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Der besondere Lebenslauf - die V 320 001 / 232 001-8

Die V 320 001 (ab 1968: 232 001-8) wurde von Henschel & Sohn in Kassel bis 1962 als Einzelstück auf eigene Rechnung
als Prototyp gebaut. Nach erfolgreich verlaufener Erprobung mietete die Deutsche Bundesbahn die 6-achsige,
zweimotorige dieselhydraulische Lokomotive im September 1963 an und vergab Ihr die Nummer V 320 001. Sie war für schwere
Zuglasten auf nicht elektrifizierten Hauptstrecken konzipiert und sollte in einer kleinen Serie von bis maximal fünfzig
Maschinen gefertigt werden.
Die V 320 war mit sechs Achsen, zwei 1.600-PS-Motoren (später sogar 2 x 1.900 PS vom Typ MTU MB 16 V 652 TB 10 mit 1397 kW
(1900 PS) bei 1475 min-1), stolzen 23 Meter Länge und einem Dienstgewicht von 126 Tonnen, die größte und stärkste Diesel-
lokomotivbaureihe der DB. Lackiert wurde die V320 im typischen DB-"altrot". Die Benennung als V 320 ist abgeleitet von den
anfänglichen 3.200 PS, im neuen DB-Baureihenschema der DB erhielt sie dann die „2“ für Dieselloks. Viele ursprünglich für
die V 320 entwickelten Baugruppen und auch die elegantere äußerliche Form wurden in den Serienbau der V 160 und deren
Nachfolger (heutige Baureihen 210 , 215 bis 219) und DB-Baureihe 225 übernommen. Damit war die 232 001 die "Mutter aller V 160"
- und stellt heute noch unter Beweis, wie sich nicht schallgedämpfte 16 Zylinder wirklich anhören !

http://imagizer.imageshack.us/v2/1024x768q90/837/nfip.jpg
232 001 in München Hbf kurz vor dem Mietende Früh-Sommer 1974

Per 30.12.1962 erfolgte die Übergabe an die DB und nachfolgend die Erprobung beim BZA München, dabei wurde u.a. Tests auch
Geschwindigkeiten bis 180 km/h gefahren ! Obwohl die Tests erfolgreich verliefen sah die Bundesbahn trotzdem von einer
Beschaffung ab - so lief die V320 001 weiterhin als Einzelstück im Tagesbetrieb mit. Zunächst wurde die V 320 vom BW Hamm aus
vor schweren Zügen, teils zusammen mit der V 300 eingesetzt. Im Jahr darauf, 1964, vereinbarten Henschel und die Bundesbahn
einen Mietvertrag über zehn Jahre und die V 320 wechselte 1965 zum Betriebswerk Kempten. Von dort aus wurde sie schwerpunktmäßig
auf der Allgäubahn eingesetzt. Die bedeutensten Leistungen führten sie mit schweren internationalen Schnellzügen über die
anspruchsvolle Allgäubahn zwischen München und Lindau. Besonders überzeugte sie dabei mit ihrer Zuverlässigkeit und der enormen
Laufruhe, die sie auch in höheren Geschwindigkeitsbereichen bis hin zur Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h unter Beweis stellte.
Per 01.07.1974 wurde die schwere Diesellok zum Mietzeitende an Henschel zurückgegeben - sie wird mit knapp 1,8 Millionen Kilometer
Laufleistung im Henschelwerk in Kassel abgestellt, wo sie bis 1975 überholt und zu einer Güterzuglok umgestaltet wurde, d.h.
sie verlor die Zugheizungseinrichtung und die Höchstgeschwindigkeit wurde von 160 km/h auf 120 km/h herabgesetzt.

