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Seiten: 1 2 All Angemeldet: -
Die FDP-Bundestagsfraktion hat die Bundesregierung zur Auslastung von DB Fernverkehrszügen gefragt. Die Antwort gibt es unter
[dip21.bundestag.de] [PDF; 0,2 MB; 4 Seiten]

Darin u.a.:
Zitat
1.Wie hat sich die durchschnittliche Auslastung der Intercity-Express(ICE)- bzw. Intercity(IC)-Fernzüge der DB Fernverkehr nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (bitte ICE und IC einzeln sowie nach Jahr aufschlüsseln)?

Nach Auskunft der Deutschen Bahn AG (DB AG) betreibt die DB Fernverkehr AG sowohl ICE als auch IC Züge in einem Netzwerk. Die Daten werden gemeinsam erfasst.

Jahr  Durchschnittliche Auslastung
2008  44,2 %
2009  45,1 %
2010  48,0 %
2011  46,8 %
2012  50,3 %
2013  50,8 %
2014  49,8 %
2015  51,8 %
2016  52,8 %
2017  55,5 %
2018  56,1 %
Quelle: DB AG

[...]

8.Bei wie vielen Fernzugfahrten der DB Fernverkehr kam es im Jahr 2018 nach Kenntnis der Bundesregierung zu einer teilweisen Räumung oder einem Aufruf an Passagiere zum Verlassen eines Zuges bzw. Waggons aufgrund von Überfüllung (bitte nach Monat aufschlüsseln)?

Nach Auskunft der DB AG ist der Anteil der Fälle erfasst, in denen aufgrund einer zu hohen Anzahl nicht alle Reisenden in einem Fernverkehrszug mitfahren konnten.

Monat     Fälle in Prozent    Besondere Ereignisse 
Jan 2018  < 0,1 %             
Feb 2018  < 0,1 %
Mrz 2018    0,2 %             Schnee und Eis im Raum Leipzig
Apr 2018    0,1 %
Mai 2018    0,1 %
Jun 2018    0,4 %             Stromausfall Flughafen Hamburg
Jul 2018    0,5 %             Hitzeperiode
Aug 2018    0,7 %             Hitzeperiode; Sturmtief Nadine
Sep 2018    0,4 %             Sturmtief Fabienne
Okt 2018    0,5 %             ICE Brand Schnellfahrstrecke Köln/Rhein-Main
Nov 2018    0,4 %             ICE Brand Schnellfahrstrecke Köln/Rhein-Main
Dez 2018    0,1 %
Quelle: DB AG
Ich bin auch kein großer Freund von Zugbindung und Co - aber es deutet alles darauf hin, dass diese dazu verholfen haben, die Auslastung der Züge zu steigern, was diese sowohl wirtschaftlicher als auch umweltfreundlicher macht...

Da zugleich die Fahrgastzahlen im Fernverkehr gestiegen sind, liegt die gestiegene Auslastung auch nicht einfach am Streichen schwach ausgelasteter Züge.

Interessant ist die Delle 2014: in dem Jahr hatten die Fernbusse starke Zuwächse - und die DB hat als Reaktion die Vorausbuchungsfrist für Sparpreise von 3 auf 1 Tag gesenkt. Es hat offenbar nicht sofort, aber sehr deutlich in den Folgejahren gegriffen.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:01:09:11:55:16.
La-Stelle schrieb:
Die FDP-Bundestagsfraktion hat die Bundesregierung zur Auslastung von DB Fernverkehrszügen gefragt.
...
Ich bin auch kein großer Freund von Zugbindung und Co - aber es deutet alles darauf hin, dass diese dazu verholfen haben, die Auslastung der Züge zu steigern, was diese sowohl wirtschaftlicher als auch umweltfreundlicher macht...

