Hallo alle miteinander!
Neben den Straßenbahnen um Kleve und den straßenbahnähnlichen Kleinbahnen um Wesel, Rees und Emmerich gab es auch drei 750mm-spurige Dampftrams, die von den Niederlanden her nach Deutschland führten. Eine Übersichtskarte des einst 200 Kilometer umfassenden Gelderschen 750mm-Netzes mit den drei nach Deutschland führenden Strecken findet man hier: [
de.wikipedia.org].
Alle drei nach Deutschland führenden Bahnen wurden von unterschiedlichen Gesellschaften gebaut, die in der Folge des ersten Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise in der Geldersche Stoomtram- bzw. Tramweg-Maatschappij (GSM/GTM) aufgingen. Zum Einsatz kamen die typischen Kastendampfloks, aber auch „normale“ C-Kuppler und D-Kuppler mit Klien-Lindner-Hohlachsen. Den Personenverkehr versuchte man mit DWK-Triebwagen zu rationalisieren, die aber technisch noch nicht ausgereift genug waren, so dass der Personenverkehr schon in den 20er/30er Jahren wieder weitgehend eingestellt und durch Busse ersetzt wurde. Der letzte Streckenabschnitt auf niederländischer Seite wurde 1957 eingestellt. Die in dem Jahr stattfindenden Abschieds-Sonderfahrten zwischen Doetinchem und Doesburg gelten als Vorläufer späterer Museumsbahnfahrten und fanden damals sogar Erwähnung in der niederländischen Wochenschau: [
www.youtube.com]. Der im Film gezeigte Sonderzug sowie zwei weitere Henschel-Kastendampfloks sind im Schmalspurbahnmuseum Valkenburgse Meer ([
www.stoomtreinkatwijkleiden.nl]) sowie im Henschel-Werksmuseum in Kassel erhalten geblieben. Weitere sehenswerte Filmaufnahmen dieses Kleinbahnnetzes findet man u. a. hier: [
www.youtube.com], [
www.youtube.com] und hier: [
www.openbeelden.nl] Weitere (deutschsprachige) Literatur bietet neben entsprechenden Wikipedia-Artikeln dieser Essay: [
www.museumseisenbahn.de]
Vorstellen möchte ich hier nur die Streckenabschnitte, die auf deutschem Gebiet verliefen. Die Bilder entstanden allesamt im April 2014.
Die östlichste der drei 750mm-Strecken führte von Lichtenvoorde über Aalten nach Bocholt und wurde auf deutscher Seite 1910 eröffnet. Sie gehörte zur Geldersch-Westfaalsche Stoomtram Maatschappij (GWSM) und wurde auf deutscher Seite als formal eigenständige Kleinbahn konzessioniert. Der deutsche Streckenteil war etwa zehn Kilometer lang.
Der Verkehr entwickelte sich anfänglich gut, doch bereitete der Kriegsausbruch 1914 dem florierenden Verkehr zu den Bocholter Textilfabriken ein jähes Ende. Zwar wurde der Verkehr 1915/16 noch mal für kurze Zeit wieder aufgenommen, kam aber danach nicht wieder in Gang, nicht zuletzt auch wegen der fehlenden Gleisverbindung zum Bocholter Staatsbahnhof. Zwar baute man später diese Verbindung im Bocholter Stadtgebiet südlich um die Innenstadt herum, nahm sie aber nie in Betrieb. Nachdem sich Pläne, die Bahn wieder in Betrieb zu nehmen, endgültig zerschlagen hatten, wurden die Gleise 1937 auf deutscher Seite entfernt, auf niederländischer Seite hingegen hielt sich der Dampftrambetrieb im Güterverkehr um Lichtenvoorde noch bis 1953.