Im April 1976 verkaufte Henschel die Lok an die Hersfelder Kreisbahn, wo sie u.a. schwere Kalizüge bespannte. Die HKB übernahm die
Lok am 30.04.1976 - die nun orange lackierte Lok hieß "V30". Im Februar 1989 wurde sie dann weiter an die TWE - Teutoburger Wald-Eisenbahn
verkauft, wo sie schwere Stahlzüge, vorrangif auf der Relation Hanekenfähr - Paderborn zu befördern hatte. Die TWE setzte die Lok
(immer noch in orange) für drei Jahre als "V320" ein. 1992 dann das vorläufige Ende - sie wurde in Lengerich (Westfalen) mit Fristablauf
am 17.02.1992 abgestellt.
Zwei Jahre später, 1994, gelangte sie über 2 Zwischenhändler nach Italien zur SerFer (Servizi Ferroviari). Zuvor wurde der Brummer im August
1994 nach Slowenien überführt und dort generalüberholt sowie in der neuen Farbgebung (gelb) lackiert. 1995 erfolgte die Übergabe und der Betrieb
bei der italienischen Gesellschaft SerFer - diese ist eine Betreibergesellschaft für Anschlußbahnen und setzt die V320 001 als "T 2716" auf
einer Anschlußbahn in Pordenone sowie auf der Hafenbahn Genua ein.

http://imagizer.imageshack.us/v2/1024x768q90/839/82aj.jpg
232 001 (V 320) bei der TWE in der Lengericher Werkstatt aufgenommen am 21.07.1990

http://imagizer.imageshack.us/v2/1024x768q90/837/asu8.jpg
Blick in den Führerstand der Großdiesellok bei der TWE

Drei Jahre später - 1998 - wurde sie durch die Bahngesellschaft Waldhof (BGW) erworben, 1999 nach Deutschland überführt
und durch die Firma Newag in Oberhausen hauptuntersucht. Danach wurder der schwere und in bestem Zustand befindliche 6-Achser an die
Gleisbaufirma Wiebe verkauft. Dort ist sie als Lok 7 (Wiebe-intern) bzw. "320 001" eingesetzt. Lackierung gelb, Beklebung weiß und in
sehr gutem Zustand zeigt sie sich vor Bauzügen.
H.F. Wiebe muß wohl ein Lokliebhaber sein, wenn man sieht mit welchem Aufwand und Pflegeintensität er seinen Fuhrpark aufbaut und in Schuß hält !


Lebenslauf:


1955 Teil des von der DB aufgestellten Diesellok-Typenprogramms
1956 Entwicklung
1962 Gebaut bei Henschel & Sohn (Kassel), Nummer 30400, die Henschel-Typbezeichnung war DH 4000
30.12.1962 Übergabe an die DB / Erprobung beim BZA München
06.09.1963 Abnahme und Plandienst, Zuteilung zum Bw Hamm
1964 Im Jahr 1964 vereinbarten Henschel und die Bundesbahn einen Mietvertrag über zehn Jahre
1965 Wechsel zum Bw Kempten
01.01.1968 Umbezeichnung in 232 001-8
z 28.06.1974
A 01.07.1974 Ende der Mietzeit Rückgabe an den Hersteller
1975 Überholung bei Henschel und Umbau zur reinen Güterzuglok
30.04.1976 Verkauf an die Hersfelder Kreisbahn (HKB), später als Hersfelder Eisenbahngesellschaft (HEG)
02/1989 Verkauf an die Teutoburger Wald-Eisenbahn (TWE)
17.02.1992 Abstellung wegen Fristablauf
08/1994 Überführung nach Slowenien, dort generalüberholt
1995 Einsatz in Genua/Italien bei der Servizi Ferroviari als "T 2716"
1998 Erwerb durch die Bahngesellschaft Waldhof (BGW)
04/1999 Überführung nach Deutschland, von der Firma Newag, Oberhausen hauptuntersucht, Verkauf an H.F. Wiebe GmbH & Co. KG

Ergänzungen und Korrekturen wie immer willkommen. Wenn Ihr noch Fotos der Zeit bei der HKB und der HEG sowie des Italieneinsatzes
hättet, würde das den Beitrag richtig rund machen. Und auch die Anfangszeit bei Wiebe fällt ja noch in den HiFo Bereich ....

Danke & bis die Tage .....