Da zugleich die Fahrgastzahlen im Fernverkehr gestiegen sind, liegt die gestiegene Auslastung auch nicht einfach am Streichen schwach ausgelasteter Züge.
Die FDP im Umwelt- und Bahnwahn... nicht zu fassen... Die haben wohl wegen Bedeutungslosigkeit schon lange keinen Besuch der Wirtschaftslobby bekommen... :-D

Wer sich's leisten kann, braucht auch keine Zugbindung in Anspruch zu nehmen. Ist doch schön, wenn es jeder halten kann, wie er möchte. Wer die Fahrt planen kann, für den sind die Sparpreise auch mit Zugbindung gut. Was mich angeht, so hat die kürzere Sparpreisfrist definitiv in den letzten Jahren eine ganze Menge Entscheidungen zugunsten der Bahnnutzung bewirkt. Mittlerweile ist die Zugnutzung bei mir im Fernbereich Standard. Ich schätze, da werden einige Leute hier Ähnliches berichten.

Und um es mal auf einen Punkt zu bringen, Auslastung in schlechten Zeiten sorgt für Verlustminimierung, Auslastung in guten Zeiten sorgt für Gewinne. Wer verlässlich auch dann anbietet, wenn kaum jemand nachfragt, gibt aber den Fahrgästen die Sicherheit, dass sie ankommen. So wiederum gibt es auch Rückkopplung zu den stark ausgelasteten Zügen. Und da wären wir beim Problem... Würden nicht 4% der ICE ausfallen, dann könnte es auch noch besser aussehen. Am Ende scheint aber die Auslastungssteuerung tatsächlich zu funktionieren, denn die Zahlen sprechen für sich. Ohne Auslastung könnte es für den Fernverkehr definitiv deutlich schlechter bei den Finanzen aussehen...



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:01:09:13:03:40.
Seit 2008 sind die Fahrpreise aber extrem verfallen. Ob der Fahrgastzuwachs wirklich den Verlust auffängt steht auf einem anderen Blatt.

Ich selbst habe 2008 noch locker über 2000 Euro für Fahrkarten ausgegeben, 2018 war es allenfalls nicht mal die Hälfte, bei etwa der gleichen Fahrtenzahl im selben Fahrzeugmaterial im Jahr. Ich bin da mit Sicherheit kein Einzelfall und freue mich natürlich über das gesparte Geld, aber wir reden hier ja auch über Wirtschaftlichkeit für das System Bahn. Hätte die Bahn die Preise nicht gesenkt, hätten sie allein von mir jedes Jahr weiterhin Tausend Euro mehr bekommen. (Auf zusätzliche Fahrten auf Grund niedrigerer Preise habe ich auf Grund des zunehmenden Bahn-Chaos in den letzten 5 Jahren dankend verzichtet).





3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:01:09:13:46:05.

Positive Auswikung der Fernbusse auf DB-FV?

geschrieben von: Thomas_Lammpe

Datum: 09.01.20 16:51

La-Stelle schrieb:
Ich bin auch kein großer Freund von Zugbindung und Co - aber es deutet alles darauf hin, dass diese dazu verholfen haben, die Auslastung der Züge zu steigern, was diese sowohl wirtschaftlicher als auch umweltfreundlicher macht...
Auch ich mag die Zugbindung nicht. Es ist sehr schade, dass die DB die Zugbindung nicht dadurch etwas lockert, dass der Reisende mit einem Sparticket die Möglichkeit bekommt, durch Zahlung des aktuellen Aufpreises umzubuchen. Das würden wahrscheinlich sowieso nur wenige machen, aber dem Reisenden mehr Flexibilität geben, falls sich Pläne ändern. Möglicherweise ist aber genau das von der DB nicht gewollt, um mehr Flexpreistickets zu verkaufen.


La-Stelle schrieb:
Da zugleich die Fahrgastzahlen im Fernverkehr gestiegen sind, liegt die gestiegene Auslastung auch nicht einfach am Streichen schwach ausgelasteter Züge.
Das könnte man fast als positive Nachricht ansehen. So etwas kommt unter Bahnfreunden für gewöhnlich gar nicht gut an, da der Bahnfan lieber jammert, z. B. weil die Züge jetzt so voll sind.


