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Re: ADIF gibt zu, dass 3 Balisen das Unglück verhindert hätten

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 03.08.13 14:13

Moin,

Flachschieber schrieb:
-------------------------------------------------------
> ADIF gibt inzwischen zu, dass 3 Balisen das
> Unglück verhindert hätten und die Strecke nicht
> korrekt ausgerüstet war.
> Inzwischen wurde die Stelle auch nachgerüstet.

Bitte den Link nachrüsten, wird nicht brauchbar angezeigt.

Es gibt dort jetzt eine temporäre 30er La, die kann ASFA natürlich schützen, und zwar auch nach der bisherigen Philosophie...

Gruß, ULF

Re: ADIF gibt zu, dass 3 Balisen das Unglück verhindert hätten

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 03.08.13 14:18

Moin,

X73900 schrieb:

> Die fehlende Überwachung war bisher in Spanien
> normal, außer auf den Strecken mit LZB bzw. ETCS,
> so dass es keinen Grund für die Lokführer gab,
> hier eine fehlerhafte

Wohl aber eine nicht hinreichend sicher ausgelegte.

> Ausrüstung zu melden. Es
> gibt sicherlich auch eine ganze Reihe anderer
> vergleichbar

Mit Geschwindigkeitseinbruch um 120 Sachen? Dann auch noch aus Tempo 200?

> problematischer Streckenabschnitte
> ohne Überwachung.
>
> In dem zitierten Artikel steht, dass man diese
> Situation künftig ändern will. Hier mal eine
> Übersetzung des Artikelanfangs:
>
> Dem Ministerium für öffentliche Arbeiten und
> Verkehr (Ministerio de Fomento) ist klar geworden,
> nach der Tragödie von Santiago und den
> Empfehlungen der Kommission für die Untersuchung
> von Eisenbahnunfällen (Comisión de Investigación
> de Accidentes Ferroviarios - CIAF), dass es nötig
> ist, die Signalisierung und damit die Sicherheit
> der Eisenbahnstrecken zu verbessern. Wenig mehr
> als eine Woche nach der Entgleisung des Alvia
> Madrid-Ferrol, bei der 79 Menschen starben, sieht
> das Ministerium von Ana Pastor vor, "zusätzliche
> Maßnahmen einzuführen, um die Sicherheit im
> Eisenbahnverkehr zu verstärken".
>
> "Sicher stellen, dass alle

Aha, also jetzt auch die ständigen.

> Reduzierungen der
> Höchstgeschwindigkeit, die auf freier Strecke
> zwischen Bahnhöfen vorgesehen sind, ab einem
> gewissen Maß an der Strecke signalisiert werden"
> und "die fortschreitende Installation von
> ASFA-Balisen zu organisieren, die die
> Geschwindigkeit der Züge kontrollieren, in der
> Weise, dass eine sofortige Bremsung sicher
> gestellt ist, wenn die die Höchstgeschwindigkeit
> überschritten wird, mit der der Zug in den
> folgenden Abschnitt einfahren soll" sind die
> Empfehlungen der CIAF an die Dirección General de
> Ferrocarriles.
>
> Im Vorgriff hat ADIF auf der vom Unfall
> betroffenen Strecke schon mal

Obwohl man den Abschnitt angeblich gar nicht betreibt.

> eine Anpassung
> vorgenommen, was ja wenig überraschend ist,

Überraschend wäre aber die Beibehaltung der neuen 30er La auf Dauer.

Gruß, ULF



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:08:03:14:18:49.
Ulf Kutzner schrieb:
-------------------------------------------------------
> Wohl aber eine nicht hinreichend sicher
> ausgelegte.

Sicher. Nach heutigen Maßstäben in Deutschland. Die ja auch erst eingeführt wurden, als man seine Lehren aus Unfällen gezogen hat. Eine Übersicht über die alle europäischen Bahnen wäre mal interessant, wo überall eine Absicherung von Geschwindigkeitseinbrüchen durch Technik vorhanden ist, und wo nicht.

> Mit Geschwindigkeitseinbruch um 120 Sachen? Dann
> auch noch aus Tempo 200?

Ob man exakt diese Situation noch mal wieder findet, weiß ich nicht. Aber auch ein Einbruch "nur" um 100 oder 80 km/h kann bei Nichtbeachtung gravierende Folgen haben. Beim aktuellen Unfall war die Entgleisung ja auch bei "nur" 150 km/h.

Jemand hat einen Auszug aus dem Buchfahrplan für den Unglückszug im Web hochgeladen (allerdings wohl aus dem Frühjahr, damals ging der Zug nur bis A Coruna und nicht bis Ferrol): [pbs.twimg.com].

Schon da sieht man noch zwei weitere ähnliche Punkte:
Einmal die Einfahrt nach A Coruna von Süden: Geschwindigkeitseinbruch von 190 auf 80 km/h.
Zum anderen die Einfahrt nach Santiago von Norden: Der Buchfahrplan ist für die Gegenrichtung, aber es sieht stark nach einem Einbruch von 200 auf 100 km/h in Richtung Süden aus.

Ich möchte anmerken, dass ich weder die genaue Streckengeometrie an diesen Stellen noch die Signalisierung kenne.

