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Moderatoren: allgäubahn - MWF

? bzgl. AK/AMK-Einsatz in Europa

geschrieben von: sickenpeter

Datum: 06.06.16 00:56

Hallo,

bekanntlich verkehren ja auf einigen deutschen und anderen europäischen Normalspurstrecken nach wie vor Züge mit AK69(e), C-AKv und SA3-Kupplungen, obwohl TSI WAG und LOC&PAS die herkömmlichen UIC-Zug- und Stoßvorrichtungen an Eisenbahnfahrzeugen verlangen (ausgenommen 1520/1524 mm-Netze).

Um das hierzulande zu ermöglichen, wurde laut BT-Drs. 17/4478 (Antwort zu Frage 8) "[...] diesbezüglich von der Bundesregierung ein Ausnahme gemäß § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a EBO zugelassen." Knackpunkt ist wohl im Wesentlichen, dass beim gemischten Kuppeln mit GZK der Berner Raum unzulässig eingeschränkt wird.

Weiß jemand, was Inhalt dieser Ausnahmegenehmigung (oder Verordnung?) ist oder kennt gar jemand eine zugängliche Fundstelle des Volltextes?

Mich würde auch interessieren, ob es noch weitere technische oder sonstige Vorschriften gibt, die den Einsatz UIC-konformer AMK verhindern. Was hinderte z.B. einen Wagenhalter rechtlich daran, einfach von vorn herein Wagen mit AMK inkl. integrierter GZK zu beschaffen und diese an EVU mit entsprechenden Leistungsanforderungen zu vermieten? Manche EVU beschaffen ganze Wagenzüge für spezifische Einsatzzwecke, um die Lastgrenzen bei gegebener Wagenzuglänge voll ausschöpfen zu können (Bsp. Faccns der HVLE). Warum also keine AMK einsetzen, wo sich dadurch längere Züge realisieren lassen?

Brauchen die betreffenden Wagenmeister, Rangierer usw. dafür eine extra Einweisung? Sind solche Wagen in ZBA irgendwie anders zu behandeln? Wären sie prinzipiell international einsetzbar? Immerhin wurden AK69e/Intermat von UIC und OSShD jahrelang intensiv erprobt.

Fragen über Fragen ...

mfg sickenpeter

Re: ? bzgl. AK/AMK-Einsatz in Europa

geschrieben von: Nixxter

Datum: 06.06.16 13:31

Hallo Sickenpeter

Ich weiss nicht wo ich anfangen soll.
Fangen wir mit der C-AKv zur Internationalen einsetzbarkeit an

Zitat Wikipedia:
Zitat:
Innerhalb der Europäischen Union gilt die Technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) aus dem Jahr 2006 (2006/861/EG). Diese schreibt vor, dass Wagen mit dem Schraubenkupplungssystem kuppelbar sein müssen. Dies kann auch über eine Hilfskupplung ermöglicht werden. Die C-Akv-Kupplung erfüllt die Anforderungen in Kombination mit Seitenpuffern. Eine Überarbeitung dieser TSI ist erforderlich, wenn die C-Akv die Standardkupplung werden soll.
Dies würde eigentlich einen Europäischen Einsatz ermöglichen. Die Güterwagen können daher die Austauschverfahren 2X oder 3X tragen.
Wagen ohne Seitenpuffer gelten demnach nicht RIV respektive TEN fähig, müssten national zugelassen sein und würden die AV Codes 42/44 oder 82/84 tragen. Um diese Wagen International einsetzen zu können müssten diese (meiner Meinung) in jedem einzelnen Land von der jeweiligen Bahnverwaltung (EBO, BAV usw.) zugelassen werden, dann würden sie die AV Codes 41/43 oder 81/83 tragen (inklusive Zulassungsraster).

Zitat:
Mich würde auch interessieren, ob es noch weitere technische oder sonstige Vorschriften gibt, die den Einsatz UIC-konformer AMK verhindern. Was hinderte z.B. einen Wagenhalter rechtlich daran, einfach von vorn herein Wagen mit AMK inkl. integrierter GZK zu beschaffen und diese an EVU mit entsprechenden Leistungsanforderungen zu vermieten? Manche EVU beschaffen ganze Wagenzüge für spezifische Einsatzzwecke, um die Lastgrenzen bei gegebener Wagenzuglänge voll ausschöpfen zu können (Bsp. Faccns der HVLE). Warum also keine AMK einsetzen, wo sich dadurch längere Züge realisieren lassen?
Bsp. Containerzüge Rotterdam-Genua. Die Wagen müssten in jedem Land auf der Strecke einzeln zugelassen werden (NL-D-CH-I). Wenn nur eine Bahnverwaltung sich weigert kann der Zug so nicht fahren. Dieses Risiko wollen Wagenhalter nicht eingehen. Obwohl eigentlich alle anderen Bauteile der Wagen TSI/RIV genormt sind.