Beste Grüße
Markus


Opladen Schild.JPG
Weitere BENDER-Galerien: [www.lokschau.de]
Meine HiFo Beiträge: [www.drehscheibe-foren.de]

Lok 30 (HKB)

geschrieben von: Stefan Motz

Datum: 01.06.14 18:38

Hallo Markus,
ich bedanke mich mit einem Bild vom 24.4.1981, das ich in Schenklengsfeld (Hersfelder Kreisbahn) aufgenommen habe:

https://abload.de/img/hkb-30-0014902suu9w.jpg




Viele Grüße
Stefan

https://abload.de/img/db-251902-4003812-titu8k49.jpg





1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2018:09:09:08:55:43.
Welche Lok war zuerst kantig, V160 010 oder die V320? sind ja beide von Henschel.
Und zum Thema Geld und Instandhaltung. Wieviele Jahre hatte die V320 nur einen betriebsfähigen Motor? (betrifft wohl nur die Nach-DB Zeit)

Gruß,

Ytracks

Zum Design (und zum Designer)

geschrieben von: Andreas Burow

Datum: 01.06.14 20:28

Hallo Markus,

eine wahrhaft imposante Lok, die V 320!

Das richtungsweisende Design der Maschine stammt von Dr.-Ing. Architekt Klaus Flesche. Dieser gestaltete auch andere formschöne Eisenbahnfahrzeuge wie den TEE-601 und den 624, aber auch MAN-Lastwagen u.a. technische Produkte. Einen schönen Überblick über sein Schaffen findet sich im DGEG-Jahrbuch für Eisenbahngeschichte 2006/2007.

Die Frage von ytracks, wer zuerst da war, die V 320 oder die V 160 010, kann zugunsten Ersterer beantwortet werden. V 160 010 wurde erst im März 1963 abgeliefert. Dass sich der herausragende MAN-Designer Klaus Flesche bei der Gestaltung der Henschel-Lok V 320 001 durchsetzte, ist wohl auf das Einwirken der zuständigen DB-Verantwortlichen zurückzuführen. Damals war die Staatsbahn noch maßgeblich in Entwicklung und Bau ihrer künftigen Triebfahrzeuge eingebunden.

An dieser Stelle vielen Dank an Markus für den schönen Beitrag und an die Fa. Wiebe, die eine einzigartige Lokomotive am Leben erhält, obwohl es wahrscheinlich betriebswirtschftlich günstigere Transportlösungen geben würde.

Viele Grüße & eine schöne Woche
Andreas



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:06:01:20:28:51.

HEG und Wiebe (m2B)

geschrieben von: Siebengebirgsblick

Datum: 01.06.14 20:33

Hallo Markus,

vielen Dank für den Lebenslauf. Die V320 war immer etwas Besonderes. Zwei Mal bin ich ihr in Aktion begegnet.

Das erste Mal im Jahre 1984, als Sie noch bei der HEG im schweren Kaliverkehr eingesetzt wurde.
Ein optischer und akustischer Leckerbissen. Die Maschine konnte man schon von weitem hören, als sie sich im Steigungsabschnitt zwischen Ransbach und Wehrshausen bergauf mühte.

http://www.merte.eu/7gebirgsblick/forum/1984/heg30.jpg

Das zweite Mal traf ich die Maschine dann im Jahre 2005 wieder. Am 16.8. wartete Sie mit einem Bauzug im "Dschungel" des Bonner Güterbahnhofs auf die Abfahrt.
http://www.merte.eu/7gebirgsblick/forum/2005/20050816_Wiebe_232001_1_Bonn.jpg

Wer den aktuellen Sound der Maschine hören möchte, der klicke hier

Viele Grüße aus Franken
Peter

Mein DSO Inhaltsverzeichnis findet Ihr - hier
Die Bilder unterliegen dem Copyright by PM

Zwischendurch sogar im Museum (m.B.)

geschrieben von: 236 231-7

Datum: 01.06.14 21:09

Wie heißt es so schön? Man sieht sich immer 2 Mal im Leben. Bevor ich genau heute auf den Tag vor 18 Jahren (01.06.1996) bei der Neusser Eisenbahn anfing, war ich auch bei der NEWAG in Oberhausen tätig, aber so eine "interessante" Baustelle hatte ich leider nicht...