La-Stelle schrieb:
Interessant ist die [Auslastungs-]Delle 2014: in dem Jahr hatten die Fernbusse starke Zuwächse - und die DB hat als Reaktion die Vorausbuchungsfrist für Sparpreise von 3 auf 1 Tag gesenkt. Es hat offenbar nicht sofort, aber sehr deutlich in den Folgejahren gegriffen.
Ich bekomme bei solchen Äußerungen immer zu hören, dass der Wettbewerb der Fernbusse keinen Einfluss auf die Entscheidungen der DB gehabt habe, da das alles schon lange vorher geplant war...

Re: Positive Auswikung der Fernbusse auf DB-FV?

geschrieben von: ingo st.

Datum: 09.01.20 17:06

Fernbus ist wie E-roller.

Einmal ausprobieren, muß man kein zweites mal haben!
La-Stelle
Da zugleich die Fahrgastzahlen im Fernverkehr gestiegen sind, liegt die gestiegene Auslastung auch nicht einfach am Streichen schwach ausgelasteter Züge.
Verlässlicher Indikator zum Fahrtenangebot ist die Betriebsleistung. 2003 lag sie bei 137,4 Mio. Trkm, stieg zwischendurch an (2012 144 Mio. Trkm) und sank 2018 auf 138,1 Mio. Trkm.

Zitat:
Ich bin auch kein großer Freund von Zugbindung und Co - aber es deutet alles darauf hin, dass diese dazu verholfen haben, die Auslastung der Züge zu steigern, was diese sowohl wirtschaftlicher als auch umweltfreundlicher macht...
Mitfahrergutschein, Partner-BC, alles Maßnahmen um die Auslastung zu erhöhen. Interessanter wären die Minimal- und Maximalauslastungen bzw. der Median.

Hoffentlich werden keine Züge mehr verlängert...

geschrieben von: VT

Datum: 09.01.20 17:49

Sonst sinkt die Auslastung wieder schlagartig.
103 215-0 schrieb:
Seit 2008 sind die Fahrpreise aber extrem verfallen. Ob der Fahrgastzuwachs wirklich den Verlust auffängt steht auf einem anderen Blatt. Hätte die Bahn die Preise nicht gesenkt, hätten sie allein von mir jedes Jahr weiterhin Tausend Euro mehr bekommen.
Guten Abend,

mir geht es ähnlich wie Dir und ich habe mittlerweile Mühe den Comfortstatus, der früher selbstverständlich Mitte des Bahncardjahres erreicht war, zu halten... gottlob gibt es da ein, zwei Tricks ;-) Und dass ich die Bahn nur noch für nicht dringende und zeitunsensible Fahrten nutze, sowie grundsätzlich nicht mehr als 30 Euro für die Einzelfahrt bezahle kommt verschärfend hinzu. Mehr sind die minderwertigen Leistungen aber auch nicht wert und im Regelfall erhält man ja noch 25 oder 50% Erstattung des Fahrpreises.

Doch obwohl ich definitiv kein Freund der lammpe'schen Thesen bin, muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass die Fahrgastzahlen dank der billigen Preise massiv gestiegen sind. Die Frage stellt sich jedoch, ob es sich bei diesem Wachstum um eine Verkehrsverlagerung weg von anderen Verkehrsträgern oder schlicht und ergreifend um einen Verkehrszuwachs handelt, der halt auch bei der Bahn zu allgemein üblichen Steigerungen im Fahrgastaufkommen führt? Im ersteren Fall könnte ich gut damit leben, dass meine zusätzlichen Autofernfahrten, die es früher zu Zeiten einer funktionierenden, pünktlichen und komfortablen Bahn nie gegeben hat, gut von anderen Verkehrsteilnehmern kompensiert wurden. Dann hat Thomas Lammpe halt recht und die Eisenbahn hat mich als früher gutzahlenden Kunden auch nicht mehr nötig; abgesehen davon zahle ich für Verluste einer staatlichen Eisenbahn auch gerne meine Steuern.

Im zweiten Fall hingegen ist Nachdenken angesagt, ob man mit den derzeitigen Preisen und der minderen Qualität nicht einfach nur zusätzliche billige Mobilität, die eigentlich unterbleiben sollte, produziert und man da nicht schleunigst umsteuern sollte. Auch wenn ich mich natürlich darüber freue, dass meine Spassfahrt im umgeleiteten IC 118 durch's Allgäu für fast vier Stunden nur 13,40 Euro gekostet hat....

