Verehrte(r) Leser,

auf speziellen Wunsch eines einzelnen Herrn soll an dieser Stelle noch einmal Abschied von einem Teilstück einer der ältesten Dresdner Straßenbahnstrecken genommen werden.

Am 19.8.1882 erreichte die am 22.7. desselben Jahres eingerichtete vom Neumarkt kommende Pferdebahn über die am Zoo beginnende Verlängerung via T(h)iergartenstraße, Palaisstraße (seit vmtl. 1936 Franz-Liszt-Straße), die Wasastraße (bez. seit 1888 bis ca. 1970 und seit 1991) und den Wasaplatz (bez. seit 1888) den Gasthof "Goldene Krone" in der Dohnaer Straße.
Seit dem 18.12.1896 wurde der Streckenabschnitt Georgplatz - Strehlen elektrisch befahren.

Die Linie 5 verkehrte ab dem 10.5.1951 bis zur großen Liniennetzreform im Mai 1969 zwischen Übigau und Reick über die Wasastraße (von ca. 1970 bis 1991 als Prof.-Dieckmann-Straße bezeichnet).

Wie mit einem Bildverweis in einem anderen Themenstrang in diesem Forum bereits vermeldet wurde, konnte vor der Einstellung des Streckenabschnitts zwischen Tiergartenstraße und Wasaplatz über Franz-Liszt- und Wasastraße zum Betriebsbeginn des Folgetages am Nachmittag des Sonntags, des 13.1. dieses Jahres (Von wegen, der Dativ wäre des Genitivs Tod!) unter großer öffentlicher Anteilnahme "Abschied von der Wasastraße" genommen werden.

Trotz kurzfristiger Ankündigung in der Tagespresse und widrigster Witterungsverhältnisse ließ es sich die straßenbahnaffine Dresdner Bevölkerung nicht nehmen, die angekündigten zusätzlichen Linienfahrten der Linie 13 auf dem Abschnitt Straßburger Platz - Hugo-Bürkner-Straße regelrecht zu stürmen.
Von 13 bis 16 Uhr verkehrte stündlich ab Fučíkplatz der Gothazug 1512/1413 stilecht als Linie 5 nach Reick bis zum Abzweig der Linie 13 nach Leubnitz und zur folgenden halben Stunde von dort zurück.

Auch die der fotografischen Zunft nahestehenden Passanten traten sich auf der Wasastraße fast gegenseitig auf die Füße. Man konnte meinen, hinter jedem Baum lauerte ein schußbereiter Fotograf, ausgestattet mit den verschiedensten Kalibern. Unser bewährtes Fahrpersonal dürfte das Gefühl gehabt haben, regelrecht durchsiebt zu werden.

Da der Streckenteil in der Franz-Liszt-Straße seit den großflächigen Bombardements auf Dresden bei weitem nicht mit den sich in der Wasastraße bietenden Motiven mithalten kann, wurden dort meinerseits keinerlei Bilder aufgenommen.

In der Wasastraße drückte ich allerdings auch nur dreimal auf den Auslöser, schließlich boten sich auch auf dem übrigen Fahrtweg nicht gerade unfotogene Motive.

Stellvertretend für die Wasastraße sei hier das folgende Bild gezeigt. Im Hintergrund erhebt sich der ehemalige Königliche Bahnhof Strehlen über die Szenerie.

1512''' + 1413 | Wasastraße | 13.1.2019



Nicht nur gleismäßig hat die Wasastraße das Ende ihrer Lebensdauer erreicht, wie man auf dem Bild sieht. Für eine Liegezeit von fast 40 Jahren dürften auch die Großverbundplatten nicht konzipiert gewesen sein.
Der derzeit dort umleitungsbedingt stattfindende Busverkehr tut sein übriges.

Bereits im aktuellen Ausbaustandard präsentiert sich die Strecke östlich des Wasaplatzes mit an Haltestellen an die Bordsteinkante herangeführtem Gleis und niederflurgerechter Einstiegshöhe, hier an der Haltestelle Mockritzer Straße.

1512''' + 1413 | Lockwitzer Straße | 13.1.2019



Ein ähnliches Bild zeigt sich an der folgenden Haltestelle Hugo-Bürkner-Straße, Endhaltestelle für die Zusatzfahrten. In stadtwärtiger Richtung ließ der Straßenraum allerdings ausreichend Platz für eine Ausführung als Kaphaltestelle.

1512''' + 1413 | Lockwitzer Straße | 13.1.2019



An der Einmündung der Lannerstraße in die Lockwitzer Straße endete der bereits auf aktuellen Standard ausgebaute Streckenabschnitt.
Nach aktuellem Stand kurz nach der Sommersonnenwende wird dann alsbald die niederflurgerecht ausgebaute Haltestelle Wasaplatz erreicht sein und anschließend die über den Bahnhof Strehlen führende Neubaustrecke bedient werden.
Durch die Lannerstraße führte einst das Gleis der Blockschleife in Strehlen.

1512''' + 1413 | Lockwitzer Straße | 13.1.2019



Wie so oft, wenn der Straßburger Platz einen Linienendpunkt bildet, führten die Wendefahrten über den Fetscher- und Comeniusplatz zurück zum Straßburger Platz.
Vor der Kulisse des ersten Schulneubaus Dresdens nach dem Zweiten Weltkrieg durchfährt der Gothazug die Fetscherstraße und erreicht sogleich den Comeniusplatz.

1512''' + 1413 | Fetscherstraße | 13.1.2019



Bemerkenswerterweise wurde dem Gotha-ER-Triebwagen Nr. 1512 mit dem ihm betrauten Dienst zum wiederholten Male die zweifelhafte Ehre zuteil, einen stillzulegenden Streckenabschnitt zu verabschieden.
Bereits vor 20 Jahren wurde er zu solch einem Dienst eingeteilt.

1512''' | Altplauen | 26.9.1998



Da die geplante Stillegung der Strecke in der Wasastraße bereits seit mehreren Jahren bekannt ist, wurden hin und wieder die verschiedenen sich bietenden Motive bei Fotosonderfahrten berücksichtigt.
Im Falle einer Tatrafahrt wurde an die langjährigste Stammlinie dieses Streckenabschnitts erinnert. Die Liniennummer 9 erhielt die eingangs erwähnte Verbindung bereits mit Einführung der Liniennummern im Jahre 1904!

222 998-7 + 272 105-7 | Wasastraße | 27.5.2012



Zum Abschluß soll eine Aufnahme vom regulären Betrieb in der Wasastraße nicht fehlen. Sie zeigt die andere für diesen Streckenabschnitt typische Linie, nach den ganzen Regenbildern zur Abwechslung einmal bei Sonnenschein.
In den Monaten mit reichlich Vegetation ist von den die Wasastraße säumenden prächtigen Villen allerdings nicht viel zu sehen.

232 515-0 | Wasastraße | 22.7.2013



Da die Eröffnung der umverlegten Strecke derzeit für den Sommer geplant ist, bleibt zu hoffen, daß dann eventuell stattfindende Einweihungsfahrten bei schönstem Sonnenschein im Bild festgehalten werden können.
Für die Abschiedsfahrten war das Wetter allerdings auch nicht ganz unpassend.

Hiermit sei ein Gruß an den einzelnen Herrn nach Weixdorf gerichtet.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2019:01:28:12:49:10.

(Dieser Beitrag enthält keinen Text)