Da die NEWAG seit dem Umbau in Oberhausen zur "neuen Mitte Oberhausen" mit dem heutigen Centro keinen Gleisanschluss mehr besaß, mußten die Fahrzeuge, die direkt bei der NEWAG aufgearbeitet/umgebaut wurden, per Tieflader zum Firmengelände auf der Ripshorster Straße gebracht werden. Dies war mit den Ost V60ern gut zu machen, aber für eine Lok in der Größe nicht praktikabel.
Die Lok wurde daher von der NEWAG im Mülheimer Hafen in einer Halle aufgearbeitet. Aber auch hier schien der Sache Grenzen gesetzt zu sein.
Ein Freund von mir und damaliger Arbeitskollege fragte bei uns im Eisenbahnmuseum an, ob die V320 001 für einige Zeit für die weiteren Arbeiten zu uns nach Bochum-Dahlhausen kommen könne und ob wir die Lok auch in Mülheim abholen können.
Nachdem sich das Museum und die NEWAG einig waren, fuhr ich eines morges im Februar? 2000 mit der V36 231 nach Mühleim Spelldorf, um die "kleine",gelbe Lok nach Dahlausen zu holen. Leider habe ich hiervon selber kine Aufnahmen gemacht, bin mir aber sicher, dass es welche davon gibt...
Es war ein interessante Fahrt, wirkte V36 231 gegen die V320 001 recht klein... Mit 50km/h ging es schwungvoll in den Heissener Berg und ich war doch froh, als ich den "Gipfel" noch mit 15km/h erreichte, aber es hatte geklappt.

In Dahlhausen wurde die Lok fertiggestellt und ich hatte das große Glück, sie einmal bei Probefahrten im Museum selber fahren zu dürfen.

Bevor sie ihre Beschriftung bekam, hatten wir unserer Phantasie schon den Weg zu einer "Museumslok" geebnet. Da die Baureihe 232 ja bereits durch die Ludmillas belegt waren, dachten wir, eine "neue" Baureihe 236 wäre auch ok...

V320.jpg

Schönen Abend noch, Gruß Michael
236 231-7



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:06:01:21:10:41.
hier noch ein Bild aus Bremen-Sebaldsbrück im April 2013.

http://file1.npage.de/006672/45/bilder/img_3913.jpg

weitere Fotos auf
[torstenkuehnen.npage.de]
http://file1.npage.de/006672/45/bilder/110_d_zug_ob.jpg
Hallo, zusammen.

Auch von mir herzlichen Dank für die ausführliche Erwähnung der größten und wohl faszinierendsten Diesellok der Bundesbahn. Ein paar kleine Anmerkungen bzw. Fragen:

Die ursprünglich vorgesehene Ausrüstung der Lok mit 1600 PS-Motoren muss trotz ihrer, sich hieraus ableitenden, Baureihenbezeichnung als unwahrscheinlich gelten. Hier ist der Planungsstand von 1956 zu sehen, als die V 320 im rundlichen Erscheinungsbild der späteren Vorserien-V 160 ("Lollo") auf dem Reißbrett Gestalt annahm, aber bekanntlich erst sechs Jahre später in gänzlich anderem Design schließlich in Fahrt kam. Schon bei Auslieferung der ersten Lollos im Herbst 1960 war der MB 839 bahntauglich mit 1800 PS, der Maybach MD 870 sogar mit 1900 PS bei 1500 Umdrehungen am Markt. Auch der MB 839 Ab ohne Ladeluftkühlung, der werkseitig in V 160 006 verwendet wurde, und sogar der kleinere M.A.N. L 12 V 19,5/21B, der noch 1963 als Bestückungsoption für die Baureihe V 160 geführt wird, erreichten schon damals diese Standardparameter. Sollte es belastbare Hinweise geben, dass V 320 001 tatsächlich mit Motoren ausgeliefert wurde, die weniger als 1800 PS leisteten, wäre ich über entsprechende Informationen dankbar.

Die beschriebene Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit im Zuge der Umrüstung für den späteren Privatbahneinsatz 1975 ergab sich mehr als Nebeneffekt, da man aus wirtschaftlichen Erwägungen die Mg-Bremse entfernte und die Lok somit eines Gutteils ihrer Bremsprozente beraubte. Die Antriebsanlage- Getriebe, UV-Getriebe, Achsgetriebe- blieben unverändert.

Einsätze in Italien erfolgten, wenn überhaupt, nur sehr sporadisch. In dem kleinen Ort Pordenone beispielsweise war V 320 001 m. W. nur abgestellt. Es kursierten damals Gerüchte, der Kauf der Lok diene vornehmlich der Geldwäsche. Auch die Repatriierung verlief später nicht ohne faden Beigeschmack: Von mehreren Interessenten kassierte man Anzahlungen, was nicht eben auf ein seriöses Geschäftsgebaren des Verkäufers schließen lässt.