Schönen Abend

Erik

Wer in Deutschland das öffentliche Eisenbahnwesen benutzt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren. (Karl Lagerfeld, dt. Modeschöpfer 1933 - 2019)

Arroganz: billige Mobilität zu minderer Qualität

geschrieben von: Thomas_Lammpe

Datum: 09.01.20 18:45

D 2027 schrieb:
Im zweiten Fall hingegen ist Nachdenken angesagt, ob man mit den derzeitigen Preisen und der minderen Qualität nicht einfach nur zusätzliche billige Mobilität, die eigentlich unterbleiben sollte, produziert und man da nicht schleunigst umsteuern sollte.
Sollte Bahnfahren eher etwas elitäres sein, das sich nur derjenige leisten können soll, der entsprechend dafür bezahlen kann, um die hohe Qualität zu genießen? Das kann doch nicht dein Ernst sein, oder?
D 2027 schrieb:
103 215-0 schrieb:
Seit 2008 sind die Fahrpreise aber extrem verfallen. Ob der Fahrgastzuwachs wirklich den Verlust auffängt steht auf einem anderen Blatt. Hätte die Bahn die Preise nicht gesenkt, hätten sie allein von mir jedes Jahr weiterhin Tausend Euro mehr bekommen.
Guten Abend,

mir geht es ähnlich wie Dir und ich habe mittlerweile Mühe den Comfortstatus, der früher selbstverständlich Mitte des Bahncardjahres erreicht war, zu halten... gottlob gibt es da ein, zwei Tricks ;-) Und dass ich die Bahn nur noch für nicht dringende und zeitunsensible Fahrten nutze, sowie grundsätzlich nicht mehr als 30 Euro für die Einzelfahrt bezahle kommt verschärfend hinzu. Mehr sind die minderwertigen Leistungen aber auch nicht wert und im Regelfall erhält man ja noch 25 oder 50% Erstattung des Fahrpreises.

Doch obwohl ich definitiv kein Freund der lammpe'schen Thesen bin, muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass die Fahrgastzahlen dank der billigen Preise massiv gestiegen sind. Die Frage stellt sich jedoch, ob es sich bei diesem Wachstum um eine Verkehrsverlagerung weg von anderen Verkehrsträgern oder schlicht und ergreifend um einen Verkehrszuwachs handelt, der halt auch bei der Bahn zu allgemein üblichen Steigerungen im Fahrgastaufkommen führt? Im ersteren Fall könnte ich gut damit leben, dass meine zusätzlichen Autofernfahrten, die es früher zu Zeiten einer funktionierenden, pünktlichen und komfortablen Bahn nie gegeben hat, gut von anderen Verkehrsteilnehmern kompensiert wurden. Dann hat Thomas Lammpe halt recht und die Eisenbahn hat mich als früher gutzahlenden Kunden auch nicht mehr nötig; abgesehen davon zahle ich für Verluste einer staatlichen Eisenbahn auch gerne meine Steuern.

Im zweiten Fall hingegen ist Nachdenken angesagt, ob man mit den derzeitigen Preisen und der minderen Qualität nicht einfach nur zusätzliche billige Mobilität, die eigentlich unterbleiben sollte, produziert und man da nicht schleunigst umsteuern sollte. Auch wenn ich mich natürlich darüber freue, dass meine Spassfahrt im umgeleiteten IC 118 durch's Allgäu für fast vier Stunden nur 13,40 Euro gekostet hat....

Schönen Abend

Erik
Deine Ansicht in allen Ehren,
aber ich freue mich einfach, dass das Groß der Bevölkerung und nun auch "die Bahn" selber dies fundamental anders sieht.
Dein Gejammere lass ich dir und werde es kommentarlos (nun ja, nicht ganz) stehen.
Ich freue mich jedenfalls, dass die Mobilität für "Jedermann" nun gefördert wird und nicht einzelnen vorbehalten bleibt, die gerne alleine im Abteil oder zu dritt im Großraumwagen auf Sesseln sitzen würden.
Eine Bundesbahn, wie es hier manche wieder erträumen, braucht es jedenfalls im aktuellen Jahrhundert nicht mehr!

