Hallo zusammen,
ach, wenn das Aufbereiten einer Reise zu einem Reisebericht doch auch nur so flott ginge wie die Reise selbst... Denn nur zwei Tage nach dem
Tagesausflug in den Schwarzwald im Juli ging es schon wieder auf Tour, diesmal zu einer Rundfahrt durch den Jura.
Tja, und da stehe ich schon wieder vor der blöden Frage, welches Forum (Alpenbahnen oder Ausland) denn nun richtig ist. 49% der Fotos stammen aus der Schweiz, 46% aus Frankreich und 5% aus Deutschland. Oder muss ich einen schweizerischen Zug in einem deutschen Bahnhof anders zählen? Andererseits geht es am Ende vielleicht gar um die Reisezeit, da liegt Frankreich mit 72% deutlich vorn. Ach egal, die Würfel sind für Alpenland gefallen.
Als eigentliches Reiseziel hatte ich die „Ligne des Hirondelles“, die Schwalbenlinie durch den französischen Jura, ins Auge gefasst und dies kombiniert mit einer Abschiedsfahrt mit dem Interregio Konstanz-Biel und einem Besuch bei der schweizerischen Chemins de fer du Jura.
Am ersten Reisetag fahren wir von Konstanz nach Biel und über Tavannes und Le Noirmont nach La Chaux-de-Fonds. Von dort geht es weiter über Neuchâtel nach Genf und in den französischen Jura bis Saint-Claude. Am zweiten Tag geht es über die „Ligne des Hirondelles“ nach Besançon und über Belfort, Mulhouse und Basel zurück an den Bodensee. Die erstklassige Tour fand an einem heißen Juli-Wochenende statt.
Schon seit vielen Jahren gibt es eine stündliche Interregio-Verbindung der SBB von meiner Heimatstadt Konstanz nach Biel. Ich nutze den Zug recht häufig und gerne, oft bis nach Zürich, manchmal auch bis Olten – aber auf der kompletten Strecke bis nach Biel bin ich noch nie mitgefahren.
Zum Fahrplanwechsel im Dezember fällt die Durchbindung nach Biel weg und der Interregio wird auf Konstanz-Zürich gekürzt, es pendeln dann drei EW-IV-Züge zwischen beiden Städten, während der Abschnitt Zürich-Biel in den ICN St.Gallen-Lausanne eingebunden wird. Grund genug also, den IR Konstanz-Biel einmal auf dem kompletten Laufweg zu befahren.
(Derzeit kommt umlaufbedingt täglich auch noch ein ICN nach Konstanz, damit wird nach dem Fahrplanwechsel dann wohl auch Schluss ein, wer also noch einmal mitfahren möchte, sollte sich sputen).
Wir beginnen am frühen Samstagmorgen unsere Rundfahrt und nehmen für 2 Stunden und 45 Minuten Platz im Interregio-Pendelzug. Der Zug rollt nun über die deutsch-schweizerische Grenze, dann ist schon gleich die Konstanzer Nachbarstadt Kreuzlingen erreicht.
Weiter geht es hinauf auf den Seerücken auf dann hinab ins Thurtal. Auch am Himmel herrscht schon Verkehr, Heißluftballons nutzen die Thermik der frühen Morgenstunden für eine Fahrt zwischen Appenzeller Alpen und Thurgau.
Landschaftlich unspektakulär geht es weiter über Frauenfeld und Winterthur nach Zürich, wo wir im Stadtgebiet die Limmat queren. Nach dem Fahrtrichtungswechsel im Hauptbahnhof von Zürich folgt der mit 30 Minuten längste durchgehende Abschnitt bis Olten.
Im Stadtgebiet von Olten queren wir die Aare das erste Mal, hier mit Blick auf die Altstadt mit dem Wahrzeichen, der Holzbrücke. Die Strecke folgt nun dem Fluss mehr oder weniger bis nach Biel.
Zwischendurch haben wir die Aare noch ein zweites Mal überquert, hier im Stadtgebiet von Solothurn geht es dann das dritte Mal über den Fluss. Die Altstadt mit der St. Ursenkathedrale ist am linken Ufer zu erahnen, rechts das Alte Spital mit Wurzeln aus dem 14. Jahrhundert.
Wir sind nun am Jurasüdfuss unterwegs, wo das Juragebirge ins Mittelland übergeht. Rechts der Bahnstrecke begleitet uns das Juragebirge, welches die weitere Reise prägen wird.
Schließlich ist mit Biel der Endpunkt der Interregio-Linie erreicht. Ob wohl jemand hier die Direktverbindung nach Konstanz vermissen wird? Biel ist die größte zweisprachige Stadt der Schweiz, korrekterweise müsste ich deshalb Biel/Bienne schreiben.
Mit rund 53.000 Einwohnern ist Biel die zehntgrößte Stadt der Schweiz und hat eine sehenswerte Altstadt - Grund genug, hier einen Zwischenstopp einzulegen. Über den Zentralplatz laufen wir Richtung Altstadt.
Dort belebt ein Markt die Straßen und Plätze, hier der Burgplatz mit Gerechtigkeitsbrunnen, unweit davon die Bieler Stadtkirche.
Über 70 Brunnen gibt es in Biel, darunter auch der Engelbrunnen an der Obergasse.