Grundsätzlich widersprechen muss ich leider der verbreiteten Meinung, die Firma Wiebe kümmere sich seit dem Jahr 2000 in geradezu hingebungsvoller Weise um ihren großen Sechsachser und hege möglicherweise sentimentale Gefühle für ihn. Ob und inwieweit ggf. persönliche Neigungen des Firmenchefs seinerzeit eine Rolle bei der Kaufentscheidung spielten, sei hier einmal dahingestellt. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Lok nicht eben im besten Zustand nach Deutschland zurückkam. Fakt ist aber, dass sich V 320 001 schon seit geraumer Weile in einer durchweg beklagenswerten Verfassung befindet, weil sie seit ihrer letzten Grundüberholung im Herstellerwerk 1975 nicht mehr ausreichend gepflegt bzw. instandgesetzt wird. Die Firmen, die die Lok seither betrieben, waren wohl alle mit ihr mehr oder weniger überfordert, insbesondere auch schon die HKB, die neben einer Lollo und einer V 80 in der Hauptsache Schienenbusse und ähnliche Kleinfahrzeuge unterhielt.

Sämtliche Komponenten und Baugruppen- Elektrik, Pneumatik, Hydraulik sowie auch das Blech- leiden heute unter fortgesetztem Unterhaltungsstau und z. T. unprofessioneller Behandlung. Die Liste der Schwachstellen ist ellenlang und reicht von Undichtigkeiten über Fehlfunktionen und wiederkehrende Probleme mit der Antriebsanlage bis hin zu strukturellen Ermüdungserscheinungen der tragenden Konstruktion, verursacht u. a. durch mehrfache Entgleisungen und schlecht reparierte Beschädigungen. Die Bemühungen der Firma NEWAG, die hier ausführlich erwähnt wird, trugen im Übrigen nicht unwesentlich zu den beschriebenen Problemen bei, da vielfach laienhaft und unsachgemäß sowie unter großem Kostendruck an der komplexen Großlok gearbeitet wurde. Das Werk Bremen hat nach der Jahrtausendwende rund zwei Jahre lang Defekte behoben, die ursächlich auf die schlechte Ausführung der NEWAG-HU zurückzuführen sind. Ein neuerlicher Auftrag an den Oberhausener Lokinstandsetzer ohne Gleisanschluss zur folgenden Hauptuntersuchung Ende 2007 verschlechterte die Situation dann mehr, als dass V 320 001 hieraus Gewinne für die Zukunft hätte ziehen können. Im Gegenteil wurden im Zuge dieser Arbeiten Fehler gemacht, die nur mit Glück keine irreparablen Schäden nach sich zogen.

MfG

Re: Zum Design (und zum Designer)

geschrieben von: tbk

Datum: 02.06.14 14:25

Die DB hoffte wohl, die elektrifizierungslücken im norden (Schleswig-Holstein) und süden (Allgäu) bald schließen zu können und deshalb keine großdiesellok zu brauchen. Dazu kam es nicht so bald; stattdessen wurden dann V160ff. in doppeltraktion eingesetzt (dreifachtraktion ist angeblich technisch möglich, aber gab es das auch regulär?)

Danke für den hinweis auf Klaus Flesche.
Leider wird oft auf designer geschimpft, aber seine schöpfungen, die die DB-ära nachhaltig prägten, waren eben doch keine "anonymen ingenieursentwürfe" .... und während der VT11 die TEE-ära und die 1950er jahre verkörpert, ist die V160 im besten sinne zeitlos und wirkt auch heute, etwa neben einer Traxx ME, noch nicht alt.

Auf bildern sieht es so aus, als ob die V320 nicht genau die kopfform der V160-familie hat, sondern etwas andere winkel hatte (schräger geneigte frontscheiben), stimmt das? Hat jemand die bilder und kann sie übereinanderlegen?



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:06:02:14:29:30.
Hallo Markus,

von mir auch ein großes Danke für den Beitrag!