Die Auslastung des ICE1 wird massiv steigen!

geschrieben von: Der Zeuge Desiros

Datum: 09.01.20 19:48

Hallo,

deshalb wird die Auslastung im Einser in den kommenden Jahren deutlich steigen. Nein, nicht nur, weil meine Wenigkeit lieber die Verbindungen mit dem Ur-ICE jedem ICx etc. vorzieht. Sondern weil da ja ein paar Wagen rausgenommen werden. Das ganze kann nur noch dadurch verhindert werden, dass die Kurzzüge auf weniger stark nachgefragten Strecken verkehren (s. Einsatzübersicht in DS 300).

"Auslastung der Züge" ist für mich das denkbar schlechteste Argument, um einen Erfolg oder Misserfolg darzustellen. Wie mein Vorredner schon schrieb: einfach einen Wagen wegnehmen, und - schwupps! - steigt die Auslastung. Obwohl vielleicht insgesamt weniger Menschen mitfahren.

Heiko

https://www.desiro.net/Signatur-Sommerzeit.jpg
Thomas_Lammpe schrieb:
Sollte Bahnfahren eher etwas elitäres sein, das sich nur derjenige leisten können soll, der entsprechend dafür bezahlen kann, um die hohe Qualität zu genießen? Das kann doch nicht dein Ernst sein, oder?

Hallo,

die Wahrheit liegt - wie so oft - in der Mitte.

Das Verschleudern von "Mobilität" ist aber tatsächlich eine Unsitte, die im doppelten Sinne einen Werteverfall zur Folge hat. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob man im Flugzeug für 30, im Zug für 20 oder im Bus für 10 Euro von Hamburg nach München gefahren wird. Der tatsächliche Wert der Leistung wird bei diesen Preisen ebenso völlig ausgeblendet wie die realen Kosten, die beim "Verkehr machen" entstehen - vor allem auch die externen Kosten, für die am Ende wir alle zahlen. Das alles führt unter anderem zu den von Erik beschriebenen Folgen, dass induzierter Verkehr stattfindet. Verkehr, der nur deshalb entsteht, weil er so attraktiv (= billig und/oder schnell) ist. Dabei ist ja der beste Verkehr jener, der gar nicht erst entsteht.

Oder anders: für 100 Euro pro Richtung würden Chantal und Mandy nicht mehr für ein Wochenende zum Shoppen nach Barcelona fliegen.

Das ist ein gewisser Zwiespalt für Unternehmen, die vom Verkehr leben wie etwa die Eisenbahn. Aber ein Produkt muss einen Wert haben, um als wertig wahrgenommen zu werden.
Keiner verlangt, im Sterne-Restaurant ein Menü für 10 Euro kredenzt zu bekommen.
Gegenüber der Eisenbahn hingegen wird der "Anspruch" inzwischen regelrecht moralisch eingeklagt, für ein Taschengeld im ICE durchs Land gefahren zu werden. Ich weiß nicht, ob das wirklich gut ist.

Nein, Bahnfahren muss nichts Elitäres sein. Und auch ich freue mich, nicht mehr Geld als nötig ausgeben zu müssen. Aber trotzdem: mit dem Verschleudern von Fahrkarten durch halb Europa, die billiger sind als eine Taxifahrt zum Bahnhof, erweist die Eisenbahn (und der Bus und das Flugzeug) sich selbst und ein Stückweit auch der Gesellschaft einen Bärendienst.

Viele Grüße

Heiko

https://www.desiro.net/Signatur-Sommerzeit.jpg




2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:01:09:20:50:30.
Baleine rouge schrieb:
La-Stelle
Da zugleich die Fahrgastzahlen im Fernverkehr gestiegen sind, liegt die gestiegene Auslastung auch nicht einfach am Streichen schwach ausgelasteter Züge.
Verlässlicher Indikator zum Fahrtenangebot ist die Betriebsleistung. 2003 lag sie bei 137,4 Mio. Trkm, stieg zwischendurch an (2012 144 Mio. Trkm) und sank 2018 auf 138,1 Mio. Trkm
Zitat:
Sind da Nachtverkehre in 2012 mit drin? Weil eigentlich gibt es aufgrund der VDE8-Eröffnung keinen Grund für sinkende TrKm. Gut, die Strecken sind ggf. kürzer als vorher, aber es sind deutlich mehr Züge.

