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Untersuchungsbericht: Menschliches Versagen löste das Schwebefähren-Unglück aus

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 25.03.20 15:24

Seeunfall-Experten werfen dem Fährführer „Augenblicksversagen“ vor. Auch auf der „Evert Prahm“ wurden Fehler gemacht

Rendsburg | Menschliches Versagen ist der Grund für die Havarie der Schwebefähre Anfang 2016. Zu diesem Fazit kommt der Abschlussbericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in Hamburg.
Die Kollision der Schwebefähre mit dem Frachter „Evert Prahm“ wäre vermeidbar gewesen, schreibt die BSU in der am Mittwoch veröffentlichten Abhandlung. In ihr wird der schwere Seeunfall auf 116 Seiten äußerst detailgenau und aus mehreren Blickwinkelndargestellt. Demnach führten keine technische Mängel zu der Havarie auf dem Nord-Ostsee-Kanal am 8. Januar 2016, sondern das Fehlverhalten und die Nachlässigkeit einiger Besatzungsmitglieder an Bord beider beteiligten Verkehrsmittel. Der Fährführer habe den Zusammenstoß durch „Augenblicksversagen“ selbst verschuldet. – Quelle: [www.shz.de] ©2020
Weitere Quelle: [www.ndr.de]
Der Link zum Bericht der BSU: [www.bsu-bund.de]

Für mich war das "Augenblicksversagen" aber doch deutlich länger als einen Augenblick.
Schlechte Sicht ist auf dem Kanal öfters Alltag (Nebel) und die war nach der Videoaufzeichnung nur bedingt vorhanden.
Der Maschinist hatte ein Radargerät, das auch bei null optischer Sicht ein Lagebild vom Verkehr auf dem Kanal liefert.
Zudem waren die Positionslampen auf dem Schiff alle intakt und sehr gut auf der Videoaufzeichnung zu erkennen.
Bei der wartepflichtigen Fähre bedeutet das, vor der Abfahrt zu schauen, ob ein Schiff kommt.
Auch die Leitzentrale ist rund um die Uhr erreichbar, falls das Radar mal spuken sollte.
Nur dann (Es gelten Mindestabstände zum ankommenden Schiffsverkehr) darf gefahren werden.
Maximale Sollgeschwindigkeit für die Schiffe sind da 15 km/h, also recht langsam.
Ein sogenanntes Manöver des letzten Augenblicks war für das Schiff kaum möglich, höchstens die Abgabe von mindestens 6 kurzen Tönen als Schallsignal (Kollisionsgefahr).
...oder tobt sich da noch immer der Heilige St. Bürokratius aus?
Sonst würde der Neubau dieser kleinen Schwebefähre länger dauern als anno 1913 der Bau der gesamten Brücke. Das wäre dann wirklich eine Offenbarung unseres Systems...

Gruß

Heiko

http://www.desiro.net/131-Rendsburg-Schwebefaehre-2013-06-13.jpg

https://www.desiro.net/Signatur-S21.jpg




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:03:25:16:51:22.

Re: Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 25.03.20 17:09

Das war der Stand von vor 9 Tagen:

"Die künftigen Fährleute probierten die Bedienbarkeit an einem Holzmodell aus. Fast alles stellte sie zufrieden.

Rendsburg | Die Kanalverwaltung hält an dem gesteckten Ziel fest: Die neue Schwebefähre soll im Herbst 2020 in Betrieb genommen werden. Am Montag teilte die Behörde mit, dass die Arbeiten voranschreiten....

Konstruktion wird in Niedersachsen zusammengebaut
Das Unternehmen Hermann Maschinenbautechnologie aus Weiden in Bayern will die Schwebefähre im niedersächsischen Brake an der Weser bauen. Ein Sachverständiger zertifizierte kürzlich den Standort. Die Baumaterialien für die Stahlkonstruktion sollen während der 14. und 15. Kalenderwoche, also zwischen Montag, 30. März, und Donnerstag, 9. April, geliefert werden....

Schon jetzt zeigte sich: In Sachen Bedienbarkeit dürfte die Schwebefähre beim Personal jede Menge Pluspunkte sammeln. Die Firma Hermann fertigte ein 1:1-Holzmodell des Führerstands an. Die Fachleute der Kanalverwaltung und die Fährmaschinisten, die die Schwebefähre künftig bedienen sollen, begutachteten das Ergebnis. Fast alles stellte die künftigen Fährleute zufrieden. Sie regten lediglich kleine Detailverbesserungen an."– Quelle: [www.shz.de] ©2020

Mir ist schleierhaft, was da groß zu üben ist.
Die Überfahrt dürfte weitgehend automatisiert ablaufen.
Man kann nur hoffen, dass es nicht wieder einen Einmannbetrieb gibt.
Auf den hatte man die alte Fähre aus Kostengründen im Jahre 2004 umgestellt.
Ob sich jetzt noch was verschiebt, wird man sehen.