Dann eben auch mal hier wiederholt

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 03.08.13 15:16

Moin,

Schwarzwaelder schrieb:
-------------------------------------------------------
> "Der Lokomotivführer des verunglückten Zugs in
> Spanien hat unmittelbar vor der Entgleisung
> innerhalb von zwei Minuten drei automatische
> Warnsignale erhalten, aber das überhöhte Tempo
> trotzdem nicht gedrosselt. Dies hat die Auswertung
> des Fahrtenschreibers ergeben, wie die Ermittler
> am Freitag berichteten. Als das erste Signal
> ertönte, habe der Zugführer telefoniert."
>
> [www.nzz.ch]

Wer sagt, daß es nicht der nicht quittierpflichtige Bestätigungston beim Passieren fahrtzeigender Hauptsignale wie in Belgien war?

Gruß, ULF

Re: Dann eben auch mal hier wiederholt

geschrieben von: Schwarzwaelder

Datum: 03.08.13 15:51

Ulf Kutzner schrieb:
-------------------------------------------------------
> Moin,
>
> Schwarzwaelder schrieb:
> --------------------------------------------------
> -----
> > "Der Lokomotivführer des verunglückten Zugs in
> > Spanien hat unmittelbar vor der Entgleisung
> > innerhalb von zwei Minuten drei automatische
> > Warnsignale erhalten, aber das überhöhte Tempo
> > trotzdem nicht gedrosselt. Dies hat die
> Auswertung
> > des Fahrtenschreibers ergeben, wie die
> Ermittler
> > am Freitag berichteten. Als das erste Signal
> > ertönte, habe der Zugführer telefoniert."
> >
> >
> [www.nzz.ch]
> r-wurde-dreimal-gewarnt-1.18127026
>
> Wer sagt, daß es nicht der nicht
> quittierpflichtige Bestätigungston beim Passieren
> fahrtzeigender Hauptsignale wie in Belgien war?
>
> Gruß, ULF


Und wer sagt, daß er es war ?
Das wäre doch kein WARNsignal, oder ?


Schwarzwälder

Re: Dann eben auch mal hier wiederholt

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 03.08.13 15:53

Moin,

Schwarzwaelder schrieb:

> > Wer sagt, daß es nicht der nicht
> > quittierpflichtige Bestätigungston beim
> > Passieren
> > fahrtzeigender Hauptsignale wie in Belgien war?


> Und wer sagt, daß er es war ?

Die gesamte bisherige Berichterstattung und DSO-Diskussion bzw. deren Auswertung?

> Das wäre doch kein WARNsignal, oder ?

Meine Rede. Ich behaupte, die Presse berichtet fehlerhaft und mißverständlich.

Gruß, ULF

Ja und? Was daran ist der Neuigkeitswert?

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 03.08.13 15:58

Ulf Kutzner schrieb:
-------------------------------------------------------
> Meine Rede. Ich behaupte, die Presse berichtet
> fehlerhaft und mißverständlich.

Es schaffen ja noch nichtmal dem Thema eher zugewandte Leute, bisher Dargelegtes unfallfrei zu lesen und v.a. zu verstehen.
Und da wunderst du dich darüber, daß weder Gossenpresse noch Qualitätsblätter sachrichtig berichten?

Ich bitte ausdrücklich um keine Antwort auf diese rhetorische Frage.

Re: Dann eben auch mal hier wiederholt

geschrieben von: Schwarzwaelder

Datum: 03.08.13 16:12

Ulf Kutzner schrieb:
-------------------------------------------------------
> Meine Rede. Ich behaupte, die Presse berichtet
> fehlerhaft und mißverständlich.

Ja, die böse Presse mal wieder ;-)
Sogar die NZZ taugt nichts mehr.


Ich behaupte mal frech: wir alle stochern im Nebel.
Wie es ganz genau war und wie die Schuldfrage zu gewichten ist, wird der Prozess zeigen, mit den Gutachtern usw. .

Was mir generell aber schon auffällt:
Hier bei DSO besteht (vielleicht verständlich) die starke Tendenz, den Lokführer frei zu sprechen und alle Schuld auf die Technik bzw. die fehlenden Sicherungssysteme zu schieben.

Interessanterweise macht das der Lokführer selber aber nicht. Er hat immer betont (vom ersten Handynotruf direkt nach dem Unglück bis zur letzten Vernehmung), daß der Fehler und die Schuld einzig bei ihm lägen.


Schwarzwälder



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:08:03:16:14:45.

Vorabfreispruch?

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 03.08.13 16:16

Moin,

Schwarzwaelder schrieb:

> Was mir generell aber schon auffällt:
> Hier bei DSO besteht (vielleicht verständlich) die
> starke Tendenz, den Lokführer frei zu sprechen

Da hättest Du jedenfalls mich mißverstanden.

> und
> alle Schuld auf die Technik bzw. die fehlenden
> Sicherungssysteme zu schieben.
>
> Interessanterweise macht das der Lokführer selber
> aber nicht. Er hat immer betont (vom ersten
> Handynotruf direkt nach dem Unglück bis zur
> letzten Vernehmung), daß der Fehler und die Schuld
> einzig bei ihm lägen.

Zudem hat er sich bei Vernehmungen hinsichtlich des Telefonats korrigieren (lassen) müssen.

Gruß, ULF

Re: Dann eben auch mal hier wiederholt

geschrieben von: Stundentakt

Datum: 03.08.13 17:40

Schwarzwaelder schrieb:
-------------------------------------------------------
> ... daß der Fehler und die Schuld
> einzig bei ihm lägen.


Sicher, wenn er seit zehn Jahren die "Philosophie" erlernt hat, bei 200 auf Sicht und alleine wäre okay, Regel der Kunst und menschengerecht - kein Wunder.

