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 04 - Historisches Forum 

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Hallo,
heute geht es mit dem 32.Teil weiter

Rückblick auf den 31.Teil [www.drehscheibe-online.de]


Die Belgische Beutelok wird im Herbst 1914 am Eschweger Bahnhof praesentiert (Foto Sammlung Freunde der Eisenbahn) Slg. H. J. Friske.jpg

Die Belgische Beutelok wird im Herbst 1914 am Eschweger Bahnhof präsentiert (Foto: Sammlung Freunde der Eisenbahn) /Slg. H. J. Friske


Ferdinand Leitschuh mit seiner 91 852 am 29. Maerz 1936 (Stadtarchiv Eschwege, Sammlung Saalfeld) Slg. H. J. Friske.jpg

Ferdinand Leitschuh mit seiner 91 852 am 29. März 1936 (Stadtarchiv Eschwege, Sammlung Saalfeld) Slg. H. J. Friske


Stahlschwelle Hoesch 1930 unweit Abzweig Becker und Hach I am 18. 7. 2002 (Foto Hermann Josef Friske).jpg

Stahlschwelle Hoesch 1930 unweit Abzweig Becker und Hach I am 18. 7. 2002 (Foto: Hermann Josef Friske)


Teil 32: Der Bahnhof Eschwege bis 1945

Der Ersten Weltkrieg spielte für den Eschweger Bahnhof keine all zu große Rolle, da ein Großteil des Verkehrs über Niederhone und die Bebra-Friedländer Bahn abgewickelt wurde. Lediglich in der Aufmarschphase rollten hier die Züge in ununterbrochener Folge auch durch diesen Bahnhof. Ansonsten waren es in erster Linie Versorgungs- und Lazarettzüge, die hier durchfuhren. Zu Beginn des Krieges wurde an der Strecke um die große Werrabrücke die Brückenwache eingeführt, die vom Landsturm-Bataillon 44 aus (Kassel-)Niederzwehren durchgeführt wurde.

Vermutlich noch im Herbst 1914 kam die erste erbeutete Belgische Lokomotive am Eschweger Bahnhof an, die vermutlich in den Eschweger Eisenbahn-Werkstätten für den Betrieb im Bereich der Preußischen Eisenbahn-Verwaltung umgerüstet wurde. Nur so ist es zu erklären, dass sich die Mannschaft der Eisenbahn-Werkstätte Eschwege mit ihrem Vorsteher Keller (vorne in der Mitte mit Hut und Bart) stolz auf der Lok dem Fotografen stellten.

Nachdem bereits ein Teil der Eschweger Garnison des Landwehr-Ersatzbataillons 83 im Jahre 1915 mit dem Zug die Stadt verlassen hatte, wie auf einer Postkarte dargestellt, wurde der Rest des Bataillons am 20. März 1916 unter reger Anteilnahme der Bevölkerung am Eschweger Bahnhof verabschiedet. Am 9. August 1917 wurden ein weiteres Mal Soldaten vom Eschweger Bahnhof aus zur Front geschickt. Ob das wohl der letzte Transport war?

Am 20. September 1916 verstarb in Friedenau bei Berlin im 72. Lebensjahr der Geheime Oberbaurat Franz Nitschmann, der als Regierungsbaumeister in Eschwege tätig war und von dort aus den Bau des Teilabschnitts der Kanonenbahn zwischen Eschwege bis etwa zum Entenberg-Tunnel hinter Lengenfeld in Richtung Leinefelde geleitet hatte. Nitschmann besaß die Ehrenbürgerwürde der Stadt Eschwege.

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und trotz der Herabstufung der Strecke Leinefelde-Treysa zur Nebenbahn ging der Betrieb auf dem Eschweger Bahnhof weiter, wenn auch von nun an noch beschaulicher. So ließ sich im Jahre 1922 der Lokführer Gustav Völke mit seinem Heizer Karl Spieß auf seiner bis zu 90 Km/h schnellen Lok aus der Preußischen Baureihe P 4 mit der Nummer 36 190 von außen und sogar noch im Inneren der Lok ablichten, wobei die Armaturen der Lok deutlich sichtbar werden.
Am Eschweger Bahnhof gab es seit dem Jahre 1901 den „Eisenbahn-Verein Eschwege“, der im Jahre 1926 sein 25-jähriges Stiftungsfest feierte. Wir wissen davon, weil sich 2 Eisenbahner auf dem Weg zur Generalprobe für das Stiftungsfest mit einer selbst gebastelten Handkarre fotografieren ließen, da auf dem Fest vermutlich auch Sketche aufgeführt werden sollten.

