Na ja, die 41 ist nur dann wirklich empfehlenswert, wenn man die vermutlich langsamste "Schnellstraßenbahnlinie" der Welt befahren möchte. Ich war letzten Sommer dort, der Gleiszustand war generell schlecht, weite Teile des Netzes wurden mit unter 30 km/h befahren (die Linie 41 hat auch nur auf wenigen Abschnitten mehr als Tempo 30 geschafft).
Die (bereits erwähnte) Linie 21 gibt eine gute Übersicht darüber, was die Stadt zu bieten hat: Beginnend am Rande des Piata Urinii (ääähm, Unirii, momentan Schleife Sf. Gheoghe, aber das kann wechseln) fährt sie erst durch diese typisch süd-ost-europäsche Kleinstadtbebauung (die Millionengrenze hat Bukarest erst nach dem 2. Weltkrieg überschritten), es gibt einzelne größere Bürgerhäuser, die allgegenwärtigen Plattenbauten, weiter außen auch Einfamilienhaussiedlungen und kleinere Industriegebiete (Führerstandsmitfahrt: [
www.youtube.com] . Dieser Kanal bietet generell Führerstandsmitfahrten von fast allen Straßenbahnlinien der Stadt)
Die Linie 16 (ex Sf. Gheorge) lässt sich mit der Linie 36 kombinieren, die einen zum heruntergekommen Lokalbahnhof Titan Sud bringt. Außerdem hat dieser U-Bahn-Anschluss. Man kann aber auch zurückfahren nach "Bulevardul Basarabia" (lt. Netzkarte) bzw. Soseaua Morarilor) (Besarabia ist das rumänische Wort für Moldavien, entsprechende Grafittis beziehen sich auf "Wiedervereinigungsforderungen"), man sieht die O-Busse an einer großen Kreuzung links im Gebüsch stehen, rechts ist ein MegaImage-Supermarkt. Hier kann man mit der O-Bus-Linie 79 zum Gara De Nord oder mit der 70 in die Innenstadt zurückfahren.
Die Linien 1 und 10 sind "mausförmige" Ringlinien, welche den gesamten "Bürgerstadtbereich" umfahren (mit Betonung auf Umfahren, man sieht hauptsächlich Plattenbauten und Industriegebiete). Sie sind Ringlinien mit einem "Schwanz".
Die Linie 42 fährt mit einem einzigen Kurs alle 66 Minuten und hat einige recht pittoreske Abschnitte (speziell in der Nähe der Metrostation "1 Mai"). Kann man auch mit der Ankunft der vorher erwähnten O-Bus-Linie 79 kombinieren.
Es gibt "70%-Niederflurwagen", die ausschließlich auf der 1 verkehren, "10%-Niederflurwagen", die auf der 10 sowie einigen anderen Linien fahren, Sechachser (ausschließlich Linie 8), ZR-Wagen (55 ist derzeit die einzige ZR-Linie, einzelne Wagen sind auch auf anderen Linien zu finden), Tatras (werden vom Depot Militari eingesetzt), der Rest sind die typischen V3A-Achtachser. Die einzigen Wagen mit richtig aufmachbaren Fenstern sind die Tatras, und von den Niederflurern abgesehen ist nichts klimatisiert. Es empfiehlt sich, ein starkes Deo einzupacken, wenn man bei warmen Wetter Trambahnfahren will.
Beim O-Bus gibts zwei Modelle, zum einen ca. 200 Ikarus 412-T, zum anderen 100 niederflurige Irisbus. Wie (fast?) alle anderen Busse sind es alles Solofahrzeuge, mir ist in 5 Tagen dort kein einziger Gelenkbus begegnet (bei einer Youtube-Führerstandsmitfahrt habe ich aber einen Gelenk-Bus gesehen). Klimatisiert sind hier auch nur die Irisbus.
Die Altstadt selber ist geprägt von Grill-Restaurants, Strip-Clubs und Beer-Houses. Sie ist etwa einen knappen Quadratkilometer groß, beinhaltet aber sonst nicht viele Sehenswürdigkeiten (ein altes Kloster, ein paar Kirchen, etc). Der Innenstadtbereich ist geprägt von wenigen "Burgoisen" Häusern und sonst eher kleinstadtmäßig bebaut. Außen gibt es massenhaft Plattenbauten sowie auch Einfamilienhaussiedlungen. Bukarest ist im Großen und Ganzen ein Kreis mit ca. 20 km Durchmesser, nicht vollständig ausgefüllt, aber mit über 2 Millionen Einwohnern, die weitestgehend in Plattenbauten komprimiert gehalten werden. Im Norden gibt es eine Art "Totarmring" (also eine Seenlandschaft, die vermutlich aus Totarmen eines Flusses entstanden ist), dieser stellt bedeutende Parkanlagen dar.
