abschluss der konstruktiven Vorarbeit. Der eigentliche Fahrzeugbau sollte im Jahre 1966 erfolgen, da bis dahin noch Material bestellt und beschafft werden musste.


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Bild 5: Abschlussbericht über die Neuerer Vereinbarung 365 „Neuaufbau eines zweiten Weichenspülwagens“ vom 30. April 1965.

Für den Weichenspülwagen benötigte man als Hauptteil einen Kessel. Da das Fahrzeug sowohl saugen als auch drücken (Wasser) sollte, war ein zweigeteilter Kessel vorgesehen. Auf Grund der geringen Zuladung des vorhandenen LKW-Fahrgestell musste der Kessel so dimensioniert werden, dass die zulässige Gesamtmasse des Fahrzeuges nicht überschritten wurde. Die Kesselzeichnung vom ursprünglichen Entwurf ist noch vorhanden.

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Bild 6.1: Entwurf für den ursprünglich geplanten einteiligen Zweikammerkessel, 1964/65.

Für diesen Kessel war jedoch der Bezug von Kesselausrüstungsgegenständen, wie Ballventile, Schaugläser usw. erforderlich. Zu diesem Zwecke nahm man 1965 Kontakt mit dem VEB Karosseriewerke Dresden auf. Hier wurden IFA S-4000 Fahrgestelle mit Sonderaufbauten versehen und instandgehalten u.a. auch Fäkalienfahrzeuge.

Im Laufe des Jahres 1967 ergab sich die Möglichkeit zwei Kesselgrundkörper zu beziehen. Die Idee: Aus zwei mach eins mit, Trennwand ausgerüstet und den zugekauften Kesselausrüstungsgegenständen. Auf Grund heute nicht mehr exakt nachvollziehbaren Gründen kam diese Ausführung letztlich nicht zu stande. Ende 1967 entschloss man sich das Fahrzeug mit zwei getrennt gelagerten Kesseln zu versehen. Wer dafür verantwortlich zeichnete und was einzelne Personen im Neuererkollektiv davon hielten dazu später.


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Bild 6.1: Eine leider an den Kanten beschnittene Zeichnung zeugt von der Weiterentwicklung aus der Einkessel-Anlage zur Zweikessel-Anlage, 1967/68.

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Bild 7: Handschriftliche Notiz bezüglich des Ersatzteilkataloges für Fäkalienfahrzeuge.

Der VEB Karosseriewerk Dresden antwortete im Juni 1965 bezüglich des Bezuges eines Ersatzteilkataloges mit dem Hinweis sich an den Hersteller der Saugwindkessel, den VEB Spezialfahrzeugbau Berlin-Adlershof zu wenden.

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Bild 8: Antwortschreiben des VEB Karosseriewerke Dresden vom 28. Juni 1965 bezüglich Ersatzteilkatalog für das Fäkalienfahrzeug.

Nachdem nun der Hersteller der Kessel für die Fäkalienfahrzeuge bekannt gemacht wurde, ging ein Anschreiben an den Hersteller. Am 29. November 1965 traf von dort ein Antwortschreiben mit dem gewünschten Katalog ein. Gleichwohl wurde mitgeteilt, dass man seitens des VEB SFW Berlin sich außer Stande sieht Teile, außer an die Vertragspartner, zu liefern. Der VEB Nahverkehr Karl-Marx-Stadt war kein Vertragspartner und somit vom Bezug der Teile ausgeschlossen.

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Bild 9: Antwortschreiben des VEB Spezialfahrzeugwerk Berlin vom 29. November 1965.

Wie sah nun das Produkt des VEB Spezialfahrzeugwerk Berlin aus? Ein Blick in die beiliegende Betriebsanleitung klärt auf.

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Bild 10: Bedienungsanleitung für den Fäkalienwagen-Aufbau S 4000-1, SW7c, Stand 1964.

Aus dem in der Bedienungsanleitung enthaltenen Ersatzteilkatalog konnte man teilweise auch den Hersteller von notwendigen Zusatzkomponenten erkennen. Ende des Jahres 1965 begann ein umfangreicher Schriftverkehr mit verschiedenen Komponentenherstellern.


