Moin.
Machen wir mal weiter, sonst ist diese Serie noch nicht fertig, wenn die nächste beginnen soll. ;-) Die beiden ersten Teile über Knautnaundorf und Oberhof erreicht ihr über mein Beitragsverzeichnis, siehe Link in der Signatur.
In unserem heutigen Zielbahnhof halten planmäßig noch immer sechs Züge je Stunde - und Richtung. Der Verlust von zwei Zügen je Stunde und Richtung rechtfertigt in meinen Augen aber durchaus die Aufnahme in diese kleine Serie. Denn mit dem Fahrplanwechsel im vergangenen Dezember endete nach 55 Jahren und 88 Tagen das Provisorium des Fernbahnhaltes in Berlin-Karlshorst. Die Geschichte des Bahnhofs hat Michael Dittrich in der
DREHSCHEIBE 284 geschildert, diesen Aufsatz kann ich wärmstens empfehlen. Ich greife einige Punkte heraus.
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Karlshorst in ein Stadtteil von Berlin, bekannt vielleicht durch die Rennbahn oder das einstige Hauptquartier der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland. Eisenbahnmäßig liegt es an der Hauptstrecke zwischen Berlin und Frankfurt, der dritte S-Bahnhof hinterm Ostkreuz. Die Strecke wurde am 23. Oktober 1842 eröffnet, 1857 kam das zweite Gleis. Schon vor 1900 begannen die Arbeiten zum viergleisigen Ausbau im Raum Berlin, hierdurch sollte der immer stärker werdende Vorortverkehr eigene Gleise erhalten. Man nutzte die umfangreichen Arbeiten, die in der Eröffnung am 1. Oktober 1902 mündeten, gleich zur Höherlegung der Gleise. Karlshorst erhielt hierbei eine Kehranlage, um Extrazüge zur Rennbahn fahren zu können. Seit dem 7. Oktober 1928 besteht auf den Vorortgleisen elektrischer Betrieb.
Karlshorst selbt ist recht jung, es wurde erst 1895 (da noch als Carlshorst) gegründet. Aber schon 1854 gab es eine erste, provisorische, Station für den Rennbahnverkehr. Diese lag weiter östlich als der Bahnhof, an der heutigen Verlängerten Waldowallee. Ebenfalls für den Rennbahnverkehr wurde am 6. Mai 1894 ein eigener Bahnhof, der Rennbahnhof, in Betrieb genommen. Er liegt südlich der Hauptstrecke auf der Westseite der Treskowallee. Es war ein Kopfbahnhof mit sieben Gleisen im Anschluß an den damaligen Rangierbahnhof. Das Empfangsgebäude steht noch heute. Neben dem Rennbahnhof konnte am 1. Mai 1895 der erste Vorortbahnhof in Betrieb genommen werden. Der heutige S-Bahnhof entstand zwischen 1899 und 1902.
Die Veränderungen nach Kriegsende 1945 waren stark, die S-Bahn-Gleise zwischen Ostkreuz und Erkner wurden komplett abgebaut. Die Ferngleise nicht, das nördliche Gleis erhielt bekanntlich russische Breitspur. Am 6. Mai 1945 erreichte diese den Schlesischen Bahnhof. Aber schon bald erfolgte der Rückbau. Bekanntester Fahrgast in der Zwischenzeit war der Sohn eines Schuhmachers aus Gori, der (also der Sohn) nach Potsdam reiste. 1948 fuhr die S-Bahn wieder, zunächst nur eingleisig. Die Zweigleisigkeit erreichte vom Betriebsbahnhof Rummelsburg kommend Karlshorst am 30. April 1951. Bis Köpenick kann seit dem 3. August 1951 wieder auf beiden S-Bahn-Gleisen gefahren werden, weiter bis Erkner erst seit dem Sommerfahrplan 1960. Ein paar andere S-Bahn-Strecken der Berliner S-Bahn sind nach den Rückbauten nach Kriegsende noch immer eingleisig.