Wir beginnen am Staatsbahnhof in Bocholt: Ähnlich wie im benachbarten Borken ist Bocholt heute per Schiene nur noch aus Süden vom Ruhrgebiet her erreichbar. Das Gleis endet heute stumpf am Bahnsteig des Staatsbahnhofs:
Das Stationsgebäude ist gut gepflegt und wird heute als Stadtbibliothek genutzt:
Der Bahnhofsvorplatz: Hier hätten die Züge der GWSM beginnen sollen. Sie wären Richtung Niederlande auf den Betrachter zugefahren:
…und dann auf dem Südring (Ebertstraße) um die Bocholter Innenstadt und an der St. Josefkirche vorbei:
Westlich der Altstadt der Blick zurück Richtung Bahnhof: Die Bahn hätte dann die Bocholter Aa im Vordergrund überquert (das Fehlen dieser Brücke verzögerte die Verlängerung letztlich):
Der Blick in die andere Richtung: Im Bereich dieser Kreuzung begann dann der Teil der Bahn, der letztlich auch betrieben wurde: Laut alter Messtischblätter lag der Kleinbahnhof links, und die Bahn bog dann um das heutige graue Wohn- und Geschäftshaus rechts nach hinten ab und führte aus der Stadt hinaus:
Die Bahn fuhr nun auf der Dinxperloer Straße stadtauswärts:
Ein Stück weiter der Blick entlang der Dinxperloer Straße stadtauswärts: Alten Messtischblättern zufolge lag das Gleis am linken Straßenrand: Die umgebende Bebauung dürfte erst nach dem Ende der Bahn entstanden sein:
Bei der Einmündung der Bocholter Westrings der Blick zurück: Ob und wo die Bahn Halte- und Ladestellen im Bocholter Stadtgebiet besessen hat, konnte ich nicht ermitteln:
Der Blick stadtauswärts:
Die frühere Ortsdurchfahrt durch Holtwick (Blick zurück nach Bocholt):
Blick Richtung Grenze:
Kurz hinter der Brücke über den Holtwicker Bach der Blick zurück:
Der Blick in Richtung Grenze: Hier, am Kreisel, bog die Bahn nach rechts ab und folgte nun der Hamalandstraße:
Rund einen Kilometer weiter der Blick zurück: Rechts, am Gehöft Wissing, befand sich ein Haltepunkt vor dem Gebäudekomplex, der heute noch nach Agenturkneipe und Landhandel aussieht:
Der Blick Richtung Grenze: Die Bahn lag wahrscheinlich weiter links am Straßenrand:
Einen Kilometer weiter, beim Gehöft Husstette, der Blick Richtung Grenze:
Der Blick zurück: Auch hier war ein Haltepunkt. Im Gasthof hinten rechts konnte man wahrscheinlich die Fahrkarten kaufen:
Rund einen Kilometer weiter der Blick Richtung Grenze:
Der Blick zurück: Hier, vor dem Gehöft Frentrop, befand sich der letzte Unterwegshalt vor der Grenze:
Unmittelbar vor der Grenze verdichtet sich die Bebauung wieder (Blick zurück nach Bocholt): Die Gebäude dienten vermutlich hauptsächlich der Abwicklung der Zollangelegenheiten und der Behausung der dafür notwendigen Beamten:
Der Blick in Richtung Grenze: Dort, wo die Fahrbahn heller wird und der doppelte Mittelstreifen anfängt, beginnen die Niederlande:
Etwas weiter westlich von Lichtenvoorde/Bocholt lag die Geldersche Stoomtram Maatschappij (GSM, später GTM), die bereits ab 1903 eine Verbindung zwischen Terborg, Gendringen und Isselburg geschaffen hatte. Anders als die Bocholter Bahn wurde diese Bahn auch nach dem ersten Weltkrieg noch grenzüberschreitend betrieben, sowohl im Güterverkehr (hauptsächlich Kohlentransporte), als auch im Personenverkehr (Arbeiter zur Isselburger Hütte). Hier kamen in den 20er Jahren hauptsächlich DWK-Triebwagen zum Einsatz, doch bereits 1931 wurden sie auf deutscher Seite durch Busse ersetzt. Nach der Besetzung der Niederlande 1940 wurden deren Treibstoffe streng rationiert und der Personenverkehr auf der Schiene erlebte ein Comeback. Erst die einsetzenden Kampfhandlungen 1944 beendeten den Bahnverkehr nach Isselburg-Anholt dauerhaft.
Wie bei Bocholt sind auch von dieser Bahn heute (zumindest auf deutscher Seite) kaum mehr Spuren erkennbar. Allerdings gibt es eine Modellbahnergruppe, die sich die Bahn zum Vorbild genommen hat: [
www.heimatkreis.com]. Im vergangenen Jahr widmete man in der Stadt Anholt diesem Bähnchen obendrein eine eigene Ausstellung: [
www.derwesten.de]. Der auf deutscher Seite verlaufende Streckenteil war etwa sechs Kilometer lang.