Grüße
Boris

Re: Zum Design (und zum Designer)

geschrieben von: Umleiter

Datum: 02.06.14 15:55

Regelmäßige Dreifachtraktionen gab es in den siebziger Jahren mit Oldenburger 216 und 212 vor Eisenerzzügen aus Nordenham, die bis Bremen Rbf mit Diesel gefahren wurden. Siehe z. B. hier [www.drehscheibe-foren.de] das Bild von Norbert Lippek.

Zur Ausgestaltung der Frontpartie der V 160-Familie ist anzumerken, dass Klaus Flesche selbst schon bei Erscheinen der ersten Serienloks seinen wegweisenden Entwurf als "verwässert" und "unproportioniert" bezeichnete. Er hatte sich bei der Designarbeit ausschließlich an den Dimensionen der V 320 mit ihrer eleganten Länge von 23 Metern orientiert und wohl nicht im Hinterkopf gehabt, eine ganze Lokfamilie einzukleiden, deren Vertreter sieben Meter kürzer ausfielen. Hierzu muss man wissen, dass nicht die DB seinerzeit den renommierten Industriedesigner mit der Gestaltung des zweimotorigen Prototypen beauftragt hatte, sondern die Firma Henschel. Man fürchtete in Kassel einen Urheberrechtsstreit mit dem Konkurrenten Krupp, der widerum für die Lollos verantwortlich zeichnete (wenngleich Henschel ja die Loks V 160 007 bis V 160 010 bauen sollte). Da für den Henschel-Sanierer Fritz-Aurel Goergen die neue Großlok ohnehin auch optisch hochkarätig ausfallen sollte, um seiner Firma lukrative Folgeaufträge zu bescheren, engagierte er Klaus Flesche, um ein gänzlich neues Outfit zu schaffen, das sich von allem Bekannten, besonders aber von der barock, schwülstigen Nierentischepoche der 50er-Jahre, abheben sollte. Flesche machte sich also ans Werk, um die größte, leistungsfähigste und imposanteste Diesellok Deutschlands zu entwerfen, die zudem nur in einer kleinen, exklusiven Serie aufgelegt werden sollte. Entsprechend eindrucksvoll geriet das Ergebnis und genauso tiefgreifend war wohl auch die Ernüchterung des kreativen Kopfes, als sein wegweisender Entwurf zur Massenware wurde.

MfG



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:06:02:22:16:40.
Bei der V 320 sind die Frontpartien in der Tat wesentlich stärker geneigt. Ein Glück, daß man das Design der Serienloks noch ein bißchen überarbeitet hat, denn bei den kürzeren Maschinen hätte die forsche Front der V 320 einfach nur deplaziert gewirkt.

Gruß
Klv


http://www.bahnbilder.de/bilder/v320-001-homburg--20160.jpg
http://www.straba-kassel.de/Heimseite/v160-011.jpg
Manchmal träume ich ein wenig und stelle mir vor, dieser Gigant wäre in Serie gegangen und man hätte, z.B. im München, mehrere dieser Boliden gleichzeitig in Aktion sehen können .....

Vielen Dank für die Fotos und Beiträge zu dieser Ausnahmemaschine, die auch nach 52 Jahren nichts von ihrer Faszination verloren hat (man muss nur mal in YouTube nach "V320" suchen ....

Schönen Abend
miwe
Insbesondere in der seitenansicht ging die schöne symmetrie verloren. Während bei der V320 die verteilung der lüftungsgitter und fenster sehr ruhig und ausgewogen wirkt, wird es bei der V160-famile chaotisch. Klar, wenn motor und kühler außermittig angeordnet sind, ist es bei einer einmotorigen lok kaum anders möglich. Es wurde aber ein scheinbar chaotisches sammelsurium aus großen und kleinen gittern und fenstern daraus; die asymmetrische türanordnung trägt auch nicht unbedingt zur ästhetik bei (sondern führt zu dem eindruck, die lok habe eine große und eine kleine führerkabine). Das alles hat sicher technische gründe, zeigt aber auch, dass die techniker irgendwann ohne mitwirkung des designers weitergemacht haben. Noch etwas luftbedarf? Kein problem, bauen wir eben noch ein gitter ein, so groß wie eben nötig und passend.

Zur V 320 001

geschrieben von: Michael Kelter

Datum: 03.06.14 03:06

Hallo!