2. Materialeinkauf

Für den Bau und die Ausrüstung der Kessel des Weichenspülwagens war es erforderlich umfangreiche Korrespondenz mit verschiedenen Komponentenherstellern zu führen. Im Folgenden soll auszugsweise einiges von diesem Schriftverkehr dargestellt werden.

2.1 Vakuumpumpe(n)

Die Beschaffung begann im Dezember 1964 mit der Vakuumpumpe. Hierzu wurde am 17. Dezember 1964 ein Schreiben an das Versorgungskontor für Maschinenbau-Erzeugnisse Magdeburg versandt. Mit Postkarte vom 22. Dezember 1964 bestätigte man den Eingang und die Weiterreichung an den VEB Vakuumpumpen- und Kompressorenbau Magdeburg. Die Lieferung von zwei (!) der gewünschten Pumpen erfolgte schließlich im Jahr 1966. Schauen wir einmal auf den hierzu erhaltenen Schriftverkehr mit schönen Briefbögen und Postkarten.


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Bild 11: Bereits am 22. Dezember 1964 bestätigte das Versorgungskontor für Maschinenbau-Erzeugnisse Magdeburg den Eingang des Karl-Marx-Städter Anschreibens und teilte zugleich mit, dass dieses an den VEB Vakuumpumpen- und Kompressorenbau Magdeburg weitergeleitet wurde. Diese Postkarte ist das älteste erhaltene Schriftstück bezüglich des Materialeinkaufes.

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Bild 12: Antwortschreiben des VEB (B) Vakuumpumpen- und Kompressorenbau Magdeburg an den VEB Nahverkehr Karl-Marx-Stadt vom 29. Dezember 1964. Zum Anhang gehörte ein Fragebogen, welcher aber nicht mehr vorliegt.

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Bild 13: Bereits am 2. Januar 1965 wurde der bereits oben angesprochene Fragebogen an den VEB Vakuumpumpen- und Kompressorenbau Magdeburg zurückgesandt.

Im Laufe des Jahres 1965 traf vom VEB Kompressorenbau Bannewitz, dem eigentlichen Produzenten der Vakuumpumpe (siehe auch Bild 10.10.) eine Zeichnung mit Teileliste für den Zellenverdichter (Vakuumpumpe) ein. Hieraus lässt sich erkennen, dass es nicht bei der reinen Vakuumpumpe bleibt, denn diese muss auch geschmiert werden.

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Bild 14: Übersichtszeichnung des Zellenverdichters (Vakuumpumpe) sowie der zwangsläufig mitbenötigten Schmierpumpe links.

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Bild 15: Mit Postkarte vom 21. April 1965 wurde der Auftragseingang für Vakuumpumpen (!) vom VEB Kompressorenbau Bannewitz bestätigt. Die Lieferung wurde für das Planjahr 1966 in Aussicht gestellt.

1966 war es dann soweit. Der seit Dezember 1964 laufende Beschaffungsprozess für die Vakuumpumpe(n) konnte mit Erhalt der Erzeugnisse sowie der zugehörigen Bedienungsanleitungen abgeschlossen werden.

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Bild 16: Bedienungsanweisung für Zellenverdichter der Type VZ 50/150 V für Fäkalienfahrzeuge.

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Bild 17: Bedienungsanleitung für die zum Zellenverdichter notwendige Schmierpumpe Typ D, produziert im VEB Armaturenwerk Roßwein.


2.2 Weitere Zukaufmaterialien

In den Jahren 1967/68 ging die Materialbeschaffung etwas umfangreicher weiter. Dies war teilweise auch der ursprünglichen Konstruktion mit einer Einkesselanlage und der notwendigen Entwicklung zur Zweikesselanlage geschuldet. Hier auszugsweise noch einige Beispiele.

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Bild 18 Teilerechnung der Leitstelle für Baumaschinen – Ersatzteile und Zubehör Cossebaude vom 12. Juli 1967.

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Bild 19: Rechnung des VEB Technische Gebäudeausrüstung Karl-Marx-Stadt über die Abgabe von zwei Boilern aus Überplanbeständen vom 30. November 1967.

Aber nicht alles konnte ohne weiteres, wenn auch mit langem Atem beschafft werden. Manches konnte man nur gegen Abgabe von Altbrauchbarem bekommen.

