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Moderatoren: Klaus Habermann - MWD

Georges Muller (Strasbourg) verstorben

geschrieben von: Rolf Hafke

Datum: 11.12.16 11:22

Insidern sagt der Name etwas:



Georges Muller (74) war erst seit wenigen Jahren VDVA-Mitglied. Er wollte eigentlich gerne in unserer
Gemeinschaft dabei sein, weil er sich aufgrund seines Berufes als echter Straßenbahnfreund fühlte.

Geboren am 14 April 1942 in Strasbourg ist er bereits (nach eigener Aussage) seit 1944 großer Liebhaber
elektrischer Straßen- und Überlandbahnen.

Nach seinem Schulabschluss machte er ein "klassisches Studium" als Elektroingenieur.

Er war auch Praktikant bei der Straßenbahn-Hauptwerkstatt der VBZ Zürich, bei der Maschinenfabrik
Oerlikon, Zürich (Bahnen), und bei BBC, Baden/CH (Bahnen), 1961 bis 1962.

Danach studierte er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ1962 - 1967) und
am Institut Technique Supérieur, Fribourg (1967 - 1968):

Georges sprach französisch, deutsch, englisch, portugiesisch und italienisch.

Während seiner Berufslaufbahn war er bei bedeutenden Unternehmen tätig, so u. a. bei Sécheron in
Genf (CH), dort beschäftigte er sich mit der Entwicklung von Trolleybussen für schweizerische Städte
sowie von Triebwagen für die Chur-Arosa Bahn und von Pendelzügen für die MOB
(Montreux-Oberland Bernois).

Von 1973 war er bis 2007 für verschiedene Verkehrsunternehmen tätig, neben der Schaffung neuer Obusse
war das Spezialgebiet von Georges Muller ab 1982 die Projektierung von neuen Straßenbahnnetzen in Frankreich.

So wurde er bekannt als d e r französische Straßenbahn-Fachmann.

Er wirkte für Transports en Commun in Lyon (TCL), Transports de Grenoble (SEMITAG) und für Compagnie
des Transports Strasbourgeois (CTS), wo er Projektleiter für das neue Tramnetz und bis zuletzt für das in Planung
befindliche TramTrain-Netz war.

Georges Muller wirkte in der Zeit von 1975 bis 2007 auch als Technischer Berater, u.a. für die Straßenbahnbetriebe
in Lyon, St-Etienne, Bordeaux, Lille, Montpellier, Porto, Nottingham, Melbourne, Bilbao, Glattalbahn (Zürich), Bern,
Bolzano, Pisa, Salvador de Bahia, Pittsburgh, Washington, Boston, Baltimore und für Obusbetriebe in Nancy, Bogota,
Cali und Besançon.

Neben seinem Beruf nahm er sich die Zeit, sein Wissen in mehreren Fachbüchern zu publizieren, so erschienen zwischen 1987 und 2014 insgesamt fünf Straßenbahn-Bücher und ein Obus-Buch. Zwei Bücher sind noch nicht erschienen: das über die Obusse in Frankreich liegt bereits seinem Verlag vor, das Buch über die Trams im Elsass und in Lothringen befand sich noch in Vorbereitung.

Leider konnte Georges Muller seine Mitgliedschaft im VDVA nicht so nutzen wie angedacht.
So waren in den letzten beiden Jahren jeweils mehrere Krankenhausaufenthalte erforderlich.

Am 9. Dezember ist er nach langer Krankheit im Alter von 74 Jahren gestorben.

Wir verlieren mit Georges Muller einen einzigartigen Straßenbahn-Fachmann, der wesentlich beteiligt war die moderne Tram in Frankreich einzuführen, der aber zugleich Nahverkehrs- und Modellstraßenbahnfreund neben seiner Profession geblieben war.


Unser aller Mitgefühl gilt seiner Frau Ângela und der ganzen Familie.

Georges Muller, Du hattest ein erfülltes Leben, ruhe nun in Frieden.