Re: Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell

geschrieben von: FML3

Datum: 25.03.20 17:22

Naja, warum nicht Einmannbetrieb?
"Ein Mann" kann genauso unaufmerksam sein und sich durch irgendwas ablenken lassen als "zwei Mann," die sich eventuell gegenseitig ablenken.
Passieren kann immer was, auch bei "drei Mann."

Gruß vom Lüfter

Re: Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 25.03.20 18:08

Hallo,
bei der frei fahrenden Fähre Breiholz hat man ab 2009 den Einmannbetrieb getestet.
Es blieb aber dabei, die anderen Fähren behielten den Decksmann.
Der hockt nicht im Steuerstand, wenn die Fähre fährt.
Der Decksmann kann im Zweifelsfall auch für Ordnung sorgen, wenn die Fahrgäste sich nicht an die Regeln halten sollten.
Es gäbe ja sonst auch mal Gedrängel, wenn die Schranken hochgehen.
Mancher Autofahrer ist plötzlich farbenblind, wenn da nur Ampeln regeln.
Im Verhältnis zu dem, was der Kanal den Bund jedes Jahr kostet, ist der Decksmann kein großer Kostenfaktor.

Re: Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 25.03.20 18:11

Oberdeichgraf schrieb:
Im Verhältnis zu dem, was der Kanal den Bund jedes Jahr kostet, ist der Decksmann kein großer Kostenfaktor.
Sieh mal lieber, was der Kanal dem Bund jedes Jahr einbringt. Das ist die entscheidrnde Größe.
Der Zeuge Desiros schrieb:
...oder tobt sich da noch immer der Heilige St. Bürokratius aus?
Sonst würde der Neubau dieser kleinen Schwebefähre länger dauern als anno 1913 der Bau der gesamten Brücke. Das wäre dann wirklich eine Offenbarung unseres Systems...
Moin,

das Dilemma enstand vor allem dadurch, dass der Bau der neuen Fähre nicht zeitnah nach der Havarie begonnen wurde zu planen. So ein Unfall ist ohne grobe Fahrlässigkeit nicht möglich, und eine solche war dem Wasser- und Schifffahrtsamt nicht vorstellbar. Man war mit der Situation überfordert, wollte ja auch nichts falsch machen und wartete auf Anweisungen, die nicht kamen.

Ohne Druck der Kommunen wäre gar nichts passiert. Aber auch so dauerte es Jahre bis zur Ausschreibung. Bis zum Baubeginn verging nochmals nicht nachvollziehbar viel Zeit. Der eigentliche Bau soll aber recht schnell gehen, sagt die Baufirma. Mal abwarten, ob die Inbetriebnahme dann auch klappt.

Was mich noch etwas mehr wundert sind die Kosten von angeblich rund 11 Mio € für den Neubau. Im Unfallbericht steht, dass der entstandene Schaden an der alten Fähre >1 Mio € ist, was gleichbedeutend mit einem wirtschaftlichen Totalschaden sei.

Ich gehe dennoch davon aus, dass eine Reparatur der alten Fähre, die weitgehend einen 1:1-Ersatz aller beschädigten Teile bedeutet hätte, nicht nur schneller, sondern auch viel günstiger als der Neubau zu haben gewesen wäre.

Nun gut, wenn die neue Fähre auch mehr als 100 Jahre lang zuverlässig fährt, wird man bald nicht mehr über die 5 Jahre ohne Schwebefähre reden.

MfG

Re: Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 25.03.20 18:33

ThomasR schrieb:
Sieh mal lieber, was der Kanal dem Bund jedes Jahr einbringt. Das ist die entscheidrnde Größe.
Hallo,
der NOK ist ein massives Zuschussgeschäft, wie alle Wasserstraßen.
Die Fähren sind allerdings nicht für die Schiffe da, sondern für die Bürger.
Dazu zählen auch die Autofahrer, die deutlich mehr Geld einbringen, als sie kosten.
Insoweit sind die Fähren ein Teil der Infrastruktur für die Straße.
Allerdings eben durch diesen Kanal erforderlich.
Gegeizt hat der Staat da schon lange: die ältesten freifahrenden Fähren sind bereits über 65 Jahre alt.
Statt die Neubauten dem heutigen Verkehr anzupassen, bleibt es bei den winzigen Schiffen, außer in Brunsbüttel.
Da ging mal die B5 über den dort breiteren Kanal, deshalb dort schon immer größere Einheiten.
Sparen tut man auch am Personal: Teilweise privatisiert.

