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Zu Aschaffenburg einst und jetzt...

geschrieben von: WolfgangDA

Datum: 20.07.05 17:58

dieser Thread, hat unser Freund Gert Hohenwarter noch eine Story. Er hat mich per Mail drauf aufmerksam gemacht. Danke an Wolfgang und Rolf für die schönen Bilder, wobei die Vergleichsbilder von heute eigentlich nicht so schön sind.

Aber hier seine Story:

Kraftakt.

Von Zeit zu Zeit fiel es dem Bw Aschaffenburg zu, einen Kohlezug in den Hafen zu bespannen.
Im Fruehjahr 1972 war das oft ein 2000 Tonnen Zug der bis Aschaffenburg Sued nachgeschoben wurden.
Mit allen moeglichen Lokomotivkombinationen.
BR65 Zuglok und BR64 Schub war eine haeufig zu findende Paarung.
Aber auch Loks der BR50 nahmen am Schauspiel teil.

So auch eines morgens, als ich von meiner Uebernachtung in Miltenberg zueruck war und nach getaner Arbeit das Bw verliess.
Der Fussweg ueberquerte die Strecke nach Heigenbruecken /Wuerzburg sowohl die nach Aschaffenburg Sued / Miltenberg.
Schon als ich die Stufen hochstieg hoerte ich den Kohlezug anfahren.

Das musste ich doch sehen!
Vorne die 65 008. Welche Loktype nachschob, war noch nicht klar, als der kraftvolle Auspuffschlag der "8" die Bruecke etwas hoch hob.
Es war aber klar, dass dies heute in Rekordzeit ablaufen wuerde:
Der Zug war deutlich schneller als ich ihn je gesehen hatte.

Also warten bis das Zugende vorbeikommt.
Eine 50. Regler voll offen und Steuerung weit ausgelegt.
Heute schwer zu sagen wie schnell die Fuhre war, als die 50 mich erreichte.
Vielleicht 25-30 km/h.
Das Team auf der Lok kannte ich nicht, da diese Leistung nicht von Planpersonalen gefahren wurde.
Der Lokfuehrer war noch recht jung.
Das sollte sich allerdings schnell aendern.
Einen Augeblick spaeter wuerde er erheblich aelter aussehen.

Kaum war die 50 unterm Fussgaengersteig durchgeballert, als ihre Aussprache sehr undeutlich wurde.
Das kraftvolle "Ich denk ich kann, ich denk ich kann..." wich einem sanften, gemauschelten "ach helf mer doch, ach helf mer doch...".
Die Strassenbruecke wurde wohl zu diesem Zeitpunkt von unten abgewaschen, denn die Lok riss ganz furchtbar Wasser.

Zwar machte der Lokfuehrer schnell den Regler zu, aber sobald er ihn wieder oeffnete, wurden die umliegenden Rasenanlagen wieder beregnet.
Nach mehreren vergeblichen Versuchen war die Geschwindigkeit des Zuges so weit abgefallen, dass eine Schnecke ihn ueberholen konnte.
Ich sah mir das Ganze gebannt an.
Jeden Moment wuerde die Fuhre doch nun wohl stehenbleiben.
Die 50 brachte kaum Leistung, der Regler war eindeutig nur wenig geoeffnet.
Gewiss hatte der Lokfuehrer Angst, dass die Zylinderdeckel die Gegend verschoenern wuerden, falls er versuchte noch mehr Wasser durch die Schieberkaesten zu stopfen.

Erstaunlicherweise krabbelte der Zug aber Zentimeter um Zentimeter weiter um die Kurve.
Die Aussprache der "8" vorne am Zug haette ich mir gerne angehoert.
Die Kommentare des Personals auf der "8" allerdings weniger.

So schlich der Zug unendlich langsam aus meiner Sicht.
Und in mein Gedaechtnis.


Gruss,
Gert


Wolfgang Reiter