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Bild 20: Höchstdruckschläuche für den geplanten Weichenspülwagen wurden vom VVHB für Landmaschinen und Traktorenersatzteile Karl-Marx-Stadt nur gegen Abgabe von regenerierungsfähigem Material in Aussicht gestellt.

3. Investitionen 1967 und Entwicklung der Zweikesselanlage

Wie im Bild 6.1 und 6.2 bereits kurz dargestellt plante man zunächst die Ausführung des Kessels als Einkesselanlage mit Trennwand im Inneren. Vom VEB Technische Gebäudeausrüstung Karl-Marx-Stadt konnte man im November 1967 zwei Boiler für die Wasserversorgung von Häusern übernehmen. Diese bildeten schließlich die Grundlage für die weitere Kesselplanung und gaben den Werdegang zur Zweikesselanlage vor. Dennoch waren weitere Entwicklungsarbeiten und Investitionen notwendig.

Schaut man sich den weiteren Gang der Kesselanordnung für das Jahr 1967 an, so lässt sich erkennen, dass drei Anordnungsvarianten betrachtet wurden:
· beide Kessel längs hintereinander liegend
· vorderer Kessel quer, hinterer Kessel längs liegend
· vorderer Kessel stehend, hinterer Kessel längs liegend

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Bild 21: Auflistungen von Investitionen und Konstruktion der Zweikesselanlage 1967.

Es stellt sich die Frage, was war der eigentliche Grund für die letztendliche Planung einer Zweikesselanlage? Auch dafür findet sich ein Schriftstück. Der Grund: Man hatte genug vom Auftragnehmer für den Kesselbau, der Dampfkesselbau Gebrüder Weißbach KG in Karl-Marx-Stadt.

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Bild 22: Aktennotiz über den Grund des Überganges von der Einkessel- zur Zweikesselanlage und der Missbilligung dessen durch den Unterzeichner. Letztere scheint nicht ganz von der Hand zu weisen zu sein, denn der querliegende Wasserkessel ohne Schwallbleche wird bei Kurvenfahrt oder zügigen Lenkbewegungen bei Teilfüllung ordentlich drücken. Letztlich zählte aber das Wort des Technischen Direktors Uhlig zumal der Spülwagen auch zeitnah fertiggestellt werden sollte.

Zur Kesselanlage gehörten natürlich auch Rohrleitungen, Schläuche sowie Absperrventile. Auch deren Anordnung wollte geplant sein.

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Bild 23: Anordnungsschema für die Rohrleitungen und Absperrventile. Die Bedienung sollte komplett von der linken Fahrzeugseite aus erfolgen können.

Wie in Bild 22 dargelegt hatte man mit dem Produktionsgebaren der Firma Dampfkesselbau Weißbach KG die Nase voll und annullierte den Fertigungsauftrag am 13. November 1967.
Bei der Firma Weißbach versuchte man sich diesbezüglich offenbar dumm zu stellen, wie ein Anschreiben des VEB Nahverkehr Karl-Marx-Stadt vom 8. Januar 1968 vermuten lässt.

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Bild 24: Zweites Anschreiben an die Firma Weißbach bezüglich der Annullierung des Fertigungsauftrages für die Kesselanlage vom 8. Januar 1968.

Im Jahr 1968 gelang es schließlich den zweiten Weichenspülwagen fertigzustellen und zum Einsatz zu bringen. Das Fahrzeug erhielt die Betriebsnummer 2514 (2501-2551 = Gruppe der Spezial und sonstigen Kraftfahrzeuge) und war mit dem Kennzeichen TK 63-16 versehen. Er wurde über die Kostenstelle 21 (20er Nummern = Abteilung Gleisbau) geführt. Ab wann genau lässt sich heute ebenso wie die Einsatzdauer nicht mehr feststellen.
In der Fahrzeugbestandsliste des VEB Nahverkehr Karl-Marx-Stadt vom 1. Januar 1978 ist das Fahrzeug enthalten, in der Auflistung vom 1. Januar 1983 ist das Fahrzeug nicht mehr enthalten.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Weichenspülwagen 1 ebenfalls auf Basis des Garant K32 aufgebaut war. Er war mit dem Kennzeichen TK 77-26 versehen und trug die Betriebsnummer 2508.