Nach der sowjetischen Besatzung wurde die Gegend nördlich des Bahnhofs zum Sperrgebiet. Daher mußte der Nordeingang geschlossen werden. Stattdessen baute man einen Eingang von Süden her. Dem mußte die Fahrkartenausgabe weichen, der wiederum wich der Westeingang, unter den Brücken zur Treskowallee.
Im Rahmen der Abgrenzung der DDR zu West-Berlin gab es Überlegungen, in Karlshorst einen richtigen Fernbahnhof neuzubauen. Daraus wurde jedoch nichts, stattdessen konnten ziemlich genau einen Monat nach dem Mauerbau zwei Bahnsteige an den Ferngleisen dem Betrieb übergeben werden. Beide hatten 280 Meter Länge und waren somit auch für Fernzüge geeignet. Der Bahnsteig in Richtung Frankfurt entstand auf der Böschung des Bahndammes, der in Richtung Berlin auf dem Planum des S-Bahn-Gleises nach Erkner. Das wurde auf das südliche Gleis der Kehranlage, die somit nur noch ein Gleis aufwies, verschwenkt. Zunächst war dieser Bahnsteig vom S-Bahnsteig nur über einen Bahnübergang zugänglich. Der wurde später durch eine Brücke ersetzt. Gleichzeitig mit dem Bau der Fernbahnsteige wurde von der Südseite des Bahndamms ein zweiter Bahnsteigzugang gebaut. Eine Verlängerung auf die Nordseite unterblieb - dort war noch Sperrgebiet. Das verschwand schon wenig später, somit war der Weg für die Verlängerung des Tunnels nach Norden frei. Sie erfolgte dann auch am 4. Mai 2011.
Die Fernbahn hat seit 1985 elektrischen Betrieb. Zunächst innerhalb Berlins, nach Frankfurt erst seit 1990. 2013 konnten die Brücken über die Treskowalle neugebaut werden. Die Originalbrücken waren schon 2007 durch Hilfsbrücken ersetzt worden, da sie in keinem guten Zustand mehr waren. Noch nicht durchgeführt ist die Verbreiterung der Straße. Am 27. Februar 2015 konnte der Bahnhofszugang auf der Westseite der Treskowallee dem Betrieb übergeben werden - er führt zwischen den S-Bahn-Gleisen auf einer eigenen Brücke über die Straße.
Die Fernbahnsteige werden demnächst abgerissen. Das zweite Kehrgleis kommt jedoch nicht zurück, stattdessen bekommt das existierende Podeste. Ferner ist vorgesehen, den S-Bahnhof komplett zu sanieren.
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Ich war am 8. November 2017 vor Ort. Fürs erste Bild sagen die Daten 09:10 Uhr. Somit ist mit tiefstehender Sonne, heftigem Gegenlicht und langen Schatten zu rechnen. Damals fuhr die S-Bahn nach den Bauarbeiten am Ostkreuz schon wieder bis auf die Stadtbahn. Der Fernbahnsteig wurde halbstündlich durch die Züge von Wünsdorf und Schönefeld nach Dessau und Nauen bedient, die RE-Züge nach Frankfurt fuhren, wie auch der Fern- und Güterverkehr durch. Ach ja: Der Fernbahnhalt in Karlshorst fiel dem Fernbahnhalt unten am Ostkreuz zum Opfer.
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BKH01 by Sören Heise, auf Flickr
1 Nachfrage bestand.
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2 Nachschuß. Links die Brücke zum stadteinwärtigen Fernbahnsteig.
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3 Ein Teilnehmer der Aktion „Roter Punkt”: 481 185.
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4 Die Fernbahnsteige waren versetzt zueinander angeordnet.
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5 Blick zurück. Im Rahmen der Brückenbauarbeiten wurde dieser Bahnsteig leicht nach Frankfurt hin verschoben. Man erkennt den Belagwechsel auf Höhe der Uhr. Dabei verschwand der zweite Bahnsteigzugang, dicht an der Treskowallee.
