Das Ende der ersten Bremer Niederflurwagen kommt immer näher in Sicht. Noch befinden sich 16 Fahrzeuge im Bestand, 13 davon kommen regelmäßig im Linienverkehr in den Einsatz. Im Folgenden numerisch aufsteigend alle noch vorhandenen Fahrzeuge auf den Strecken wo sie auch heute noch angetroffen werden können.

Hauptsächlich erfolgt der Einsatz freizügig auf der Linie 4. Immer wieder verirren sich aber auch einzelne Fahrzeuge auf die Linie 1.
Dazu kommen noch die Fahrten der Linie 1S um 6.15 und 7.15 ab Tenever. (Der Kurs um 6.15 fährt um 7.34 eine zweite Fahrt als 1E um 07.34 ab Tenever zum Waller Friedhof). Eine Garantie gibt es hierbei nicht, aber die Wahrscheinlichkeit ist äußerst hoch.
Und zu guter Letzt bieten die E-Wagen zu Werder-Heimspielen immer eine gute Gelegenheit die Wagen nochmal im östlichen Abschnitt der Linien 2/3/10 zu sehen, einzelne Wagen fahren manchmal sogar bis Sebaldsbrück.


Bleiben wir gleich bei den Fußballwagen: Der dienstälteste GT8N 3007 fährt in die Haltestelle St.-Jürgen-Straße ein. Der Wagen hat bereits die erste Fuhre Fans zum Weserstadion gebracht und befindet sich auf der Rückfahrt zum Hauptbahnhof um die nächsten Fans abzuholen.



Komplettes Gegenteil zum Trubel bei Fußball im Viertel ist die Linie 4 im niedersächsischen Lilienthal. Der unfallbedingt etwas gerupft aussehende 3011 beim Durchfahren der Falkenberger Landstraße Richtung Bremen.



Fotografisch nahezu unplanbar ist der Fahrschulwagen 3017. Der Wagen ist nach einem schweren Unfall wieder aufgebaut worden und ist seitdem als festes Fahrschulfahrzeug unterwegs. Da die Fahrschule Mo-Fr von ca. 6 bis ca. 14 Uhr ausbildet kann man mit dem Fahrzeug in diesem Zeitraum quasi überall rechnen. Abgestellt wird der Wagen die restliche Zeit im Betriebshof Neue Vahr. Hier auf dem Weg Richtung Vahr Höhe Barbarossastraße.



Der einzig verbleibende "bunte" GT8N ist der grüne 3023, seit November ist auch der weiße Folienrest oben verschwunden, sodass der Wagen wieder ein schönes Motiv bietet.
Hier ein Motivklassiker auf der Wilhelm-Kaisen-Brücke.



Einige Haltestellen weiter befährt die Linie 4 die Hochstrecke in Richtung Arsten mit Querung des Autobahnzubringers. 3024 hat diesen Abschnitt bereits hinter sich gelassen und bremst für den Halt an der Haltestelle Sielhof ein.
Bedingt durch Personalmangel ist die angezeigte Linie 4S seit über einem Jahr nicht mehr gefahren. Es verkehrt in der HVZ nur die "langsame" 4 im 7,5Min Takt.



Während die Fußballfans im Stadion das Spiel verfolgen werden die Fußballwagen für diese Zeit in umliegenden Wendeschleifen und Betriebsgleisen abgestellt.
Bedingt durch die Sperrung des Zeppelintunnels Anfang April entfielen einzige dieser Abstellmöglichkeiten, sodass zwei Wagen auch am Bürgerpark abgestellt und von dort aus als Linie E wieder einsetzten, so auch der komplett rotköpfige 3033.
Aktuell ist der Wagen abgestellt, man darf aber optimistisch sein...



Seit der letzten Runde PKW-Bowling kommt auch 3042 ein wenig demoliert daher. Zusammen mit 3062 ist er der letzte Wagen der noch eine waschechte Vollwerbung erhalten hat bei der auch noch die Front entsprechend mit beklebt wurde. Auch zählt er zu den noch acht verbleibenden Wagen deren Antriebe analog zu den GT8N-1 auf IGBT-Traktionsumrichter umgebaut wurden, sodass das charakteristische Aufheulen beim Anfahren unterbleibt.



