Die kleinen Ostseehäfen Holsteins standen stets im Schatten der Freien und Hansestadt Lübeck. Um den Hafen in Neustadt als Konkurrenz zu Lübeck zu stärken und um die Gegend im östlichen Holstein zu erschließen, wurde 1866 eine Eisenbahnstrecke von Neumünster nach Neustadt über Ascheberg, Plön und Eutin eröffnet. Die zu dieser Zeit noch relativ unbedeutende Kleinstadt Kiel wurde mit einer Stichbahn von Ascheberg aus angeschlossen. Bewusst wurde eine Streckenführung nach Lübeck vermieden. Erst 1873 schloss die private Eutin-Lübecker Eisenbahn die Lücke nach Lübeck. Seitdem entwickelte sich der Verkehr mehr und mehr auf der Verbindung Kiel – Ascheberg – Eutin – Lübeck, die Strecken zwischen Neumünster und Ascheberg und zwischen Eutin und Neustadt wurden zu lokalen Nebenbahnen degradiert und schließlich in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts stillgelegt.
Der Bahnhof Ascheberg ist seit der Stilllegung der Strecke von Neumünster nur noch ein gewöhnlicher Unterwegshalt zwischen Kiel und Lübeck. Heutzutage gibt es nur noch das Streckengleis und ein Kreuzungsgleis mit einem Bahnsteig in Insellage, der über einen Tunnel zugänglich ist. Die übrigen umfangreichen Gleisanlagen sind abgebaut worden und der Bahnhof ist mit ferngesteuerten Lichtsignalen ausgestattet. Die Stellwerke wurden abgerissen und das Empfangsgebäude verkauft. Nicht einmal mehr alle Regionalexpresszüge halten derzeit in Ascheberg. Würde man die Geschichte des Bahnhofes in Ascheberg nicht kennen, würde man sich bestimmt fragen, warum die Bahnstrecke von Kiel nach Lübeck zwischen Preetz und Plön den nicht unerheblichen Umweg über Ascheberg nimmt und nicht auf direktem Wege parallel zur heutigen B76 trassiert wurde.
Den Niedergang des Bahnhofes Ascheberg zeigen meine Bilder, die in der Zeit zwischen 1987 und 2014 entstanden sind:
Straßenseite 1987
Straßenseite 2014 – der Güterschuppen ist abgerissen worden. Der neugebaute, zweigeschossige Anbau passt sich hervorragend an den Baustil an und kennte man nicht den alten Bauzustand, würde man keinen neugebauten Anbau dahinter vermuten.
Blick aus Richtung Neumünster 1987 – früher ging auch Gleis 1 weiter in Richtung Neustadt, allerdings wurde es bereits beim Bau des Bahnsteigtunnels unterbrochen. Es diente bis 1985 den Zügen nach Neumünster als Bahnsteiggleis. Der Güterwagen war jahrelang dort abgestellt.
Blick aus Richtung Neumünster 2014 – sämtliche Spuren von Gleis 1 sind verschwunden, das privatisierte Empfangsgebäude steht jetzt etwas abseits der Gleise.
Blick aus Richtung Neustadt 1992 – bereits 1992 war Gleis 1 vollständig verschwunden, geradeaus lassen sich aber noch die umfangreichen Gleisanlagen nach Neumünster erkennen.
Blick aus Richtung Neustadt 2014 – die Gleisanlagen in Richtung Neumünster sind verschwunden. Die Hochbauten des Bahnsteiges sind erneuert, das Pflaster noch nicht. Und immer noch zählt man die Gleise am Ascheberger Mittelbahnsteig von 2 bis 3.
Blick aus Richtung Neustadt 1997 mit einer etwas anderen Perspektive – hier sind das Stellwerk und die Formsignale in Richtung Kiel zu erkennen.
Blick aus Richtung Neustadt 2014 – das Stellwerk ist abgerissen und die Formsignale durch Lichtsignale ersetzt worden.
Blick aus Richtung Neumünster 1997 – der Höhepunkt für den Bahnhof Ascheberg. Nach der Wende hielten hier sogar die Interregiozüge von Berlin nach Kiel. Im Vordergrund die Gleisanlagen aus Richtung Neumünster.
Stefan Motz hat mich allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass dieses Bild keinen Interregio aus Berlin, sondern einen Regionalexpress aus Rostock zeigt. Die Zeit der Interregios war bereits 1993 vorbei.
Blick aus Richtung Neumünster 2014 – keine Neumünsteraner Gleise mehr, kein Interregio mehr. Nicht einmal alle Regionalexpresszüge halten derzeit in Ascheberg.
Blick in Richtung Neumünster und Kiel 1987 – links vom Stellwerk Af nach Neumünster, rechts davon nach Kiel
Blick in Richtung Neumünster und Kiel 2014 – keine Neumünsteraner Gleise mehr, kein Stellwerk mehr. Rechts von diesem Nichts geht’s nach Kiel.
Blick in Richtung Neumünster 1987 – hier sieht man die umfangreichen Gleisanlagen und den Lokschuppen
Blick in Richtung Neumünster 2014 – am Lokschuppengiebel kann man sich noch orientieren.
Blick zum Stellwerk und nach Kiel 1987 - im Hintergrund z-gestellte Güterwagen auf Gleis 4
Blick zum Stellwerk und nach Kiel 1997 - gleiche Situation nur ohne Gleis 4
Blick zum Stellwerk und nach Kiel 2014 - gleiche Situation nur ohne Stellwerk
Blick in Richtung Neustadt 1987 – Stellwerk Ao, Formsignale und ganz links der Gleisanschluss zum Landhandel
Blick in Richtung Neustadt 2014 – kein Stellwerk Ao, keine Formsignale und ganz links kein Gleisanschluss.
Wer noch mehr Bilder vom Bahnhof Ascheberg sehen möchte, der sei an die Homepage von Rainer Butenschön verwiesen:
[
www.eisenbahn-sh.de]
Abschließend möchte ich noch fragen, wann der Tunnel zum Mittelbahnsteig gebaut wurde und wann die Stellwerke in Ascheberg abgerissen wurden. Ich bin mir sicher, dass das jemand hier im Forum weiss.
Aber auch alle anderen Beiträge, Kommentare, Ergänzungen und Anregungen sind erwünscht.
Viele Grüße aus dem Norden
Christoph
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:11:01:22:45:44.