Die Bahn begann am früheren Staatsbahnhof von Isselburg-Anholt an der Strecke von Empel nach Bocholt. Auch diese Bahnverbindung ist längst Geschichte, aber die Trasse ist noch recht gut auszumachen. Hier die frühere Ausfahrt aus Isselburg-Anholt Richtung Empel:
Ein alter Kilometerstein hat die Zeit überdauert:
Der Blick in die andere Richtung: Das Bahnhofsgelände ist heute von Gewerbetrieben überbaut: Von links mündete die Kleinbahn ein:
Nur das Bahnangestellten-Wohnhaus erinnert noch an den früheren Bahnhof:
Hier stand das Staatsbahn-EG, Blick Richtung Bocholt: Die Kleinbahn-Umladegleise lagen links dahinter auf der anderen Seite der Staatsbahngleise:
Blick über den Kreisel in Richtung Anholt: Die Staatsbahn kreuzte die Straße im Vordergrund (links nach Empel), während die Kleinbahn rechts neben der Straße nach hinten Richtung Anholt ausfuhr. Als einzigen eigenen Hochbau am Bahnhof Isselburg-Anholt besaß sie einen Güterschuppen, der etwa dort stand, wo heute rechts die helle Gewerbehalle steht:
Kurz hinter Isselburg der Blick zurück: Die Bahn lag am linken Straßenrand:
Der Blick Richtung Anholt, dessen erste Häuser hinten bereits in Sicht kommen:
In Anholt der Blick zurück: Die Bahn führte links neben der Straße (und stellenweise links neben einem parallel verlaufenden Graben) auf den Betrachter zu, an der Mauer des Schlossparks vorbei:
Der Blick in die andere Richtung: Aufgrund der engen Bebauung musste die Bahn hier ein kurzes Stück direkt auf der Straße fahren und bog dann vor der evangelischen Kirche nach rechts ab:
…in diese Seitenstraße: Hier befand sich der Kleinbahnhof von Anholt:
Kurz darauf der Blick zurück: Hier dürften sich die Ladegleise befunden haben:
Der Blick in die andere Richtung: Die Bahn umfuhr nun die Anholter Innenstadt nördlich und führte mitten durch den kleinen Park:
Nachdem die Bahn die Anholter Innenstadt umfahren hatte, traf sie hier, an der Einmündung der heutigen Straße Am Mühlenberg, von hinten links kommend wieder auf die Hauptstraße (Blick zurück nach Isselburg):
Der Blick in die andere Richtung: Die Gleise lagen vermutlich am rechten Straßenrand:
Am Ortsausgang von Anholt der Blick zurück: Möglicherweise befand sich hier ein Haltepunkt, und möglicherweise war die Kneipe links die Bahnagentur:
Der Blick stadtauswärts:
Ein kurzes Stück weiter befand sich laut alter Karten hier am früheren Nebenzollamt ein Haltepunkt (Blick zurück nach Isselburg):
Der Blick in die andere Richtung: Ab jetzt ging es fast nur noch geradeaus auf die Grenze zu:
Die Bahn lag auch auf dem Straßendamm durch die Isselniederung (Blick Richtung Grenze):
Der Blick zurück:
Wenige Meter vor der Grenze wurde noch die Issel überquert, die uns unter ihrem holländischen Namen Ijssel und dem nach ihr benannten Ijsselmeer bekannter ist (Blick zurück nach Isselburg):
Blick in die andere Richtung: Gleich hinter dem Straßenknick am letzten Hof befindet sich die Grenze, wie man auch schwach am Grenzschild erkennen kann. Zollgebäude gibt und gab es hier zumindest auf deutscher Seite unmittelbar an der Grenze nicht:
Die dritte Geldersche Dampftram mit einer Strecke nach Deutschland war die Tramlijn Zutphen – Emmerik (ZE), die ihre Strecke von Zutphen über Doetinchem und s’Heerenberg bis Emmerich 1902/03 eröffnete. Erst nachdem eine Unterführung unter die Hauptbahn von Oberhausen nach Arnheim gebaut war, konnte 1909 der für den Kohlenumschlag so wichtige Rheinhafen von Emmerich erreicht werden. Bis 1914 verlief auch hier die Entwicklung sehr gut. Doch die Kriegs- und Nachkriegsjahre sorgten für Stagnation, und Omnibus und Lkw machten der Bahn früh Konkurrenz. Kraftstoff- und Straßenfahrzeugmangel bescherten der Dampftram aber auch hier ab 1940 noch mal ein kurzes Comeback, ehe die Kampfhandlungen 1944/45 den Bahnverkehr zumindest auf deutscher Seite definitiv beendeten. Auf niederländischer Seite wurde der Personenverkehr 1949 eingestellt, der Güterverkehr bis 1957.