Auch 3055 hat sich in jüngerer Vergangenheit mit einem anderen Verkehrsteilnehmer angelegt und sich dabei sprichwörtlich eine blaue Nase geholt.
Hier befährt der Wagen das vor nicht mal einem Jahr erneuerte Rasengleis zwischen Huckelriede und Sielhof.



Wie eingangs schon angedeutet geraten gelegentlich auch mal GT8N auf die Linie 1. So verschlug es auch 3057 Mitte November auf die Bgm.-Smidt-Brücke.



Ein optisches Highlight bietet der Wagen 3059 mit seiner farbenfrohen Werbung für die Hochschule Bremen. Hier zu sehen bei der Bedienung der Haltestelle Rotes-Kreuz-Krankenhaus.



Noch einmal der Blick nach Niedersachsen. In Ermangelung an Platz für zwei Gleise verläuft die Linie 4 kurz vor ihrem Ende auf einem kurzen Abschnitt eingleisig. Betrieblich stellt dies bei einem maximalen 15-Min-Takt keine Probleme dar.
Wagen 3060 hat der eingleisigen Abschnitt fast durchfahren und wird in Kürze in die Haltestelle "Auf dem Kamp" einfahren.



Sprung an das andere Ende der Linie 4. Im winterlichen Grau-in-Grau leuchet der weiße Vollwerbe-GT8N schon regelrecht. 3062 bei Anfahrt auf die Haltestelle Heukämpendamm.



Im Oktober letzen Jahres pausierte auch der Wagen 3064 im Überholgleis in der Wendeschleife am Weserwehr um die Zeit zwischen An- und Abreiseverkehr zum Stadion zu überbrücken. Links daneben zieht gerade der inzwischen schon verschrottete 3065 als Plankurs in die Haltestelle vor.



Ein Paradebeispiel für Werbeschäden war auch lange der Wagen 3072. Inzwischen hat er so viel Folie verloren, dass es wieder halbwegs "richtig" aussieht. Hier schaufelt das Fahrzeug gerade Fußballfans nach Spielende vom Stadion in Richtung Hauptbahnhof



Als potentieller Kandidat für einen historischen GT8N ist der Wagen 3073 aktuell mit abgelaufenen Fristen zusammen mit den anderen Museumsbahnen in Sebaldsbrück abgestellt. Ein Jahr zuvor war der Einsatz von GT8N auf der 6 zwar nichts Ungewöhnliches aber auch nicht alltäglich. 3073 bei Anfahrt auf die Haltestelle Neuenlander Kämpe.



Der letzte im Bunde ist der Wagen 3076. Genau wie 3073 war das Fahrzeug bereits in Sebaldsbrück abgestellt. Da der Wagen aber noch Restfristen hat nutzt die Fahrschule ihn aktuell analog zu 3017. Hier ist der Wagen im Jahr 2021 abgestellt in der Balgebrückstraße zu sehen. Im Hintergrund bahnt sich der längst verschrottete 3022 an.






1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2023:09:17:17:39:30.

Danke für den Bilderbogen!

Irgendwie finde ich es immer noch bedenklich, dass die Wagen zum größten Teil keine 30 Jahre im Einsatz durchgehalten haben. Damit entfällt das Argument der Langlebigkeit von Straßenbahnwagen gegenüber Omnibussen.

Viele Grüße

Christoph

Christoph Heuer schrieb:

Danke für den Bilderbogen!

Irgendwie finde ich es immer noch bedenklich, dass die Wagen zum größten Teil keine 30 Jahre im Einsatz durchgehalten haben. Damit entfällt das Argument der Langlebigkeit von Straßenbahnwagen gegenüber Omnibussen.

Viele Grüße

Christoph

Dem schließe ich mich an. Allerdings ist es hier auch schon rauf und runter diskutiert worden. Insofern erübrigt sich jede weitere Diskussion.

Wo sind denn noch über 30 Jahre alte Omnibusse in nennenswerter Zahl im Einsatz?

