Im neuen EK habe ich schon über meinen Wagenfund berichtet, bei dem es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um den Kasten des 3-achsigen Salonwagens der LBE (LBE 3), gebaut 1889 in Görlitz, handelt.
Da der EK der Meldung keine Fotos beigefügt hat, möchte ich dies hier nachholen und füge zur weiteren Verdeutlichung zwei vor wenigen Wochen aufgenommene Fotos des Wagens sowie die LBE-Wagenzeichnung bei.
Interessant ist die Bemerkung „Umbau 1906 in Gotha“, da der Herzog von Coburg (Sachsen-Coburg-Gotha) ein zumindest baugleiches Fahrzeug desselben Herstellers und Baujahres besaß („Erfurt 10“), von dem er sich um 1910, zugunsten eines Neubaufahrzeuges trennte. Die Ähnlichkeit mit dem LBE-Salonwagen ist frappierend und legt den Verdacht nahe, dass es sich um ein und dasselbe Fahrzeug handelt. Dies kann jedoch zz. weder mit allerletzter Sicherheit bewiesen noch ausgeschlossen werden, da die Literaturangaben sich widersprechen: Dost führt in seiner Lieferliste im Buch „Der rote Teppich“ lediglich den Erfurt 10 auf und erwähnt den LBE-Wagen mit keiner Silbe. Dagegen werden im EK-Buch „160 Jahre Waggonbau in Görlitz“ beide Wagen genannt.
Ein Telefonat mit dem heutigen Eigentümer ergab, dass der LBE-Wagen sich seit etwa 1936 im Besitz seiner Familie befindet. Dies unterstreicht auch meine Feststellung, dass der Wagen in den LBE-Reisezugwagen-Umzeichnungslisten der Reichsbahn nicht mehr auftaucht. Nach dem Verlust der Reichsfreiheit der Hansestadt Lübeck 1936 und erst recht nach der Verstaatlichung der LBE 1938 bestand sicher kein Bedarf mehr an einem eigenen Lübecker Salonwagen, so dass er wohl kurzerhand verkauft wurde.
Auch scheint der heutige Zustand relativ gut zu sein, wie Klaus Busse (unser „Preußenklaus“) angesichts der über dem Salon kaum eingefallenen Dachlinie vermutete und dies mit den im Salonwagenbau eingesetzten hochwertigsten Hölzern begründete. Wie der Besitzer bestätigte, besitzt der 10x3 Meter große Wagenkasten noch Teile der originalen Inneneinrichtung und ruht auf einem Fundament.
Wie mir der Eigentümer bestätigte, würde er sich von dem Wagenkasten trennen, wenn er in gute, verlässliche Hände käme. Die Zufahrt zum Grundstück und direkt zum Wagenkasten scheint auch für schwereres Gerät (Tieflader) von einer naheliegenden Straße aus möglich zu sein, so dass eine Bergung wohl kein allzu großes Hindernis darstellen würde.
Leider scheint weder das Landesdenkmalamt Kiel noch das für seine Sammlung Lübecker Zimmer berühmte St. Annen Museum in Lübeck Interesse an dieser Art „Salon“ zu besitzen. Trotz sofortiger Information herrscht dort bis heute das „Schweigen im Walde“, was sicher anders gewesen wäre, hätte ich den Bug einer Hansekogge entdeckt.
Aber den kundigen Umgang mit Technikhistorie müssen klassisch ausgebildete Landeskonservatoren und Archäologen wohl auch erst noch lernen…
Wegen des damit dokumentierten Desinteresses der offiziellen Stellen sehe ich auch nicht ein, mit meinem Wissen weiter hinter dem Berg zu halten und rufe zur Rettung dieses raren Schatzes auf. Sollte es also im musealen oder museumsbahnerischen Umfeld ernsthafte Interessenten an einer Befundung und ggf. anschließenden Bergung geben, möge man sich mit mir zeitnah in Verbindung setzen.
Meine eMail:
windberg.hans-joerg@gmx.de
Dr. Jörg Windberg (windbergbahn)