Genau dies müssen wir vorerst annehmen.

Die Handlungen des Tf wurden bisher widersprüchlich und mehrfach gefiltert, teils aus nicht für techn.-wissenschaftliche Akkuratesse bekannte Blättern zitiert hereingereicht, da ist es glaube ich nur fair, sich vorerst auf den Anteil der Angelegenheit zu konzentrieren, die aus sonstigen Quellen, öffentlich verfügbar, zu erhellen ist - Baustandards, Metastandards, Regelwerke, Betriebsvorschriften der RENFE usw.

Beispiel: wir wissen, daß der Tf in einer offensichtlichen kritischen Phase der Fahrt ein Telefonat beantwortet hat - ohne den Hintergrund der Dienstanweisungen wie der Gepflogenheiten bei RENFE ist dieser Umstand keinesfalls angemessen zu bewerten. Immerhin müssen wir annehmen, daß Zugführer-an-Triebfahrzeugführer eine Kommunikation unter Befugten ist - wie weit diese geregelt sein müßte und tatsächlich ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Bereits die Handlungsoptionen "Wegdrücken" oder "Klingeln lassen" beeinträchtigen die Konzentration.

Was mich angeht: solange kein sekundengenauer Zeitstrahl der technischen Parameter des Zuges (Ort, Geschw., Beschl. etc.) mit synchronisierter Abfolge von Wort und Manipulation der Maschine durch den Tf vor mir liegt, akzeptiere ich keine Sekunde obige Selbstbezichtigung.

(OT) volkswirtschaftliche Aspekte (mL)

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 03.08.13 18:36

Wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was der Autor dieses Artikel bei telepolis:
– [www.heise.de]

schreibt, insbesondere ab dem Abschnitt »Spanien hat 46 Milliarden Euro, …in das Hochgeschwindigkeitsnetz investiert«, dann wundert mich da eigentlich gar nichts mehr.
Da ist das HGV-Netz dann so eine Art Stuttgart21 im Quadrat – nur ohne Bürgerproteste.
Und während man die Milliarden für den Streckenneubau herausbläst, ist nichts mehr da für vernünftigen Kleinkram wie etwa Zugsicherungen, die zumindest mal Klasse B Status haben.

Daß in solch einem, durch »natürliche« (iberische Breitspur) wie mglw. hausgemachte (der übliche Sumpf in engen Märkten) Marktabschottungsmechanismen der, sagen wir mal, suboptimale Einsatz von Mitteln erfolgt, wäre keine Überraschung. Und das gilt, um hier mal deutlich zu werden, dann nicht nur für die Infrastruktur, sondern eben das Gesamtsystem Eisenbahn.





1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:08:03:18:46:28.

Re: Dann eben auch mal hier wiederholt

geschrieben von: Schwarzwaelder

Datum: 03.08.13 20:00

Stundentakt schrieb:
-------------------------------------------------------
> Schwarzwaelder schrieb:
> --------------------------------------------------
> -----
> > ... daß der Fehler und die Schuld
> > einzig bei ihm lägen.
>
>
> Sicher, wenn er seit zehn Jahren die "Philosophie"
> erlernt hat, bei 200 auf Sicht und alleine wäre
> okay, Regel der Kunst und menschengerecht - kein
> Wunder.
>
> Genau dies müssen wir vorerst annehmen.
>
> Die Handlungen des Tf wurden bisher
> widersprüchlich und mehrfach gefiltert, teils aus
> nicht für techn.-wissenschaftliche Akkuratesse
> bekannte Blättern zitiert hereingereicht, da ist
> es glaube ich nur fair, sich vorerst auf den
> Anteil der Angelegenheit zu konzentrieren, die aus
> sonstigen Quellen, öffentlich verfügbar, zu
> erhellen ist - Baustandards, Metastandards,
> Regelwerke, Betriebsvorschriften der RENFE usw.
>
> Beispiel: wir wissen, daß der Tf in einer
> offensichtlichen kritischen Phase der Fahrt ein
> Telefonat beantwortet hat - ohne den Hintergrund
> der Dienstanweisungen wie der Gepflogenheiten bei
> RENFE ist dieser Umstand keinesfalls angemessen zu
> bewerten. Immerhin müssen wir annehmen, daß
> Zugführer-an-Triebfahrzeugführer eine
> Kommunikation unter Befugten ist - wie weit diese
> geregelt sein müßte und tatsächlich ist, entzieht
> sich meiner Kenntnis. Bereits die
> Handlungsoptionen "Wegdrücken" oder "Klingeln
> lassen" beeinträchtigen die Konzentration.
>
> Was mich angeht: solange kein sekundengenauer
> Zeitstrahl der technischen Parameter des Zuges
> (Ort, Geschw., Beschl. etc.) mit synchronisierter
> Abfolge von Wort und Manipulation der Maschine
> durch den Tf vor mir liegt, akzeptiere ich keine
> Sekunde obige Selbstbezichtigung.


Die schlimmsten Filter sind immer die eigenen Vorurteile.
Wir sollten uns auch nicht so wichtig nehmen.
Was wir hier bei DSO über den Unfallhergang glauben oder gar akzeptieren ist für die Betroffenen in Spanien so belanglos wie der Sack Reis in China.
Die leben dort auch schon lange nicht mehr auf den Bäumen.