Was ist denn so schleierhaft?

geschrieben von: TWA

Datum: 25.03.20 20:14

>>> Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell
>>> Mir ist schleierhaft, was da groß zu üben ist.

Mir ist zum Beispiel schleierhaft, wo in dem Artikel zu finden ist, daß die Maschinisten dort "geübt" haben.
Wenn Sie den Untersuchungsbericht der BSU gelesen hätten, dann würden Sie vielleicht auch darauf kommen, was mit dem Satz
"Die künftigen Fährleute probierten die Bedienbarkeit ... aus." gemeint sein könnte.

Re: Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell

geschrieben von: bitti

Datum: 25.03.20 20:46

Zitat
Die Fähren sind allerdings nicht für die Schiffe da, sondern für die Bürger.
Dazu zählen auch die Autofahrer, die deutlich mehr Geld einbringen, als sie kosten.
Wie ist das mit dem Geldeinbringen gemeint? Die Fähren über den NOK sind alle kostenlos.

Re: Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 25.03.20 21:16

bitti schrieb:
Zitat
Die Fähren sind allerdings nicht für die Schiffe da, sondern für die Bürger.
Dazu zählen auch die Autofahrer, die deutlich mehr Geld einbringen, als sie kosten.
Wie ist das mit dem Geldeinbringen gemeint? Die Fähren über den NOK sind alle kostenlos.
Hallo,
die Autofahrer zahlen gut Steuern.
Im Gegenzug sind die Straßen mautfrei samt dem Ersatz durch diese Fährverbindungen.
Historisch ist das natürlich anders zu sehen: [www.wsa-kiel.wsv.de]
Die Wartezeiten hat aber der Nutzer zu ertragen.

Re: Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 25.03.20 22:13

bitti schrieb:
Zitat
Die Fähren sind allerdings nicht für die Schiffe da, sondern für die Bürger.
Dazu zählen auch die Autofahrer, die deutlich mehr Geld einbringen, als sie kosten.
Wie ist das mit dem Geldeinbringen gemeint? Die Fähren über den NOK sind alle kostenlos.
Die Schiffspassage kostet ganz nett Geld. Da bist du je nach Schiff schnell mal mit einem fünfstelligen Betrag dabei, incl. Lotsen und Steuerer. Der Umweg über den Skagerak sind um die 250 Meilen, das sind knapp unter 500km mehr Weg. Bei um die 11Knoten sind das rund 24 Stunden mehr Fahrzeit.

[www.kielkanal.de]
Werden denn beim Neubau die Erkenntnisse aus der Unfalluntersuchung mit einfließen?

Ich kugele mich gerade vor lachen am Boden, wo ich die ermittelten Sichtwinkel sehe und dann mir noch vor Augen führe, dass das entscheidende Fenster ein Türfenster ohne Scheibenwischer und ohne Fensterheizung ist.

Baut den Schrott 1 zu 1 wieder neu auf, et hätt noch emmer joot jejange (nicht)...

Re: Die Maschinisten übten schon an einem Holzmodell

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 26.03.20 13:55

Einmannbetrieb bleibt, aber es kommt ein aktives AIS zum Einbau und das Radar wird wohl auch anders werden.
Stückgut-Schnellverkehr schrieb:
Ich kugele mich gerade vor lachen am Boden, wo ich die ermittelten Sichtwinkel sehe und dann mir noch vor Augen führe, dass das entscheidende Fenster ein Türfenster ohne Scheibenwischer und ohne Fensterheizung ist.

Baut den Schrott 1 zu 1 wieder neu auf, et hätt noch emmer joot jejange (nicht)...
Aufs vorhandene Radarbild zu schauen, hätte dem Maschinisten der Schwebefähre das Erkennen des sich nähernden Schiffes ermöglicht. Es wird sein Geheimnis bleiben, warum er diese Gelegenheit offenbar nicht nutzte. Der tote Winkel zwischen den Fenstern war ihm schließlich bekannt.


Stückgut-Schnellverkehr schrieb:
Zitat:
Werden denn beim Neubau die Erkenntnisse aus der Unfalluntersuchung mit einfließen?
Selbstverständlich.

Re: Das war 2016. Nun ist 2020. Fährt die Schwebefähre denn wieder?

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 29.03.20 12:01

Ich habe da noch was zu der Bedienung der alten Schwebefähre gefunden: [www.shz.de]
Hier wird ein Schwebefährenführer Dieter Rutz erwähnt.
Ich bin der Meinung, dass bei dem Artikel ursprünglich mehr Fotos zu sehen waren.
Ein Mensch namens Dieter Rutz aus Remmels ist 2019 im Alter von 66 Jahren verstorben: [trauer.shz.de]