Zur V 320 hat der Henschel Chefkonstrukteur Professor Siefried Kademann in seinem Buch "Bahngeschichten" auf Seite 52ff eine witzige Geschichte aufgeschrieben.
Werter Koplex! 2 kleine Fragen zu dem sehr interessanten Beitrag: Du schreibst, dass diese Maschine 1975 ihre Dampfheizung verlor, aber auf dem Führerstandsbild von 1995 ist immer noch der Dampftemperaturanzeiger zu sehen. Ferner stellt sich mir die Frage, ob der innere Ring am Fahrschalterhandrad die Funktion des auf dem Führertisch fehlenden Sifakontaktes inne hat? Gruß Fritzle.
Von der V 320 gäbe es sogar eine 50-seitige Lokbeschreibung:

http://s14.directupload.net/images/140603/kllydq54.jpg

------http://s14.directupload.net/images/140603/3utowxrh.jpg
http://s7.directupload.net/images/140603/2lrageex.jpg

MfG

Nachtrag:
Ich habe da noch einen keinen Infotext zur V 320 dazwischen gearbeitet (mittlerer Scan).



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2014:06:03:22:16:22.
Vielen dank für Eure Kommentare und Ergänzungen - vor allem der Ausschnitt aus der V 320 Lokbeschreibung ist genial !
Leider kann ich nicht alle Fragen beantworten - ich bin nicht DER V320 Experte :-)

Beste Grüße
Markus

Re: Zur V 320 001

geschrieben von: Umleiter

Datum: 05.06.14 13:46

Michael Kelter schrieb:
-------------------------------------------------------

> ...Zur V 320 hat der Henschel Chefkonstrukteur
> Professor Siefried Kademann in seinem Buch
> "Bahngeschichten" auf Seite 52ff eine witzige
> Geschichte aufgeschrieben.


Danke für den Tipp! Habe es sogleich bestellt! :)

MfG
m38902687-1 schrieb:
-------------------------------------------------------
> ...2 kleine Fragen zu dem sehr
> interessanten Beitrag: Du schreibst, dass diese
> Maschine 1975 ihre Dampfheizung verlor, aber auf
> dem Führerstandsbild von 1995 ist immer noch der
> Dampftemperaturanzeiger zu sehen. Ferner stellt
> sich mir die Frage, ob der innere Ring am
> Fahrschalterhandrad die Funktion des auf dem
> Führertisch fehlenden Sifakontaktes inne hat?...


Auch wenn die Fragen nicht an mich gerichtet waren, beantworte ich sie einfach mal, da der Beitragseröffner ja angedeutet hat, nicht auf alle Details eingehen zu können.

V 320 001 hat seit ihrer Umrüstung für den Privatbahneinsatz im Herstellerwerk 1975 keine Zugheizanlage mehr. Der Zwangsdurchlaufkessel vom Typ Hagenuk OK 4625 wurde damals ausgebaut. Stattdessen installierte man zwei Webasto-Geräte, um die Fahrdiesel vorwärmen zu können. Der Verbleib des Dampftemperaturanzeigers im Führerraum ist schlicht damit zu erklären, dass man ihn nicht entfernt hat. Andernfalls hätte man das Loch in der Konsole mit einer Blende verschließen müssen, was zwar nicht sehr aufwändig gewesen wäre, aber auch unnötig, da man das nun funktionslose Instrument einfach an seinem Platz belassen hat. Das ist gängige Praxis, zumal gerade die Thermometer für den Heizdampf schon zu Bundesbahnzeiten vielfach außer Betrieb waren und nur noch spazieren gefahren wurden.

Der innere Ring der wunderschönen Fahrschalterhandräder hatte in der V 320 keine Funktion. In Henschel-Lkw, wo diese Räder hauptsächlich verbaut waren, diente er mutmaßlich als Steller für den Blinker (bzw. Winker- wo sind die Lastwagen-Kenner...). Der Sifa-Knopf auf dem Führertisch fehlt tatsächlich, aber dem ist auch nichts hinzuzufügen: Man hat ihn einfach nicht verbaut. Er wäre neben bzw. unter dem großen Handrad nicht sonderlich gut erreichbar gewesen, wie vielleicht aus dieser [youtu.be] Perspektive besser zu sehen ist.

MfG
Seiten: 1 2 All Angemeldet: -