Hallo Christoph,

das passiert halt, wenn man einen Fahrzeugtyp in großer Stückzahl kauft, ohne vorher Erfahrungswerte mit einem Prototypen zu sammeln. Es gab zwar den GT6N 801. Allerdings war das nur ein Dreiteiler.
Die Serie von insgesamt 78 Fahrzeugen ist vierteilig und weicht doch sehr stark vom 801 ab.
Als größte Schwachstelle hat sich das starre Gelenk in der Mitte erwiesen. Sobald der erste Wagenteil in eine Kurve einbiegt, gehen die Sägebewegungen durch den ganzen Zug. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Struktur der Wagenkästen. Insbesondere über den Türen mussten Verstärkungen eingebaut werden. Auch die Gelenkverbindungen und die Aufnahmen der Stoßdämpfer haben in erheblichen Maße gelitten.
Zudem hat man im Laufe der Einsatzdauer das Fahrplankonzept soweit verändert, dass die prognostizierte Laufleistung anstatt nach 30 Jahren, schon nach 25 Jahren erreicht wurde. Anstatt jährlich berechneter ca. 55.000 Kilometer, sind die Züge zwischen 80.000 und 90.000 Kilometer gelaufen. und haben teilweise eine Kilometerleistung von annähernd 2 Millionen Kilometern erreicht.
Ein weiteres Problem, das aber nicht nur Bremen betrifft, ist die mangelnde Langlebigkeit der Fahrzeugelektronik. So wurde ein Teil der Flotte mit neuen Fahr- und Bremssteuerungen ausgerüstet, da man für die ursprünglich verbaute Technik keine Ersatzteile mehr bekommen konnte.

Städte wie München und Nürnberg konnten von den Erfahrungen aus Bremen profitieren und haben ihre Vierteiler gleich mit einem "entkoppelten" Mittelgelenk bauen lassen. Dadurch werden die Kräfte, die in Kurven auftreten gleich im Mittelgelenk aufgefangen. Der Zug verhält sich in Kurven dann so, wie eine Kombination aus Trieb- und gekuppelten Beiwagen, nur dass man durch das doppelt so lange Gelenk hindurchgehen kann.

Die strukturellen Probleme der Bremer GT8N sind auch der Grund, warum man eine weitere angedachte Sanierung verworfen hat. Auch ließen/lassen sich die Züge nicht mehr verkaufen.

Mittlerweile ist man auch an einem Punkt angelangt, an dem die GT8N nicht mehr zeitgemäß sind. Sie sind für das Fahrgastaufkommen einfach zu klein.

Gruß aus Bremen
Dietmar


Christoph Heuer schrieb:

Danke für den Bilderbogen!

Irgendwie finde ich es immer noch bedenklich, dass die Wagen zum größten Teil keine 30 Jahre im Einsatz durchgehalten haben. Damit entfällt das Argument der Langlebigkeit von Straßenbahnwagen gegenüber Omnibussen.

Viele Grüße

Christoph

1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2023:05:31:12:10:14.

Das nicht, aber 15 Jahre locker, sind in vielen Städten noch im Einsatz. Die "Facelift"-Citaro beispielsweise wurden zwischen 2006 und 2011 gebaut und sind noch vielerorts zu finden.

Moin Dietmar

Vieken Dank für die ausführliche Beschreibung der Hintergründe.

Gruß Ralph

P.S. Danke natürlich auch für die schönen Bilder.

Dietmar Krebs schrieb:

Mittlerweile ist man auch an einem Punkt angelangt, an dem die GT8N nicht mehr zeitgemäß sind. Sie sind für das Fahrgastaufkommen einfach zu klein.

Zu klein für Bremen. Es gibt bestimmt Betriebe, für die die Wagen groß genug wären.
Da die Haltestellen in Bremen jetzt barrierefrei ausgebaut werden, verbleibt an immer mehr Haltestellen ein zu großer Restspalt, weshalb man die Fahrzeuge nicht mehr überall regelkonform einsetzen kann.

Schwarz-Fahrer schrieb:

Da die Haltestellen in Bremen jetzt barrierefrei ausgebaut werden, verbleibt an immer mehr Haltestellen ein zu großer Restspalt, weshalb man die Fahrzeuge nicht mehr überall regelkonform einsetzen kann.