Einziger Wegfall dürften in dem Zeitraum doch die MDV-ICs und Koblenz - Luxembourg sein? Gäubahn hat stündlichen FV (keine Qualitätsaussage), Taktlücken wurden auch geschlossen.

Negativer Gewöhnungseffekt

geschrieben von: Der nachdenkliche Stromrichter

Datum: 09.01.20 21:31

Guten Abend,

eigentlich hat das Zeuge Heiko ja schon wunderbar ausgeführt, wie das so ist mit der unter Wert verschenkten Mobilität. (Verkaufen geht anders, aber speziell DB Vertrieb sucht ja lieber das Weite und zieht sich in die selbst aufgeforsteten Dschungel-Untiefen zurück, statt in die überfällige Offensive zu gehen und "Bahn" zu einem echten Massenprodukt zu machen.) Ich möchte da eigentlich nur noch ergänzen, dass kontinuierlich verfügbare Tiefpreise zwar die Nachfrage nach einem Produkt oder einer Dienstleistung messbar ankurbeln können, aber gleichzeitig insbesondere bei den somit akquirierten Neukunden geht jegliches Gefühl für den tatsächlichen Wert der feil gebotenen Ware verloren. Und das nicht nur einmal, die negative Gewöhnung ist nachhaltig: Sprich, es wird nur dann per Bahn quer durch die Republik gefahren, wenn es das zum Zeitpunkt der Nachfrage für unter Preis x gibt, wobei x meistens ziemlich niedrig liegt. Sobald der Preis x erkennbar überschritten wird, setzt man dann sofort nicht mehr auf die Bahn, sondern schädigt die Atmosphäre per Billigflug oder betrügt sich selbst über die tatsächlichen Kosten des "eh-da-Autos".

Seit mal ehrlich zu euch selbst: Wenn ihr wisst, dass der Bäcker bei euch im Viertel verlässlich einmal in der Woche seine leckeren Schoko-Hörnchen statt für 2,- € für 50 ct das Stück "verkauft", ist es euch auch nicht so wichtig, das Hörnchen gleich am Montag zu vernaschen, da könnt ihr auch bis Mittwoch warten. Ja, genau so funktioniert Auslastungssteuerung bekomme ich gleich zu hören - doch halt: wer mehrere Monate lang stets nur 50 ct pro Hörnchen bezahlt hat, wer zahlt dann freiwillig noch 2,- € dafür? Eben!

Und somit bleibt für mich der Pfad, einen Teil der Fahrkarten zu Mondpreisen und den Rest viel zu billig anzubieten anstelle eines gleichmäßigen, verlässlichen, solide kalkulierten Medianpreises ein eher kurzfristiger Scheinerfolg, langfristig bleibt von diesem Irrweg verbrannte Erde zurück, die nur sehr mühsam wieder neu erblühen wird können.

Besten Dank für die Aufmerksamkeit und freundliche Grüße
Tobias
völlig (b)ahnungsloser Handelsfachwirt


"Ein Nichts zu sein, tragt es nicht länger - alles zu werden, strömt zuhauf!"
(aus "Die Internationale" | Deutscher Text durch Emil Luckhardt, 1910)

