Hallo,
nachdem ich mir in diesem Forum einige Inspiration geholt habe will ich auch einen Reisebericht beisteuern. Aber eines vorweg: Es war keine reine „Bahnreise“ der Eisenbahn wegen. Die Bahn war in dieser Reise „nur“ das Verkehrsmittel. Irgendwelche schönen Fotos von Güterzügen von exponierten Stellen werdet ihr hier vergeblich suchen.
Trotzdem bzw. gerade deswegen fand ich die Reise unglaublich spannend: Die vielfältige Geschichte der Region, die wunderschöne Natur vor allem im Süden und wirklich nette und hilfsbereite Menschen zu treffen, die im allgemeinen auch sehr gut Englisch sprechen. Fahrkarten habe ich im Übrigen einfach vor Ort gekauft, da hatte ich die volle Flexibilität.
Zunächst ging es aber nach Budapest, erstens weil ich auf dem Landweg anreisen wollte und zweitens weil ich Budapest auch noch nie gesehen hatte.
Nürnberg Hbf ab 21:28 ICE 1515
München Hbf an 22:39
München Hbf ab 23:36 EN 463
Budapest Keleti an 09:24
Den relativ langen Aufenthalt in München hatte ich selbst eingebaut einfach weil ich auf der sicheren Seite sein wollte. Bei der späten Abfahrt ist das ja kein Problem. Gebucht hatte ich eine Liege, bezahlt 79,25 € mit BC25 als Onlineticket bei der DB. Nachdem noch Oktoberfest war hatte ich ja schon befürchtet da einige Alkoholleichen im Zug zu haben aber dem war nicht so, vermutlich wenn dann eher im Sitzwagen. Der Zug war aber sehr gut belegt. Was mich etwas gewundert hat, dass doch viele in Wien aussteigen. Wien würde ich persönlich abends im RailJet fahren, bei vier Stunden lohnt sich ein Nachtzug meiner Meinung nach nicht mehr. Aber gut, schön für den Zug und die MAV.
Gleich am Anfang kam dann eine Durchsage von einem überaus freundlichen Schaffner, den ich noch von einer Fahrt nach Rom kannte. Obwohl ich ja im Zugteil nach Budapest war, kam die Durchsage von CNL und dem Zugteil nach Venedig. Bewundernswert dass die Leute doch noch so motiviert sind wo doch in 3 Monaten alles vorbei ist. Speziell nach Venedig finden wohl Grenzkontrollen statt, man konnte den Pass beim Schaffner abgeben damit man durchschlafen kann. Diesen Service hätte ich im Verlauf meiner Reise auch gerne in Anspruch genommen, leider war das da nicht möglich. Aber dazu später mehr.
Die Fahrt verlief reibungslos und ich war pünktlich am Morgen in Budapest. Obwohl Budapest sicherlich den meisten bekannt ist, hier dennoch ein paar Bilder.
Budapest-Keliti von außen
... und innen
Alleine schon der Bahnhof ist ja ein geschichtsträchtiger Ort wenn man beachtet dass letztes Jahr um die Zeit alles voll von Flüchtlingen war und jener Zug gar nicht mehr fuhr weil in Salzburg alles unterbrochen war. Auch wenn man in den Medien nichts mehr hört findet man dennoch unten im Verteilergeschoss zur U-Bahn einen abgetrennten Bereich mit campierenden Flüchtlingen.
Straßenbahn: alt und neu
Die Donau
Das Parlament
Straßenbahn
Insgesamt fand ich Budapest zwar sehr schön aber dennoch auch wiederum sehr westlich und damit irgendwie auch wieder „langweilig“ und natürlich sehr touristisch. Auch wenn die Stadt ja eine Hochburg von Taschendieben sein soll ist mir zum Glück nichts negatives aufgefallen oder passiert. Auch die Stadtführung zum Thema „Kommunismus“ hat mir keine neuen Erkenntnisse gebracht: Mit dem „Ostblock“ (im Sinne des Warschauer Pakts) kennt man sich halt hierzulande ganz gut aus. Eine Führung durch das Parlament kann ich dagegen sehr empfehlen: Kann man vorher online buchen und es ist auch erschwinglich.
Am Abend habe ich die Zeit genutzt um mir das Ticket für den nun spannenderen Teil zu besorgen: Die Weiterfahrt nach Beograd. Am internationalen Fahrkartenschalter von Keleti war das auch kein Problem: Ich hatte mich bewusst für die abenteuerliche Variante im serbischen Liegewagen entschieden. Möglich wäre auch die komfortable im RZD-Schlafwagen gewesen. Nach ein paar Minuten war ich um zwei Tickets schwerer und dafür um 23 € leichter. Kreditkartenzahlung war kein Problem, allerdings wurde die Karte mit 23,57 € belastet durch das ganze Hin- und Herrechnen obwohl ich keine Fremdwährungsentgelte zahle. Ich konnte es verschmerzen. :)
Schöne Tickets hat die MAV, muss man ihnen lassen
Am nächsten Tag oder besser Abend sollte es dann losgehen, ich war schon leicht nervös. Nach all den Geschichten den man über diesen Zug liest eigentlich kein Wunder.
Budapest-Keleti ab 22:25 D 341
Beograd an 06:21
Der Wagen war zwar recht heruntergekommen aber dennoch sauber. Die Toilette würde ich nicht benutzen wollen, zum Glück konnte man aber in den benachbarten Sitzwagen gehen, wo man eine Toilette in dem Zustand, den man von älteren deutschen IC-Wagen kennt, vorfinden konnte. Also kein Thema. Der serbische Schaffner sprach Englisch und war freundlich -- wenn er auch das Rauchverbot ignoriert hat und selbst mit Zigarette im Zug rumgelaufen ist. Balkan halt.
Zugzielanzeiger
Besagter serbischer Liegewagen von außen
... und innen (das Licht wurde später eingeschaltet, es hat funktioniert)
Abteil
Der Liegewagen war jetzt nicht voll aber dennoch auch nicht leer: Geschätzt knapp 20 Leute. Im Abteil neben mir war eine Gruppe Interrailer aus der Schweiz, in meinem Abteil eine Frau aus Südamerika und ein Herr aus Kanada. Also alles überwiegend Backpacker und keine Einheimischen. Kein Wunder, ist man vermutlich mit dem Fahrrad schneller. Ein Gefühl von Unsicherheit hatte ich jedenfalls nie. Es hat an dem Abend geregnet, daher konnte man die Fenster nicht wirklich öffnen. Fotografieren war eh nicht möglich da schon dunkel.
Mitten in der Nacht dann die obligatorischen Grenzkontrollen: Zunächst Ausreise aus Ungarn, eine knappe Stunde später dann die Einreise in Serbien. Mit meinem deutschen Personalausweis hatte ich keinerlei Probleme, den Pass hatte ich aber zur Sicherheit dabei. Die Grenzbeamten waren genau aber freundlich.
Soweit ich mich erinnere mit etwas Verspätung erreicht der Zug am nächsten Morgen Beograd:
Der alte Hauptbahnhof
... mit einem nicht funktionierenden Zugzielanzeiger
Mein erster Eindruck war der Stadt war „ich muss weg“, aber das hat sich schnell geändert. In ein paar Tagen gibt's die Fortsetzung.