Das Problem ließe sich ja noch ggf. durch den Einbau fester "Überbrückungsbretter" lösen...

Moin,

mit zu klein meinte ich, dass es zu bestimmten Zeiten auf den Linien 4 und 1, wo die letzten Wagen jetzt noch fahren, recht eng wird für die Fahrgäste. Wenn stattdessen ein 2,65 Meter breites Fahrzeug läuft, merkt man den Unterschied schon.

Bis alle Haltestellen barrierefrei ausgebaut sind, wird es sicher noch viele Jahre dauern. Im Moment sind lediglich die Endhaltestellen Gröpelingen (vollständig) und Huchting/Roland Center (teilweise) mit den hohen Bahnsteigen ausgerüstet. Hier gibt es jetzt einen für Rollstuhlfahrer zu großen Spalt zwischen Bahnsteigkante und Fahrzeug. Die Hebebühnen können hier nicht eingesetzt werden. Der Umbau in Gröpelingen hat zur Folge, dass im Ost-West-Netz (Linien 2, 3 und 10) keine GT8N mehr eingesetzt werden dürfen.

Außerdem müssen bei den 2,65 Meter breiten GT8N-1 (3101-3143, Bombardier Flexity Classic) die Quer-Sitze gegenüber den Türen 1 und 2 auf Längssitze umgebaut werden, damit ein Rollstuhlfahrer in Gröpelingen an Tür 2 einsteigen, sich im Fahrzeug mit ausreichend Platz bewegen kann und danach im Ost-West-Netz mithilfe des Hubliftes an Tür 1 wieder aussteigen kann. Bei den GT8N-1 wurden nämlich an allen Türen, außer an Tür 1 (die mit dem Hublift) Verbreiterungsleisten montiert, um die Lücke zwischen Bahnsteig und Wagen auf ein Minimum zu reduzieren. Nur die umgebauten GT8N-1 dürfen im Ost-West-Netz eingesetzt werden.
Auch bei den Bussen mussten wegen der hohen Bahnsteige in Gröpelingen Anpassungen vorgenommen werden, da auch hier der Hublift an Tür 1 nicht nutzbar ist. Die automatische Schranke im Innenraum zwischen dem Einstiegsbereich an Tür 1 und dem Fahrgastraum, die sich bei Betätigung des Hubliftes automatisch öffnete und schloss, wurde bei allen Bussen ausgebaut. Bei den ab 2019 gelieferten Bussen war diese Schranke gar nicht erst eingebaut worden.

Gruß aus Bremen
Dietmar
Schwarz-Fahrer schrieb:

Dietmar Krebs schrieb:

Mittlerweile ist man auch an einem Punkt angelangt, an dem die GT8N nicht mehr zeitgemäß sind. Sie sind für das Fahrgastaufkommen einfach zu klein.

Zu klein für Bremen. Es gibt bestimmt Betriebe, für die die Wagen groß genug wären.
Da die Haltestellen in Bremen jetzt barrierefrei ausgebaut werden, verbleibt an immer mehr Haltestellen ein zu großer Restspalt, weshalb man die Fahrzeuge nicht mehr überall regelkonform einsetzen kann.

Danke für deinen starken Bildbericht!
Hier der MIA-3072 am 23.02.2016 in Lilienthal:


Und 3062 am 19.09.2009 im Depot Bremen-Sebaldsbrück:


Viele Grüße,
Torsten



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2023:06:03:08:31:45.

Die 16 GT8N scheinen aber vom Gewicht her die innerstädtischen Brücken noch schonend befahren zu können. Ich mochte diesen Typ sehr gerne. Auch die Hansawaggons waren toll. Habe meine Abiturabschlußfahrt noch mit der Partybahn genossen. Heute fahren Nordlichter mit 44 Tonnen über Brücken, die 30-Tonner-LKW's nicht mehr befahren dürfen. Und die verlegten Schienen, sowie Anwohner durch Lärm und Erschütterung, leiden auch. Tolle Verkehrswende!? Manchmal ist weniger (Tonnage) mehr. Nicht nur bei Kraftfahrzeugen?!

Viele Grüße aus Bremen

Thomas