Das Bahnhofsgebäude von Emmerich stammt aus Nachkriegstagen. Bis gegen Ende des zweiten Weltkriegs fuhren davor die elektrischen Züge der Kleinbahn Wesel-Rees-Emmerich, und hier begannen nach links auch die Dampfzüge der ZE:
Blick Richtung Grenze: Beide Privatbahnen führten auf der Straße in Richtung Innenstadt:
Kurz hinter dem Staatsbahnhof wurde die Hafenbahn gekreuzt (Blick zurück):
Auf 750mm führte auch die ZE hier zum für sie so wichtigen Rheinhafen:
Der Blick in die andere Richtung: Während die elektrische Kleinbahn aus Wesel und Rees nach links in die Innenstadt abbog, umfuhr die Schmalspurbahn diese nach rechts auf dem Großen Wall:
Kurz darauf der Blick zurück: Die Schmalspurbahn führte hier kurz unmittelbar neben der Hauptstrecke nach Arnheim entlang:
Blick Richtung Niederlande: Hinten bog die Schmalspurbahn zusammen mit Straße wieder nach links ab von der Hauptbahn:
Hier kam die Bahn von hinten kommen auf den Betrachter zu und bog vorne scharf nach links ab:
…in die Van-Gülpen-Straße:
…um hier kurz darauf die Hauptbahn zu unterqueren:
Am nächsten Kreisel mündete die Bahn von hinten kommend in die s’Heerenberger Straße ein: In der Anfangszeit vor dem Bau der Unterführung lag der provisorische Ausgangspunkt der Schmalspurbahn rechts vom Bild in der s’Heerenberger Straße:
Blick stadtauswärts: Die Bahn führte nun aus Emmerich hinaus, wobei ich nicht sagen kann, ob rechts oder links am Straßenrand:
Ein kurzes Stück weiter der Blick stadtauswärts: Ob die Bahn hier einen Haltepunkt besessen hat, weiß ich nicht:
Nachdem die alte Straßenführung in die neue Umgehungsstraße der B220 eingemündet ist, geht es nun auf selbiger weiter: Etwa hier lag der Haltepunkt Kaninchenfang (Blick zur Grenze):
Der Blick zurück: Heute ist hier eine Bushaltestelle:
Gleich an der nächsten Straßenkreuzung war der nächste Haltepunkt (Blick zurück nach Emmerich):
Schwenk nach links: Die frühere Bahnagentur?
Der Blick Richtung Grenze: Im Hintergrund überquert die B220 die Autobahn A3 und biegt dann ab auf einen neuen Verlauf:
Blick zurück auf den alten Straßenverlauf hinter der Autobahn in Richtung Emmerich:
Der Blick zur Grenze (direkt am Schild hinten): Die alten Zollgebäude im Umfeld sind inzwischen nutzlos geworden. Auf der linken Seite gab es laut alter Messtischblätter Nebengleise, so dass davon auszugehen ist, dass das Streckengleis hier auch links lag:
So, das war’s zu den Geldernschen Schmalspurbahnen, soweit sie auf deutscher Seite verliefen. Den weiteren ehemaligen Bahnverlauf auf niederländischer Seite kann man ab hier mit Google Street View virtuell selbst weiter verfolgen. In den nächsten Folgen bleiben wir am Niederrhein und folgen den Überresten der elektrischen Kleinbahnen um Wesel, Rees und Emmerich.
Bis dahin viel Spaß mit den Bildern,
schöne Grüße,
Dennis Mellerowitz.
Mein DSO-Inhaltsverzeichnis: [
www.drehscheibe-online.de]
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2015:08:09:02:57:09.