Kai Lahmann schrieb:
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> Spekulatius schrieb:
> > ROCO macht doch dieses Jahr 6 oder mehr 186er.
>
> Und nächstes Jahr dann wieder 6, und 2017 auch
> wieder… Wer da nicht sehr gezielt eine Version
> haben will, muss einfach nur abwarten, bis ihm
> eine spottbillig zufliegt. Und wenn sie weg ist,
> dann eben eine aus der nächste Auflage – oder der
> danach. Das Risiko "ist für die nächsten 10 Jahre
> vergriffen" existiert nicht. Im Prinzip haben die
> Hersteller derzeit ein "Dauersortiment durch die
> Hintertür" – nur weil die nur noch an
> Schachtelsammler denken, merken sie überhaupt
> nicht, welche Varianten sich da eigentlich die
> Kunden teilen.

Es stand in den letzten Monaten schon öfters hier im Forum: Wenn man nicht einer ganz bestimmten Variante hinterherjagt, konnte man noch nie so billig Modellbahnen kaufen wie heute.

> Ich habe oft den Eindruck,
> dass die Hersteller gar nicht mehr versuchen,
> irgendwie relevante Zahlen zu erreichen.

Dieser Eindruck ist richtig.

> > Angeblich werden doch die Touri Sets
> > mit 600/200 Auflage zum Teil gut unter UVP
> > verkauft.
> Was natürlich erbärmliche Zahlen sind – aber warum
> bewirbt man das Set dann nicht mit "weltweit nur
> 800 Exemplare"?

Weil es nichts bringen würde. Schaut doch nur mal in den Märklin-Katalog, wo ca. 3/4 aller Neuheiten mit dem Vermerk "Einmalige Serie" beworben werden, was im Endeffekt aufs selbe rauskommt (im Gegensatz zu einem Dauerartikel, der sich zehn Jahre unverändert im Sortiment hält). Der Touristik-Express ist natürlich ein Hingucker, von dem es auch nur zwei Garnituren gab. In aller Regel unterscheiden sich die "Einmalserien"-Neuheiten aber immer nur marginal von der vorherigen Auflage. Ein "limitiertes" Modell ist eben nichts Besonderes mehr, man wird mit "Sonderserien" nur zugebombt.

> IMHO muss man Wege suchen, um
> Mehr Exemplare eines Artikels zu verkaufen. Ideen
> wären etwa:
> - Die niedrige Auflage aktiv bewerben; "Streng
> limitiert auf nur 300 Exemplare weltweit" lässt
> jeden Spekulanten springen (wahrscheinlich so
> viele, dass du das auch gleich mit 500 Exemplaren
> starten kannst).

Wie gesagt, funktioniert nicht, s.o.

> - Winzige Unterschiede zwischen den Modellen aktiv
> bewerben. Wenn Threads wie dieser hier oder
> irgendwelche "was ist da jetzt anders"-Fragen
> überhaupt entstehen, dann macht der Hersteller
> etwas falsch! Da müssen einfach Bilder in die
> Werbung "guckt mal, wie machen da zwei
> unterschiedliche Bremsanlagen, passend zum
> jeweiligen Vorbild".

Sinnvoller wäre wohl, diese Details gar nicht umzusetzen und die dadurch entstehende Kosteneinsparung an den Kunden weiterzugeben. 99% der Käufer achten da eh nicht drauf.

> - Und diese erhöhten Stückzahlen muss man dann
> natürlich auch nutzen, um die Preise mal wieder in
> normale Regionen zu verschieben.

Wie gesagt müssen dafür aber auch erst mal die Stückzahlen hoch. Das Limitierungs-Gedönse zieht nicht mehr.

> Guckt euch doch einfach mal an, wie Modellautos
> beworben werden

Und geht es Herpa, Wiking, Schuco, Tamiya, Revell & Co. wirtschaftlich besser? Nee.

> > Aber auch, ob man so blauäugig ist, dass
> > sich eine Werbe 101 von Märklin noch 1500 mal
> für
> > ca 250 - 300 Euro verkaufen läßt?
> Eine Werbe-101 bedient fast ausschließlich
> Sammler; deren (vermutlich winzige) Zahl dürfte
> sich exakt ermitteln lassen – über einen relativ
> konstanten Mindestsatz an Vorbestellungen.

Wieso sollte sie fast ausschießlich Sammler bedienen? Wenn so eine Lok doch beim Vorbild rumfährt, kann sie doch auch als Farbtupfer für die Modellbahn interessant sein? Das Problem, es gibt einfach viel zu viele davon, zumindest wenn das Geschäft rentabel sein soll. Wenn auf einem Wirtschaftsmarkt die Nachfrage relativ stark begrenzt ist, gilt das Sprichwort "Konkurrenz belebt das Geschäft" nicht mehr, sondern ist nur noch ruinös. Auf dem Film/TV- oder Musikmarkt etwa, oder bei Computerspielen, hat auch der Wegfall jeglicher Hürden bei der Veröffentlichung zwar zu einem viel größeren Angebot, aber praktisch ausschließlich zu einer Verschlechterung der Qualität geführt, weil auch da die Einschaltquoten und Verkaufszahlen in den Keller gerutscht sind, weil die tägliche Freizeit nun mal begrenzt ist.

Dieses Phänomen existiert erst seit dem Neoliberalismus Anfang der 90er-Jahre. Daher hat die Wirtschaft und Politik mit dem Problem der massenhaften Marktübersättigung noch keine Erfahrungen. Es gab in den letzten 20 Jahren immer wieder einige Ideen, wie man dieses Problem lösen könnte. Prominent waren u.a. die Kulturflatrate, diverse Ideen der Piratenpartei, ein bedingungsloses Grundeinkommen, die Organisation Free-World-Charta (www.freeworldcharta.org/de) und die gesetztliche Flopversicherung; diese ganzen Ideen scheinen aber in der Praxis alle nicht umsetzbar zu sein.

Für die Modellbahnhersteller würde im Prinzip derzeit nur Selbstdisziplin helfen: Wenn, wie hier im Forum zu lesen, die Erstellung der Druckvorlagen schon ein Schweinegeld kostet, dann macht es sicher Sinn, nicht auf Teufel komm raus möglichst viele Varianten raushauen, sondern wirklich nur die attraktivsten. Bei den erwähnten Containern muss man auch nicht jeden Exoten machen. Faller hat z. B. bei den Containern, die sie jetzt von Walthers vertreiben, ein gutes Händchen, was sich in größeren Auflagen verkaufen lässt - wenngleich es die Dinger über [www.rd-hobby.de] billiger gibt. Aber RD-Hobby hat aktuell sage und schreibe 227 unterschiedliche H0-Container gelistet! Diese Modellpalette kann nicht rentabel sein.