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6 Wartehalle mit Entwerter.
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7 Durchfahrt I.
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8 Ausgang.
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9 Eingang.
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10 Jenseits der Treskowallee der Rennbahnhof.
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11 Der Südausgang.
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12 Stellwerk Kh.
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13 Parkplätze am Südzugang, Südseite.
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14 Der Südzugang, Nordseite.
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15 Der Tunnel ist unspannend, so dass wir uns gleich auf den S-Bahnsteig begeben. Bei der bevorstehenden Sanierung soll der Zugang ein Dach bekommen.
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16 Bahnsteigbild der S-Klasse.
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17 Durchfahrt II, 233 176 stand dran.
BKH18 by Sören Heise, auf Flickr
18 Kein Hochstativ, wie unschwer zu sehen ist.
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19 Brückenbild, ohne Zug.
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20 Die S-Bahn-Gleise gen Erkner.
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21 Für die Aufnahme des Fernbahnsteiges wenige Meter weiter rechts gab es dann für die Kamera ein Sonnenschutzmittel.
BKH22 by Sören Heise, auf Flickr
22 Die Internetseite [touchandtravel.de] funktioniert!
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23 Brücke zum S-Bahnsteig.
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24 Am Ende des Bahnsteiges ist der Bahnsteig nicht zu Ende.
Der erste Haltepunkt lag noch ein paar Meter weiter hinten.
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25 Ein Bahnsteigbild, für Klaus.
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26 Kein roter Punkt.
BKH27 by Sören Heise, auf Flickr
27 50 80 36-33 091-0 D-DB. Ein DABbuzfa760. Beachte auch die beiden DBuz mit Fallfenstern dahinter.
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28 „Zug nach Westkreuz”.
BKH29 by Sören Heise, auf Flickr
29 Der Zugang zum stadtwärtigen Fernbahnsteig. Da wir gerade hier sind, nehmen wir den restlichen Bahnhof auch gleich mit.
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30 Da haben wir im Prinzip einen klassischen S-Bahnhof mit Mittelbahnsteigdach.
BKH31 by Sören Heise, auf Flickr
31 Das Häuschen der Aufsicht ist verrammelt.
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32 Unterm Dach. In der Mitte ein drittes, jüngeres, Bauwerk.
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33 Ausfahrt gen Ostkreuz.
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34 Ein letztes Bahnsteigbild.
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35 Der neue Westausgang.
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36 Unten.
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37 Hermann Duncker und der Rennbahnhof.
Von 1961 bis 1992 hießt die Treskowallee nach dem Mitbegünder des Spartakusbundes und der Kommunistischen Partei Deutschlands (1874-1960). Das Denkmal wurde 1976 aufgestellt.
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38 Schmale Straße, breite Brücke.
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39 Richtung Friedrichsfelde teilen sich Straßenbahn und Autoverkehr die Fahrspur unter der Brücke.
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40 Eingang der Rennbahn.
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41 Alibibild von im Bahnhof. Der Nordzugang war gerade gesperrt.
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42 Außenansicht.
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43 Am Fußweg ein paar Verkaufsstände.
BKH44 by Sören Heise, auf Flickr
44 Wie die Fernbahnsteige sind auch die Straßenbahnhaltestellen versetzt zueinander angeordnet.
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45 Ein Blick zurück. Der moderne Fußgängersteg dominiert die Brücken über die Treskowallee.
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Soviel aus Karlshorst. Ich hatte keine Absicht, den Beitrag heute einzustellen. Am Tag, an dem die Berliner Mauer so lange nicht mehr existiert, wie es sie gab. Es hat sich aber so ergeben. Aber ohne den mauerbedingten Fernbahnhof wäre ich ganz sicher noch nicht dagewesen.
Viele Grüße
Sören