Schwarzwälder
X73900 schrieb:
-------------------------------------------------------

>
> In dem zitierten Artikel
> [www.publico.es]
> s-balizas-habrian-evitado-el-accidente-del-alvia
> steht aber nichts davon, dass ADIF einräumen
> würde, dass die Strecke nicht korrekt ausgerüstet
> war. Genau genommen enthält der Artikel gar kein
> Statement von ADIF, sondern nur des Ministeriums
> für öffentliche Arbeiten und Verkehr (Fomento).

Du hast recht, hab das leider nur kurz überflogen heute morgen, da ich momentan nur mit dem Telefon online bin auf Grund Dienstreise.
Aber immerhin hat ADIF das schnell nachgerüstet. Das kann man dann auch deuten wie man will.

Re: (OT) volkswirtschaftliche Aspekte (mL)

geschrieben von: X73900

Datum: 03.08.13 20:47

heineken schrieb:
-------------------------------------------------------
> Wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was der
> Autor dieses Artikel bei telepolis:
> – [www.heise.de]
>
> schreibt, insbesondere ab dem Abschnitt »Spanien
> hat 46 Milliarden Euro, …in das
> Hochgeschwindigkeitsnetz investiert«, dann wundert
> mich da eigentlich gar nichts mehr.
> Da ist das HGV-Netz dann so eine Art Stuttgart21
> im Quadrat – nur ohne Bürgerproteste.

Der Heise-Artikel wurde hier ja schon mehrmals diskutiert, daher schreibe ich hierzu nicht nochmal.

Auch wenn man vor dem Hintergrund der Euro-Schuldenkrise das aufwändige spanische Eisenbahnausbauprogramm kritisch sehen kann (wobei keineswegs nur dort Geld ausgegeben wurde, sondern genauso für den Autobahnbau, Flughafenbau usw.), sehe ich einen Vergleich mit Stuttgart 21 nicht als zutreffend an. Stuttgart 21 wird ja dafür kritisiert, dass viel Geld ausgegeben wird, ohne das durchgreifende Verbesserungen für den Bahnverkehr erreicht werden - die Kapazitäten werden sogar eher geringer. In Spanien wurde dagegen viel Geld ausgegeben, um die Kapazitäten massiv zu erhöhen und die Fahrzeiten stark zu reduzieren.

Ein umfassendes Ausbauprogramm war auch nötig, wenn man den Ausbaustandard vorher ansieht. So war die Strecke Madrid - Sevilla, immerhin die Verbindung der größten und der drittgrößten Stadt des Landes, vor dem Bau der NBS auf längeren Abschnitten nur eingleisig. Auch war und ist in Spanien die Konkurrenz durch Fernbusse und Flugzeug sehr stark, der Fernbus war früher oft schneller als der Zug.

Es ist übrigens nicht so, dass nur in einzelne Hauptstrecken investiert wurde. Es wurden auch eine Reihe Regionalstrecken ausgebaut. Als Beispiel: Der laufende zweigleisige Ausbau einschließlich Linienverbesserung auf der Strecke Sevilla - Jerez - Cádiz (alles drei Großstädte, aber bisher nur eingleisig verbunden), oder die Ausbaumaßnahmen zwischen Sevilla und Málaga (auf der Regionalstrecke über Dos Hermanas).

Re: Intention meines Aufsatzes

geschrieben von: Blauscher

Datum: 04.08.13 00:53

Oh, im Gegenteil. Ich habe Deinen Beitrag mit grossem Interesse gelesen, und auch Deine anfängliche Bewertung gesehen. Ich vrstehe auch Dein fachliches Interesse am Unfallhergang und möchte mich für die fesselnden Erläuterungen bedanken. Ich weiss nicht, wie ich es schreiben soll, ohne Deine tiefgehenden überlegungen unverdient zu entwerten. Ich finde einfach die Kritik an der Konstruktion ungerecht, da sie sich auf einen Spezialfall weit ausserhalb nicht nur der Spezifikation, sondern auch zusätzlicher grosszügiger Sicherheitsaufschläge bezieht. Über die Eintrittswahrscheinlkchkeit eines solchen Falls lässt sich hinterher ja nicht mehr streiten - aber wo soll man denn ab heute die Grenze ziehen? Müssen jetzt Züge so konstruiert werden, dass sie auch mit 250 Sachen durch besagte Kurve brausen könnten? Irgendetwas geht im Katastrophenfall immer zuerst kaputt; jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Das kann man aber dann nicht dem betroffenen Glied vorwerfen, wenn man solange den Zug erhöht, bis die Kette reisst....

Re: Intention meines Aufsatzes

geschrieben von: parahound

Datum: 04.08.13 01:37

heineken schrieb:
-------------------------------------------------------
> Offensichtlich hast du meinen Aufsatz nicht
> wirklich gelesen. Sonst hättest du bereits zu
> Beginn und auch später im Text gelesen, daß auch
> ich als Ursache des Unglücks das Fehlverhalten
> (sic!) des Tf und die nicht existente technische
> Sicherung dagegen erachte.
Das habe ich wohl gelesen und auch zur Kenntnis genommen.