Zitat:
Brauchen die betreffenden Wagenmeister, Rangierer usw. dafür eine extra Einweisung?
Weiss ich zwar nicht genau ob die extra eine Einweisung benötigen. Im AVV (nachfolgewerk RIV) Anlage 11[www.gcubureau.org] Punkt 5.2 ist geregelt, dass die Wagen mit Automatischer Kupplung gekennzeichnet werden müssen. Daher sollten die Wagen für den Wagenmeister und Rangierer erkenntlich sein.

Ich hoffe ich konnte Dir ein bisschen weiterhelfen.

Freundliche Grüsse

Nicolas

Von Schiene auf Strasse? Von Strasse auf Schiene?

Falsch, Symbiose beider Verkehrsträger.
ACTS, MOBILER/DOMINO, INNOFREIGHT, CT und WB.




1-mal bearbeitet. Zuletzt am 2016:06:06:13:37:26.

Re: ? bzgl. AK/AMK-Einsatz in Europa

geschrieben von: sickenpeter

Datum: 08.06.16 14:06

Danke Nixxter für die Hinweise!

Sollte es nicht genügen, dass die Kupplung selbst eine Bauart- und Typenzulassung besitzt? Ich gehe mal davon aus, dass diese zumindest für die AK69e/Intermat und z.T. die SA-3 in vielen Ländern vorliegt. Die Einbaubedingungen im Falle von Zug- und Stoßvorrichtungen sind stets weitgehend identisch. Sonst müsste ja auch jegliche bauliche Änderung an Fahrzeugen, eine neuerliche Fahrzeugzulassung zur Folge haben.

Wenn ich mir aber die Abmessungen und den Einbauaufwand der AK69e/Intermat und die komplizierte Handhabung der C-AKv ansehe, mit denen man alle erdenklichen Innovationen zugleich erschlagen wollte, dann würde ich Widerstände eher wo anders vermuten, als bei der Zulassung. Da nicht alle Wagen wirklich freizügig im EWV eingesetzt werden, sondern häufig an bestimmte Einsatzgebiete oder gar -relationen gebunden sind, sollten die (zusätzlichen) Kosten doch darstellbar sein. Wegen der i.d.R. geringen Zugmassen wären Containertragwagen wohl auch nicht die erste Wahl, vielleicht, falls irgendwann (weitere) TEN-Korridore für 1050 m lange Züge ausgebaut werden sollten.

mfg sickenpeter

Re: ? bzgl. AK/AMK-Einsatz in Europa

geschrieben von: Trecker 1

Datum: 09.06.16 13:23

Hallo,

diese Aussagen aus Wikipedia sind falsch, weil veraltet.

Die genannte TSI ist seit 2013 aufgehoben und durch die VO (EU) 321/2013 ersetzt worden (welche seitdem ebenfalls Änderungen erfahren hat).

Danach ist die Form der Endkupplung grundsätzlich freigestellt, sofern die in der TSI genannten Kriterien erfüllt sind (u.a. auch zum Arbeits-/Gesundheitsschutz).

Was das Personal wissen muss, ist durch die TSI OPE beschrieben - ganz einfach gesprochen muss das Personal des Eisenbahnverkehrsunternehmens wissen, was es wann an welchen Fahrzeugen wie tun/unterlassen soll.

Ob das dann "Extra" heißen muss, oder nicht, sei dahingestellt. Es gibt Leute, die auch heute schon zwei Triebzüge der BR 42x kuppeln können.

Das ist aber nix neues - das steht schon indirekt in der EBO drin.

Grüße
vom Trecker

Re: ? bzgl. AK/AMK-Einsatz in Europa

geschrieben von: TWA

Datum: 09.06.16 18:12

>>> Es gibt Leute, die auch heute schon zwei Triebzüge der BR 42x kuppeln können.

Wobei das Kuppeln zweier Güterwagen mit unterschiedlichen Kupplungen durch einen anderen Personenkreis erfolgt als das Kuppeln zweier Triebwagen mit Schaku.
Und da ist es schon recht förderlich, wenn dann jemand anwesend ist, der sich grundsätzlich mit den notwendigen Handlungen auskennt.
Es könnte sich also dahingehend entwickeln, daß ein EVU Wagen mit einer abweichenden Kupplungsbauart nur als außergewöhnliche Sendung befördert.

Re: ? bzgl. AK/AMK-Einsatz in Europa

geschrieben von: Trecker 1

Datum: 09.06.16 23:03

Hallo,

grundsätzlich stimme ich Dir zu, wenngleich der Begriff "außergewöhnliche Sendung" hier nicht passt, da er sich auf infrastrukturelle Umstände bezieht.

Aber ja: Letzlich ist es Sache des EVU, welche Fahrzeuge es befördert und dafür muss es fachkundiges Personal vorhalten. Die Funktionsbezeichnung innerhalb des Unternehmens ist zweitrangig. Das ist aber auch seit längerem schon so(versuch doch mal, meinetwegen der Nordwestbahn ein paar Güterwagen zur Beförderung angedeihen zu lassen. Könnte abgelehnt werden...).