Apropos Kirchen, es lohnt sich, seine Mitfahrgäste zu beobachten. Sobald sie anfangen, sich hektisch zu bekreuzigen, ist irgendwo eine Kirche in der Nähe. Da Rumänien seine eigene Staatskirche hat/hatte, war diese von der religiösen Unterdrückung im Kommunismus nicht so betroffen (wenn auch zum Preis der Kollaboration), es gibt daher auch in den Plattenbausiedlungen viele rumänisch-orthodoxe Kirchen.
Auch die Umgebung der Metrostation "Eroii Revolutiei" fand ich interessant.
Die vor Jahrzehnten diskutierten Straßenkinder sind zwar selten, aber vorhanden. Die Armut ist nicht gar so offensichtlich wie in manchen anderen rumänischen Städten, aber ebenfalls vorhanden. Der Autoverkehr ist zwar wild, aber bisher haben alle Autofahrer gebremst, wenn ich plötzlich Richtung Fahrbahn losgelaufen bin. Dafür behindern sie den ÖPNV wo sie können, so dass (besonders zur HVZ) Bahnen mitunter mehrere Ampelphasen brauchen, um über eine Kreuzung zu kommen. Straßenhunde sind mir keine begegnet, aber dafür einige der ausgemergeltsten Katzen, die ich je gesehen habe.
Tickets habe ich relativ problemlos am Flughafen bekommen, die Schalterfrau (wie anderswo beschrieben älteres Semester) hat mir einen fleckig-speckigen Flyer in die Hand gedrückt, der aber immerhin englischsprachig war. Damit habe ich eine der wiederaufladbaren, Namensgebundenen Karten kaufen können. Metrokarten braucht man extra, aber ich hatte mich eh auf den Oberflächenverkehr konzentriert (die 4.5 Tage haben gereicht, um das Netz abzufahren und einige "Lieblingsstrecken" (1, 8, 11, 19) nochmal abzufahren. Den O-Bus habe ich nicht ganz geschafft.
Aushangfahrpläne gibt es nur wenige (u.a. Linien 1, 10, 21, 32 und noch ein paar), entlang der 55 gibt es ein paar Haltestellen mit "nächster-Zug-Anzeige". Die Weichensteuerungen sind entweder nicht vorhanden oder kaputt/ausgeschaltet, nur bei einer handvoll Weichen konnte der Fahrer in seiner Kabine bleiben. Viele Linien werden (zumindest nach westeuropäischem Standard) eher selten befahren, Google Maps oder die Seite des Betreibers kann aber als Anhaltspunkt dienen.
Die Metro war 2,5 Lei für eine Einzelfahrt und 5 Lei für Hin- und Rückfahrt. Es existiert ein geschlossenes Stationssystem (Zugangssperren), erstmal drin wird wohl nicht kontrolliert (viele Einheimischen haben ihre Tickets gleich nach Durchschreiten der Sperren weggeworfen). Man kann also für knapp 60 ct. das gesamte U-Bahn-Netz abfahren, sofern man es nirgendwo verlässt und die ca. 4 Stunden einplant, die das dauert. Auch die Metrolinie 1 hat "Mausform", an der Station "Dristor" bzw. "Dristor 2" muss man einen Fußweg zurücklegen, um umzusteigen. Einen Fußweg muss man auch am Piata Unirii zurücklegen, um von der M1/M3 zur M2 zu kommen. Die Altwagen Bauart "Astra" werden auf der M4 eingesetzt (sofern überhaupt), sonst fahren neuere, westliche Bauserien.
Vom Flughafen kommt man mit einem "Expressbus" in die Stadt. Damals gab es 2 zur Auswahl, inzwischen scheinbar 4. Die "Expressbusse" unterscheiden sich von den Normalen Bussen nur dadurch, dass sie mehr kosten, ansonsten halten sie an jeder Milchkanne (wann ist diese Fahrt endlich ZU ENDEEEEE?!?). Ich habe das Budapester Schnellbussystem sooo vermisst...
Gruss, sepruecom
Aus einem sozialistischen System ein kapitalistisches zu machen, ist, wie aus einem Omelett ein intaktes Ei zu machen (Unbekannter Verfasser)
Der gescheiterte US-Präsidentschaftskandidat John McCain zu seiner Nachtruhe: Seit seiner Niederlage schlafe er wie ein Baby: "Zwei Stunden schlafen, aufwachen und heulen, zwei Stunden schlafen". Quelle