> Jedoch hat nach meiner Ansicht der Generatorwagen
> den Verlauf des Unglücks wesentlich negativ
> beeinflußt:
Auch das habe ich gelesen, ich habe ja auch nichts gegen eine Diskussion. Mein Diskussionsbeitrag ist eben nur - platt gesagt: Warum sollte man Eisenbahnfahrzeuge so dimensionieren, dass ihre Sicherheitsreserven (im vorliegenden Fall gegen Übergeschwindigkeit in Kurven) weit über das übliche Maß hinausgehen? Durch eine solche Dimensionierung entständen i.d.R. Mehrkosten, welche die Sicherheit aber nur in wenigen sehr außergewöhnlichen Fällen erhöhen. Da ist es deutlich einfacher und wirtschaftlicher, wenn man durch einfach Sicherungstechnik diesen außergewöhlichen Fall (hier Übergeschwindigkeit in Kurven) zu verhindern versucht.


Du schreibst von einem
> Sicherheitsvorteil des
> Talgo-Gliederzuges – die »relative Steifheit« –

und dass dagegen der Generatorwagen ihn von einer
> mehr oder weniger noch
> stabilen Kreisbahn ablenkt

Ich glaube da liegt ein grundlegender Denkfehler vor:
Ein stabile Kreisbahn befährt der Zug, solange eine ausreichend starke Spurführung an allen Achsen/Fahrgestellen existiert. Sobald an einer beliebigen Stelle im Zug diese Spurführung versagt wird sich dieses Fahrgestell aufgrund der Fliehkraft nahezu tangential aus der Kreisbahn herausbewegen (mögliche Längskräfte im Zugverband könnten zu einem Bogen führen, aber eben nur solange weiter vorn/hinten noch Spurführung besteht).
Die "relative Stiefheit" bedeutet ja nur, dass zwischen zwei Wagen nur ein und nicht zwei Gelenke vorhanden sind. Wenn nun die Achse unter einem Gelenk - gleich unter welchem - die Spurführung verliert, dann wird diese Achse nach außen driften und der Zug knickt an diesem Gelenk ein, mindestens bis zur Knickgrenze des Gelenks und aufgrund überhöhten Kräfte eventuell auch weiter bis zum Zieharmonikaeffekt. Die Schrägstellung des vorhergehenden und nachfolgenden Wagenkastens werden wohl i.d.R. auch die jeweils nächsten Achsen entgleisen lassen und das setzt sich mindestens nach hinten im Zugverband fort. Insofern sehe ich keinen Sicherheitsvorteil von Talgo- (oder auch Jakobs-) Fahrwerken bei Entgleisung im Bogen - auf der Geraden (und dort gab es ja den TGV-Unfall) könnte ein solcher Vorteil möglicherweise gegeben sein.

Meine Schlüsse zu deinen Gedanken:

Die Konstruktion des Generatorwagens kann also die Unfallschwere nur dann beeinflusst haben, wenn die Masseverteilung zum Verlust der Spurführung (konkret am ersten Talgo-Fahrwerk) beigetragen hätte. Dabei käme es dann aber nicht auf eine Gierfreudigkeit des Wagens an, auch drückt der Generatorwagen nicht einen anderen Heraus: Die Fliehkraft existiert schon durch die Bogenfahrt.
Die Überlegungen hinsichtlich des Wankens finde ich auch interessant, insbesondere verstehe ich eigentlich bis heute nicht, wie das Wanken bei dem Generatorwagen mit diesen verschiedenen Fahrwerksarten überhaupt konstruktionsbedingt vorgesehen ist. Allerdings: Egal in welcher Richtung nun welcher Wagen gewankt ist, dabei wir der Schwerpunkt immer nach Bogenaußen verschoben. Somit wird zwar das Bogeninnere Rad entlastet, das Bogenäußere, welches die Spurführungskräfte übertragen muss, wird aber zusätzlich belastet. Das ist für die Spurführung positiv (solange der Zug nicht umkippt und nach einem Unfall mit Umkippen sieht es für mich nicht aus.)

Die von einer Achse abzutragende Fliehkraft ist normalerweise proportional zur auf dieser Achse ruhenden Schwerkraft, das gilt aber nicht mehr bei einer Bremsung: Da der Schwerpunkt oberhalb des Angriffspunktes der Bremskraft zwischen Gleis und Rad liegt neigt sich ein gebremster Wagen nach vorne (kann man im Auto prima ausprobieren) und die Schwerkraft wird stärker über das vordere und schwächer über das hintere Fahrwerk abgetragen. Die Größe dieser Kraftverschiebung ist abhängig von der Schwerpunkthöhe (und natürlich der Bremskraft). Die abzutragenden Fliehkräfte bleiben aber gleich, da sich der Schwerpunkt des Wagens selbst nicht ändert.
Für das (mutmaßlich zuerst entgleiste) erste Talgo-Fahrwerk bedeutet das: Entlastung durch den Generatorwagen, zusätzliche Belastung durch den ersten Passagierwagen bei gleicher Fliehkraft. Gehen wir davon aus, dass die Schwerkraft auf diese Achse normalerweise zu je 50% von beiden Wagen kommt, dann wäre die Entlastung wegen der hohen Schwerpunktlage des Generatorwagens größer als die zusätzliche Belastung durch den Passagierwagen. Folglich wäre das Verhältnis von Fliehkraft zu Schwerkraft gestiegen und das könnte zum Aufklettern genau an diesem Fahrwerk geführt haben.

Ungeachtet dessen denke ich, dass dieses Verhalten in einer solchen Extremsituation nicht prinzipiell gegen den Betrieb derart konstruierter Züge spricht (s.o.).

Grüße, Parahound



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:08:04:01:54:39.