Vom Ring, dem ältesten Platz der Stadt, geht es jetzt noch durch die Neustadt zum anderen Ende des Zentrums an den Bielersee.
Zusammen mit dem Murtensee und dem Neuenburgersee gehört der Bielersee zu den Jurarandseen im sogenannten Drei-Seen-Land. Die MS Chasseral wurde 1960 gebaut, benannt ist sie nach einem Berg im Jura.
Aber wir sind hier ja nicht in einem Schiffsforum, deshalb zurück an den Bahnhof. Der neoklassizistische Bau wurde 1923 errichtet und löste zwei Vorgängerbahnhöfe ab.
Weitgehend unverändert präsentiert sich der Wartesaal im Bahnhof. Er wurde 1923 vom Schweizer Maler Philippe Robert mit großen Fresken gestaltet. Noch heute bietet der Raum mit den alten Holzbänken einen Ort der Ruhe. Rechts das Gemälde „Stundentanz“.
So, jetzt geht aber weiter. Aus der Bodenseeregion sind mir die GTW der SBB-Tochter Thurbo bestens bekannt. Die roten Exemplare hingegen sind neu für mich. Das rote Farbkleid stammt noch aus der Zeit der Bahngesellschaft Regionalverkehr Mittelland (RM), die später in der BLS aufging. Die GTW wurden dann an die SBB verkauft. Auch im Innenraum ist das rot nicht zu übersehen...
...während in der ersten Klasse braunes Leder und Holz dominieren. Der Zug fährt als RegioExpress nach La Chaux-de-Fonds. Da wollen wir zwar auch hin, allerdings auf Umwegen, so dass wir nur bis zum ersten Halt in Sonceboz-Sombeval mitfahren.
Schon bald nach dem Verlassen des Bahnhofs von Biel gewinnt die eingleisige Strecke an Höhe und den Fahrgästen bietet sich ein Blick über die Stadt, dann geht es in mehreren Tunneln durch die landschaftlich interessante Taubenlochschlucht.
Weiter geht es durch das Tal der Schüss und nach 12 Minuten Fahrzeit haben wir über 200 Höhenmeter überwunden und erreichen Sonceboz-Sombeval.
In Sonceboz-Sombeval zweigt die Strecke nach Tavannes und Moutier ab. Hier wartet bereits der Anschlusszug nach Moutier, auch dies wieder ein roter GTW. Wir müssen nur einmal durch die Unterführung, dann geht es vier Minuten später auf Gleis 1 weiter.
Während sich an einem Führerstandsende die erste Klasse befindet, gibt es am anderen Ende eine interessante Sitzlandschaft.
Ganze sechs Minuten dauert diesmal die Fahrt von Sonceboz-Sombeval nach Tavannes. Nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof macht die Strecke einen großen 180-Grad-Bogen, auf der anderen Talseite ist die weitere Strecke zu sehen.
Die Strecke gewinnt nun an Höhe, dabei fällt der Blick nochmals auf Sonceboz-Sombeval und das Juralängstal Vallon de Saint-Imier, es folgt der Tunnel unter dem Pass Col de Pierre Pertuis und die Strecke erreicht Tavannes.
In Tavannes besteht eine Übergangsmöglichkeit zum Schmalspurnetz der Chemins de fer du Jura (CJ). Die Endstation der CJ befindet sich neben dem Bahnhofsgebäude. Eigentlich drehe ich bei einem Umstieg gerne noch eine Runde um den Bahnhof, aber bei einem Zwei-Minuten-Übergang ist die Zeit dafür doch recht knapp...
...und so finden wir uns hier schon im Stadler-Gelenktriebwagen der CJ auf der Fahrt nach Le Noirmont.
Wir befahren mit der Tavannes-Tramelan-Bahn nun die älteste Strecke der heutigen CJ, der Abschnitt wurde im Jahr 1884 eröffnet. Weiter geht es nach Le Noirmont, wo wir auf den Zug nach La Chaux-de-Fonds umsteigen.
Die Strecke verlässt nun das Vallée de Tavannes und folgt dem Tal der Trame nach Westen. In Tramelan hat der Zug elf Minuten Aufenthalt, anschließend beginnt die Fahrt in zwei Kehrschliefen hinauf in die Freiberge (Franches-Montagnes).
Das Hochplateau ist geprägt von Wäldern, moorigen Mulden und Grasland mit einzelnen Fichten und Baumgruppen, sogenannte Wytweiden.
Wir erreichen nun den Haltepunkt von La Chaux-des-Breuleux, mit 99 Einwohnern ist die Gemeinde am Rande des Torfmoors La Tourbière eine der kleinsten der Jurahochfläche.
Die CJ setzt auch noch Rollwagen ein, in der Schweiz Rollschemel genannt. Hier für den Holztransport im Bahnhof von Les Breuleux.
Nach einer Dreiviertelstunde Gesamtfahrzeit erreichen wir schließlich den Bahnhof von Le Noirmont. Die Strecke aus Tavannes trifft hier auf die Strecke von Glovelier nach La Chaux-de-Fonds.
Unsere Zugfahrt endet in Le Noirmont, der Triebwagen fährt von hier zurück nach Tavannes. Für uns geht es auf Voie 1 weiter nach La Chaux-de-Fonds – aber das erst in Teil 2.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Tobias