Hallo Olaf und Wolfgang alias "RuhrIndianer"!
Hier schreibt ein gebürtiger Neheimer, der heute direkt am schweizerischen Röstigraben wohnt und beide Befindlichkeiten - die von Neheimern und Hüstenern sowie die von Schweizern am Röstigraben - aus jahrzehntelanger Lebenserfahrung bestens kennt.
Die Stadt Neheim-Hüsten existierte von 1941 bis zum 31.12.1974. Dann schlossen sich die beiden Städte Neheim-Hüsten und Arnsberg bei der kommunalen Neugliederung zusammen. Das Ganze wurde ein grosses Geschacher: Das Rathaus steht in Neheim-Hüsten (genauer im Ortsteil Neheim), die zentrale Leitstelle der Feuerwehr ist ebendort. Damals wurde der Neheim-Hüstener Stadtdirektor auch Stadtdirektor der neuen Stadt, während der Arnsberger Bürgermeister für die neue Stadt im Amt blieb. Bei den sonstigen Ämtern und Amtsstuben wurde auf eine gleichberechtigte Verteilung geachtet. Neheim-Hüsten hatte damals 36.000 Einwohner, Arnsberg nur 22.000. Neheim ist der Einkaufsmagnet der Gegend, während Hüsten mitunter noch dörfliche Strukturen (und Denkweisen) hat (ich weiss, dass mir ein Hüstener für diesen Satz wahrscheinlich sofort ins Gesicht springen würde) und Arnsberg mehr und mehr abgehängt wurde. Beide Städte sind sehr unterschiedlich: Neheim-Hüsten ist traditionell eine Industriestadt, Arnsberg ist eine Verwaltungsstadt; das prägt auch die Mentalitäten.
Zum 1.1.1975 bekam Arnsberg dann allerdings den Vorteil des Namens, denn statt komplizierter Konstruktionen wie "Ruhrstadt" (jedoch Verwechslungsgefahr mit dem Ruhrgebiet, mit dem man nichts zu tun hat) oder "Ruhr-Möhne-Stadt" (ähnlich wie Lennestadt; die Möhne, bekannt durch ihre Talsperre, fliesst in Neheim in die Ruhr) oder "Ruhrtal" (analog zu Wuppertal) oder "Neheim-Hüsten-Arnsberg" oder "Arnsberg-Neheim-Hüsten" (oder dasselbe unter Wegfall von Hüsten, was die Hüstener aber nicht akzeptierten), entschied man sich schliesslich für den von der Geschichte, vom früheren Kreissitz sowie dem Regierungsbezirk her bekannteren gemeinsamen Stadtnamen "Arnsberg".
Die alten Kämpfe sind heute in Vergessenheit geraten, aber besondere Befindlichkeiten gibt es immer noch. Und was soll ein Neheimer schon in Arnsberg und was ein Hüstener in Neheim (obwohl sie alle zum Einkaufen dorthin fahren)?
Eisenbahnerisch interessant ist, dass der Bahnhof, der an der alten Stadtgrenze von Neheim und Hüsten auf Hüstener Gebiet liegt, seit Eröffnung der Eisenbahnstrecke (heute KBS 435) im Jahre 1870 "Neheim-Hüsten" hiess, also 70 Jahre, ehe die Doppelstadt überhaupt entstand. Das ist bis heute so geblieben. Das Schild stand hier so bis 2018 (ich habe irgendwo auch noch das frühere weisse Schild mit blauem Rand, habe es jetzt aber leider nicht gefunden).
Neheim-Hüsten Bahnhofsschild_klein
Auf dem Bahnhofsschild von Neheim-Hüsten hat man anlässlich des grossen Bahnhofsumbaus im Sommer 2018 - in kleinerer Schrift - erstmals noch ein "Arnsberg" vor den Bahnhofsnamen "Neheim-Hüsten" gesetzt. Das sieht jetzt so aus:
IMG_5305_klein
Daneben gibt es als nächsten Halt den Bahnhof "Arnsberg". Heute halten alle Züge auf der Strecke an beiden Bahnhöfen.
Vom Güterverkehrsaufkommen hatte Neheim-Hüsten früher erheblich mehr zu bieten, auch mit mehreren Zulaufstrecken von Nebenbahnen. Auch heute gibt es Güterverkehr an/ab Neheim-Hüsten, der überwiegend von der RLG (Ruhr-Lippe-Eisenbahn) betrieben wird. Jedoch kommen täglich auch ein oder zwei Züge der DB nach Neheim-Hüsten. Jedoch haben sie bei weitem nicht mehr die Länge wie in meiner Jugendzeit, als täglich mehrere beträchtliche Gz ankamen und abgingen. Bei den grossen Sturmschäden war Neheim-Hüsten ein wichtiger Holzverladeplatz, was jetzt nach der Bahnhofsumgestaltung und der Umwidmung eines Teils der DB-Gütergleise in einen P+R-Parkplatz nicht mehr möglich ist. Vom Jahr 2008 stammen aber diese Fotos:
N-H 2008-07-30-1
N-H 2008-07-30-3_klein
Arnsberg ist derzeit ein Punkt für Holzverladung, wo zuletzt mehrfach beim Rangieren ein Waggon auf derselben Weiche entgleiste (typisch Arnsberg, würde ein Neheimer sagen) und der Hagener Hilfszug Beistand leisten musste. Einige Jahre lang versuchte man, in Arnsberg eine Containerverladung aufzubauen. Die Veltins-Brauerei war da mit im Spiel. Schade, dass sich das nicht gehalten hat! Heute hätte die RLG in Neheim-Hüsten eigentlich die Möglichkeit und das Potenzial, eine Containerverladung zu machen, zumal eine Autobahnabfahrt 200 Meter vom Bahnhof entfernt liegt. Aber so weit scheint auch die RLG nicht zu denken.
Wenn wenigstens die Röhrtalbahn von Neheim-Hüsten nach Sundern, von der wir derzeit immer wieder schöne Holzzüge präsentiert bekommen, wieder Personenverkehr bekäme, wäre schon viel gewonnen!
Das als ein wenig Heimatkunde, verbunden mit Geschichte und eisenbahnerischem Geschehen!
Das Entsprechende schreibe ich jetzt nicht über den schweizerischen Röstigraben, eisenbahnerisch die Grandfey-Brücke zwischen Fribourg und Düdingen. Das würde noch länger. Allerdings sind die Fotos von dort weitaus schöner. Deshalb stelle ich drei Fotos von der Grandfey-Brücke, die den Röstigraben (den Fluss namens Saane bzw. französisch Sarine) überquert, noch hier ein, aufgenommen im Sommer 2019.
Zunächst ein IC auf der schweizerischen Hauptlinie Genf - Lausanne - Fribourg - Bern - Zürich - St. Gallen, hier auf dem Weg zwischen Fribourg und Bern:
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Dann ein Interregio Genf - Lausanne - Fribourg - Bern - Luzern:
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Und zuletzt die S1 der Berner S-Bahn, die von Thun über Bern nach Fribourg verkehrt:
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Das war's. Für Fragen oder Kommentare stehe ich gern bereit.
Herzlichen Gruss in alle Richtungen
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.04.21 10:11.