Re: Bilder des Generatorwagens (mB /mL)

geschrieben von: Der Ungläubige Thomas

Datum: 04.08.13 20:09

Danke.
Ich glaube, das läuft auf die Problematik in Längsrichtung bzw. in der Seitenansicht schräg von unten (bei 2' bzw. 1('?)) nach oben (0,5') verlaufender ideeller Wankachsen hinaus.
Wobei der Talgo-7- Endwagen anscheinend seinen Schwerpunkt immer noch unter dieser Wankachse hat, der Generatorwagen darüber. Resultat wie von Dir beschrieben.
Es wäre jetzt interessant zu erfahren und zu vergleichen, wo es das Phänomen schräg verlaufender Wankachsen bzw. an beiden Aufstützpunkten unterschiedlich hohen Aufstandsebenen noch gibt. Daher die fremden Beispiele.
Möglicherweise heisst die Quintessenz, dass ab einem bestimmten Neigungswinkel der Wankachse zur Gleis- oder besser Abrollebene im ebenen geraden Gleis ein Wankstabilisator am "tiefen Ende" absolute Pflicht ist, wenn die Gefahr besteht, dass ein mit dem Wagen gekoppeltes System in einer unzulässigen Weise angeregt oder aber in seiner Beweglichkeit unzulässig so eingeschränkt werden könnte, dass die Gefahr unsicherer Radaufstandsverhältnisse besteht.
OK, das wird auch nicht verhindern können, dass die gravierende Überbeanspruchung des Systems eine Katastrophe nach sich ziehen würde. Die Kunst ist, dennoch den Schaden zu minimieren: Der vordere TK engleist zusammen mit dem Generatorwagen, schrammt zusammen mit einigen Wagenkästen der Garnitur an der Betonwand lang wie jener ICE-1 im Tunnel (die armen Schafe!), denn diese Wand scheint ja relativ glatt zu verlaufen - zerlegt hat es die Fahrzeugstrukturen und die Garnitur primär durch den Aufprall auf den Anfangspfeiler der Stützwand. Wird ein derart gleisferner Aufprall auf eine starre Struktur vermieden, minimiert man die Schäden und Opfer. Im Landrückentunnel ist schliesslich niemand ums Leben gekommen, und die Garnitur erwies sich als reparabel.

Da es nun darauf ankommt (gegen groben Leichtsinn, politisch bedingt fehlende Sicherheitsstrukturen und Organisationsmängel, tierischen Ungehorsam usw. kann man sich nur durch kluge Abmilderung der Folgen schützen), folgender Lösungsvorschlag:

Wäre es aus Deiner Sicht sinnvoll, die Generatorwagen "umzudrehen", d.h. mit dem bisherigen TALGO-Ende (bei "0,5'"; ich vermeide, diese Achse nach dem ollen Baurat Jacobs zu nennen; man findet diese Lemniskaten-Zentrierung auf die Winkelhalbierende zwischen den aufliegenden Wagenkästen auch bei Niederflurstrassenbahnen im frz. Lille und -emuliert durch die "Transversal-Steuerung" - im Wiener ULF) an/auf das Kurzkuppelende des Triebkopfes aufzusatteln und mit dem Drehgestellende eine Kupplung analog der zwischen TK und Talgo-7-Endwagen herzustellen? In meinem vorigen Beitrag nannte ich das "Entkoppelung des Neigeverhaltens" zwischen Triebfahrzeug und Garnitur - das wäre damit erreicht. Man könnte die eigentlich hervorragende Idee des Generatorwagens und die vorhandenen (minus dem einen zerfetzten und ausgeglühten, der erste scheint reparabel) Wagen selbst umbauen und umgedreht an die TK "aufsatteln". Das müsste sorgfältig durchgerechnet werden, würde das "Aufsatteln" doch im hinteren Überhang des TK erfolgen und dessen überhängende Masse um die aufliegende Masse des Generatorwagens anteilig erhöhen. Thema bei Strassenbahnen und den Gelenkwagen der Stockholmer U-Bahn, Stichwort "Drehgestell-Nachläuferwagen, 6- und 8-achsig"; dort jedoch Maximierung der Profilnutzung durch die Fahrzeughüllkurve im engen Bogen unter Beibehaltung des Drehgestellprinzips mit seinem unschlagbaren "Hebeleffekt".

Das sähe hier so aus, dass man den gesamten bisherigen Portalbereich mit Rahmenkröpfung usw. am "0,5'"-Ende des Generatorwagens abschneidet und durch eine Gelenk- und Stützkonstruktion zur Anbindung an den Mittelwagen ersetzt. Ca. 1 m kürzer und leichter. Das bisherige KK-Ende (2'-seitig) schaut aus, als könne man eine Kupplung zu einem "normalen" Talgo-7-Endwagen ohne Probleme nachrüsten.