Damit steuert der Beitrag nun auf sein Finale zu und es stellt sich die Frage wie sah denn das neue Fahrzeug nun aus? Diese Frage zu beantworten war schwieriger als gedacht. Letztlich fand sich eine Aufnahme in der Fotosammlung. Dies ist gegenwärtig die einzig bekannte Aufnahme von diesem Fahrzeug.

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Bild 25: Weichenspülwagen 2514, Kz.: TK 63-16 auf Basis eines LKW-Fahrgestell Garant-K32 beim Einsatz im August 1972 auf der Ernst-Thälmann-Straße (heute Reitbahnstraße) in der Haltestelle Annenstraße in Vorbereitung der Eröffnung der umgespurten Strecke nach Bernsdorf/Wartburgstraße.


4. Schlussbetrachtung

Im April 1964 formulierte man die Notwendigkeit für einen zweiten Weichenspülwagen. Um Kosten zu sparen und eine zügige Lösung anzustreben entschied man sich für eine Eigenkonstruktion. Da konnte noch keiner ahnen, dass dieses Unterfangen letztlich vier Jahre in Anspruch nehmen wird.
1968 viele Seiten Papier später und sicherlich auch um einige graue Haare reicher gelang es den Beteiligten das Fahrzeug fertigzustellen. Man konnte jetzt sagen: „Er saugt und bläst“ oder genauer drückt.

Wer genau mitgelesen hat, dem kommen sicherlich Fragen. Zum Beispiel im Abschnitt 2.1. ist in einigen Dokumenten die Rede von Vakuumpumpen, also mehreren. Benötigt wurde für den Weichenspülwagen aber nur eine. Was wurde mit der zweiten? Für die Antwort existiert ein Dokument aus welchem hervorgeht, dass diese zweite Pumpe an den VEB Energieversorgung Karl-Marx-Stadt abgegeben wurde.

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Bild 26: Anschreiben an die Energieversorgung, Technische Direktion Gas zur Übergabe der zweiten Vakuumpumpe vom 30. Dezember 1965.

Eine weitere Frage die aufkommt: Seit 1964 stand das LKW-Fahrgestell für den Aufbau des zweiten Weichenspülwagens zur Verfügung. Im Jahr 1968 wurde das Fahrzeug fertiggestellt. Blieb das Fahrgestell die ganze Zeit ungenutzt? Mit einem letzten Dokument soll die Antwort auf diese Frage geben und der Beitrag abgeschlossen werden.

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Bild 27: Handschriftliche Mitteilung vom 5. Januar 1965 über die zwischenzeitliche Nutzung des LKW-Fahrgestells, jetzt mit einer Pritsche versehen im Winterdienst.

MfG.

Blaulicht










2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:01:19:16:15:35.

Eine ganz großartige Geschichte! (o.w.T)

geschrieben von: Tw15

Datum: 19.01.20 15:00

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)

Re: [C] Wir bauen ein A… (II)

geschrieben von: hansol1

Datum: 20.01.20 07:58

Recht vielen Dank für diesen interessanten Artikel. Für alle die nicht in der DDR aufgewachsen waren, so funktioniert (oder besser nicht) eine Planwirtschaft.
Nachtrag: (etwas abschweifend) Da ich in der Region wohne, den früheren VEB Kompressorenbau Bannewitz gibt es noch : link



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:01:20:14:00:12.

Re: [Chemnitz] Wir bauen ein Arbeitsfahrzeug (II)

geschrieben von: Jan Bochmann

Datum: 20.01.20 09:00

Guten Tag,

hansol1 schrieb:
Recht vielen Dank für diesen interessanten Artikel.
Dem schließe ich mich an.

hansol1 schrieb:
Für alle die nicht in der DDR aufgewachsen waren, so funktioniert (oder besser nicht) eine Planwirtschaft.
Allerdings war hier wohl die Firma Weißbach der größte Problemfall, obwohl es landläufig hieß, die privaten seien effizienter und weniger bürokratisch als die staatlichen Betriebe.

Grüße,
Jan B.

Re: [C] Wir bauen ein A… (II)

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 23.01.20 14:45

Das sind ja schöne Berichte vom NVK.