Der Zeuge Desiros schrieb:
Oder anders: für 100 Euro pro Richtung würden Chantal und Mandy nicht mehr für ein Wochenende zum Shoppen nach Barcelona fliegen.
[..]
Aber trotzdem: mit dem Verschleudern von Fahrkarten durch halb Europa, die billiger sind als eine Taxifahrt zum Bahnhof, erweist die Eisenbahn (und der Bus und das Flugzeug) sich selbst und ein Stückweit auch der Gesellschaft einen Bärendienst.
Ich sehe einen entscheidenden Unterschied zwischen dem 'Billigflug nach Barcelona' und der 'verschleuderten Bahnfahrkarte durch halb Europa': Während das Flugzeug das ökologisch schlechteste Verkehrsmittel ist, ist die Bahn das ökologisch verträglichste. Deshalb ist es kein 'Bärendienst an der Gesellschaft' auch sehr günstige Bahntickets anzubieten, da das die Möglichkeit bietet, dass Reisende auf die umweltfreundlichere Bahn umsteigen. Den induzierten Mehrverkehr kann man dann auch in Kauf nehmen. Beim Billigangebot des Fernbus waren das nur 10 bis 15% der Fahrgäste, wenn ich mich richtig erinnere.

Re: Arroganz: billige Mobilität zu minderer Qualität

geschrieben von: D 2027

Datum: 09.01.20 21:50

Thomas_Lammpe schrieb:

Sollte Bahnfahren eher etwas elitäres sein, das sich nur derjenige leisten können soll, der entsprechend dafür bezahlen kann, um die hohe Qualität zu genießen? Das kann doch nicht dein Ernst sein, oder?
Da willst Du mich als Forenschutzpatron der Billigheimer und Pfennigpfuchser vermutlich bewusst missverstehen.

Wie Heiko weiter unten ja auch schon dargelegt hat, geht es nicht darum dass Bahnfahren elitär sein soll, sondern für alle Kundengruppen angemessen bepreist angeboten statt verschleudert werden soll. Kein Verkehrsmittel ausser der Eisenbahn ist dafür besser geeignet. Vom anspruchsvollen Geschäftsreisenden in der 1. Klasse, über Familien die sich den "Luxus" eines eigenen Abteils wünschen und damit en passant die anspruchsloseren Passagiere auf den Grossraumplätzen vom Kindergeschrei entlasten bis hin zu der preissensiblen Kundschaft die mitfährt, weil es zuggebundene Fahrkarten in Randzeiten gibt kann jedes Reisendenprofil im gleichen Zug bedient werden!

Momentan gibt es jedoch -von wenigen Ausnahmen abgesehen - einfach immer nur billig, minderwertig und unzuverlässig... und zwar vollkommen unabhängig für den Preis den der Reisende zahlt. Das Dich das als überzeugten "Marktwirtschafter" freut ist mir schon klar, aber irgendwann wirst Du feststellen, dass die Bahn nicht nur von Billigtickets leben kann wenn ihr die zahlungsbereiten Reisenden den Rücken gekehrt haben.

Gruss

Erik, der sich natürlich schon freut wenn Chantal und Mandy auch mal daheim shoppen gehen :-)

P.S. @ Siggis Malz: eine Bundesbahn brauchen wir mehr denn je. Glücklicherweise hab ich eine vor der Haustür, bei der ich gerne Kunde bin, die immer pünktlich und zuverlässig fährt und bei fast vollständigem Verzicht auf Yield Management trotzdem eine der höchsten Auslastungen Europas hat.

Wer in Deutschland das öffentliche Eisenbahnwesen benutzt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren. (Karl Lagerfeld, dt. Modeschöpfer 1933 - 2019)