In den Jahren 1925 und 1926 wurde im Umkreis von Eschwege, obwohl die Strecke an vielen Stellen auf eingleisigen Betrieb zurückgebaut worden ist, weiter in das Gleisnetz investiert.
Die kleine Werra-Flutbrücke wurde umgebaut und erhielt dadurch ihr heutiges Aussehen, an der Werrabrücke und der großen Flutbrücke wurden Erneuerungsarbeiten durchgeführt und im Bahnhofsbereich selbst wurden etliche Gleise neu verlegt bzw. erneuert, wie die Aufnahmen mit der Rotte aus dem Jahre 1926 vor dem Fahrdienstleiter-Stellwerk „Em“ oder am Treffurter Schuppen sowie am großen Rundschuppen belegen.

Am 14. Juni 1926 trafen die neuen Glocken für die Altstädter sowie die Neustädter Kirche am Freiladegleis des Güterbahnhofs ein, wurden dort auf Pferde-Pritschenwagen umgeladen und in feierlichem Geleit zunächst über die Ladestraße in Richtung Bahnübergang und von da aus zur jeweiligen Kirche gebracht, da die alten Glocken im Verlauf des 1. Weltkriegs abgeliefert werden mussten.

Am 17. Juni 1927 fuhr vom Gleis 2 des Eschweger Bahnhofs ein Sonderzug mit dem Gesangverein Arions zu einem Sängerwettstreit in Großneuburg ab. Leider wurde uns nicht überliefert, welcher Verein gewonnen hat und wie lange die Fahrt ging.

Ende Mai 1928 wurde am Eschweger Bahnhof erstmalig ein Benzol-Verbrennungs-Triebwagen in Eschwege aus der Serie VT 756 Kassel stationiert, von der überhupt nur 2 Exemplare gebaut worden waren. Dieser Triebwagen war mit 2 Motoren a 75 PS für Vorwärts- und Rückwärtsfahrt ausgerüstet und hielt vorwiegend in der verkehrsarmen Zeit den Zugverkehr zwischen Eschwege und Ershausen aufrecht.

Am 20. April 1932 hatte die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft extra für eine Rede Adolf Hitlers anlässlich seines 43. Geburtstages in Kassel einen Sonderzug von Eschwege nach Kassel und zurück eingesetzt, ein Zeichen dafür, dass doch scheinbar unter der Bevölkerung des Eschweger Umlandes, obwohl sozialdemokratisch geprägt, ein großes Interesse bestand, einen Demagogen als Redner persönlich zu sehen und zu hören.

In der Zeit nach 1933 machte die Politik auch vor dem Eschweger Bahnhof nicht Halt. Das Bahnhofs- und Lokpersonal musste an den Umzügen zum 1. Mai teilnehmen und sogar die Loks wurden anlässlich der verschiedensten Wahlen zu Propaganda-Zwecken missbraucht, indem diese mit den verschiedensten Parolen bemalt wurden.
Über derartige Aktivitäten wurde auch im Eschweger Tageblatt berichtet. So geschah das auch zur Wahl des Reichstages am 29. März 1936, als folgender kleine Bericht abgedruckt wurde, obwohl die Wahl selbst wohl eher eine Farce war:
„Lokomotiven rufen die Deutschen Wähler!
Auch die Deutsche Reichsbahn hat sich restlos für die kommende Reichstagswahl eingesetzt.
Alle Lokomotiven in ganz Deutschland sind mit Inschriften geschmückt, die alle Wähler an ihre Pflicht am kommenden Sonntag ermahnen.“
Der Lokführer Ferdinand Leitschuh ließ sich stolz mit einer Lok der Baureihe 91 fotografieren, es war die 91 852, die mit Propaganda für die Wahl am 29. März bemalt worden war.