Der fertige Hybrid-TK hätte dann die Achsfolge Bo'Bo'+2' [oder Bo'Bo'(2')' ?] wobei man hier wegen der baugleichen Drehgestellrahmen noch weiter gehen könnte: Man motorisiert sämtliche Achsen dieses Konvois mit kleineren, leichteren Fahrmotoren, um so eine geringere Masse in den angetriebenen Laufwerken zu haben, dafür aber dann 6 Antriebsachsen statt 4: Bo'Bo'+Bo' [bzw. Bo'Bo'(Bo')' ?], Gesamtleistung gleich, aber Adhäsion besser - man könnte also wesentlich besser beschleunigen und effizienter elektrisch rekuperativ bremsen. Ich postuliere mal in's Blaue: Das Ding hätte, gut durchdacht, sogar bessere Laufeigenschaften als die bisherige Konstellation, und wäre um geschätzte 4 t leichter. Das Nicken des vormaligen Laufdrehgestells wäre durch die eingebaute Masse der Fahrmotoren 5 und 6 gemindert; ich würde sogar sagen, da die Motoren immer noch 2/3 der Originalmasse aufweisen würden, wäre das kein Thema mehr, und in den Überhang wird man wohl keine Fahrmotoren einbauen, Grubenlok-artig. Geneigte Wankachse mur mehr im TALGO-7-Endwagen, bekannt unkritisch, da Kasten-Schwerpunkt immer noch darunter. Gegensinnig wanken - ja gerne, wie beim bisherigen S130 und Talgo-7 direkt gekuppelten "electrico" auch. In der TALGO-7-Flotte einheitliche Endwagen, frei tauschbar.

OK, auch diesen Gelenk-TK könnte wieder einer mit 200 gegen eine Mauer setzen, und dann würde vielleicht das Gelenk-Triebfahrzeug auch am Gelenk auseinanderbrechen und bei Kraftstoffleckage zu brennen beginnen, sicher, jeder Unfall ist anders. Die Traktionseinheit würde vom Zug vermutlich getrennt und man hätte möglicherweise die TALGOs noch auf dem Gleis. Wenn, dann fliegt im aktuellen Szenario alles gemeinsam, ohne einzelne "power-slides" und ohne Ausknicken, aus der Kurve, schrammt an der Mauer lang, und kratzt zum Stillstand. Keine Opfer im Idealfall! Darum geht's.

Die Wartung der Triebköpfe, electrico y hibrido, erfolgt ohne die leicht davon trennbare Garnitur. Die Werkstatt-Organisation würde vereinfacht. Hybrid- und elektro-Triebköpfe könnten auf verfügbare TALGO-Garnituren zurückgreifen, ohne Spezialisierung.

M.E. ein Win-Win-Win- Konzept, Sicherheit, Wartung, Flexibilität würden verbessert. Aber bitte, jetzt wieder die Fachleute.
Cheerz -

Der Unglaeubige Thomas




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2013:08:04:20:11:25.
Ich mein' der Unfall in Norwegen des 74005 war doch ein deutlicher Vorläufer dessen, was jetzt der Alvia veranstaltet hat. Alles mit ca. 40 km/h weniger, aber die Kurve war dafür auch (noch) enger und die gerammte Wand nicht so "glatt".
[www.drehscheibe-foren.de]
[www.aibn.no]
[www.stadlerrail.com]
Zug auf Neubaustrecke, Fahrpersonal auf Testfahrt (zum Glück!) abgelenkt, Zug kommt aus Tunnel, muss ohne technische Überwachungs- oder Eingriffsmöglichkeit runter bremsen auf 60 oder 70 km/h für scharfe Rechtskurve zur Altbaustrecke, rauscht nach Ignorieren einer Warntafel 1200 m zuvor und bei Erspähen der Kurve einer Schreckbremsung mit noch (135 - Bremswirkung) km/h in die enge Rechtskurve, fliegt raus und wird zerstört. Keine Toten. Aber ein nagelneuer Zug Schrott. Dem Schadensbild zufolge hätte es mit Passagieren Tote gegeben.

Wie also hat Jernbanverket auf diese Situation, die eine nie auszuschliessende momentane Überforderung des Tf ausgelöst hat, streckenseitig reagiert?? Mit PZB90 "vermint"?

Analog sollte sich auch ADIF mal hinsetzen und Hausaufgaben machen.
Grusz

Der Unglaeubige Thomas

Mussten 3 Dinge zusammenkommen?

geschrieben von: tbk

Datum: 05.08.13 00:30

Das prinzip der sicherheit bei der eisenbahn (oder ganz allgeneim in jedem system) ist, dass ein fehler allein noch keinen unfall auslösen darf, da müssen schon mehrere dinge zusammenkommen.

Wir hatten hier:

1. Unaufmerksamer triebfahrzeugführer
2. Nicht ganz ausgereiftes zugsicherungssystem, das den fehler 1. nicht erkennt/behebt

und gegebenenfalls

3. Fahrzeugkombination, die bei extremen querkräften stärker zum entgleisen neigt als andere. (?)

Offen ist weiterhin die frage, ob es überhaupt einen zug gegeben hätte, der beim zusammenkommen dieser beiden fehler, also mit der konkreten geschwindigkeit von, was wars nun, gut 150 im 80er bogen im gleis geblieben wäre? War der dritte punkt also wirklich ausschlaggebend oder wäre das so ziemlich jedem zug passiert?
Dieses szenario dürfte nämlich sämtliche auslegungsfälle der spurführung einschließlich sicherheitspuffer bei weitem übertreffen.
Dass ein zug irgendwo eine relativ zum rest schwächste stelle hat, an der er (homogenes gleis vorausgesetzt) tendenziell zuerst entgleist, wird so ziemlich auf jeden zug zutreffen. Bei der frage, ob genau diese kombination besonders entgleisungsträchtig war, stochern wir dagegen weiter im nebel.