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2020:01:09:21:55:00.
Der Zeuge Desiros schrieb:
"Auslastung der Züge" ist für mich das denkbar schlechteste Argument, um einen Erfolg oder Misserfolg darzustellen. Wie mein Vorredner schon schrieb: einfach einen Wagen wegnehmen, und - schwupps! - steigt die Auslastung. Obwohl vielleicht insgesamt weniger Menschen mitfahren.
Nur die Auslastung zu betrachten, reicht tatsächlich nicht aus. Wir haben es aber konkret in den letzten Jahren mit einer Steigerung der Auslastung der Züge, der Verkehrsleistung in Personenkilometern und(!) des Gewinns bei DB Fernverkehr zu tun. Das spricht dann doch für einen Erfolg.
D 2027 schrieb:
Thomas_Lammpe schrieb:
D 2027 schrieb:
Im zweiten Fall hingegen ist Nachdenken angesagt, ob man mit den derzeitigen Preisen und der minderen Qualität nicht einfach nur zusätzliche billige Mobilität, die eigentlich unterbleiben sollte, produziert und man da nicht schleunigst umsteuern sollte.
Sollte Bahnfahren eher etwas elitäres sein, das sich nur derjenige leisten können soll, der entsprechend dafür bezahlen kann, um die hohe Qualität zu genießen? Das kann doch nicht dein Ernst sein, oder?
Da willst Du mich als Forenschutzpatron der Billigheimer und Pfennigpfuchser vermutlich bewusst missverstehen.
Es freut mich, dass du das, was du geschrieben hast, wohl doch anders gemeint hast, als das ich es verstanden habe. Denn wenn du schreibst, dass 'zusätzliche billige Mobilität unterbleiben sollte' legt das sehr nahe, dass man durch hohe Preise dafür sorgen soll, dass sich ärmere Bevölkerungsgruppen bestimmte Mobilität nicht mehr leisten können sollen (Wer mehr Geld hat, reist nämlich trotz höherer Preise!). Das halte ich insbesondere dann für problematisch, wenn die Mobilität mit der ökologisch noch einigermaßen verträglichen Bahn stattfindet.
… ohne zu massiver Einnahmenminderung zu führen.

Hallo DSO-Gemeinde,

die Sparpreise sind mittlerweile so fein getaktet (auch über längere Zeiträume), dass man auf vielen Verbindungen sehr kreativ sein muss, um ein richtiges Schnäppchen zu bekommen. Oft bekommt dann der weniger kreative Gelegenheits-Reisende Angebote unterbreitet, die nur wenig unter dem Flexpreis liegen, wenn die Verbindung gut nachgefragt ist. Verramscht wird da kaum noch was.

Als Kenner der Materie werden wir dann aber weiter mit Via-Verbindungen, Umsteigezeiten, Abwahl von Zuggattungen auf Reiseabschnitten, Fahrplanänderungen, usw, noch hübsche Schnäppchen erzielen. Der Normalreisende wird diese nicht so schnell finden.

Die Auslastung ist also auf einem guten Weg und die Erlössituation ist nicht gefährdet ;-)

In diesem Sinne freundliche und entspannte Grüße aus Leipzig von
Ralf

Re: Der Fernverkehr zwischen "elitär" und Reste-Rampe

geschrieben von: Anbeku

Datum: 10.01.20 12:46

Der Zeuge Desiros schrieb:

Das Verschleudern von "Mobilität" ist aber tatsächlich eine Unsitte, die im doppelten Sinne einen Werteverfall zur Folge hat. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob man im Flugzeug für 30, im Zug für 20 oder im Bus für 10 Euro von Hamburg nach München gefahren wird. Der tatsächliche Wert der Leistung wird bei diesen Preisen ebenso völlig ausgeblendet wie die realen Kosten, die beim "Verkehr machen" entstehen - vor allem auch die externen Kosten, für die am Ende wir alle zahlen. Das alles führt unter anderem zu den von Erik beschriebenen Folgen, dass induzierter Verkehr stattfindet. Verkehr, der nur deshalb entsteht, weil er so attraktiv (= billig und/oder schnell) ist. Dabei ist ja der beste Verkehr jener, der gar nicht erst entsteht.
Prinzipiell sicherlich richtig, aber solange von der Bahn ein relevanter Beitrag zum Umweltschutz erwartet wird, ist es fatal, wenn Menschen immer noch vielfach aus Kostengründen auf Auto oder Flugzeug ausweichen. Ist natürlich eine berechtigte Frage, ob da alleine der Preis für die Bahn die beste Stellschraube ist. An '"Verkehr, der nur deshalb entsteht, weil er so attraktiv (= billig und/oder schnell) ist" ist sicherlich auch etwas dran. Ich finde es aber schwierig da eine klare Grenze zu ziehen. Der meiste Verkehr würde wahrscheinlich verschwinden, wenn er teuer und unattraktiv genug ist. Letztendlich ist Mobilität aber auch immer ein gutes Stück Lebensqualität.
Seiten: 1 2 All Angemeldet: -