Für den VDVA-Vorstand
Rolf Hafke, Köln



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2016:12:11:11:23:46.
:-( :-( :-(

Danke dennoch für die Mitteilung. Rolf, bitte mal einen Link zu der Meldung (oder dieselbe nochmal) auch im Strab-Forum posten, der Mann war in FR eine Kapazität wie Dr. Ludwig in DE, und die Leistung "Grenoble" findet in Deutschland kaum ihresgleichen - Neuaufbau eines Tramnetzes in einer seit mehr als 3 Jahrzehnten "ehemaligen" Strassenbahnstadt mit bis zuletzt image-prägendem prähistorischem Gründerzeit-Fahrzeugpark, nun samt Durchbruch Niederflurtechnik: Ohne das Engagement und George Muller's Leistung würden wir auch in DE (und IT) immer noch Steuergelder zum "Forschi-Forschi-Machen" auf dem Gebiet verschwenden, dessen technische Lösungen seit Hedley-Doyle 80 Jahre auf einen Anstoss von "draussen" zur Wiederauferstehung in zeitgemässem Gewand warten mussten. Gut beschrieben in dem Buch "Du Tram au TAG" (Vlg. la vie du rail 1987, ISBN 2-902-808-27-5) von J-M Guetat, W.Lachenal und eben, genau, Georges Muller.

Und los gings eben nicht in Deutschland, sondern in Frankreich. Oder in der frankophonen Schweiz, in Geneve. Da hatte man in FR 1984 jedoch bereits die Pläne für das modifizierte TSF-II entwickelt, dessen Realisierung allerdings noch bis 1987 dauern sollte, u.a. wegen des komplexen, aus 3 orthogonalen Scharnieren bestehenden TSF-II- Mittelgelenkes incl. 2-teiligem Mittelwägelchen.

Ich erinnere mich noch, wie ich in Grenoble (mit kurzem Dispens von meinen Arbeiten am Neutronenbeugungs-Messstand im ILL) Anfang 1989 in seinem Büro vorbei schauen durfte, wo ein grosses Poster des Kasseler N8C-Tw 414 an der Wand prangte - hatte doch die Spitze der KVG und ihr Beirat auf Initiative von Behindertenverbänden gerade dem neuen Betrieb in Grenoble einen Besuch abgestattet, als es um die Suche nach einer Nachfolge-Generation für die eigentlich vorgesehene 3.Serie Hochflur-N8C ging, die in Deutschland keine Fortentwicklung wie beispielsweise in Genf erfahren "durften", auch nicht als ER-Version geliefert werden sollten; erst sollten auf "Weisung" des Verbandes und ministerialer Stellen "Forschungsergebnisse" zum Projekt "Stadtbahn 2000" abgewartet werden, Projekte, die seit Jahren auf der Stelle traten, worin zudem viele Köche den Brei zu verderben drohten und worüber auch Bremen und München zusammen mit MAN die Geduld verloren. Im Übrigen - im Rückblick - zu Recht!

In Frankreich war man da wesentlich schneller und flexibler, wich nach sich abzeichnendem durchschlagendem Erfolg des Typs "Grenoble" als ungeplantem "Tramway Francais Standard II" sofort vom "TSF-I" in nur mehr Nantes ab, verpasste letzteren später sogar noch Jakobs-Niederflur-Mittelteile ... Gallii rerum novarum cupidi sunt :-) nörgelte schon vor 2050 Jahren ein italienischer Besazzerhäuptling. Vielleicht war man im damaligen Frankreich wirklich weniger vorbelastet mit fragwürdigen Traditionen, denn die ex-Vestischen Tw in Lille und die PCC-Analoga in St.Etienne und Marseille zeigten auf, was bereits damals eine technologische Sackgasse bei der Kundenorientierung war, so dass man sich bereits in den 1970ern mit NFl-Tw befasst hatte, für eine Flughafen-Zubringerbahn in Roissy, genannt "Citadis" ...

In Deutschland schlaggerten derweil Ende der 1980er den Konstrukteuren die Ohren bei solch einer im Strab-Sektor unbekannten Innovationsrate jenseits aller Stadtbahn-Wolkenkuckucksheime mit möglichst EBO-nahen Betriebsparametern. Der geforderten Kundennähe musste man sich zähneknirschend beugen; heraus kamen nicht immer geglückte, auf jeden Fall zu teure Konstruktionen.

Immerhin: Katalysator war der Erfolg der Arbeiten von Georges Muller.

Der Unglaeubige Thomas




2-mal bearbeitet. Zuletzt am 2016:12:18:15:20:57.