Im Laufe der Jahre entwickelte sich der Verkehr in Richtung Treffurt und Eisenach stärker als der auf der Kanonenbahn in Richtung Leinefelde, während der in Richtung Heiligenstadt noch unter dem Aufkommen der Strecke nach Leinefelde lag, also teilweise sogar sehr dürftig war.
Das zeigte schon der Einsatz des Triebwagens nach Ershausen, das noch voll im Einzugsbereich von Eschwege lag und teilweise auch heutzutage wieder liegt. Da aber die Züge nach Eisenach bzw. Heiligenstadt fast ausschließlich ab dem Bahnhof Niederhone (Eschwege-West) eingesetzt wurden, war der Eschweger Bahnhof für diese Züge nur Durchgangsstation. So hielt der Zug nach Eisenach am Eschweger Bahnhof ausschließlich auf Gleis 1 am Hausbahnsteig. Nur die Züge der Kanonenbahn wurden, soweit es keine durchgehenden Züge zwischen Leinefelde und Treysa waren, in beide Richtungen von Eschwege aus eingesetzt.

Im Jahre 1936 fanden letzte größere Umbauarbeiten im Bahnhofsbereich und auf der Strecke in Richtung Eschwege-West statt, denn in diesem Jahr wurden auf der Strecke letztmalig neue Gleise verlegt. Die Schienen dafür stammten aus den Jahren um 1930. Zur gleichen Zeit wurde zwischen Eschwege und seinem Stadtteil Niederhone der neue Flugplatz gebaut, der im Jahre 1936 an das Gleisnetz angeschlossen wurde. Die Abzweigweiche dorthin befand sich etwa in der Höhe der heutigen Firma Stiebel-Eltron, wo das Gleis vom Bahnhof her kommend, die Kanonenbahntrasse über eine Rampe verließ, die Niederhoner Straße überquerte und an einem Pförtnerhaus durch ein großes Tor in das Flugplatzgelände hinein geführt wurde. Dort musste zunächst Kopf gemacht werden, um von dort aus in das Gleissystem des Flugplatzes rangieren zu können. Dort wurden fast alle Werkshallen an das Eisenbahn-Netz angeschlossen, da der Flugplatz als Reparatur-Flughafen der Reichs-Luftwaffe konzipiert wurde. (Dieser Flugplatz wurde letztendlich am 2.April 1945 durch Soldaten der Deutschen Wehrmacht unmittelbar vor dem Einmarsch der Amerikaner gesprengt.)

Der Bereich des Eschweger Bahnhofes mit seinen umfangreichen Gebäude- und Gleisanlagen wurde am 22.Februar 1945 durch einen Angriff Britischer Bomberverbände fast völlig zerstört. Seitdem nie wieder komplett aufgebaut, wurden nur noch einige Teile des Bahnhofs wie ein Flickenteppich wieder notdürftig repariert, weil etliche Anlagen durch die spätere Grenzziehung etwa 1 km hinter dem ehemaligen Friedaviadukt bei Km 37,86 nicht mehr benötigt wurden. Sofort nach dem Angriff wurde zumindest ein Gleis binnen weniger Stunden wieder befahrbar gemacht, damit konnte der durchgehende Verkehr zumindest wieder notdürftig aufgenommen werden.
Der Rest der zerstörten Gebäude wurde nach und nach abgerissen, einige alte Gleise preußischer Bauart ohne Verbindung zum übrigen Gleiskörper lagen noch bis etwa ins Jahr 1998. Das ganze Ausmaß des Angriffs folgt in einem extra Beitrag.

Am 3. April 1945 folgte morgens um 6 Uhr schließlich noch die Sprengung der Eschweger Werrabrücke und der Straßenbrücken über die Werra. Gegen Mittag des gleichen Tages wurde die Stadt Eschwege, der Flugplatz und auch der Bahnhof nach kurzem Beschuss der Reichensächser Straße kampflos an die Amerikanischen Truppen übergeben. Damit war der Krieg für die Eschweger Bevölkerung beendet und die Amerikanischen Besatzer wurden von ihr zwar ängstlich aber freundlich begrüßt, die Offiziere wurden teilweise sogar zum Mittagessen eingeladen. (Hermann Josef Friske)


Wer Bilder und Geschichten zur Kanonenbahn und anderen Bahnen im Werra-Meißner-Kreis hat, würde uns helfen, diese Serie zu vervollkommnen. Gerne darf dieses hier angehangen werden oder per PN an mich
Internetseiten über Bahnen in dieser Region würden uns auch interessieren.

Edgar
von
werra-meissner-bahnen

Weiter zu Teil 33: [www.drehscheibe-online.de]


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