Nur weil Fahrzeuge interoperabel sind, heißt das noch lange nicht, dass sie jeder mitnehmen muss (...oder kann).



Gruß vom Trecker

außergewöhnliche Sendung ist nicht nur Lü

geschrieben von: TWA

Datum: 10.06.16 10:38

>>> wenngleich der Begriff "außergewöhnliche Sendung" hier nicht passt, da er sich auf infrastrukturelle Umstände bezieht.

Lademaßüberschreitungen sind vielleicht die häufigsten aS, aber es gibt noch einiges mehr:

- Metergewicht und/oder Achslast der zu befahrenden Stecken wird überschritten.
- Die Sendung überschreitet das Lademaß einer zu befahrenden Strecke. (=Lü)
- Starre Ladung, die auf mehreren Wagen verladen ist.
- Biegsame Ladungen, die länger als 36 m sind (nur bei gewissen Bahnen).
- Ungenügend gesicherte Ladungen, auch Ladungen, die eine besonders vorsichtige Behandlung erfordern (Ablauf- und Abstoßverbot).
- Wagen, die als Fracht auf eigenen Rädern durch ein Land verkehren, wo keine Zulassung vorhanden ist (kein RIV-RIC-Zeichen).
- Wagen mit mehr als 8 Achsen, wenn sie beladen sind.
- Wagen, die Eisenbahnfähren befahren, aber nicht allen Vorgaben dafür erfüllen.
- Ladung, die umgeladen werden muss und mehr als 25 t wiegt oder auf Spezialwagen verladen ist.


Und wenn ein EVU ein Fahrzeug mit einer abweichenden Kupplung befördert, dann ist die Bezeichnung "außergewöhnliche Sendung" durchaus angebracht

Re: außergewöhnliche Sendung ist nicht nur Lü

geschrieben von: Trecker 1

Datum: 10.06.16 11:31

Ja, ist ja alles richtig.

Ich wollte damit ausdrücken, dass der bislang durch die von Dir genannten Definitionen recht abschließend gebrauchte Begriff durchaus EVU-bezogen anzuwenden sein kann, aber eben nicht von der Begrifflichkeit abhängt.

War mir wohl nicht gelungen...

Gruß
vom Trecker

Re: ? bzgl. AK/AMK-Einsatz in Europa

geschrieben von: sickenpeter

Datum: 10.06.16 16:37

Danke, der Hinweis bzgl. aT war goldrichtig! Da hatte ich letztens wohl etwas überlesen.

Ril-Modul 810.0501 enthält unter Nr. 1 Abs. 3 den entscheidenden Verweis auf Modul 408.0435.
Dort heißt es unter Nr. 1 Abs. 6 "Der Fahrdienstleiter darf außergewöhnliche Sendungen, außergewöhnliche Fahrzeuge oder außergewöhnliche Züge nur verkehren lassen, wenn dies in einer Beförderungsanordnung oder Fahrplananordnung zugelassen ist." Abs. 6 lit. d) nennt schließlich explizit "[...] Züge, die aus Wagen mit automatischer Kupplung UIC 69 oder UIC 69e gebildet sind [...]"

Analoges dürfte für die SA3 gelten. Also werden solche Fahrzeuge bzw. Züge als aT behandelt! Da die UIC AK69(e) nicht ohne weiteres freizügig kuppelbar ist und die SA3 Kuppelwagen erfordert, ist das verständlich. Modul 810.0501 Nr. 2 Abs. 4 hebt auf alle "technischen oder betrieblichen Besonderheiten" von Fahrzeugen ab, was C-AKv und die Voith SA3 prinzipiell einschließen müsste, da sie konstruktiv von Anlage 10 zu § 24 Abs. 3 EBO abweichen, auch wenn hier nur "geschleppte Fahrzeuge mit einer zugelassenen Übergangskupplung" erwähnt werden.

Fragt sich noch, ob das auch für eine modifizierte AK69 oder SA3 mit integrierter Zuglasche gelten würde bzw. dürfte? Ist man als Eisenbahner nach der Ausbildung denn (formell) mit allen gebräuchlichen Kupplungsformen vertraut, um das voraussetzten zu können?

Mir ist auch noch nicht ganz klar, inwieweit § 24 Abs. 3 Halbs. 2 EBO den Einsatz abweichender Kupplungsformen einschränkt, da hierin von "besonderen Zwecken" die Rede ist. Nah- und Fernverkehrstriebzüge erfüllen aber auch keine besonderen Zwecke und die TSI WAG lässt in Abschnitt 4.2.2.1.1 implizit (vgl. Anhang C) und 7.1.2. lit. i) sogar wörtlich "belie­bige genormte, halb- oder vollautomatische Kupplungssysteme" zu.

mfg sickenpeter