Weshalb der Generatorwagen so ist wie er ist (mB, mL, Edit)

geschrieben von: ehemaliger Nutzer

Datum: 05.08.13 03:08

Es gibt da ein paar Randbedingungen, die vtml. zur Ausführung des Generatorwagens gefürt haben, wie er ist:
– Masse des DG ohne Fahrmotoren und Getriebe (Voith SZH-692), aber mit den Spurwechselrahmen geschätzt 16 t. Bleiben bei 18 t max. RSL netto 20 t für Wagenkasten und Inhalt.
– Masse der Jakobsachse 2,6 t. Bleiben bei gleicher max. RSL 7,7 t netto auf dieser Seite.

Wir sprechen also über 27,7 t, in denen unterzubringen sind:
– Masse Wagenkasten (Alu-Schweißkonstruktion) geschätzt 6 t (Wagenkästen der Talgo-7 kommen auf 4,1 t)
– Masse Dieselmotor 6,6 t (trocken)
– Masse Generator sicher nicht unter 3 t
– Kühler und Kühlkreislauf ?
– Dieselkraftstoff 2 t zzgl. Tank
– Öl und -Kreislauf (Motor) ?
– Nebenaggragate, div. Schaltschränke ?

Da die Tk erstens mit 72 t Masse bereits am Anschlag sind (RSL!) und zweitens für eine »umgedrehte Anbindung« wie von Thomas skizziert massiv in die Konstruktion hätte eingeriffen werfen müssen – die 90 Tk waren ja fertig gebaut und als S130 abgenommen! – schied das von vornherein aus.
Motorenanzahl /-aufteilung etc. zu ändern hätte ebenfalls deutliche Eingriffe bedeutet. Mal eben einen »etwas kleineren« Motor aus dem Elektroladen holen ist da nicht. Ganz abgesehen vom Getriebe, welches von Voith auch nicht für eine Tasse Kaffee redimensioniert werden würde. (Siehe auch: [www.railway-technology.com] und [www.voithturbo.com] – im PDF die vorletzte Seite.)

Warum nun keine Generatorwagen in 2'2' Achsfolge?
Zum einen dürfte auch in Spanien die Zuglänge (Bahnsteige) begrenzt sein, sodaß der Generatorwagen nicht annäherend so lang hätte ausfallen dürfen wie der Tk. (Die S730 sollten auch in Doppeltraktion verkehren, und so tun sie das auch.) Zum anderen hätte man für eine kürzere Version und Achsfolge 2'2' Die Zug-Druckstangen der bestehenden Fahrwerkskonstruktion nicht unterbringen können. Hätte also mehr oder weniger die Neuentwicklung eines Drehgestelles bedeutet. Wie ich aber bereits im threaderöffnendem Aufsatz angemerkt habe, gehört das zu den teuersten Teilen der Fahrzeugentwicklung.

Nach allem was bekannt ist, ist die Kupplung zwischen Generator- und erstem Talgo-7 Wagen genauso wie zwischen zwei Talgo-7 /Talgo-Pendular Wagen gelöst:
Talgo_Generatorwagen_Kpl-Ende.jpg Talgo_Kpl-Ende.jpg
Talgo_LW-Ende.jpg http://railfaneurope.net/pix/es/car/Talgo-200/white-blue/281-Talgo_200.jpg(Bild von railfaneurope.net, Bildautor Carlos Pérez Arnau)

D.h. der Generatorwagen hängt an den üblichen zwei auf Zug belasteten Stangen, über ein untereinander verbundenes Doppelgelenk in Höhe der Kupplung. Das jeweils obere Ende der beiden Stangen ist an den Konsolen des Nachbarwagens befestigt, welche auf den Luftfederbälgen der Jakobsachse aufliegen. Kinematisch gleicht ein »normaler« Talgo-Pendular Wagen damit einer Dreipunktlagerung (ein Wagenende mit zwei Konsolen auf Luftfederung, das andere Wagenende mit der hier beschriebenen Stangenlösung an die Konsolen des Nachbarwagens).
Was auf den Generatorwagen im Prinzip auch zutrifft – nur daß er eben über die anderen beiden Auflagerpunkte – die Flexicoil-Sekundärfedern des 2' Drehgestells in die für das Pendular-Prinzip falsche Richtung pendelt …
Desweiteren wirkt die im Bild des Generatorwagens hammerartige Struktur in Dachhöhe, die auf der Gegenseite in den Spalt zwischen den erwähnten Konsolen eintaucht und das Kippen eines einzelnen Wagens innerhalb des Gliederzugs verhindern soll, bei derartigem Wankverhalten sicher nicht produktiv.

Ich bleibe dabei: Das ganze Ding ist eine Verlegenheitskonstruktion, inkl. Fehler. Und was dabei am meisten verwundert: Bereits der Talgo XXI wies AFAIK dieselben Merkmale zwischen Tk und anschließendem Talgo-Wagen auf.

Empfehlenswert ist auch ein Blick in: Giullen, Mauro F. »The Rise of Spanish Multinationals: European Business in the Global Economy«, Cambrige University Press, 2011; zu den wirtschaftlichen Möglichkeiten von Patentes Talgo, ihrer Hauptumsatzquelle und den Verflechtungen mit der RENFE.
Notabene, Patentes Talgo befindet sich seit Ende 2005 zu 49,9% im Besitz von Lehman Brothers, resp. einem ihrer Fonds, resp. jetzt wahrscheinlich irgendeinem ex-Gläubiger von Lehman Brothers.

Edit: Daß man mich nicht falsch versteht: Ich halte das Talgo-Pendular für ein grandioses Konzept. Und auch El Pato und El Patito sind gute Produkte.
Edit2: Hervorhebung.





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